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BSG - Entscheidung vom 30.09.2019

B 14 AS 11/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 30.09.2019 - Aktenzeichen B 14 AS 11/19 B

DRsp Nr. 2019/16675

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. August 2018 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt P. beizuordnen, wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Diesen allein geltend gemachten Zulassungsgrund hat die Klägerin in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin formuliert folgende Rechtsfrage:

"Stellt es anzurechnendes Einkommen dar, wenn einem Leistungsberechtigten nach den SGB II nach Antragstellung Einnahmen aus Erfüllung eines vor Antragstellung entstandenen und geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung zu Unrecht erhobener Sozialversicherungsbeiträge gem. § 26 Abs. 2 SGB IV zufließen?"

Doch wird die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht in der gebotenen Weise aufgezeigt. Hierzu hätte die Beschwerde darstellen müssen, warum die umfassende Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen - auch im Zusammenhang mit Nachzahlungen von Sozialleistungen (etwa BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19 - Krankengeld; BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 22 - Übergangsgeld) - keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Antwort bietet. Nach diesen Entscheidungen kommt es auf den Zeitpunkt des Zuflusses und gerade nicht darauf an, dass Forderungen - auch soweit sie Sozialleistungen zum Gegenstand haben - zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits fällig waren ( BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19 RdNr 26; BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 22 RdNr 24). Warum hiervon abweichend für sozialrechtliche Beitragsrückzahlungen etwas anderes gelten soll, hätte insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen in den genannten Entscheidungen zu den Unterschieden zwischen Zuflussprinzip und Identitätstheorie weiter dargelegt werden müssen.

Auch soweit die Beschwerde in Bezug auf die Entscheidung des Senats vom 9.8.2018 (B 14 AS 20/17 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 85 zu zivilrechtlichen Schadensersatzzahlungen für Vermögensschäden) geltend macht, eine zu Unrecht erfolgte Beitragserhebung sei "rechtswidrig und daher anfechtbar", hätte es einer Auseinandersetzung mit dem besonderen Charakter öffentlich-rechtlicher Rechtsverhältnisse bedurft, die sich dadurch auszeichnen, dass auch rechtswidrige und anfechtbare Rechtshandlungen, wie die vorliegend durch Verwaltungsakt erfolgte Beitragsfestsetzung, binden, solange sie nicht auf eine der in § 39 Abs 2 SGB X genannten Weisen erledigt werden. Vor diesem Hintergrund dürfte schon der Anknüpfungspunkt der Rechtsfrage - "Einnahmen aus Erfüllung eines vor Antragstellung entstandenen ... Anspruchs" unzutreffend sein.

PKH ist der Klägerin nicht zu bewilligen, da ihre Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO ). Da die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch ihr Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO ).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 30.08.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 6 AS 1676/17
Vorinstanz: SG Dortmund, vom 12.07.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 37 AS 3396/14