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BSG - Entscheidung vom 26.11.2019

B 13 R 159/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 103

BSG, Beschluss vom 26.11.2019 - Aktenzeichen B 13 R 159/18 B

DRsp Nr. 2020/1127

Erstattung der den Festbetrag und den Zuschuss aus Mitteln der Ausgleichsabgabe übersteigenden Kosten einer Hörgeräteversorgung Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Februar 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 103 ;

Gründe:

Mit Urteil vom 14.2.2018 hat das LSG Berlin-Brandenburg einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag und den Zuschuss aus Mitteln der Ausgleichsabgabe übersteigenden Kosten einer Hörgeräteversorgung verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht als Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) die mangelhafte Aufklärung geltend.

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom 3.9.2018 genügt nicht der gesetzlichen Form, denn sie hat den geltend gemachten Zulassungsgrund nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet.

Die Klägerin rügt eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG ) durch das Berufungsgericht. Eine solche Rüge muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen prozessordnungsgemäßen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr, vgl Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5; BSG vom 19.11.2007 SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; Senatsbeschluss vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - juris RdNr 6 mwN).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

In der Beschwerdebegründung legt die Klägerin dar, dass sie in der mündlichen Verhandlung am 14.2.2018 einen Beweisantrag gestellt habe. Weiter bezieht sie sich auf einen Schriftsatz vom 3.4.2017, in dem sie als wesentlichen Gebrauchsvorteil des streitgegenständlichen Hörgeräts das Ausstattungsmerkmal "Voice Zoom" beschrieben habe. Sie führt aus, dass der medizinische Sachverständige dazu falsche bzw unzutreffende Angaben gemacht habe. Das Gericht hätte sich daher dazu gedrängt fühlen müssen, ein Gutachten zum verbesserten Richtungshören einzuholen.

Mit diesen Darlegungen hat die Klägerin keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG bezeichnet.

Zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags muss nicht nur die Stellung eines Antrags selbst, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 bzw § 373 ZPO ) und mit welchem Ziel Beweis erhoben werden sollte und dass es sich damit seinem Inhalt nach nicht nur um eine Beweisanregung gehandelt hat (Senatsbeschluss vom 12.12.2003 SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Denn nur ein solcher Beweisantrag hat die Warnfunktion, die es rechtfertigt, einen Revisionszulassungsgrund anzunehmen, wenn das LSG dem Antrag zu Unrecht nicht gefolgt ist (vgl BSG vom 24.5.1993 und vom 5.3.2002 SozR 3-1500 § 160 Nr 9, 35). Je mehr Aussagen von Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen zum Beweisthema bereits vorliegen, desto genauer muss der Beweisantragsteller auf mögliche Unterschiede und Differenzierungen eingehen (vgl hierzu Fichte, SGb 2000, 653 , 656). Allein das Begehren nach einem weiteren Gutachten reicht insoweit nicht aus.

Die Klägerin legt aber in der Beschwerdebegründung nicht dar, zu welchen konkreten Tatsachen sie in der mündlichen Verhandlung eine weitere Sachaufklärung beantragt hat. Ein zur Zulassung der Revision führender Beweisantrag kann bei einer anwaltlich vertretenen Klägerin nur ein solcher sein, der das Beweisthema konkret angibt und insoweit wenigstens umreißt, was die Beweisaufnahme ergeben soll (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 18a mwN). Soweit die Klägerin geltend machen will, dass das Beweisthema aus dem von ihr bezeichneten Schriftsatz vom 3.4.2017 hervorgehe, reicht dies nicht aus. Denn sie legt nicht dar, dass sie dessen Inhalt auch zum Gegenstand des Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung gemacht und zu Protokoll gegeben hat.

Dies ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des LSG, auf das sich die Klägerin bezieht. Darin heißt es:

"Die Klägerin beantragt, Beweis zu erheben durch Einholung eines Gutachtens eines Hörgeräteakustikers insbesondere zur Geeignetheit der Hörgeräteversorgung gemäß Hilfsmittelverzeichnis Nr. 13.20.12.0701 (ausgewähltes Hörgerät) gegenüber dem eigenanteilsfrei angebotenem Gerät gemäß Hilfsmittelverzeichnis Nr. 13.20.03.0365 (Nova II), auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen M. L. vom 2. März 2017."

Weder wird darin auf den Schriftsatz vom 3.4.2017 Bezug genommen noch enthält der Antrag das von der Klägerin erst in der Beschwerdebegründung konkretisierte Beweisthema eines wesentlichen Gebrauchsvorteils des streitgegenständlichen Hörgeräts durch das bessere Richtungshören. Daran ändert auch der nachträgliche Hinweis in der Beschwerdebegründung nichts, dass sich aus der jeweiligen Nummer des Hilfsmittelverzeichnisses die Ausstattung des ausgewählten Hörgeräts mit "Voice Zoom" ergebe. Allein das Verlangen nach Einholung einer weiteren Begutachtung von Amts wegen zur Geeignetheit der Hörgeräteversorgung reicht hier nicht aus, um der Warnfunktion des Beweisantrags gegenüber dem LSG gerecht zu werden (vgl Senatsbeschluss vom 7.2.2017 - B 13 R 389/16 B - juris RdNr 5).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 14.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 17 R 27/14
Vorinstanz: SG Berlin, vom 11.11.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 17 R 4173/10