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BSG - Entscheidung vom 20.11.2019

B 4 KG 5/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 20.11.2019 - Aktenzeichen B 4 KG 5/18 B

DRsp Nr. 2020/1126

Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Formgerechte Darlegung einer Divergenz

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. September 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Die Klägerin, die sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Abweichung von der Rechtsprechung des BSG durch das LSG beruft, hat einen Zulassungsgrund in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Hierfür ist eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Fragen, "1. ob eine endgültige Leistungsbewilligung auch dann erfolgen kann, wenn Änderungen in den persönlichen Verhältnissen nicht sicher, aber sehr wahrscheinlich und/oder zumindest nicht mit der entsprechenden Gewissheit auszuschließen sind, 2. ob eine Aufhebung nach § 48 SGB X auch dann möglich ist, wenn die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, die Bewilligung vorläufig getroffen hat, die Bewilligung aber hätte endgültig sein müssen, 3. ob ein atypischer Fall, der von dem Regelfall der Aufhebung ab Eintritt der Änderung der Verhältnisse abweicht, vorliegt, wenn die Bewilligung von Anfang an hätte endgültig erfolgen müssen und die Behörde fälschlicherweise die Bewilligung vorläufig erklärt hat".

Im Hinblick auf die Fragen zu 2 und 3 fehlt es jedenfalls an der Darlegung der Klärungsfähigkeit. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt ist eine vorläufige Entscheidung gerade nicht Streitgegenstand. Im Hinblick auf Frage 1, die hiervon ebenfalls ausgeht, fehlt es zunächst an der Darlegung der Klärungsfähigkeit insoweit, als das BKGG ursprünglich und auch in den hier maßgeblichen Jahren 2011 und 2012 keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für eine vorläufige Leistungsgewährung enthielt ( BSG vom 2.11.2012 - B 4 KG 2/11 R - BSGE 112, 126 = SozR 4-5870 § 6a Nr 4, RdNr 14). Im Übrigen ist auch eine Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt, weil sich die Rechtslage seit dem entscheidungserheblichen Zeitraum maßgeblich geändert hat und die Nichtzulassungsbeschwerde ausgelaufenes Recht betrifft. In einem solchen Fall muss mit der Beschwerde dargelegt werden, inwieweit die Rechtsfrage nicht nur für diesen Fall, sondern auch für andere zahlenmäßig nicht unerhebliche gleichartige (Alt-)Streitfälle oder auch für das neue Recht weiterhin von Bedeutung ist (vgl nur BSG vom 7.11.1996 - 14 BEg 5/96 - juris RdNr 6 mwN). Hieran fehlt es. Der durch das 9. SGB II -ÄndG mWv 1.8.2016 eingefügte § 11 Abs 5 BKGG enthielt - zum Zeitpunkt des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist (vgl zur fehlenden Möglichkeit vorläufiger Bewilligungen im Kinderzuschlagsrecht nach den Neuregelungen des sog Starke-Familien-Gesetzes vom 29.4.2019, BGBl I 530, BT-Drucks 19/7504 S 41) - einen (eingeschränkten) Verweis auf die zeitgleich im SGB II eingefügte vorläufige Entscheidung nach § 41a SGB II . Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Auf § 11 Abs 5 BKGG und § 41a SGB II geht sie nicht ein.

Eine zur Divergenzzulassung führende Abweichung hat die Klägerin ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Hierfür ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 196 mwN). Die Beschwerde stellt bereits keine sich widersprechenden entscheidungserheblichen rechtlichen Aussagen des BSG einer- und des LSG andererseits gegenüber.

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 21.09.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 7 BK 6/16
Vorinstanz: SG Gießen, vom 08.08.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 25 BK 13/12