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BSG - Entscheidung vom 01.04.2019

B 1 KR 1/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGB V § 13 Abs. 3a S. 2

Fundstellen:
NZS 2019, 520

BSG, Beschluss vom 01.04.2019 - Aktenzeichen B 1 KR 1/19 B

DRsp Nr. 2019/6556

Krankenversicherungsrecht Begutachtung durch den MDK Fünf-Wochen-Frist

Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung unter Hinweis auf § 13 Abs.3a S. 2 SGB V entschieden, dass die Fünf-Wochen-Frist dann greift, wenn die KK den Antragsteller vor Ablauf von drei Wochen über die Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme unterrichtet.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. November 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGB V § 13 Abs. 3a S. 2;

Gründe:

I

Der Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung der Kosten einer molekulargenetischen Diagnostik (5236 Euro) als Rechtsnachfolger seiner 2016 verstorbenen, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versichert gewesenen Ehefrau bei der Beklagten ohne Erfolg geblieben. Das SG hat die Beklagte wegen Eintritts einer Genehmigungsfiktion zur Leistung verurteilt. Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch aufgrund Genehmigungsfiktion bestehe nicht. Die Beklagte habe innerhalb der gesetzlichen Frist von fünf Wochen über den Antrag der Versicherten entschieden. Diese sei hier maßgeblich, da die Beklagte die Versicherte noch am Tag der Antragstellung über die MDK-Begutachtung informiert habe (Hinweis auf BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 28). Eine taggenaue Fristbenennung sei - anders als bei der Fristverlängerung nach § 13 Abs 3a S 5 SGB V - nicht erforderlich. Auch die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V lägen nicht vor (Urteil vom 26.11.2018).

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSGUrteil.

II

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

1. Der Kläger legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtssache klar formulieren und ausführen, inwieweit diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus.

Der Kläger formuliert als Rechtsfragen:

a. "Ist in dem Schreiben der Krankenversicherung, dass auf eine Begutachtung durch den MDK hinweist taggenau anzugeben, bis wann der Versicherte mit einer Entscheidung rechnen kann?"

b. "Ist in dem Hinweis der Krankenversicherung, mit dem auf eine Erforderlichkeit der Begutachtung durch den MDK hingewiesen wird, auf die Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V hinzuweisen oder ist das nicht erforderlich, weil sich dieser Hinweis aus dem Gesetz ergibt?"

Der Kläger zeigt schon die Klärungsbedürftigkeit der beiden Rechtsfragen nicht auf. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt ua, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rspr keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7; BSG Beschluss vom 22.2.2017 - B 1 KR 73/16 B - Juris RdNr 8 mwN). Der Kläger legt nicht dar, wieso unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rspr noch Klärungsbedarf verbleibt. Er geht nicht darauf ein, dass der erkennende Senat in stRspr unter Hinweis auf § 13 Abs 3a S 2 SGB V entschieden hat, dass die Fünf-Wochen-Frist dann maßgeblich ist, wenn die KK den Antragsteller vor Ablauf von drei Wochen über die Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme unterrichtet (vgl zB BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 28; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 37 RdNr 21; BSG Urteil vom 26.9.2017 - B 1 KR 8/17 R - KHE 2017/81 = Juris RdNr 28; BSG Urteil vom 26.9.2017 - B 1 KR 6/17 R - KHE 2017/78 = Juris RdNr 23; BSG Urteil vom 7.11.2017 - B 1 KR 7/17 R - KHE 2017/69 = Juris RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 33, auch für BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 7.11.2017 - B 1 KR 15/17 R - KHE 2017/77 = Juris RdNr 33; BSG SozR 4-1500 § 171 Nr 2). Das LSG hat sich dieser Rspr in der angegriffenen Entscheidung angeschlossen.

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG . Der Kläger ist - anders als das LSG meint - als Sonderrechtsnachfolger kostenrechtlich privilegiert (§ 56 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I iVm § 183 S 1 SGG ). Kostenerstattungsansprüche nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V oder § 13 Abs 3a S 7 SGB V unterfallen nach Sinn und Zweck des § 56 SGB I dessen Anwendungsbereich. Sie sind im Rechtssinne auf "laufende" Geldleistungen jedenfalls dann gerichtet, wenn sie eine sich über einen gewissen Zeitraum erstreckende Gesamtbehandlung betreffen. Sie knüpfen daran an, dass der Berechtigte regelmäßig zu einer Vorfinanzierung für mehrere Zeitabschnitte gezwungen ist. Sie verlieren ihren Charakter nicht dadurch, dass sie verspätet oder als zusammenfassende Zahlung für mehrere Zeitabschnitte geleistet werden (vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 10 ff; eingehend BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 11 ff; vgl auch zu Kosten fortlaufender Fahrten, die auf einer Grunderkrankung beruhen: BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 7 RdNr 9 f). Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn die beantragte Kostenerstattung über mehrere Zeitabschnitte selbst beschaffte Leistungen betrifft (vgl hierzu BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 11). Ausreichend ist, dass - wie hier - Kostenerstattung für einen (ersten) Teil einer Gesamtbehandlung verlangt wird, auch wenn es nach erfolgter Diagnostik letztlich nicht mehr zu der ursprünglich beabsichtigten (Weiter-)Behandlung kommt.

Eine Abänderung der Kostenentscheidung des LSG im Berufungsurteil ist dem Senat im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren verwehrt. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist lediglich die Frage, ob einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend genannten Zulassungsgründe vorliegt (vgl entsprechend BGH Beschluss vom 27.5.2004 - VII ZR 217/02 - NJW 2004, 2598 ; Thüringer LSG Beschluss vom 20.2.2006 - L 6 KR 551/05 NZB - Juris RdNr 31; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 192 Nr 1 RdNr 14 zu § 192 Abs 3 S 2 SGG ). Inwieweit eine Nichterhebung von Gerichtskosten aufgrund unrichtiger Sachbehandlung in Betracht kommt, wird das LSG zu entscheiden haben (§ 21 Abs 1 S 1 GKG ).

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 26.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KR 274/17
Vorinstanz: SG Koblenz, vom 27.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 1 KR 878/16
Fundstellen
NZS 2019, 520