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BGH - Entscheidung vom 04.07.2019

V ZB 53/19

Normen:
GNotKG-KV Nr. 22124, Nr. 25207
GNotKG-KV Nr. 22124
GNotKG-KV Nr. 25207
GNotKGKV Nr. 22124
GNotKGKV Nr. 25207

Fundstellen:
FGPrax 2019, 282
FamRZ 2019, 2022
MDR 2019, 1411
NJW 2019, 3524
NotBZ 2020, 30
WM 2019, 2037

BGH, Beschluss vom 04.07.2019 - Aktenzeichen V ZB 53/19

DRsp Nr. 2019/15109

Zustehen einer Vollzugsgebühr dem Notar für die Einreichung einer Urkunde bei dem Präsidenten des Landgerichts zur Einholung einer Apostille; Beanspruchen einer Gebühr eines Notars für die Erwirkung der Apostille

Dem Notar steht für die Einreichung einer Urkunde bei dem Präsidenten des Landgerichts zur Einholung einer Apostille keine Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG zu; er kann nur eine Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG für die Erwirkung der Apostille beanspruchen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 15. März 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich etwaiger außergerichtlichen Kosten des Kostenschuldners trägt der Kostengläubiger.

Normenkette:

GNotKG KV Nr. 22124 ; GNotKG KV Nr. 25207 ;

Gründe

I.

Der Kostenschuldner legte dem Notar (Kostengläubiger) mehrere in serbischer Sprache verfasste Urkunden vor. Er bat um Vornahme von Unterschriftsbeglaubigungen und um die Einholung von Apostillen für die beglaubigten Urkunden, da die Dokumente für Serbien bestimmt seien. Der Notar wurde auftragsgemäß tätig und holte in diesem Zusammenhang bei dem Präsidenten des Landgerichts Hannover die Apostillen ein. Soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, stellte der Notar dem Kostenschuldner mit Schreiben vom 11. September 2017 für das Erwirken der Apostille in sechs Fällen eine Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG in Höhe von jeweils 25 € sowie für die Übersendung der Urkunden an den Präsidenten des Landgerichts in sechs Fällen eine Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG in Höhe von jeweils 20 € in Rechnung. Auf den Antrag des Kostenschuldners auf gerichtliche Entscheidung hat das Landgericht die Kostenberechnung teilweise geändert und die Vollzugsgebühren abgesetzt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Notars hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Notar die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung erreichen.

II.

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts stehen dem Notar die Vollzugsgebühren nach Nr. 22124 KV GNotKG nicht zu. Wie sich aus der Gesetzesbegründung zu der Gebühr gemäß Nr. 25207 KV GNotKG ergebe, solle mit dem Gebührentatbestand auch diejenige Tätigkeit des Notars abgegolten sein, die darin liege, die Urkunde nebst Begleitschreiben dem zuständigen Präsidenten des Landgerichts zum Erhalt der Apostille vorzulegen. Demgegenüber sei der Gebührentatbestand der Nr. 22124 KV GNotKG nicht erfüllt, da sich die Tätigkeit des Notars nicht auf die Übermittlung von Anträgen, Erklärungen oder Unterlagen an das Landgericht beschränkt habe. Unabhängig davon könne es für dieselbe Tätigkeit nicht zwei unterschiedliche Gebührentatbestände geben. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers seien gegenüber der bisherigen Rechtslage sämtliche Tätigkeiten des Notars für das Erwirken der Apostille mit 25 € angemessen abgegolten.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 129 Abs. 2 , § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG , § 70 Abs. 1 FamFG statthaft (vgl. zum Zulassungserfordernis Senat, Beschluss vom 16. November 2017 - V ZB 124/17, FGPrax 2018, 44 Rn. 6 mwN). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist der Notar für die Rechtsbeschwerde in Notarkostensachen selbst postulationsfähig (§ 130 Abs. 3 Satz 2 GNotKG ). In der Sache ist die Rechtsbeschwerde jedoch unbegründet, da dem Notar die geltend gemachten Vollzugsgebühren nicht zustehen.

1. Nach Nr. 25207 des KV GNotKG erhält der Notar für die Erwirkung der Apostille oder der Legalisation einschließlich der Beglaubigung durch den Präsidenten des Landgerichts eine Gebühr von 25 €. Nach Nr. 22124 steht dem Notar eine Vollzugsgebühr von 20 € zu, wenn sich seine Tätigkeit auf die Übermittlung von Anträgen, Erklärungen oder Unterlagen an ein Gericht, eine Behörde oder einen Dritten oder die Stellung von Anträgen im Namen der Beteiligten beschränkt. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, beide Gebühren könnten nicht nebeneinander geltend gemacht werden, ist zutreffend.

