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BSG - Entscheidung vom 08.08.2019

B 5 R 136/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 08.08.2019 - Aktenzeichen B 5 R 136/19 B

DRsp Nr. 2019/13189

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Formgerechte Darlegung der abstrakten Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage Auswertung der Rechtsprechung des BSG

Zur formgerechten Darlegung der (abstrakten) Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die klärungsbedürftige Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt J. E., R., H. beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Urteil vom 30.1.2019 hat das LSG Nordrhein-Westfalen einen solchen Anspruch des Klägers verneint und seine Berufung gegen das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 18.9.2013 zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Er beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung ( BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65).

Der Kläger formuliert als Rechtsfrage, der er grundsätzliche Bedeutung beimisst:

"Diese Frage, nämlich zum einen die rein fiktive Verweisbarkeit, obwohl durch die heutigen Gesellschaftsformen eine konkrete Nachweisbarkeit möglich ist, sowie die Verweisbarkeit in Bezug auf das persönliche Umfeld und insbesondere die Besonderheit der nur wenigen Stellen im gesamten Bundesgebiet".

Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit eine aus sich heraus verständliche Rechtsfrage zur Auslegung einer revisiblen (Bundes-)Norm formuliert hat, an der das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl dazu BSG Beschlüsse vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - Juris RdNr 15 und vom 4.4.2016 - B 13 R 43/16 B - Juris RdNr 6; Becker, SGb 2007, 261 , 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Soweit es dem Kläger um eine Überprüfung der Voraussetzungen des § 240 Abs 2 SGB VI und der danach zu stellenden Anforderungen an eine Verweisungstätigkeit geht, fehlt es jedenfalls an der Darlegung der (abstrakten) Klärungsbedürftigkeit. Hierzu muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN). Der Kläger setzt sich mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG nicht ansatzweise auseinander. Er schildert lediglich seine eigene Auffassung, wonach nicht nur auf eine "rein theoretische Arbeitsmöglichkeit" im Verweisungsberuf abzustellen sei. Erforderlich sei vielmehr eine "Konkretisierung auf ein zumutbares Umfeld". Zur Rechtsprechung des BSG , wonach lediglich ein typischer Arbeitsplatz mit der üblichen Berufsbezeichnung benannt werden muss (vgl dazu die Nachweise bei Gürtner in Kasseler Kommentar, Stand Juni 2019, § 240 SGB VI RdNr 113) äußert sich die Beschwerdebegründung nicht.

Die weitere Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Schriftsatz vom 24.7.2019 ist erst am 31.7.2019, dh nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am 17.6.2019 (§ 160a Abs 2 S 1 iVm § 64 SGG ) eingegangen und konnte deshalb keine Berücksichtigung finden (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 13b mwN).

2. Der Antrag auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen. Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde bietet - wie bereits ausgeführt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1, § 121 Abs 1 ZPO ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 30.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 8 R 1022/13
Vorinstanz: SG Gelsenkirchen, vom 18.09.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 14 R 302/09