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BSG - Entscheidung vom 29.07.2019

B 12 R 16/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1-2

BSG, Beschluss vom 29.07.2019 - Aktenzeichen B 12 R 16/19 B

DRsp Nr. 2019/12934

Grundsatzrüge und Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Keine Rüge der inhaltlichen Unrichtigkeit einer Entscheidung

Die Behauptung, die angefochtene Entscheidung sei inhaltlich unrichtig, kann weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch wegen Divergenz zur Zulassung der Revision führen.

Die Beschwerde des Klägers zu 1. gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Februar 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 -2;

Gründe:

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens darüber, ob der Kläger zu 1. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der zu 2. klagenden GmbH seit dem 20.11.2014 aufgrund einer Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt (Bescheid vom 24.4.2015, Widerspruchsbescheid vom 28.12.2015). Das SG Regenburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.4.2017). Das Bayerische LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger zu 1. habe seinen Geschäftsanteil von 25 500 DM (50 vH) durch notarielle Urkunde vom 20.11.2014 an seinen Sohn übertragen. Damit fehle es an der notwendigen Rechtsmacht, Weisungen zu verhindern. Daran ändere auch der dem Kläger zu 1. eingeräumte Nießbrauch am übertragenen Geschäftsanteil nichts. Auch die weiteren Vereinbarungen zum Stimmrecht und zur Stimmrechtsausübung verliehen keine Rechtsmacht (Urteil vom 28.2.2019). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger zu 1. mit seiner Beschwerde.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG ). Der Kläger zu 1. hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums darzutun, weshalb deren Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt ( BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger zu 1. hat keine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG ) mit höherrangigem Recht ( BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ( BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Eine Rechtsfrage ist so konkret zu formulieren, dass sie als Grundlage für die Darlegung der weiteren Merkmale der grundsätzlichen Bedeutung (Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit, Breitenwirkung) geeignet ist (Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK- SGG , 1. Aufl 2017, § 160a RdNr 97). Das behauptete Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung wird im Kern damit begründet, dass das LSG "die zutreffende Anwendung der vom Bundessozialgericht vorgegebenen Grundsätze" verkannt, "insbesondere die maßgeblichen Rechtsgrundsätze auf den hier vorliegenden Nießbrauchsfall unzutreffend" angewendet und "bei richtiger Rechtsanwendung" eine selbstständige Tätigkeit angenommen hätte. Damit wird die Richtigkeit des angefochtenen Urteils beanstandet. Die Behauptung, die angefochtene Entscheidung sei inhaltlich unrichtig, kann aber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG , der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschlüsse vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Eine solche Abweichung ist nicht dargetan.

Der Kläger zu 1. behauptet lediglich eine Divergenz zu den Urteilen des Senats vom 14.3.2018 ( B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35), 29.7.2015 ( B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24) und 29.8.2012 ( B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17), ohne vermeintlich voneinander abweichende Rechtssätze zu benennen. Vielmehr wird insoweit im Wesentlichen darauf hingewiesen, das LSG habe die aus dem notariellen Vertrag "zu ziehenden Rechtskonsequenzen" verkannt. Der eingeräumte Nießbrauch führe "zur maßgeblichen Rechtsmacht", begründe die Rechtspflicht des Gesellschafters, "auf die Belange des Nießbrauchers entsprechend Rücksicht zu nehmen", und habe "unmittelbar gesellschaftsrechtliche und satzungsrelevante Wirkung". Auch mit diesem Vorbringen wird - wie bereits ausgeführt wurde - unzulässig die Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung gerügt.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 28.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 14 R 5114/17
Vorinstanz: SG Regensburg, vom 24.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 8012/16