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BGH - Entscheidung vom 24.01.2019

VII ZR 123/18

Normen:
ZPO § 514 Abs. 2 S. 1
ZPO § 565 S. 1
ZPO § 227
ZPO § 514 Abs. 2 S. 1
ZPO § 565 S. 1
ZPO § 227
ZPO § 514 Abs. 2 S. 1
ZPO § 565 S. 1

Fundstellen:
AnwBl 2019, 366
BauR 2019, 858
DVBl 2019, 986
MDR 2019, 1116
MDR 2019, 500
NJW-RR 2019, 695
ZfBR 2019, 357

BGH, Urteil vom 24.01.2019 - Aktenzeichen VII ZR 123/18

DRsp Nr. 2019/2582

Vorliegen eines Falls der unverschuldeten Säumnis des Beklagtenvertreters im Termin; Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags wegen Prozessverschleppungsabsicht der Partei; Gerichtliche Dokumentationspflicht der Gründe für die Ablehnung einer Terminsverlegung

Zur Notwendigkeit, bei der Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags wegen Prozessverschleppungsabsicht der Partei die nach Auffassung des Gerichts hierfür sprechenden Gründe in der Entscheidung hinreichend zu dokumentieren.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten zu 1 und 2 wird das zweite Versäumnisurteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. März 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Normenkette:

ZPO § 514 Abs. 2 S. 1; ZPO § 565 S. 1;

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld nach dem Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klage - die sich erstinstanzlich gegen drei Beklagte gerichtet hat - abgewiesen. Die Klägerin hat Berufung eingelegt, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 (im Folgenden: Beklagte) abgewiesen worden ist. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht durch Versäumnisurteil vom 6. Februar 2018 die Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 251.854,65 € nebst Zinsen zu zahlen. Gegen dieses Versäumnisurteil haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 26. Februar 2018 form- und fristgerecht Einspruch eingelegt und wegen Urlaubsabwesenheit ihres Prozessbevollmächtigten - des Beklagten zu 1 - die Verlängerung der Einspruchsbegründungsfrist bis zum 19. März 2018 beantragt. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 28. Februar 2018 hat das Berufungsgericht Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil und die Hauptsache auf den 27. März 2018, 9:00 Uhr, bestimmt und den Fristverlängerungsantrag zurückgewiesen. Die Ladung ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 1. März 2018 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 26. März 2018, per Fax bei Gericht eingegangen am selben Tag um 14:36 Uhr, haben die Beklagten die zur Entscheidung berufenen Richter des Berufungsgerichts wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und höchstvorsorglich für den Fall der Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs die Verlegung des Termins vom 27. März 2018 wegen einer von ihrem Prozessbevollmächtigten bereits am 15. November 2017 gebuchten und am 24. März 2018 angetretenen, ausweislich der vorgelegten Buchungsbestätigung bis zum 8. April 2018 andauernden Auslandsreise beantragt.

Die abgelehnten Richter haben das Befangenheitsgesuch mit Beschluss vom 27. März 2018 verworfen. Der Vorsitzende hat mit Verfügung vom selben Tag den Terminsverlegungsantrag zurückgewiesen.

Im Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil und die Hauptsache am 27. März 2018 ist für die Beklagten niemand erschienen. Auf Antrag der Klägerin hat das Berufungsgericht daraufhin den Einspruch der Beklagten durch das im Termin verkündete zweite Versäumnisurteil verworfen.

Gegen das den Beklagten am 31. März 2018 zugestellte zweite Versäumnisurteil haben diese mit Schriftsatz vom 16. April 2018 "Nichtzulassungsbeschwerde" eingelegt. Mit innerhalb der verlängerten Begründungsfrist eingegangenem und mit "Revisionsbegründung" überschriebenem Schriftsatz vom 20. Juni 2018 haben die Beklagten das Rechtsmittel begründet und mitgeteilt, dass der auf Grund eines Büroversehens fälschlicherweise mit "Nichtzulassungsbeschwerde" überschriebene Rechtsmittelschriftsatz vom 16. April 2018 in die Einlegung einer Revision umgedeutet werden solle.

