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BGH - Entscheidung vom 30.10.2019

XII ZB 537/17

Normen:
BGB § 242 D
BGB § 1353 Abs. 1 S. 2
VersAusglG § 6 Abs. 1
VersAusglG § 16
BGB § 242 (D)
BGB § 1353 Abs. 1 S. 2
VersAusglG § 6 Abs. 1
VersAusglG § 16
BGB § 242
BGB § 1353 Abs. 1 S. 2
VersAusglG § 6 Abs. 1
VersAusglG § 16

Fundstellen:
DNotZ 2020, 852
FamRB 2020, 57
FamRZ 2020, 169
FuR 2020, 159
MDR 2020, 38
NJW 2020, 152
NotBZ 2020, 93

BGH, Beschluss vom 30.10.2019 - Aktenzeichen XII ZB 537/17

DRsp Nr. 2019/17406

Verpflichtung eines gesetzlich rentenversicherten Ehegatten zum Abschluss einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich; Verrechnung des Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Anrecht des verbeamteten Ehegatten auf landesrechtliche Beamtenversorgung

Ein gesetzlich rentenversicherter Ehegatte kann nicht zum Abschluss einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich verpflichtet werden, die eine Verrechnung seines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Anrecht seines verbeamteten Ehegatten auf landesrechtliche Beamtenversorgung vorsieht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 20. September 2017 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Wert: 5.230 €

Normenkette:

BGB § 242 ; BGB § 1353 Abs. 1 S. 2; VersAusglG § 6 Abs. 1 ; VersAusglG § 16 ;

Gründe

A.

Die beteiligten Eheleute streiten um den Versorgungsausgleich und dabei insbesondere über die Verpflichtung zum Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung.

Die am 13. Mai 2011 geschlossene Ehe des 1960 geborenen Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der 1974 geborenen Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) wurde auf den am 14. Dezember 2015 zugestellten Scheidungsantrag mit Beschluss des Amtsgerichts vom 2. Juni 2017 geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt.

Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. Mai 2011 bis zum 30. November 2015 hat der Ehemann ein Anrecht auf landesrechtliche Beamtenversorgung mit einem Ausgleichswert von monatlich 151,52 € und einem korrespondierenden Kapitalwert von 33.949,91 € erworben. Die Ehefrau hat in der Ehezeit ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Ausgleichswert von 1,9402 Entgeltpunkten (zum Ende der Ehezeit entsprechend einer Monatsrente von 56,67 €) und einem korrespondierenden Kapitalwert in Höhe von 12.698,25 €, ein Anrecht aus einer berufsständischen Versorgung mit einem Ausgleichswert von monatlich 39,50 € und einem korrespondierenden Kapitalwert von 5.057,59 € sowie ein privates Anrecht mit einem geringen Ausgleichswert erlangt.

Das Amtsgericht hat im Wege externer Teilung zulasten der Beamtenversorgung des Ehemanns ein Anrecht in Höhe von monatlich 151,52 € zugunsten der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ferner hat es das gesetzliche sowie das berufsständische Anrecht der Ehefrau unter Zugrundelegung der vorgeschlagenen Ausgleichswerte intern geteilt und von einem Ausgleich ihres privaten Anrechts wegen Geringfügigkeit abgesehen.

Hiergegen hat der Ehemann mit seiner Beschwerde geltend gemacht, die Ehefrau sei zur Zustimmung zu einer Saldierungsabrede verpflichtet. Es solle eine Verrechnung der wechselseitigen Anrechte der Ehegatten dergestalt erfolgen, dass die dem Ehemann rechnerisch zustehende Hälfte der ehezeitlichen Anrechte der Ehefrau mit dem Anspruch der Ehefrau auf wertmäßig hälftige Beteiligung an der Beamtenpension des Ehemanns saldiert werde. Nur in Höhe des nach der Verrechnung verbleibenden Rentenbetrags solle im Wege der externen Teilung des Beamtenanrechts ein Anrecht zugunsten der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Ehemann sein Begehren weiter.

