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BSG - Entscheidung vom 27.06.2019

B 12 KR 12/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 27.06.2019 - Aktenzeichen B 12 KR 12/19 B

DRsp Nr. 2019/10317

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Dezember 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um das Bestehen einer freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und über die Beitragshöhe.

Der Kläger war bis April 2014 in einer Anwaltskanzlei beschäftigt. Wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze führte die beklagte Krankenkasse das Versicherungsverhältnis als freiwillige Versicherung. Die Beiträge wurden vom Arbeitgeber des Klägers entrichtet. Nachdem der Arbeitgeber die Beklagte über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses informiert hatte, bat sie den Kläger vergeblich um Auskünfte. Durch Bescheid vom 8.9.2014 stellte sie das Fortbestehen der freiwilligen Mitgliedschaft fest und berechnete Beiträge nach der Mindestbemessungsgrundlage. Durch Bescheid vom 22.12.2014 informierte die Beklagte den Kläger über eine Beitragsanpassung. Diesen - und weiteren Bescheiden - widersprach der Kläger. Im Klageverfahren machte er ua geltend, die Bescheide ließen den Sitz der erlassenden Behörde nicht erkennen. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben ( SG -Gerichtsbescheid vom 2.2.2018; LSG-Urteil vom 6.12.2018). Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 6.12.2018 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 - Juris RdNr 9).

Der Kläger benennt in der Beschwerdebegründung vom 11.3.2019 keinen der oben genannten Zulassungsgründe ausdrücklich. Seine Ausführungen lassen jedoch darauf schließen, dass er den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) geltend machen will. Diesen legt er jedoch nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar.

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger wirft auf Seite 2 der Beschwerdebegründung die Frage auf,

"ob die Erkennbarkeit der erlassenden Behörde i.S.d. § 33 Abs. 3 SGB X bereits bei Bezeichnung durch eine Stadt sowie einer Postleitzahl gegeben ist oder nicht".

Der "unbestimmte Rechtsbegriff" des Erkennenlassens der erlassenden Behörde werfe Auslegungszweifel auf. Denn es stelle sich die Frage, ob hierfür eine konkrete Adressangabe erforderlich sei oder nicht. Zumindest hinsichtlich anderer verfahrensrechtlicher Normen sei anerkannt, dass Adressangaben erforderlich seien. So verlange das BSG für die Formwirksamkeit einer Klage, dass diese die Wohnanschrift des Klägers nenne.

a) Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht erfüllt, weil der Kläger keine abstraktgenerelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG ) mit höherrangigem Recht ( BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ( BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Hieran bestehen Zweifel, weil der Kläger lediglich eine Subsumtionsfrage stellt.

b) Jedenfalls legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit seiner Frage nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar. Er befasst sich bereits nicht hinreichend mit der Rechtslage. Nach § 33 Abs 3 S 1 SGB X muss ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Der Kläger beschränkt sich darauf, "andere verfahrensrechtliche Normen", die eine Adressangabe erforderten, pauschal heranzuziehen, ohne hinreichend zu begründen, warum eine postalische Adresse auch für ein "Erkennenlassen" iS von § 33 Abs 3 S 1 SGB X erforderlich sein soll. Auch sind der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Angabe einer Großkundenpostleitzahl mit Ortsangabe einem - unterstellten - Erfordernis der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift im Rahmen von § 33 Abs 3 S 1 SGB X nicht genügen würde. Darüber hinaus befasst sich der Kläger auch nicht hinreichend mit der insoweit ergangenen Rechtsprechung (vgl zB zur Gesetzlichkeitsfiktion bei Angabe der Widerrufsadresse BGH Urteil vom 20.6.2017 - XI ZR 72/16 - Juris RdNr 26) und Literatur (Benkel, NZS 1997, 58 , 60).

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 06.12.2018 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KR 159/18
Vorinstanz: SG Düsseldorf, vom 02.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 34 KR 551/15