Mit ihrer Revision begehren die Beklagten die Aufhebung des zweiten Versäumnisurteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig und führt zur Aufhebung des angefochtenen zweiten Versäumnisurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Rechtsmittel der Revision ist statthaft.

a) Gegen ein zweites Versäumnisurteil eines Berufungsgerichts findet die Revision gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO ohne Zulassung und ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands statt (BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 Rn. 5, NJW 2018, 3252 ; Urteil vom 8. Oktober 2015 - III ZR (Ü) 1/15 Rn. 7, NJW 2015, 3661 ; Urteil vom 24. September 2015 - IX ZR 207/14 Rn. 5, NJW-RR 2016, 60 ; Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07 Rn. 6, NJW 2009, 687 ; Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06 Rn. 3, NJW-RR 2008, 876 ).

b) Der Statthaftigkeit des Rechtsmittels steht nicht entgegen, dass die Beklagten mit Schriftsatz vom 16. April 2018 zunächst eine - als solche nicht statthafte - Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt haben. Das als Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte Rechtsmittel ist in eine statthafte Revision umzudeuten.

Eine Umdeutung kommt in entsprechender Anwendung von § 140 BGB in Betracht, wenn die Voraussetzungen der umgedeuteten Prozesshandlung eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06 Rn. 8, NJW-RR 2008, 876 ; Urteil vom 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98, NJW 2001, 1217 , juris Rn. 17). Die Umdeutung entspricht dem mutmaßlichen Parteiwillen, wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06 Rn. 8, NJW-RR 2008, 876 ). Unter diesen Voraussetzungen - die hier vorliegen - kommt auch die Umdeutung einer Nichtzulassungsbeschwerde in eine Revision in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2009 - IV ZR 244/08 Rn. 7).

In dem Schriftsatz vom 16. April 2018 ist die Revision nach dem Vortrag der Beklagten nur versehentlich als Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde bezeichnet worden. Dies wird dadurch bestätigt, dass mit den innerhalb der Begründungsfrist gemachten Ausführungen in dem Schriftsatz vom 20. Juni 2018 keine Zulassungsgründe gerügt worden sind, sondern die Verletzung des formellen und materiellen Rechts geltend gemacht und ein Revisionsantrag gestellt worden ist. Der - ausdrücklich als "Revisionsbegründung" bezeichnete - Schriftsatz genügt den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO , da der Inhalt der Begründung den Umfang des Revisionsangriffs klar erkennen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2005 - IX ZR 159/03, NJW-RR 2005, 794 , juris Rn. 7).

Der Umdeutung steht kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin entgegen. Maßgeblich für diese Bewertung ist der Zeitpunkt des Eingangs der Rechtsmittelbegründung, nicht bereits derjenige der Einlegung des Rechtsmittels. Weil die Anschlussrevisionsfrist mit der Zustellung der Revisionsbegründung beginnt (§ 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO ), muss dem Gegner aus Gründen der Rechtssicherheit jedenfalls zu diesem Zeitpunkt erkennbar sein, dass ihm eine Revisionsbegründung und nicht eine Beschwerdebegründung zugestellt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06 Rn. 8, NJW-RR 2008, 876 ). Die Beklagten haben mit dem innerhalb der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 20. Juni 2018 für die Klägerin erkennbar ausgeführt, dass sie die als solche eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde als Revision verstanden haben wollen, und die Revision begründet.

2. Die Revision ist auch im Übrigen zulässig und begründet.

a) Ein zweites Versäumnisurteil unterliegt gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass ein Fall der schuldhaften Säumnis nicht vorgelegen habe. Eine zulässige Revision setzt die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden ist (BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 Rn. 6, NJW 2018, 3252 ; Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14 Rn. 5, BGHZ 208, 75 ).

b) Die Revision hat schlüssig dargelegt, dass ein Fall der unverschuldeten Säumnis des Beklagtenvertreters im Termin vom 27. März 2018 vorgelegen hat. Die Voraussetzungen für den Erlass eines zweiten Versäumnisurteils nach § 345 ZPO lagen daher nicht vor.

