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BSG - Entscheidung vom 10.09.2019

B 1 KR 41/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 10.09.2019 - Aktenzeichen B 1 KR 41/19 B

DRsp Nr. 2019/14137

Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 30. April 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 21 209,07 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

I

Die Klägerin, Trägerin eines für die Behandlung Versicherter zugelassenen Krankenhauses, behandelte die bei der beklagten Krankenkasse versicherte, am 5.12.2010 geborene M. B. (im Folgenden: Versicherte) vollstationär vom 5.12. bis 30.12.2010 als Frühgeburt. Die Versicherte wurde zeitweise mit CPAP (Continuous Positive Airway Pressure) beatmet. Die Klägerin berechnete 34 801,58 Euro ausgehend von der Fallpauschale (Diagnosis Related Group 2010 [DRG]) P03B (Neugeborenes, Aufnahmegewicht 1000 - 1499 g mit signifikanter OR-Prozedur oder Beatmung > 95 Stunden, mit mehreren schweren Problemen, mit Beatmung > 120 Stunden < 480 Stunden; Schlussrechnung vom 31.12.2010). Die Beklagte bezahlte die Rechnung, machte nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vergeblich eine Erstattung in Höhe von 21 209,07 Euro geltend und rechnete mit diesem Betrag schließlich gegen andere Forderungen der Klägerin auf: Einschlägig sei die DRG P64Z (Neugeborenes, Aufnahmegewicht 1250 - 1499 g ohne signifikante OR-Prozedur, ohne Beatmung > 95 Stunden). Die Atemunterstützung per CPAP sei bei der Ermittlung der Beatmungsdauer nicht zu berücksichtigen. Das SG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin 21 209,07 Euro nebst Zinsen zu zahlen (Urteil vom 5.10.2015). Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen: Nach Wortlaut und Systematik der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 1001h in der Version 2010 erfülle die Zeit der CPAP-Beatmung nicht die Voraussetzungen einer maschinellen Beatmung (Urteil vom 30.4.2019).

Die Klägerin wendet sich mit ihrer dagegen eingelegten Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

II

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

1. Wer sich - wie hier die Klägerin - auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - Juris RdNr 6) und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - Juris RdNr 9). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). Der Beschwerdeführer hat dies schlüssig darzulegen (vgl zB BSG Beschluss vom 26.9.2017 - B 14 AS 177/17 B - Juris RdNr 1). Die Beschwerdebegründung wird diesen Anforderungen nicht gerecht.

a) Die Klägerin bezeichnet zwar einen abstrakten Rechtssatz in den Urteilen des BSG (BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 § 301 Nr 4; BSG Urteil vom 21.4.2015 - B 1 KR 8/15 R - Juris), wonach Abrechnungsbestimmungen "eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen" auszulegen sind; "Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht". Sie bezeichnet in ihrer Beschwerdebegründung aber keinen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz in der Entscheidung des LSG, der dem widerspricht. Sie trägt vielmehr selbst unter II 1. ihrer Beschwerdebegründung vor, das LSG sei davon ausgegangen, dass die systematische Auslegung der DKR und des Operationen- und Prozedurenschlüssels zu keinem eindeutigen Ergebnis führe und habe daher dem Wortlaut den Vorrang gegeben. Soweit die Klägerin anführt, dass das LSG "Feststellungen" übernehme, "die sich auf einen nicht vergleichbaren Behandlungsfall beziehen" (hier: des Beatmungsfalls, der dem Beschluss des erkennenden Senats vom 10.3.2015 - B 1 KR 82/14 B - zugrunde lag) und "der Auslegung (...) aus einem anderen Sachverhalt Vorrang" einräume, rügt die Klägerin lediglich eine vermeintlich fehlerhafte Subsumtion des LSG. Einen von der Rspr des BSG abweichenden Rechtssatz des LSG legt sie nicht dar.

b) Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin unter II 2. ihrer Beschwerdebegründung rügt, das LSG habe verkannt, dass die CPAP-Beatmung in den DKR 1001h letzter Absatz als besondere Form der maschinellen Beatmung aufgeführt sei. Die der maschinellen Beatmung zugrundeliegende Definition sei bei Neugeborenen und Säuglingen folglich um diese Bedingung zu erweitern. Erneut legt die Klägerin nicht dar, dass das LSG bewusst einen Rechtssatz aufgestellt hat, der von BSG -Rspr abweicht. Vielmehr verweist sie lediglich darauf, dass die DKR 1001h bei Anwendung dieser Rspr anders - nämlich in ihrem Sinne - auszulegen sei.

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO , diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3 , § 47 Abs 1 und 3 GKG .

Vorinstanz: LSG Thüringen, vom 30.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 6 KR 1465/15
Vorinstanz: SG Gotha, vom 05.10.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 38 KR 4986/13