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BSG - Entscheidung vom 21.03.2019

B 14 AS 28/18 R

Normen:
SGB II § 15 Abs. 3 S. 1
SGB II § 15 Abs. 3 S. 3
SGB II § 15 Abs. 3 S. 1 und S. 3
SGB II (i.d.F.v. 26.07.2016) § 15 Abs. 2
SGB II (i.d.F.v. 26.07.2016) § 15 Abs. 3 S. 1-3
SGB X § 45
SGB X § 48
SGB I § 39 Abs. 1

Fundstellen:
NZA 2019, 1266
NZS 2020, 816

BSG, Urteil vom 21.03.2019 - Aktenzeichen B 14 AS 28/18 R

DRsp Nr. 2019/10227

Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Rechtmäßigkeit eines eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakts Zulässigkeit einer unbestimmten Geltungsdauer

Ein eine Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er keine konkrete Regelung eines Überprüfungs- und Fortschreibungsmechanismus enthält, der auf den Geltungszeitraum abgestimmt ist.

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Mai 2018 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass der Bescheid vom 3. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. April 2017 rechtswidrig war.

Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Normenkette:

SGB II (i.d.F.v. 26.07.2016) § 15 Abs. 2 ; SGB II (i.d.F.v. 26.07.2016) § 15 Abs. 3 S. 1-3; SGB X § 45 ; SGB X § 48 ; SGB I § 39 Abs. 1 ;

Gründe:

I

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit von eine Eingliederungsvereinbarung (EinglVb) ersetzenden Verwaltungsakten.

Die 1965 geborene Klägerin steht seit Jahren im Leistungsbezug des beklagten Jobcenters. Nachdem es zum wiederholten Male nicht zum Abschluss einer EinglVb gekommen war, erließ der Beklagte einen diese ersetzenden Verwaltungsakt (Bescheid vom 3.4.2017; Widerspruchsbescheid vom 20.4.2017). Dieser sollte "bis auf weiteres" gültig sein und enthielt Regelungen ua zur Teilnahme der Klägerin an einem Projekt, zu deren Bewerbungsbemühungen und der Übernahme von Bewerbungskosten.

Das SG hat den Verwaltungsakt aufgehoben, weil die Geltungsdauer unbestimmt sei und eine konkrete Regelung zur Überprüfung fehle (Urteil vom 12.10.2017). Im Laufe des von ihm angestrengten Berufungsverfahrens hob der Beklagte am 11.1.2018 den Verwaltungsakt vom 3.4.2017 auf, weil eine Anpassung notwendig sei, und erließ an demselben Tag einen neuen eine EinglVb ersetzenden Verwaltungsakt. Auch dieser sollte "bis auf weiteres" gültig sein. Das LSG hat im Wesentlichen mit derselben Begründung wie das SG die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf Klage den Bescheid vom 11.1.2018 aufgehoben (Urteil vom 15.5.2018).

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 15 Abs 3 SGB II in der seit 1.8.2016 geltenden Fassung, der eine starre Ablauffrist von sechs Monaten nicht mehr vorsehe; vielmehr sei jede EinglVb und jeder ersetzende Verwaltungsakt regelmäßig, spätestens nach Ablauf von sechs Monaten, zu überprüfen.

Der Beklagte beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Mai 2018 und des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2017 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Klägerin war im Revisionsverfahren nicht vertreten.

II

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG ). Die Bescheide des Beklagten, mit denen EinglVb durch Verwaltungsakte ersetzt worden sind, sind rechtswidrig, weil sie jeweils keine konkrete Regelung eines Überprüfungs- und Fortschreibungsmechanismus enthalten, der auf ihren Geltungszeitraum abgestimmt ist.

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid des Beklagten vom 3.4.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.4.2017 - unabhängig davon, ob die hiergegen ursprünglich erhobene Anfechtungsklage noch zulässig ist - und die beiden Verwaltungsakte des Beklagten vom 11.1.2018, die mit der Aufhebung des Bescheids vom 3.4.2017 einerseits und dem Erlass eines neuen eine EinglVb ersetzenden Verwaltungsakts andererseits einen einheitlichen Bescheid mit mehreren Verfügungssätzen bilden. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und Abweisung der Klagen gegen seine Bescheide.

2. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Insbesondere hat das LSG zutreffend den Bescheid des Beklagten vom 11.1.2018 nach § 153 Abs 1 iVm § 96 Abs 1 SGG in das Berufungsverfahren einbezogen und auf Klage hierüber entschieden, denn mit diesem Bescheid ersetzte der Beklagte seinen Bescheid vom 3.4.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.4.2017 für die Zukunft, wodurch dieser seine Erledigung fand (§ 39 Abs 2 SGB X ).