aa) Eine Partei ist im Sinne der §§ 330 ff. ZPO säumig, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Bestimmung eines notwendigen Termins zur mündlichen Verhandlung nach Aufruf der Sache am hierzu bestimmten Ort nicht erscheint, bei notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht durch einen solchen vertreten ist oder nicht zur Sache verhandelt. Die Säumnis ist nicht schuldhaft, wenn die Partei beziehungsweise ihr Prozessvertreter an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins unverschuldet verhindert war, mithin die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei gewahrt hat (BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 Rn. 8, NJW 2018, 3252 ; Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14 Rn. 9, BGHZ 208, 75 ).

Die Revision stellt nicht in Frage, dass der Prozessvertreter der Beklagten am 1. März 2018 ordnungsgemäß zum Termin am 27. März 2018 geladen worden und in dem Termin nicht erschienen ist.

bb) Die Säumnis der Beklagten war allerdings nicht bereits deshalb unverschuldet, weil ihr Prozessbevollmächtigter darauf vertrauen durfte, dass der Termin wegen des von ihm am 26. März 2018 ausgesprochenen Ablehnungsgesuchs nicht stattfinden würde. Die fehlende oder unverschuldete Säumnis kann nicht mit der Rüge begründet werden, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es ein Ablehnungsgesuch zu Unrecht als unzulässig verworfen habe, § 547 Nr. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 Rn. 16 f., NJW 2018, 3252 ; ausführlich: BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14 Rn. 7 ff. m.w.N., BGHZ 208, 75 ). Aus diesem Grund bedarf es keiner Entscheidung, ob das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 27. März 2018 zu Recht als unzulässig verworfen worden ist.

cc) Die Säumnis der Beklagten war jedoch deshalb unverschuldet, weil in der Person ihres Prozessbevollmächtigten ein erheblicher Grund vorlag, der für sich betrachtet bei pflichtgemäßem Ermessen zu einer Verlegung des Verhandlungstermins hätte führen müssen, und hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer rechtsmissbräuchlich verspäteten Antragstellung nach den im Revisionsverfahren zu berücksichtigenden Umständen nicht vorliegen.

(1) Eine Terminsverlegung setzt voraus, dass ein erheblicher Grund vorliegt und dieser glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung, ob bei Vorliegen erheblicher Gründe eine Verhandlung verlegt wird (§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO ), nach pflichtgemäßem Ermessen sowohl das Gebot der Beschleunigung des Verfahrens als auch den Anspruch beider Parteien auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07 Rn. 8 m.w.N., NJW 2009, 687 ). Erhebliche Gründe im Sinne von § 227 Abs. 1 ZPO sind regelmäßig solche, die zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern. Liegen solche Gründe vor, verdichtet sich das Ermessen des Gerichts zu einer Rechtspflicht, den Termin zu verlegen, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird. Einem Antrag auf Terminsverlegung ist daher regelmäßig aufgrund Vorliegens eines erheblichen Grundes stattzugeben (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 2010 - II ZR 233/09 Rn. 9, NJW 2010, 2440 ; Urteil vom 15. November 2007 - RiZ (R) 4/07 Rn. 31, NJW 2008, 1448 ; Urteil vom 13. Januar 2004 - X ZR 212/02, GRUR 2004, 354 , juris Rn. 27).

Eine geplante Urlaubsreise des Prozessbevollmächtigten einer Partei ist regelmäßig ein erheblicher Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO (vgl. OLG Frankfurt, NJW 2008, 1328 , juris Rn. 2; Zöller/Feskorn, ZPO , 32. Aufl., § 227 Rn. 6), erst Recht, wenn die betreffende Reise bereits gebucht ist. Ein erheblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn - wie hier - der Prozessbevollmächtigte als Einzelanwalt tätig ist und eine Vertretung durch einen Sozius nicht in Betracht kommt.

