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BSG - Entscheidung vom 17.12.2019

B 6 KA 29/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2

BSG, Beschluss vom 17.12.2019 - Aktenzeichen B 6 KA 29/19 B

DRsp Nr. 2020/1948

Parallelentscheidung zu BSG , Beschl. v. 17.12.2019 B 6 KA 28/19 B

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Juli 2019 ( L 12 KA 113/17) wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 ;

Gründe

I

Streitig sind Salden- und Schuldvorträge in Höhe von etwa 60 000 Euro in einem Honorarbescheid, den die Beklagte für das Quartal 4/2013 erlassen hat. Ihre Grundlage haben diese Salden in einem Honorarbescheid für das Quartal 4/2007 vom 9.4.2008, in dem der Honoraranspruch des Klägers für das entsprechende Quartal auf 254,10 Euro festgesetzt worden war. Die Beklagte hatte an den Kläger für das Quartal 4/2007 Abschlagszahlungen in Höhe von etwa 20 000 Euro monatlich ausgezahlt. Bereits vor Erlass des og Honorarbescheides hatte die Beklagte mit Bescheiden vom 28.2.2008 und vom 13.5.2008 die sachlich-rechnerische Richtigstellung aller im Quartal 4/2007 abgerechneten Leistungen verfügt (sog quartalsgleiche Richtigstellung). Für dieses Quartal erfolgte keine über die Abschlagszahlung hinausgehende Honorarauszahlung. Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf ein mit Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 1.10.2007 verhängtes vorläufiges Berufsverbot. An diesem Tag war der Kläger in seiner Praxis verhaftet worden. Nach Angaben der Beklagten waren in der Arztpraxis des Klägers im Quartal 4/2007 Ärzte tätig, die der Kläger ohne vorherige Genehmigung als Vertreter eingesetzt hatte. Am 13.2.2008 beschloss der Zulassungsausschuss dem Kläger die Zulassung zu entziehen.

Die gegen die og Berichtigungs- und Honorarbescheide für das Quartal 4/2007 eingelegten Widersprüche hat der Kläger zurückgenommen. Mit Urteil des Landgerichts Augsburg vom 18.12.2007 wurde der Kläger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und 10 Monaten wegen Köperverletzung mit Todesfolge, rechtlich zusammentreffend mit unerlaubtem Verschreiben von Betäubungsmitteln verurteilt. Ferner wurde ihm die Ausübung des Arztberufs nach § 70 StGB für die Dauer von drei Jahren verboten. Aufgrund des erklärten Rechtsmittelverzichts war das Urteil am 18.12.2007 rechtskräftig.

Widerspruch und Klage gegen den für das Quartal 4/2013 erlassenen Honorarbescheid mit dem darin enthaltenen Saldenvortrag blieben ohne Erfolg. Im Berufungsverfahren bezog sich der Kläger auf ein strafrechtliches Wiederaufnahmeverfahren und machte geltend, dass das Strafurteil vom 18.12.2007 mit der darin enthaltenen Verhängung des Berufsverbots rechtswidrig gewesen sei. Der Honorarbescheid für das Quartal 4/2007 sei ihm nicht zugegangen, sondern seiner Ehefrau. Die dieser am 28.12.2007 erteilte Generalvollmacht sei rechtsunwirksam, weil er zum Zeitpunkt ihrer Erteilung geschäftsunfähig gewesen sei. Auch die Entziehung der Zulassung sei ihm nicht wirksam bekannt gegeben worden.

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.

II

1. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG . Danach muss die Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darlegen oder die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweicht, oder einen Verfahrensmangel bezeichnen. Daran fehlt es hier. Der Kläger bezeichnet weder eine konkrete Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) noch eine Divergenz des Urteils des LSG zu einem Urteil des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) noch einen Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann 160 Abs 2 Nr 3 SGG ). Er legt vielmehr unter Beweisantritt dar, dass die Entscheidung des LSG aus seiner Sicht unrichtig sei.

