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BSG - Entscheidung vom 26.03.2019

B 10 EG 15/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 26.03.2019 - Aktenzeichen B 10 EG 15/18 B

DRsp Nr. 2019/6714

Elterngeld unter Berücksichtigung von Arbeitslosengeld Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Formgerechte Darlegung einer Verfassungsverletzung Fehlende Analogiefähigkeit der Vorschriften über die Verschiebung des Bemessungszeitraums im Elterngeldrecht

1. Zur formgerechten Darlegung einer Verfassungsverletzung reicht die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze nicht aus; es muss vielmehr unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und ggf. des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen in substantieller Argumentation dargestellt werden, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. 2. Die gesetzlichen Vorschriften über die Verschiebung des Bemessungszeitraums im Elterngeldrecht sind nicht analogiefähig.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 31. Juli 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld unter Berücksichtigung ihr gezahlten Arbeitslosengeldes (Alg).

Der Beklagte bewilligte ihr antragsgemäß Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat ihres zweiten Kindes, ihrer im September 2014 geborenen Tochter. Dabei berücksichtigte der Beklagte das von der Klägerin bezogene Mutterschaftsgeld sowie einen Arbeitgeberzuschuss und einen Geschwisterbonus für den 2012 geborenen Sohn der Klägerin. Da die Klägerin ab August 2014 Mutterschaftsgeld bezogen hatte, legte der Beklagte als Bemessungszeitraum die Zeit von August 2013 bis Juli 2014 zugrunde. Für die Monate August 2013 bis März 2014 berücksichtigte er bei der Elterngeldberechnung kein Einkommen, weil die Klägerin in dieser Zeit Alg bezogen hatte (Bescheid vom 18.12.2014; Widerspruchsbescheid vom 12.2.2015).

Die auf eine weitere Verschiebung des Bemessungszeitraums auf die Zeit vor der Geburt ihres ersten Kindes im Jahr 2012 oder eine Berücksichtigung des im Bemessungszeitraum gezahlten Alg bei der Elterngeldberechnung gerichtete Klage ist erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom 30.5.2017; Berufungsurteil vom 31.7.2018). Das LSG hat sich zur Begründung wie vor ihm das SG auf die Rechtsprechung des Senats zur Nichtberücksichtigung von Alg bei der Elterngeldberechnung bezogen (Hinweis auf Senatsurteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 21/09 R - Juris). Das BEEG trage der Situation der Klägerin grundsätzlich durch die Verschiebung des Bemessungszeitraums während des Bezugs von Elterngeld für ein älteres Kind Rechnung.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der sie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die der Sache nach geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (Senatsbeschluss vom 15.4.2015 - B 10 LW 8/14 B - Juris RdNr 4 mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen ( BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 9 SB 11/17 B - Juris RdNr 8 mwN).

Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerdebegründung. Die Klägerin hat bereits keine hinreichend präzise Rechtsfrage zu einer konkreten Norm formuliert, der sie grundsätzliche Bedeutung beimisst. Ihrem Beschwerdevorbringen ist zu entnehmen, dass sie - im Wege richterlicher Rechtsfortbildung insbesondere durch analoge Gesetzesanwendung - für die Berechnung des Elterngelds das Einkommen herangezogen sehen möchte, dass sie vor der Geburt ihres ersten Kindes bezogen hat. Die Klägerin nennt indes schon keine konkrete Norm oder ein Tatbestandsmerkmal des BEEG , dessen Auslegung sie in diesem Zusammenhang für klärungsbedürftig hält. Es ist nicht Aufgabe des BSG aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst eine Rechtsfrage zu formulieren, der möglicherweise grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte ( BSG Beschluss vom 11.7.2017 - B 9 SB 15/17 B - Juris RdNr 7 mwN).

Soweit die Klägerin der Sache nach einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG geltend macht, verfehlt sie ebenfalls die Darlegungsanforderungen. Wer eine Verfassungsverletzung geltend macht, darf sich dabei nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und ggf des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (Senatsbeschluss vom 1.6.2017 - B 10 ÜG 30/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 14 RdNr 16 mwN).

Daran fehlt es. Die Beschwerde nennt schon keine konkrete einfachrechtliche Norm, deren Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht sie infrage stellt. Vor allem aber geht sie nicht näher auf das von den Vorinstanzen herangezogene Senatsurteil zur Frage des Ausschlusses von Alg aus der Bemessungsgrundlage des Elterngelds ein (Senatsurteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 21/09 R - Juris RdNr 33 ff). Ebenso wenig setzt sie sich mit der Senatsrechtsprechung zur fehlenden Analogiefähigkeit der gesetzlichen Vorschriften über die Verschiebung des Bemessungszeitraums auseinander (vgl Senatsurteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R - BSGE 121, 222 = SozR 4-7837 § 2b Nr 1 = BeckRS 2016, 72496 RdNr 23 ff mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 31.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen L 9 EG 18/17
Vorinstanz: SG Landshut, vom 30.05.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 9 EG 5/15