(2) Der vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Hinblick auf seine gebuchte Urlaubsreise kurz vor dem Verhandlungstermin gestellte Terminsverlegungsantrag ist auf der Grundlage der im Revisionsverfahren zu berücksichtigenden Umstände des Streitfalls noch nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

(a) Allerdings ist jede Partei in Erfüllung ihrer Prozessförderungspflicht gehalten, etwaige Gründe, die der Wahrnehmung eines Termins entgegenstehen, dem Gericht möglichst frühzeitig mitzuteilen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687 m.w.N.). Dem sind die Beklagten nicht nachgekommen. Da die Urlaubsreise ihres Prozessbevollmächtigten ausweislich der Buchungsbestätigung bereits im November 2017 feststand, hätten diese seine Verhinderung für den Verhandlungstermin vom 27. März 2018 zeitnah nach Erhalt der Terminsladung dem Gericht anzeigen müssen.

(b) Die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Terminsverlegungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten als rechtsmissbräuchlich zurückzuweisen, stellt sich gleichwohl im Ergebnis als ermessensfehlerhaft dar. Das Revisionsgericht hat die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der Grundlage der gegebenen Begründung daraufhin zu überprüfen, ob sich diese als ermessensfehlerhaft erweist. Hinreichende Gründe dafür, dass die Beklagten den Verlegungsantrag hier rechtsmissbräuchlich ausschließlich mit dem Ziel gestellt haben, eine Verzögerung des Prozesses zu erreichen, werden vom Berufungsgericht nicht angeführt.

Hierzu genügt jedenfalls nicht allein der Hinweis darauf, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe durch die Anbringung des Verlegungsantrags unmittelbar vor dem Termin dessen Verlegung erzwingen wollen. Da dem Prozessbevollmächtigten ein erheblicher Grund zur Seite stand, der eine Terminsverlegung regelmäßig rechtfertigt, hätte das Gericht den Termin auch bei rechtzeitiger Antragstellung verlegen müssen.

Dem Beschleunigungsgebot kann zwar ein erhöhtes Gewicht zukommen, wenn Verhandlungstermine schon mehrfach verlegt worden sind und ein weiterer Verlegungsantrag rechtsmissbräuchlich allein in der Absicht gestellt wird, den Prozess zu verschleppen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07 Rn. 8, NJW 2009, 687 ). Eine Verzögerungsabsicht, die im Einzelfall den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs rechtfertigen könnte, kann sich insbesondere aus dem vorausgegangenen Prozessverhalten der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten ergeben. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es den Beklagten mit dem verspäteten Terminsverlegungsantrag ausschließlich darum ging, eine Verzögerung des Rechtsstreits herbeizuführen, werden vom Berufungsgericht nicht benannt.

Der Vorsitzende des Berufungsgerichts hat die Ablehnung des Terminsverlegungsantrags in seiner diesbezüglichen Verfügung darauf gestützt, die Beklagten hätten sich jeder Mitwirkung am Berufungsverfahren verweigert; insoweit hat er auf deren bisheriges Prozessverhalten verwiesen, ohne hierzu nähere Ausführungen zu machen. Dieser lediglich allgemein gehaltene Vorwurf vermag eine Ablehnung des Terminsverlegungsantrags wegen einer Prozessverschleppungsabsicht nicht zu rechtfertigen. Die für eine Überprüfung durch das Revisionsgericht maßgeblichen Ausführungen in der gerichtlichen Verfügung des Vorsitzenden vom 27. März 2018 lassen nicht erkennen, auf welche konkreten Umstände oder welches vorangegangene Verhalten der Beklagten die Annahme eines Rechtsmissbrauchs gestützt werden soll. Die Entscheidung, dem Terminsverlegungsantrag nicht zu entsprechen, stellt sich daher im Ergebnis als ermessensfehlerhaft dar.

3. Das zweite Versäumnisurteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat hat insoweit von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 24. Januar 2019

Vorinstanz: LG München I, vom 30.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 28676/13
Vorinstanz: OLG München, vom 27.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 28 U 1574/17
Fundstellen
AnwBl 2019, 366
BauR 2019, 858
DVBl 2019, 986
MDR 2019, 1116
MDR 2019, 500
NJW-RR 2019, 695
ZfBR 2019, 357