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BSG - Entscheidung vom 25.02.2019

B 8 SO 57/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 25.02.2019 - Aktenzeichen B 8 SO 57/18 B

DRsp Nr. 2019/5696

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Formgerechte Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage Nur kursorische Hinweise ohne Durchdringung des Prozessstoffs

1. Allein mit der Beschwerdebegründung muss das Revisionsgericht in die Lage versetzt werden zu überprüfen, ob und ggf. welche Rechtsfragen im Rahmen des konkret zur Überprüfung stehenden Rechtsstreits entscheidungserheblich sein könnten. 2. Nur kursorische Hinweise in der Beschwerdebegründung ohne Durchdringung des Prozessstoffs sind dazu nicht ausreichend.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2018 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt P G , ..., beizuordnen, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zahlung von insgesamt 1331,13 Euro.

Der beklagte Träger der Sozialhilfe bewilligte dem Kläger ua im Zeitraum vom 19.6.2008 bis zum 30.6.2014 Hilfe zur Pflege (ungedeckte Heimkosten) in einer stationären Einrichtung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ). Den Barbetrag für den weiteren notwendigen Lebensunterhalt in wechselnder Höhe überwies er dabei (einer Bitte des Klägers entsprechend) unmittelbar auf ein Konto des Trägers der Einrichtung, einer GmbH. Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Trägers der Einrichtung eröffnet worden war und der Insolvenzverwalter Auszahlungen an den Kläger unter Hinweis auf ein fehlendes Aussonderungsrecht verweigert hatte, machte der Kläger gegenüber dem Beklagten geltend, einen Betrag von insgesamt 1331,13 Euro habe er von der Einrichtung nicht in Empfang nehmen können. Der Beklagte habe den Barbetrag für den weiteren notwendigen Lebensunterhalt aber nicht befreiend auf das Konto des Trägers der Einrichtung leisten dürfen und müsse erneut zahlen. Die deswegen erhobene Leistungsklage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts [SG] Köln vom 8.5.2015; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Nordrhein-Westfalen vom 28.5.2018).

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ) ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen. Dabei kann offen bleiben, ob die Beschwerde (vom 3.8.2018) rechtzeitig einen Monat nach Zustellung des Urteils eingelegt worden ist, nachdem der Prozessbevollmächtigte auf Rückfrage des LSG zumindest den Eingang des am 15.6.2018 vom LSG versandten Urteils in den Räumen der Kanzlei am 29.6.2018 bestätigt hat, den Empfang des Schriftstücks dagegen (unter Berufung auf einen Wasserschaden) erst unter dem 3.7.2018. Ihre Begründung entspricht jedenfalls nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und des Verfahrensfehlers.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert und ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger formuliert mit den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz vom 3.8.2018 "eine Rechtssache, bei dem es um den Zahlungsfluß allein des Barbetrages seitens des Sozialhilfeträgers auf ein insolvenzfestes Treuhandkonto geht, ist bis dato noch von keinem der obersten Gerichte sämtlicher Gerichtszweige der Bundesrepublik Deutschland entschieden worden" weder eine konkrete Rechtsfrage noch ergibt sich irgendeine entscheidungserhebliche Rechtsfrage aus dem weiteren Vortrag, und dabei insbesondere den Hinweisen auf § 948 Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB ) - der Vorschrift über die Vermischung von beweglichen Sachen - und auf die höchstpersönliche Natur von Sozialhilfeansprüchen (vgl § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII ). Das Revisionsgericht muss aber anhand der Beschwerdebegründung in die Lage versetzt werden zu überprüfen, ob und ggf welche Rechtsfragen im Rahmen des konkret zur Überprüfung stehenden Rechtsstreits entscheidungserheblich sein könnten. Lediglich kursorische Hinweise ohne Durchdringung des Prozessstoffs reichen dafür in der Beschwerdebegründung nicht aus. Schließlich weist der Kläger selbst auf eine Entscheidung des Senats (BSGE 101, 217 = SozR 4-3500 § 133a Nr 1) hin, ohne aber weiter darzustellen, welche Grundsätze zur Art der Auszahlung des Barbetrags hieraus bereits ableitbar wären und inwieweit diese der weitergehenden Klärung durch das Revisionsgericht bedürfen. Die (vermeintliche) Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung des LSG allein kann die Revision nicht eröffnen. Die weiteren Ausführungen des Klägers (Eingang bei Gericht am 25.10.2018 und am 13.2.2019) vermögen der Beschwerde schon deshalb nicht zur Zulässigkeit zu verhelfen, weil sie außerhalb der Begründungsfrist (§ 160a Abs 2 SGG ) erfolgt sind. Im Übrigen beschränkt sich der Kläger insoweit auf die Bezugnahme auf bislang geführten Schriftverkehr, was den dargestellten Anforderungen an eine Beschwerdebegründung nicht genügt.

Soweit der Kläger eine Divergenz zu einer Entscheidung des BSG behauptet, genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 16.7.2013 - B 8 SO 14/13 B - RdNr 6; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 16.7.2013 - B 8 SO 14/13 B - RdNr 6; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). Der Kläger behauptet das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht, wenn er - wie hier - nur vorträgt, die Entscheidung des LSG stehe mit der Entscheidung des BSG vom 26.8.2008 (BSGE 101, 217 = SozR 4-3500 § 133a Nr 1) "in unauflösbarem Widerspruch". Auch wegen der Divergenz macht der Kläger damit im Ergebnis nur die Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend.

Soweit der Kläger schließlich auf die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung hinweist, ist unklar, ob und ggf welcher Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG damit gerügt werden sollte und weshalb die Entscheidung des LSG hierauf beruhen könnte. Ohnehin ist der Hinweis, dass jeder Rechtsanwalt beim BSG als Prozessbevollmächtigter iS des § 73 Abs 4 SGG zugelassen ist, der Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen.

Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 SGG , § 114 Abs 1 Zivilprozessordnung [ZPO]) bietet, ist dem Kläger auch keine Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen. Mit der Ablehnung von PKH entfällt auch die Beiordnung des Rechtsanwalts (§ 121 ZPO ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 28.05.2018 - Vorinstanzaktenzeichen L 20 SO 313/15
Vorinstanz: SG Köln, vom 08.05.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 27 SO 606/14