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BGH - Entscheidung vom 24.07.2019

XII ZB 216/19

Normen:
BGB § 1908i Abs. 1 S. 1
VBVG § 1 Abs. 2 S. 2

BGH, Beschluss vom 24.07.2019 - Aktenzeichen XII ZB 216/19

DRsp Nr. 2019/12824

Zubilligung eines Freibetrags eines Betroffenen i.R.d. Betreuervergütung wegen des Bezugs von Eingliederungshilfe

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 2. April 2019 aufgehoben.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 26. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 453 €

Normenkette:

BGB § 1908i Abs. 1 S. 1; VBVG § 1 Abs. 2 S. 2;

Gründe

I.

Die Staatskasse wendet sich dagegen, dass der Betroffenen im Rahmen der Betreuervergütung wegen ihres Bezugs von Eingliederungshilfe ein erhöhter Freibetrag von zusätzlich 25.000 € zugebilligt worden ist.

Für die Betroffene ist die Beteiligte zu 1 zur Betreuerin bestellt. Diese führt die Betreuung berufsmäßig und begehrt die Festsetzung einer Vergütung für ihre in der Zeit vom 10. November 2017 bis zum 18. Juni 2018 entfaltete Tätigkeit.

Das Amtsgericht hat antragsgemäß eine Vergütung aus dem Vermögen der Betroffenen in Höhe von 2.389,20 € festgesetzt. Auf die Beschwerde der Betroffenen, in der sie darauf hingewiesen hat, dass sie bereits in der Zeit ihrer Betreuung Eingliederungshilfe gemäß § 54 SGB XII bezogen habe, hat das Landgericht die Vergütung der Beteiligten zu 1 aus der Staatskasse in Höhe von 1.936 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des landgerichtlichen und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Betroffene sei mittellos. Sie habe zum 9. November 2017 über ein Vermögen von 15.367,36 € verfügt. Ausweislich ihrer im Beschwerdeverfahren gegebenen Kontenübersicht habe sie im Frühjahr 2019 über ein Vermögen von 6.536,93 € zzgl. 8.909,80 € verfügt. Der Betroffenen sei nicht nur der regelmäßige Schonbetrag von 5.000 € zuzubilligen. Für die Bestimmung des im Sinne des § 90 SGB XII zu bestimmenden Schonbetrags seien die Vorschriften der §§ 60 a, 66 a SGB XII als Sonderregelung im Bereich des Sozialrechts entsprechend heranzuziehen, so dass sich der Schonbetrag ohne weitere Prüfung des Einzelfalls auf 30.000 € erhöhe. Demgemäß änderten sich die Stundenansätze, weil die Betroffene während des gesamten Zeitraums der Betreuung mittellos gewesen sei und deshalb die Ansätze gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 VBVG maßgeblich seien.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Die Beteiligte zu 1 hat als Berufsbetreuerin einen Anspruch auf Vergütung ihrer Amtsführung gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 1 VBVG . Schuldner des Vergütungsanspruchs ist grundsätzlich der Betreute. Die zu bewilligende Vergütung ist aber nach § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG aus der Staatskasse zu zahlen, wenn der Betreute mittellos ist. Er gilt nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 d Nr. 1 BGB als mittellos, wenn er die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die Inanspruchnahme des Betreuten ist dabei auf die gemäß § 1836 c BGB einzusetzenden Mittel begrenzt. Sein Vermögen hat der Betreute gemäß § 1836 c Nr. 2 BGB nach Maßgabe des § 90 SGB XII für die Betreuervergütung aufzubringen (Senatsbeschluss vom 9. Januar 2013 - XII ZB 478/11 - FamRZ 2013, 440 Rn. 12).

b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht zwar erkannt, dass der Betroffenen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (BGBl. 2017 I S. 519 ) ein Schonbetrag in Höhe von derzeit 5.000 € zusteht, so dass sie nach den Feststellungen des Landgerichts zu ihren Vermögensverhältnissen ohne weiteres in der Lage ist, die nach § 5 Abs. 1 Satz 2 VBVG geschuldete und vom Amtsgericht zutreffend errechnete Vergütung von 2.389,20 € zu zahlen.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist der Betroffenen im Hinblick auf § 60 a SGB XII jedoch kein zusätzlicher Freibetrag von weiteren 25.000 € zuzubilligen. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, hat § 60 a SGB XII auf die Ermittlung des für die Betreuervergütung einzusetzenden Vermögens keinen Einfluss (Senatsbeschluss vom 20. März 2019 - XII ZB 290/18 - FamRZ 2019, 1006 Rn. 17 ff. mwN).

3. Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist daher aufzuheben und die amtsgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, da keine weiteren Feststellungen mehr zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG .

Vorinstanz: AG Hamburg-Altona, vom 26.10.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 306 XVII 745/17
Vorinstanz: LG Hamburg, vom 02.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 314 T 1/19