B.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Ehemann habe gegen die Ehefrau keinen Anspruch auf Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung. Es bestehe keine Kontrahierungspflicht eines Ehegatten zum Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu vom anderen Ehegatten einseitig vorgegebenen Bedingungen. Auch die nacheheliche Solidarität verpflichte einen Ehegatten nicht, den anderen vor den gesetzlich gewollten Scheidungsfolgen zu bewahren. Der Umstand, dass Ehegatten durch den Versorgungsausgleich Anrechte in einem Versorgungssystem einbüßen und in einem für sie neuen Versorgungssystem erlangen, sei strukturelle Folge und zudem ein zentrales Element des reformierten Versorgungsausgleichsrechts. Der Gesetzgeber habe den Wegfall der Notwendigkeit einer Vergleichbarmachung der verschiedenen Anrechte als wesentliche Errungenschaft erachtet. Der gesetzlich bezweckte Entlastungseffekt würde durch einen Kontrahierungszwang konterkariert, weil dann eine vielfach weit in die Zukunft reichende und tief in versorgungsrechtliche Verästelungen führende Günstigkeitsprüfung erforderlich wäre, die oft mit erheblichen prognostischen Unsicherheiten verbunden sei.

Soweit ein unterhaltspflichtiger Ehegatte die Zustimmung des anderen zum begrenzten Realsplitting gegen Freistellung von daraus resultierenden Steuernachteilen verlangen könne, sei dies eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Rahmen eines bestehenden Unterhaltsverhältnisses und könne nicht auf den Versorgungsausgleich übertragen werden. Anders als beim begrenzten Realsplitting gebe es gerade keine gesetzliche Regelung, welche die hier vom Ehemann angestrebte Rechtsfolge der Saldierung - jenseits von Vereinbarungen - anordne. Das Gesetz sehe vielmehr ausdrücklich eine Teilung jedes einzelnen Versorgungsanrechts vor.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Der geltend gemachte Anspruch auf Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung steht dem Ehemann materiell-rechtlich nicht zu.

1. Ein solcher Anspruch ist von vornherein ausgeschlossen, soweit der Ehemann (auch) das berufsständische Anrecht der Ehefrau in eine Zwangsvereinbarung zur Anrechtssaldierung einbeziehen möchte. Dies hätte nämlich zur Folge, dass die berufsständische Versorgung der Ehefrau nicht intern geteilt würde, sondern ihr in voller Höhe verbliebe, im Gegenzug jedoch die Höhe des für sie nach § 16 VersAusglG im Wege externer Teilung zu begründenden Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung geringer ausfiele. Wegen der Verschiedenartigkeit der im gesetzlichen Wertausgleich abgegebenen und erworbenen Anrechte stellt sich eine diesbezügliche Verrechnungsvereinbarung für die Ehefrau nicht als ergebnisneutral dar, zumal diese ein Interesse daran haben kann, auf Kosten ihrer berufsständischen Anrechte zusätzliche Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben. Die Ansicht, dass der verbeamtete Ehegatte selbst in solchen Fällen einen Anspruch auf Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung haben könnte, wird - soweit ersichtlich - nirgends vertreten.

2. Auch bezüglich der gesetzlichen Rentenanrechte der Ehefrau steht dem Ehemann kein Anspruch auf Abschluss einer (Teil-)Verrechnungsvereinbarung zu.

a) Es ist allerdings umstritten, ob ein Landesbeamter den Abschluss einer solchen Verrechnungsvereinbarung von seinem gesetzlich rentenversicherten Ehegatten verlangen kann.

Dies wird teilweise bejaht. Ähnlich wie in den Fällen der Erteilung steuerrechtlicher Zustimmungen müsse ein Ehegatte infolge der nachehelichen Solidarität einer Saldierung von Versorgungsanrechten zustimmen, weil ihm hierdurch keine Nachteile entstünden und sich die Position des verbeamteten Ehegatten ohne die Verrechnung verschlechtern würde (vgl. AG Oranienburg Beschluss vom 24. April 2015 - 38 F 3/15 - juris Rn. 16 ff.; Wick Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 532; Götsche/Rehbein/Breuers Versorgungsausgleichsrecht 3. Aufl. § 6 Rn. 67; Götsche NJW 2017, 123 , 125 ff. und FamRB 2015, 341; Adamus FamRB 2016, 222, 223).

