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BSG - Entscheidung vom 06.08.2019

B 14 AS 182/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGG § 202 S. 1
ZPO § 5
SGG § 113 Abs. 1

BSG, Beschluss vom 06.08.2019 - Aktenzeichen B 14 AS 182/18 B

DRsp Nr. 2019/13357

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Addition des Werts der Beschwerdegegenstände im Berufungsverfahren Keine wirtschaftliche Identität der Ansprüche

Die Addition des Werts der Beschwerdegegenstände im Berufungsverfahren bei zuvor vom SG miteinander verbundenen Klagen ist grundsätzlich zulässig, sofern die jeweils eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung betreffenden Klageansprüche nicht wirtschaftlich identisch sind.

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. März 2018 werden als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGG § 202 S. 1; ZPO § 5 ; SGG § 113 Abs. 1 ;

Gründe:

Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe haben die Kläger in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Mit ihrer Beschwerde rügen sie in erster Linie den Verfahrensmangel eines Sach- statt eines Prozessurteils. Das LSG sei von der Zulässigkeit der vom SG nicht ausdrücklich zugelassenen Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG ausgegangen, durch das über drei miteinander verbundene, drei Bewilligungszeiträume betreffende Klagen entschieden worden sei. Stattgebende Urteile auf diese Klagen hätten jeweils für sich ohne Zulassung nicht mit der Berufung angegriffen werden können. Die Zusammenrechnung des Werts der Beschwerdegegenstände ergebe zwar über 750 Euro, sei aber ebenso unzulässig wie die Zusammenrechnung der Zeiträume, die mehr als ein Jahr ergebe. Jedenfalls sei die Frage nach der Zulässigkeit solcher Zusammenrechnungen im Rahmen des § 144 Abs 1 SGG von grundsätzlicher Bedeutung.

Mit diesem Beschwerdevorbringen ist schlüssig weder ein Verfahrensmangel bezeichnet noch eine grundsätzliche Bedeutung dargelegt. Hierfür hätte es einer Auseinandersetzung damit bedurft, dass in der Rechtsprechung des BSG wie in der einschlägigen Literatur die grundsätzliche Zulässigkeit einer Addition des Werts der Beschwerdegegenstände (§ 5 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG ) im Berufungsverfahren bei zuvor vom SG miteinander verbundenen Klagen (§ 113 Abs 1 SGG ) Anerkennung gefunden hat, sofern die jeweils eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung betreffenden Klageansprüche nicht wirtschaftlich identisch sind (vgl BSG vom 25.2.1966 - 3 RK 9/63 - BSGE 24, 260 = SozR Nr 13 zu § 149 SGG ; BSG vom 8.10.1981 - 7 RAr 72/80 - SozR 1500 § 144 Nr 18; Bienert, NZS 2017, 727 , 731 f; Guttenberger in Schlegel/Voelzke, jurisPK- SGG , § 113 RdNr 27, Stand 15.7.2017; Knittel in Hennig, SGG , § 144 RdNr 22, Stand Oktober 2017; Leitherer in Meyer-Ladewig ua, SGG , 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 16, 18; Leopold in Roos/Wahrendorf, SGG , 2014 , § 113 RdNr 30; Littmann in Lüdtke/Berchtold, SGG , 5. Aufl 2017, § 144 RdNr 9; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK- SGG , § 144 RdNr 21, Stand 13.5.2019; differenzierend bei Mehrheit von Streitgegenständen, wenn nicht alle Geld-, Dienst- oder Sachleistung betreffen, und für Zusammenrechnung nur jeweils dieser BSG vom 18.4.2016 - B 14 AS 150/15 BH - juris RdNr 6). Soweit die Kläger meinen, dass dies für Leistungen nach dem SGB II anders zu sehen ist, hätte sich die Beschwerde damit auseinandersetzen müssen, dass es nach der angeführten Rechtsprechung nicht darauf ankommt, ob die streitbefangenen Leistungen durch einen oder mehrere prozessuale Ansprüche geltend zu machen sind (vgl erneut BSG vom 8.10.1981 - 7 RAr 72/80 - SozR 1500 § 144 Nr 18).

Soweit die Kläger als Verfahrensmangel rügen, dass im Urteil des LSG Ausführungen zur Zulässigkeit der Berufung fehlen, lassen sich dem Vorbringen die Voraussetzungen nicht entnehmen, unter denen vom Fehlen von Entscheidungsgründen auszugehen ist (vgl zu diesen letztens nur BSG vom 1.3.2018 - B 8 SO 96/17 B - juris RdNr 8 f; BSG vom 15.3.2018 - B 9 V 91/16 B - SozR 4-1500 § 136 Nr 3 mwN). Soweit eine Abweichung des LSG von den Entscheidungen anderer LSG gerügt wird zur Frage, ob bei verbundenen Verfahren, die mehrere Bewilligungszeiträume betreffen, es zu einer Zusammenrechnung komme, ist dies von vornherein nicht geeignet, eine Zulassung nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG zu begründen.

Soweit die Kläger zudem eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügen, weil das LSG die Aussagen der vom SG vernommenen Zeugen anders als dieses bewertet hat, ohne sie erneut zu vernehmen, können dem Vorbringen die Voraussetzungen einer verfahrensfehlerhaften Überraschungsentscheidung nicht entnommen werden (vgl zu diesen zuletzt nur BSG vom 8.5.2019 - B 14 AS 37/18 B - juris mwN).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 15.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 34 AS 2436/15
Vorinstanz: SG Berlin, vom 03.09.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 121 AS 25162/13