Auch soweit in dem Vortrag des Klägers Rechtsfragen enthalten sein könnten, wird den nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu stellenden Anforderungen nicht entsprochen, weil es jedenfalls an der unmissverständlichen Bezeichnung einer bestimmten Rechtsfrage des revisiblen Rechts fehlt. Es ist auch nicht Aufgabe des entscheidenden Senats, aus dem Vortrag des Klägers möglicherweise klärungsbedürftige und klärungsfähige Fragen selbst "herauszufiltern" (vgl Leitherer in MeyerLadewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 14a mwN).

Soweit der Kläger eine unterlassene Beweiserhebung rügt, fehlt es bereits an der nach § 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG erforderlichen Bezeichnung eines Beweisantrags, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (zu den Begründungsanforderungen vgl zB BSG Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA 64/15 B - juris RdNr 7).

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ein Arzt, der zwar über eine Zulassung als Vertragsarzt verfügt, aber aufgrund eines Berufsverbots nicht ärztlich tätig sein darf, nach der Rechtsprechung des Senats keinen Anspruch auf vertragsärztliches Honorar hat (vgl BSG Beschluss vom 24.10.2018 - B 6 KA 10/18 B - mwN). Der Kläger hat im Übrigen im Quartal 4/2007 keine vertragsärztlichen Leistungen erbracht und konnte das aufgrund seiner Verhaftung auch nicht. Anhaltspunkte dafür, dass die Angabe der Beklagten, nach der dem Kläger im Quartal 4/2007 keine Genehmigung für das Tätigwerden von Vertretern erteilt worden war, unrichtig sein könnten, sind auch dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen; er macht allein geltend, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) über die Vertretung informiert gewesen sei. Eine genehmigungsfreie Vertretung für den Fall der Verhinderung wegen eines Berufsverbots sieht § 32 Abs 1 Ärzte-ZV nicht vor. Eine erforderliche Genehmigung kann auch nicht rückwirkend erteilt werden (zur Anstellungsgenehmigung vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 6 KA 15/08 R - BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 15 f, 22 mwN). Für ärztliche Leistungen, die ohne die erforderliche Genehmigung erbracht worden sind, besteht grundsätzlich kein Honoraranspruch (vgl zuletzt zur Krankheitsvertretung im MVZ: BSG Urteil vom 30.10.2019 - B 6 KA 9/18 R). Weil die Beklagte für das Quartal 4/2007 eine sog quartalsgleiche Richtigstellung vorgenommen hat, ist ferner ein den Kläger begünstigender Honorarbescheid, der schutzwürdiges Vertrauen begründen könnte, nicht ergangen. Unabhängig von der Frage der Bestandskraft des Honorarbescheides für das Quartal 4/2007 (vgl dazu bereits den Beschluss des Bayerischen LSG vom 22.7.2010 - L 12 KA 46/10 B PKH) können dem Vorbringen des Klägers damit keine konkreten Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass die Festsetzung des Honorars für das Quartal 4/2007 in der Sache unrichtig gewesen sein könnte. Ferner ist geklärt, dass eine KÄV Abschlagszahlungen, die den später mit Bescheid festgesetzten Honoraranspruch übersteigen, in das Honorarkonto des Vertragsarztes einstellen und mit späteren Honorarforderungen aufrechnen darf und dass eine KÄV solche Überzahlungen grundsätzlich unter den für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche geltenden Voraussetzungen vom Vertragsarzt zurückfordern kann (vgl BSG Urteil vom 11.9.2019 - B 6 KA 13/18 R - RdNr 11, 18 ff).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO . Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels 154 Abs 2 VwGO ).

3. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2 , § 47 Abs 1 und 3 GKG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 10.07.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 12 KA 113/17
Vorinstanz: SG München, vom 21.08.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 38 KA 8/16