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BGH - Entscheidung vom 19.03.2019

3 StR 2/19

Normen:
StGB § 52 Abs. 1
StGB § 244 Abs. 4

Fundstellen:
NStZ 2019, 674

BGH, Beschluss vom 19.03.2019 - Aktenzeichen 3 StR 2/19

DRsp Nr. 2019/6622

Wohnungseinbruchsdiebstahl als schwerwiegender Eingriff in den persönlichen Lebensbereich des Geschädigten i.R.d. Strafzumessungregelung

Die Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 244 Abs. 3 kommt bei der Verwirklichung des Tatbestands des § 244 Abs. 4 StGB nicht in Betracht.

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 4. September 2018

a)

im Schuldspruch im Fall 1 der Urteilsgründe dahin klargestellt, dass der Angeklagte des versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in Tateinheit mit Diebstahl schuldig ist;

b)

in der Einziehungsentscheidung dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 42.400 € gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnet wird.

2.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

3.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StGB § 52 Abs. 1 ; StGB § 244 Abs. 4 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen, "versuchten Einbruchsdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung" in Tateinheit mit Diebstahl und wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich die auf zwei Verfahrensbeanstandungen und die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Beschwerdeführers. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO .

1. Den Verfahrensrügen bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen der Erfolg versagt.

2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Schuld- und des Strafausspruchs hat keinen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten ergeben. Ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

Zu Recht ist das Landgericht im Fall 1 der Urteilsgründe davon ausgegangen, dass der versuchte Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung konkurrenzrechtlich nicht hinter dem vollendeten Einbruchdiebstahl an dem Fahrzeug des Geschädigten zurücktritt. Durch die Einführung von § 244 Abs. 4 StGB wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass Wohnungseinbruchdiebstähle einen schwerwiegenden Eingriff in den persönlichen Lebensbereich des Betroffenen darstellen, der neben den finanziellen Auswirkungen gravierende psychische Folgen und eine massive Schädigung des Sicherheitsgefühls zur Folge haben kann (BT-Drucks. 18/12359 S. 7). Der auch mit einem nur versuchten Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung verbundene Eingriff in das von dem Qualifikationstatbestand geschützte Rechtsgut würde nicht zum Ausdruck kommen, ließe man den Versuch hinter einem vollendeten Einbruchdiebstahl zurücktreten; die Klarstellungsfunktion des § 52 Abs. 1 StGB (vgl. dazu LK/Rissing-van Saan, StGB , 12. Aufl., § 52 Rn. 3 ff.) gebietet damit die Annahme von Idealkonkurrenz.

Weiter hat die Strafkammer bei der Strafrahmenbestimmung zu diesem Fall zutreffend ausgeführt, dass die Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 244 Abs. 3 bei der Verwirklichung des Tatbestands des § 244 Abs. 4 StGB nicht in Betracht kommt. Dies entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, der eine Anwendung des minder schweren Falles für den Wohnungseinbruchdiebstahl in die dauerhaft genutzte Privatwohnung explizit ausschließen wollte und dies dadurch zum Ausdruck gebracht hat, dass die Strafzumessungsregelung des § 244 Abs. 3 StGB nur auf die Vergehenstatbestände nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB verweist (BT-Drucks. 18/12359 S. 8).

Der Senat hat die auf "Einbruchsdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung" lautende Urteilsformel dahin klargestellt, dass sie nunmehr auf "schwerer Wohnungseinbruchdiebstahl" lautet. Anders als der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 29. August 2018 - 5 StR 371/18, juris) hält er es für geboten, aus Gründen der Klarstellung des begangenen Unrechts die Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes im Schuldspruch erkennbar zu machen. Die Soll-Vorschrift des § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO schließt eine solche Klarstellung nicht aus, wie etwa ein Blick auf die Tenorierung einer Tat nach § 250 Abs. 2 , § 249 Abs. 1 StGB - abweichend von der gesetzlichen Überschrift des § 250 StGB - als besonders schwerer Raub zeigt.

3. Bei der Einziehungsentscheidung hat das Landgericht nicht bedacht, dass nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe der Angeklagte in den Fällen eins bis drei der Urteilsgründe die Verfügungsgewalt über die gestohlenen Fahrzeuge jedenfalls gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten P. erlangte. Mithin haftet der Angeklagte für den Wert der Taterträge in Höhe von 42.400 € lediglich als Gesamtschuldner, was der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst entscheiden konnte.

4. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO ).

Vorinstanz: LG Koblenz, vom 04.09.2018
Fundstellen
NStZ 2019, 674