2. Allerdings ist die Frage umstritten. Zum Teil wird die Abrechnung einer Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG neben der Gebühr für die Bewirkung der Apostille nach Nr. 25207 KV GNotKG als zulässig angesehen (vgl. LG Düsseldorf, ZNotP 2016, 79 ; Diehn, Notarkostenberechnungen, 5. Aufl., Rn. 199 u. 2179; ders., in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG , 2. Aufl., Nr. 22124 Rn. 11; Leipziger Gerichts- u. Notarkosten-Kommentar/Arnold, 2. Aufl., Nr. 25207 bis 25208 Rn. 15; Volpert, RNotZ 2015, 146, 150 f.). Begründet wird dies in erster Linie damit, dass die Erwirkung der Apostille ein sonstiges notarielles Geschäft sei, bei dem sich die Vollzugstätigkeit des Notars auf die Übermittlung von Unterlagen beschränke. Die Vollzugsgebühr der Nr. 22124 gelte eine andere Tätigkeit des Notars ab als diejenige für das notarielle Geschäft, nämlich diejenige der Weiterleitung der Urkunde an das Gericht (vgl. LG Düsseldorf, ZNotP 2016, 79 ). Die Gegenauffassung lehnt ein Nebeneinander beider Gebühren ab (vgl. Korintenberg/Fackelmann, GNotKG , 20. Aufl., Nr. 25207, 25208 Rn. 7 f.; ders., ZNotP 2016, 80 ; Schneider/Volpert/Fölsch/ Leiß, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., Nr. 25207 bis 25208 Rn. 5; Streifzug durch das GNotKG , 12. Aufl., Rn. 123). Ein Erwirken einer Apostille ohne Einreichen der Urkunde bei dem zuständigen Landgericht sei nicht möglich. Die Übermittlungstätigkeit trete nicht als eigenständige Vollzugstätigkeit, sondern nur als notwendiger Teil des eigentlichen Verfahrens in Erscheinung. Auch nach der Auffassung des Gesetzgebers werde mit dem Erwirken der Apostille das gesamte Verfahren abgegolten (vgl. Korintenberg/Fackelmann, GNotKG , 20. Aufl., Nr. 25207, 25208 Rn. 8; Streifzug durch das GNotK, 12. Aufl., Rn. 123).

3. Die zuletzt genannte Ansicht ist richtig. Dem Notar steht für die Einreichung einer Urkunde bei dem Präsidenten des Landgerichts zur Einholung einer Apostille keine Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG zu; er kann nur eine Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG für die Erwirkung der Apostille beanspruchen.

a) Die Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG enthält eine abschließende Regelung für die Tätigkeiten, die das Erwirken einer Apostille notwendigerweise mit sich bringt; dazu zählt das Übersenden der Urkunden an den Präsidenten des Landgerichts. Eine andere Sichtweise widerspräche dem Willen des Gesetzgebers. Dieser wollte durch die Schaffung der Nr. 25207 KV GNotKG eine Lücke im bisherigen Recht schließen. Der Notar sollte nunmehr für seinen (gesamten) Aufwand bei der Einholung einer Apostille oder Legalisation, zu der auch die Vorlage der Urkunde an den Präsidenten gehört, mit der Gebühr Nr. 25207 entlohnt werden (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 232 f.). Die Gebühr von 25 € wurde hierbei als angemessen angesehen. Dieses gesetzgeberische Ziel würde unterlaufen, könnte der Notar zusätzlich noch eine Vollzugsgebühr von 20 € und damit für jedes Erwirken einer Apostille eine Vergütung von insgesamt 45 € beanspruchen.

b) Daraus, dass der Gesetzgeber nicht ausdrücklich angeordnet hat, dass die Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG bei der Erwirkung einer Apostille nicht entsteht (vgl. zu einer solchen Einschränkung etwa Nr. 25104 KV GNotKG a.E.), folgt nichts anderes (so aber LG Düsseldorf, ZNotP 2016, 79 ; Volpert, RNotZ 2015, 146, 151). Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass neben die Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG noch eine Vollzugsgebühr tritt. Näher liegt die Annahme, dass kein Anlass für eine Anrechnungsbestimmung gesehen wurde, weil das Erwirken einer Apostille die Vorlage der Urkunde an den Präsidenten des Landgerichts zwingend umfasst und damit bereits durch die Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG abgegolten wird (für ein bloßes Versehen des Gesetzgebers Fackelmann, ZNotP, 2016, 80 ; Schneider/Volpert/Fölsch/Leiß, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., Nr. 25207 bis 25208 Rn. 5).

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 84 FamFG . Einer Wertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren bedarf es nicht, da hierfür gemäß Nr. 19120 eine Festgebühr anfällt.

Vorinstanz: LG Hannover, vom 19.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 16 OH 47/17
Vorinstanz: OLG Celle, vom 15.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 2 W 62/19
Fundstellen
FGPrax 2019, 282
FamRZ 2019, 2022
MDR 2019, 1411
NJW 2019, 3524
NotBZ 2020, 30
WM 2019, 2037