Der Zulässigkeit der Berufung stand nicht die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG entgegen, denn diese greift nicht im Streit um den eine EinglVb ersetzenden Verwaltungsakt. Dieser ist - anders als beim Rechtsschutz gegen eine Meldeaufforderung (vgl dazu BSG vom 26.6.2018 - B 14 AS 431/17 B - RdNr 4; BSG vom 18.2.2019 - B 14 AS 11/18 B - RdNr 4: Höhe einer Leistungsminderung bei einem Meldeversäumnis) - nicht iS des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG auf eine betragsmäßig konkret berechenbare Geldleistung gerichtet, sondern konkretisiert das Sozialrechtsverhältnis zwischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Jobcentern mit wechselseitigen Rechten und Pflichten und dem Ziel der Eingliederung in Arbeit, ohne bloße Anknüpfungsgrundlage für mögliche Sanktionsentscheidungen zu sein (vgl zur gesetzlichen Konzeption insoweit nur BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 42/15 R - BSGE 121, 268 = SozR 4-4200 § 15 Nr 6, RdNr 21 f).

Über den Bescheid vom 3.4.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.4.2017 ist nicht mehr auf Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG , sondern nach dessen Ersetzung und Erledigung auf Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG zu entscheiden. Deren Zulässigkeit ergibt sich aus einer Wiederholungsgefahr, die sich durch den neuen eine EinglVb ersetzenden Bescheid vom 11.1.2018 realisiert hat, der ähnliche Regelungen wie der alte Bescheid vom 3.4.2017 enthält, ohne in Gänze mit dessen Inhalten übereinzustimmen, sodass auch aus diesen Unterschieden ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit folgt (vgl zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Erledigung eines eine EinglVb ersetzenden Verwaltungsakts BSG vom 14.2.2013 - B 14 AS 195/11 R - BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2, RdNr 16; BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 42/15 R - BSGE 121, 268 = SozR 4-4200 § 15 Nr 6, RdNr 9). Nachdem das LSG über den alten Bescheid noch auf Anfechtungsklage entschieden hat, ist die Revision des Beklagten hiergegen mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass der Bescheid vom 3.4.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.4.2017 rechtswidrig war. Über den Bescheid vom 11.1.2018 ist auf Anfechtungsklage zu entscheiden, nachdem dessen Erledigung weder vom LSG festgestellt noch vom Beklagten geltend gemacht worden ist.

3. Rechtsgrundlage für beide eine EinglVb ersetzenden Verwaltungsakte ist § 15 Abs 3 Satz 3 SGB II (idF des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016, BGBl I 1824). In seiner seit 1.8.2016 geltenden Fassung regelt § 15 SGB II ("Eingliederungsvereinbarung") die einer EinglVb grundsätzlich vorangehende Potenzialanalyse (Abs 1) und die Soll-Vorgaben einer EinglVb sowie ihrer Inhalte (Abs 2). Nach § 15 Abs 3 Satz 1 SGB II soll die EinglVb regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten, gemeinsam überprüft und fortgeschrieben werden; nach § 15 Abs 3 Satz 2 SGB II sind bei jeder folgenden EinglVb die bisher gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen. Hieran knüpft § 15 Abs 3 Satz 3 SGB II an: "Soweit eine Vereinbarung nach Absatz 2 nicht zustande kommt, sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden."

4. Leitbild des § 15 Abs 2 und 3 SGB II ist die Einigung des Jobcenters mit dem Leistungsberechtigten auf eine EinglVb, die das maßgebliche Werkzeug zur Planung und Gestaltung eines kontinuierlichen Eingliederungsprozesses und zur Festlegung gegenseitiger Rechte und Pflichten ist (BT-Drucks 18/8041 S 37; vgl zur gesetzlichen Konzeption auch bereits BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 42/15 R - BSGE 121, 268 = SozR 4-4200 § 15 Nr 6, RdNr 12 ff). Den für eine EinglVb als öffentlich-rechtlichen Vertrag geltenden rechtlichen Anforderungen (dazu 5.) hat grundsätzlich auch der eine EinglVb ersetzende Verwaltungsakt zu entsprechen (dazu 6.) unter Beachtung der Besonderheiten einer Regelung durch Verwaltungsakt (dazu 7.). Diesen Anforderungen genügen die streitbefangenen Verwaltungsakte nicht (dazu 8.).

