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BGH - Entscheidung vom 06.06.2019

I ZB 18/17

Normen:
MarkenG § 88 Abs. 1 S. 1
MarkenG § 89a S. 1

BGH, Beschluss vom 06.06.2019 - Aktenzeichen I ZB 18/17

DRsp Nr. 2019/11695

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im markenrechtlichen Rechtsbeschwerdeverfahren; Anforderungen an die Geltendmachung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs

Im markenrechtlichen Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt sowohl für eine in diesem Verfahren erhobene Anhörungsrüge als auch für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Tenor

Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 11. Oktober 2017 und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden auf Kosten des Markeninhabers als unzulässig verworfen.

Normenkette:

MarkenG § 88 Abs. 1 S. 1; MarkenG § 89a S. 1;

Gründe

I. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch der Widersprechenden gegen die Eintragung der Marke des Markeninhabers zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Widersprechenden ist vor dem Bundespatentgericht ohne Erfolg geblieben. Auf die von der Widersprechenden eingelegte zulassungsfreie Rechtsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 11. Oktober 2017 die Entscheidung des Bundespatentgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen, diese Entscheidung dem Markeninhaber zuzustellen, hat der Senat mit Beschluss vom 3. September 2018 die öffentliche Zustellung bewilligt.

Mit von ihm selbst verfassten Schreiben vom 16. März 2019 hat der Markeninhaber Anhörungsrüge erhoben und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er macht geltend, er habe erst am 15. März 2019 durch eine Ladung des Bundespatentgerichts Kenntnis von dem Rechtsbeschwerdeverfahren erhalten, weil er sich seit dem 31. Mai 2017 ununterbrochen in Untersuchungshaft befunden habe.

II. Die Anträge des anwaltlich nicht vertretenen Markeninhabers sind als unzulässig zu verwerfen.

1. Die Anhörungsrüge gemäß § 89a Satz 1 MarkenG und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 MarkenG in Verbindung mit § 233 ZPO sind unzulässig. Im markenrechtlichen Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 85 Abs. 5 Satz 1 MarkenG ; § 88 Abs. 1 Satz 1 MarkenG in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ). Dies gilt sowohl für eine in diesem Verfahren erhobene Anhörungsrüge (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2014 - I ZB 63/14, juris Rn. 1 mwN; Beschluss vom 1. Februar 2018 - I ZB 73/17, MD 2018, 371 Rn. 10) als auch für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch deshalb unzulässig, weil die im markenrechtlichen Rechtsbeschwerdeverfahren bei der Beteiligung mehrerer Personen zu setzende Frist zur Erwiderung auf die Rechtsbeschwerde gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder eine Notfrist noch eine Frist zur Begründung eines Rechtsmittels ist. Nur bei der Versäumung solcher Fristen ist nach § 88 Abs. 1 Satz 1 MarkenG in Verbindung mit § 233 Satz 1 ZPO eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich. Wer geltend macht, nicht in der Lage gewesen zu sein, auf ein Rechtsmittel zu erwidern, kann nur geltend machen, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt.

III. Die Anhörungsrüge wäre auch unbegründet.

1. Dem Markeninhaber ist die Rechtsbeschwerdeschrift am 19. April 2017 und die Rechtsbeschwerdebegründung am 31. Mai 2017 zugestellt worden. Selbst wenn der Markeninhaber die Rechtsbeschwerdebegründung nicht mehr erhalten haben sollte, weil die Zustellung an dem Tag erfolgt ist, an dem er nach seiner Darstellung in Untersuchungshaft genommen worden ist, musste er aufgrund der über einen Monat vorher erfolgten Zustellung der Rechtsbeschwerdeschrift an seiner Wohnanschrift Kenntnis von dem Rechtsbeschwerdeverfahren haben. Er hätte deshalb zumindest für eine Unterrichtung des Senats von seiner Verhaftung und gegebenenfalls für eine Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Sorge tragen können.

2. Selbst wenn man zugunsten des Markeninhabers unterstellt, dass er im Rechtsbeschwerdeverfahren unverschuldet nicht für seine anwaltliche Vertretung hat sorgen können, liegt eine entscheidungserhebliche Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne von § 89a MarkenG nicht vor. Die Umstände, die er nach seiner Darstellung dargelegt hätte, wenn er sich hätte äußern können, wären im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht entscheidungserheblich gewesen.

a) In einem Rechtsbeschwerdeverfahren, in dem der Rechtsbeschwerdeführer wie im Streitfall die Widersprechende eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Bundespatentgericht beanstandet (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG ), wird lediglich geprüft, ob eine Gehörsverletzung tatsächlich vorliegt. Es findet dagegen - anders als bei der zugelassenen Rechtsbeschwerde - keine Überprüfung daraufhin statt, ob sonstige Verstöße gegen das formelle oder gegen das materielle Recht vorliegen (BGH, Beschluss vom 30. Januar 1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637 , 639 = WRP 1997, 762 [juris Rn. 29] - Top Selection; Beschluss vom 14. Oktober 1999 - I ZB 15/97, GRUR 2000, 512 , 514 [juris Rn. 29] = WRP 2000, 542 - COMPUTER ASSOCIATES; Beschluss vom 20. Mai 2009 - I ZB 53/08, GRUR 2009, 992 Rn. 17 = WRP 2009, 1104 - Schuhverzierung; Beschluss vom 21. Dezember 2011 - I ZB 87/09, GRUR-RR 2012, 148 Rn. 25 Thüringer Klöße).

b) Soweit der Markeninhaber mit seiner Anhörungsrüge geltend macht, er hätte - falls ihm eine Stellungnahme im Rechtsbeschwerdeverfahren möglich gewesen wäre - zu ihm zustehenden, gegenüber der Widerspruchsmarke älteren Rechten vorgetragen, wäre es hierauf für die Entscheidung über die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde der Widersprechenden nicht angekommen.

Vorinstanz: BPatG, vom 07.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen (pat) 50/14