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BSG - Entscheidung vom 14.09.2019

B 14 AS 180/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 14.09.2019 - Aktenzeichen B 14 AS 180/18 B

DRsp Nr. 2019/14882

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. April 2018 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Diesen allein geltend gemachten Zulassungsgrund hat der Beklagte in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Beklagte wirft folgende Fragen auf, denen er grundsätzliche Bedeutung beimisst:

"I. Begründet ein im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung bereits für den Vermieter verjährter Zinsanspruch ein Anspruch für den Hilfebedürftigen gegen den SGB II -Träger gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ?

oder

II. Steht ein bereits verjährter Mietzinsanspruch einem ernsthaft durchgeführten Mietverhältnis iSd. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II entgegen?

oder

III. Ist ein Mietverhältnis iSd. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch dann wirksam durchgeführt worden, wenn der Vermieter sich nicht binnen der gesetzlichen Verjährungsfrist um einen Vollstreckungstitel bemüht hat?"

Damit werden schon keine abstrakt-generellen Rechtsfragen - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG ) mit höherrangigem Recht - formuliert (vgl BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - RdNr 7; BSG vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - RdNr 10; BSG vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - RdNr 10). Vielmehr zielen die Fragen im Ergebnis darauf, ob im Einzelfall die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II vorliegen, was deutlich wird durch die als Voraussetzungen in den Fragen enthaltenen konkreten Wertungen und (rechtlichen) Vorrausetzungen ("für den Vermieter verjährter Zinsanspruch"; "einem ernsthaft durchgeführten Mietverhältnis"; "auch dann wirksam durchgeführt worden, wenn"). Abgesehen davon, dass einer Verjährung, an die in allen Fragen unmittelbar angeknüpft wird, zivilrechtlich nur dann Rechtsfolgen zukommen, wenn sich der Schuldner darauf beruft (vgl § 214 Abs 1 BGB ) - was vorliegend nach der Sachverhaltsdarstellung durch den Beklagten aber nicht geschehen ist -, kann nicht im Gewand einer Grundsatzrüge zur Überprüfung durch das BSG gestellt werden, ob das LSG die durch BSG -Rechtsprechung vorgegebenen Maßstäbe (vgl BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 37/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 15; BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 21) im Einzelfall der Klägerin zutreffend angewendet hat.

Nicht schlüssig sind im Übrigen die Ausführungen des Beklagten zum allgemeinen Interesse und der über den Einzelfall hinausgehenden, übergeordneten Bedeutung der "Verjährungsfragen". Wenn sich diese "spätestens auch und insbesondere" im Klageverfahren (erst) stellen, deutet dies eher auf eine lange Verfahrensdauer hin, als auf ein weit verbreitetes Missbrauchsproblem.

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen-Anhalt, vom 25.04.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 2 AS 435/15
Vorinstanz: SG Halle, vom 19.05.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 15 AS 5978/10