5. Eine EinglVb ist ihrer Rechtsqualität nach ein öffentlich-rechtlicher Vertrag in der Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrags nach § 53 Abs 1 Satz 2, § 55 SGB X ( BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 30/15 R - BSGE 121, 261 = SozR 4-4200 § 15 Nr 5, RdNr 16). Neben den sich hieraus ergebenden rechtlichen Anforderungen sind die Vorgaben des § 15 SGB II zu beachten.

a) Zu diesen gehört nicht die Vorgabe eines festen Geltungszeitraums. Durch die Änderungen des § 15 SGB II zum 1.8.2016 soll eine EinglVb nicht mehr regelhaft für sechs Monate geschlossen werden (so noch § 15 Abs 1 Satz 3 SGB II idF bis zum 31.7.2016; zur Abkehr des Gesetzgebers hiervon siehe BT-Drucks 18/8041 S 37: "Anders als bisher ist die Laufzeit der Eingliederungsvereinbarung nicht mehr regelhaft auf sechs Monate festgelegt, sondern im Interesse eines kontinuierlichen Eingliederungsprozesses der späteste Zeitpunkt für eine Überprüfung und Aktualisierung der Vereinbarung."). Vielmehr kann der Geltungszeitraum im Rahmen des § 15 Abs 3 Satz 1 SGB II flexibel vereinbart werden. Dies schließt die Möglichkeit einer unbefristeten Geltung ein. Diese kann ausdrücklich vereinbart sein ("bis auf weiteres") oder sich stillschweigend aus dem Fehlen einer vereinbarten Regelung zur Laufzeit ergeben.

b) Hiermit korrespondiert, dass nach § 15 Abs 3 Satz 1 SGB II die EinglVb regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten gemeinsam überprüft und fortgeschrieben werden soll. Ausdruck des vom Gesetzgeber verfolgten Interesses an einem kontinuierlichen Eingliederungsprozess ist zudem, dass nach § 15 Abs 3 Satz 2 SGB II bei jeder folgenden EinglVb die bisher gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen sind.

Die Einzelheiten dieses gesetzlich vorgesehenen Überprüfungsmechanismus sind in der EinglVb konkret zu regeln. Dies erfordert in Abhängigkeit vom vereinbarten, gesetzlich nicht mehr vorgegebenen Geltungszeitraum jedenfalls Regelungen zu den Anlässen oder Zeitpunkten für die gemeinsame Überprüfung während der Laufzeit der Vereinbarung. Ermöglicht sind durch § 15 Abs 3 SGB II auch spezielle Regelungen, die Änderungen der Vereinbarung unter weniger strengen Voraussetzungen zulassen, als sie für eine Anpassung und Kündigung durch § 59 SGB X für öffentlich-rechtliche Verträge vorgesehen sind.

6. Wird eine EinglVb durch Verwaltungsakt ersetzt, sind dessen Regelungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen wie bei einer konsensualen EinglVb (so bereits BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 42/15 R - BSGE 121, 268 = SozR 4-4200 § 15 Nr 6).

An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch für die seit 1.8.2016 geltende Fassung des § 15 SGB II fest. Ausgehend hiervon sind die Regelungen in einem Verwaltungsakt, der eine EinglVb ersetzt, insgesamt im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben wie in einer EinglVb zu treffen. Dies gilt neben der Bestimmung der für eine Eingliederung erforderlichen Leistungen und Bemühungen nach § 15 Abs 2 SGB II auch für die rechtlichen Anforderungen, die sich aus § 15 Abs 3 SGB II ergeben.

7. Nach § 15 Abs 3 Satz 3 SGB II sollen, soweit eine EinglVb nach § 15 Abs 2 SGB II nicht zustande kommt, die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden. Spezifische Vorgaben zum Geltungszeitraum und zum Überprüfungsmechanismus für einen solchen Verwaltungsakt lassen sich dem nicht entnehmen.

a) Verzichtet hat der Gesetzgeber insbesondere auf die Vorgabe eines festen Geltungszeitraums. War der eine EinglVb ersetzende Verwaltungsakt nach Maßgabe des bis zum 31.7.2016 geltenden Rechts rechtswidrig, wenn die gesetzlich vorgesehene Geltungsdauer von sechs Monaten ohne Ermessenserwägungen überschritten worden ist ( BSG vom 14.2.2013 - B 14 AS 195/11 R - BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2), ist es nach Maßgabe des seit 1.8.2016 geltenden § 15 Abs 3 SGB II rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Geltungszeitraum in Anpassung an die jeweilige Eingliederungssituation und Integrationsstrategie oder Lebenslage flexibel geregelt wird (zB Dauer einer Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit oder absehbares Ende des Leistungsbezugs). In einem eine EinglVb ersetzenden Verwaltungsakt kann auch dessen Geltung "bis auf weiteres" geregelt und damit ein unbefristeter Geltungszeitraum bestimmt werden.

