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BSG - Entscheidung vom 14.11.2019

B 12 KR 6/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGG § 162

BSG, Beschluss vom 14.11.2019 - Aktenzeichen B 12 KR 6/20 B

DRsp Nr. 2020/7922

Höhe von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegepflichtversicherung Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. November 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGG § 162 ;

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Höhe der Beiträge des Klägers zur freiwilligen Kranken- und sozialen Pflegepflichtversicherung in der Zeit vom 1.1.2016 bis 30.9.2016.

Die Beklagte erhob für diesen Zeitraum Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegepflichtversicherung des Klägers und berücksichtigte dabei neben der vom Kläger bezogenen Rente und seinen Versorgungsbezügen auf der Basis seines Einkommensteuerbescheides auch dessen Einkünfte aus Kapitalerträgen, ohne Verluste aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb dagegen zu verrechnen (Bescheide vom 15.12.2015 und 18.12.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2016). Das SG hat die Klage abgewiesen, weil nach den vom GKV-Spitzenverband erlassenen, verbindlichen und nicht zu beanstandenden Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler iVm § 240 SGB V Negativeinkommen aus einer Einkommensart nicht von den Einkünften aus einer anderen Einkommensart in Abzug zu bringen sei. Dies diene der Vermeidung einer beitragsrechtlichen Privilegierung freiwillig Versicherter gegenüber Versicherungspflichtigen und gelte ebenso für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung (Urteil vom 7.11.2017). Das LSG hat unter Bezugnahme auf dieses Urteil die Berufung des Klägers zurückgewiesen und diesem Verschuldenskosten iHv 750 Euro auferlegt. Bezüglich der vom Kläger in Zweifel gezogenen Verfassungsmäßigkeit der einfachgesetzlichen Regelungen nimmt das LSG Bezug auf Rechtsprechung des BVerfG sowie des BSG (Urteil vom 14.11.2019).

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) nicht hinreichend dargelegt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf und fähig ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums darzutun, weshalb deren Klärung erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt ( BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN).

Der Kläger hat keine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts 162 SGG ) mit höherrangigem Recht formuliert (vgl allgemein BSG Beschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - juris = BeckRS 2010, 68786, RdNr 10; BSG Beschluss vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - juris = BeckRS 2010, 72088, RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - juris = BeckRS 2009, 50073, RdNr 7; BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ( BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).

Selbst wenn aufgrund der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit der Berechnung der Beitragshöhe eine Rechtsfrage zur Vereinbarkeit von Bundesrecht mit höherrangigem Recht unterstellt würde, ist deren notwendige Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargetan. Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll ( BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; ferner zB BSG Beschluss vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - juris RdNr 7 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des Grundgesetzes zu benennen ( BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - juris RdNr 5 mwN).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht, denn das Vorbringen des Klägers erschöpft sich darin, einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 GG unter verschiedenen Gesichtspunkten sowie einen Verstoß gegen das Eigentumsrecht aus Art 14 Abs 1 GG zu behaupten. Er setzt sich aber weder mit dem Inhalt des Gleichbehandlungsgrundsatzes noch mit dem der Eigentumsgewährleistung und deren jeweilige Ausprägungen durch das BVerfG auseinander.

Soweit der Kläger rügt, Art 3 GG gebiete eine Verrechnung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung mit den negativen Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft, die von den Vorinstanzen abgelehnt werde, beruft er sich allein darauf, eine "gerechte" Beitragsbemessung könne nur erfolgen, wenn verschiedene Einkunftsarten "quer" verrechnet würden und macht eine Ungleichbehandlung zwischen Erwerbstätigen und Rentnern geltend, weil Nebeneinkünfte erst im Rentenalter beitragspflichtig würden. Zudem liege eine Ungleichbehandlung darin, dass die Pachteinnahmen während seiner Tätigkeit als Landwirt zu seinen Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft gerechnet worden seien, während sie ab Rentenbeginn als solche aus Vermietung und Verpachtung der Beitragsberechnung zugrunde gelegt würden.

Eine Auseinandersetzung mit der vom LSG angegebenen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG enthält die Beschwerdebegründung demgegenüber nicht. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache kann ihr daher schon deshalb nicht entnommen werden, weil es an Darlegungen dazu mangelt, ob und inwieweit die vom Kläger vorgebrachten Gesichtspunkte bereits durch die vom LSG aufgeführte höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt sind. Eine Rechtsfrage ist auch dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden ist, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben ( BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Der Kläger hätte daher unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung vortragen müssen, dass durch schon vorliegende Rechtsprechung des BSG und BVerfG die für klärungsbedürftig erachtete Frage nicht oder nicht umfassend beantwortet wird (vgl BSG Beschluss vom 19.4.2012 - B 2 U 348/11 B - juris RdNr 29).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung auch im Hinblick auf die weiteren Ausführungen nicht. So rügt der Kläger eine Verletzung von Art 3 GG wegen einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu pflichtversicherten Rentnern, weil der Berechnung der Beiträge zur Pflegeversicherung nicht allein die Rente und die Versorgungsbezüge, sondern auch die Nebeneinkünfte aus Vermietung und Verpachtung bzw Landwirtschaft zugrunde gelegt würden. Auch diesbezüglich bleibt es aber bei der bloßen Behauptung der Verfassungswidrigkeit, ohne jegliche Auseinandersetzung mit hierzu ergangener höchstrichterlicher Rechtsprechung. Bezüglich des Vortrags, er habe von der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln müssen, wird darauf hingewiesen, dass das BSG im Falle der Zulassung der Revision grundsätzlich an die im Urteil des LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden wäre 163 SGG ). Deshalb fehlt es diesbezüglich auch an Darlegungen dazu, ob und aus welchen Rechtsgründen dieser Vortrag entscheidungserheblich sein könnte. Zu der Behauptung einer Verletzung von Art 14 Abs 1 GG durch die Berücksichtigung lediglich positiver Einkünfte ohne Gegenrechnung negativer Einkünfte fehlt es an jeglicher Begründung. Das Gleiche gilt für die Ansicht, Art 3 Abs 1 GG sei auch dadurch verletzt, dass nur solche Rentner pflichtversichert seien, die seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens 9/10 der zweiten Hälfte dieses Zeitraums aufgrund einer Pflichtversicherung versichert gewesen seien.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 14.11.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KR 804/17
Vorinstanz: SG Dortmund, vom 07.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 13 KR 2349/16