Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 10.10.2019

B 3 KR 13/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 10.10.2019 - Aktenzeichen B 3 KR 13/19 B

DRsp Nr. 2019/16551

Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Begriff der Abweichung Keine Rüge der Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall Beruhen einer Entscheidung auf einer Divergenz

1. Eine zur Revisionszulassung führende Divergenz kann nicht schon dann angenommen werden, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. 2. Die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall führt demgegenüber nicht zur Revisionszulassung, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen. 3. Zudem muss das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruhen und die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 27. November 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

I

Das Thüringer LSG hat mit Urteil vom 27.11.2018 den Anspruch des Klägers auf Zahlung von Krankengeld (Krg) für die Zeit vom 1.4.2012 bis 21.4.2012 verneint: Dem Anspruch auf Krg stehe der Ruhenstatbestand von § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V entgegen, da die Arbeitsunfähigkeit (AU) der Beklagten verspätet - für zwei verschiedene Zeiträume jeweils nicht innerhalb der gesetzlichen Wochenfrist - gemeldet worden sei. Ein von der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall, der nicht zum Ruhen des Anspruchs auf Krg führe, habe hingegen nicht vorgelegen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er beruft sich auf eine Rechtsprechungsabweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger das Vorliegen einer Divergenz - den gesetzlichen Anforderungen entsprechend - nicht aufgezeigt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).

Hierzu führt der Kläger aus: Das LSG habe in seiner Entscheidung (dort S 5 Abs 2) folgende Feststellung getroffen:

"... Zweifel am Vorliegen der AU bestehen auf der Grundlage des Sachverhaltes nicht und werden auch von der Beklagten nicht geäußert ...".

Als rechtserheblich habe das LSG in seinem Urteil (dort S 6 Abs 2 und 3) jedoch angesehen, dass die nachträgliche Bescheinigung zum Ruhen des Krg-Anspruchs im hier relevanten Zeitraum führe:

"Die AU ist erst nachträglich und außerhalb der Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V gemeldet worden und führt zum Ruhen des Anspruchs, ein Ausnahmefall liegt hier nicht vor".

Die Entscheidung des LSG beruhe daher auf folgendem Rechtssatz:

"Missbrauch und praktische Schwierigkeiten, mit denen vorgeschaltete ärztlich festzustellende AU vermieden werden sollen, stehen auch in Rede, wenn die KK - wier hier die Beklagte - auf der Grundlage der vorhandenen ärztlichen Mitteilungen und der sozialmedizinischen Gutachten die AU nicht anzweifelt, und lediglich aus hiervon unabhängigen Rechtsgründen sich nicht zur Krg-Zahlung verpflichtet sieht."

Der Kläger hält vorgenannten Rechtsatz mit dem tragenden Rechtssatz aus dem Urteil des BSG vom 12.3.2013 (- B 1 KR 7/12 R - juris) für unvereinbar:

"Danach stehen Missbrauch und praktische Schwierigkeiten, mit denen vorgeschaltete ärztlich festzustellende AU vermieden werden sollen, dann nicht in Rede, wenn die KK - wie hier die Beklagte - auf der Grundlage der vorhandenen ärztlichen Mitteilungen und der sozialmedizinischen Gutachten die AU nicht anzweifelt, und lediglich aus hiervon unabhängigen Rechtsgründen sich nicht zur Krg-Zahlung verpflichtet sieht."

Daher könne sich die Beklagte - so der Kläger - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht mit Erfolg auf das Ruhen des Krg-Anspruchs nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V berufen. Hierin liege eine entscheidungserhebliche Abweichung. Denn unter Beachtung des BSG -Urteils hätte der Kläger Anspruch auf Krg im maßgeblichen Zeitraum gehabt.

Mit diesem Beschwerdevortrag hat der Kläger eine Divergenz nicht hinreichend aufgezeigt. Es mangelt schon daran, dass sich der vom Kläger behauptete abstrakte Rechtssatz des LSG nicht in den Entscheidungsgründen des LSG wiederfindet. Es handelt sich vielmehr um eine eigene Interpretation der zitierten Tatsachenfeststellungen des LSG. Daraus lässt sich aber auch sinngemäß kein abstrakter Rechtssatz des LSG herleiten. Insofern scheitert die behauptete Divergenz schon daran, dass vorliegend nicht zwei einander sich widersprechende Rechtssätze aus dem LSG-Urteil einerseits und aus dem vom Kläger benannten Urteil des BSG aufgezeigt worden sind.

Darüber hinaus kann dem Vorbringen die Widersprüchlichkeit beider Rechtssätze nicht entnommen werden.

Der in der Beschwerdebegründung aufgeführte Rechtssatz aus der Entscheidung des BSG vom 12.3.2013 ( B 1 KR 7/12 R - juris) lässt sich dort den Ausführungen zu § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V (RdNr 15), nicht aber den Ausführungen zu § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V (RdNr 16) entnehmen. Deshalb fehlen in der Beschwerdebegründung Darlegungen zu den Gründen, die einem Ruhen des Krg-Anspruchs des Klägers nach der aufgeführten BSG -Rechtsprechung entgegenstehen könnten.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Thüringen, vom 27.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen L 6 KR 226/15
Vorinstanz: SG Meiningen, vom 28.10.2014 - Vorinstanzaktenzeichen S 16 KR 2161/12