Zum Geltungszeitraum, den sich der Verwaltungsakt beimisst, kommen zwar verschiedene Regelungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens in Betracht. Erkennen lassen muss der Verwaltungsakt jedoch, welchen Geltungszeitraum er sich beimisst. Die insoweit getroffene Regelung muss zudem von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen sein. Diese Anforderungen berücksichtigen, dass durch den Verwaltungsakt sanktionsbewehrte Obliegenheiten des Leistungsberechtigten begründet werden ( BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 42/15 R - BSGE 121, 268 = SozR 4-4200 § 15 Nr 6, RdNr 13, 15), weshalb über deren zeitlichen Geltungsanspruch und den Gründen hierfür dem Leistungsberechtigten Kenntnis zu verschaffen ist. Dies ist erforderlich auch deshalb, um die Inanspruchnahme von Rechtsschutz gegen die durch Verwaltungsakt begründeten Obliegenheiten und ggf gegen Sanktionsfolgen nicht zu erschweren.

b) Hiermit korrespondiert, dass nach § 15 Abs 3 Satz 1 und 3 SGB II auch der eine EinglVb ersetzende Verwaltungsakt regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten gemeinsam überprüft und fortgeschrieben werden soll. Die Einzelheiten hierzu sind im Verwaltungsakt konkret zu regeln. Ein eine EinglVb ersetzender Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er keine konkrete Regelung eines Überprüfungs- und Fortschreibungsmechanismus enthält, der auf den Geltungszeitraum abgestimmt ist.

Dies erfordert in Abhängigkeit vom geregelten, gesetzlich nicht mehr vorgegebenen Geltungszeitraum jedenfalls konkrete Regelungen zu den Anlässen oder Zeitpunkten für die gemeinsame Überprüfung während der Geltung des Verwaltungsakts. Ermöglicht sind durch § 15 Abs 3 SGB II zudem spezielle Regelungen, die Änderungen des Verwaltungsakts unter weniger strengen Voraussetzungen zulassen, als sie durch §§ 45 und 48 SGB X für Verwaltungsakte vorgesehen sind. Auch diese Anforderungen berücksichtigen, dass durch den Verwaltungsakt sanktionsbewehrte Obliegenheiten des Leistungsberechtigten begründet werden, weshalb hinreichend bestimmte Regelungen dazu erforderlich sind, nach welchem Verfahrensregime die Regelungen des Verwaltungsakts und insbesondere diese Obliegenheiten während der Geltung des Verwaltungsakts überprüft und ggf geändert werden können.

8. Gemessen hieran sind die streitbefangenen Verwaltungsakte rechtswidrig, ohne dass es auf Weiteres noch ankommt.

a) Zwar ist es rechtlich nicht bereits zu beanstanden, dass sich beide Verwaltungsakte eine Geltungsdauer "bis auf weiteres" beimessen. Hiermit ist ein unbefristeter Geltungszeitraum hinreichend bestimmt geregelt.

Doch erfordert die Regelung eines solchen Geltungszeitraums, dass sie von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen ist. Ob und ggf welche Ermessenserwägungen die Begründungen der Verwaltungsakte insoweit enthalten, hat das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung, dass ein eine EinglVb ersetzender Verwaltungsakt ohne zeitliche Begrenzung nicht von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt ist - nicht festgestellt. Dem Senat ist deshalb auch die nur eingeschränkte gerichtliche Prüfung der Ermessensentscheidungen des Beklagten (§ 39 Abs 1 SGB I , § 54 Abs 2 Satz 2 SGG ) verwehrt.

b) Gleichwohl bedarf es hier keiner Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG zur Nachholung dieser Feststellungen, denn beide Verwaltungsakte sind jedenfalls rechtlich zu beanstanden, weil sie keine konkreten Regelungen hinsichtlich der Überprüfung und Fortschreibung ihrer Inhalte treffen, insbesondere keinen spätesten Zeitpunkt dafür benennen.

Insoweit hat das LSG festgestellt, dass die Verwaltungsakte lediglich pauschal regeln, dass ihre Inhalte regelmäßig überprüft und ggf mit neuem ersetzenden Verwaltungsakt fortgeschrieben werden, ohne dass eine konkrete Frist für die Überprüfung festgelegt wird. Dies genügt den oben aufgezeigten rechtlichen Anforderungen nicht, die für eine auf den Geltungszeitraum abgestimmte Konkretisierung des gesetzlich vorgesehenen Überprüfungsmechanismus durch EinglVb wie durch diese ersetzenden Verwaltungsakt zu beachten sind. Weil es schon an den erforderlichen konkreten Regelungen selbst fehlt, wann und nach welchem Verfahrensregime die Regelungen der Verwaltungsakte während ihrer Laufzeit überprüft werden und ggf geändert werden können, scheidet eine gerichtliche Prüfung von Ermessenserwägungen zu einem Überprüfungsmechanismus aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 15.05.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 9 AS 4118/17
Vorinstanz: SG Karlsruhe, vom 12.10.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 14 AS 1709/17
Fundstellen
NZA 2019, 1266
NZS 2020, 816