Von der wohl überwiegenden Ansicht wird die Verpflichtung eines Ehegatten zum Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung auch in Bezug auf die Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch verneint. Die Rechtsprechung zum begrenzten Realsplitting sei auf den Versorgungsausgleich nicht übertragbar und der Verlust von Verhandlungsspielräumen für umfassendere Scheidungsfolgenvereinbarungen beeinträchtige die Interessen des in Anspruch genommenen Ehegatten nachhaltig (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2017, 876 , 877; KG FamRZ 2016, 1166 ; MünchKommBGB/Siede 8. Aufl. § 16 VersAusglG Rn. 30; Erman/Norpoth/Sasse BGB 15. Aufl. § 8 Rn. 21; jurisPK-BGB/Breuers [Stand: 15. Oktober 2019] § 6 VersAusglG Rn. 32; Zöller/Lorenz ZPO 32. Aufl. § 224 FamFG Rn. 14; Bumiller/Harders/Schwamb FamFG 12. Aufl. § 227 Rn. 10; Bergschneider MittBayNot 2017, 67 ; vgl. auch 21. Deutscher Familiengerichtstag These A.3. des Arbeitskreises 17 Brühler Schriften zum Familienrecht Band 19 S. 174).

b) Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu.

aa) Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass der vom Ausgleichspflichtigen nicht erwünschte Hin-und-Her-Ausgleich vom Gesetzgeber bewusst so angeordnet worden ist und es - anders als zum Beispiel im Steuerrecht (§§ 10 Abs. 1a Nr. 1 Satz 1, 26 Abs. 2 Satz 2, 32 Abs. 6 Satz 6, 33 a Abs. 2 Satz 5 EStG ) - keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die von dem Landesbeamten begehrte Rechtsfolge der Anrechtssaldierung gibt (so aber KG FamRZ 2016, 1166 ).

Zum einen folgt aus § 6 Abs. 1 VersAusglG die generelle Zulässigkeit einer Verrechnungsvereinbarung, die nach der Rechtsprechung des Senats auch unter Einbeziehung beamtenrechtlicher Anrechte keinen grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken begegnet (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2014 - XII ZB 668/12 - FamRZ 2014, 1179 Rn. 21 ff.). Zum anderen normieren auch die steuerrechtlichen Vorschriften lediglich Gestaltungsmöglichkeiten, über deren Nutzung jeder Ehegatte grundsätzlich frei entscheiden kann. Nicht aus dem Steuerrecht, sondern allenfalls aus dem Familienrecht kann die Verpflichtung eines Ehegatten folgen, einer bestimmten steuerlichen Gestaltung zuzustimmen (vgl. BGH Urteil vom 13. Oktober 1976 - IV ZR 104/74 - FamRZ 1977, 38 , 40). Eine solche Verpflichtung hat ihre Grundlage mangels ausdrücklicher Regelung allein in §§ 242 , 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB (Senatsurteile vom 3. November 2004 - XII ZR 128/02 - FamRZ 2005, 182 , 183 mwN und vom 26. September 1984 - IVb ZR 30/83 - FamRZ 1984, 1211 , 1212) und ergibt sich aus dem Wesen der Ehe, die den Ehegatten - auch nachwirkend - aufgibt, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist (Senatsurteile vom 29. April 1998 - XII ZR 266/96 - FamRZ 1998, 953 , 954 mwN und vom 24. Februar 1988 - IVb ZR 29/87 - FamRZ 1988, 607 , 608 mwN). Ein solcher, aus der nachehelichen Solidarität hergeleiteter Zustimmungsanspruch vermag sich - unabhängig davon, ob er sich auf steuerliche oder sonstige Gestaltungsmöglichkeiten bezieht - naturgemäß nicht auf eine speziellere Anspruchsnorm zu stützen (vgl. Götsche NJW 2017, 123 , 127; Adamus FamRB 2016, 222, 223; Schwamb NZFam 2016, 421).

bb) Allerdings liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen aufgrund nachehelicher Solidarität die Verpflichtung zum Abschluss einer vom anderen Ehegatten geforderten Verrechnungsvereinbarung bejaht werden könnte.

(1) Es erscheint bereits zweifelhaft, ob dem ausgleichsverpflichteten Landesbeamten bei Durchführung des Versorgungsausgleichs nach den gesetzlichen Regelungen ein finanzieller Nachteil entsteht oder droht, zu dessen Abwendung der andere Ehegatte aus Gründen der nachehelichen Solidarität verpflichtet sein könnte.

(a) Ein solcher Nachteil ergibt sich nicht schon daraus, dass der Ausgleichspflichtige infolge des Versorgungsausgleichs Teile seiner Beamtenversorgung, insbesondere seiner Dienstunfähigkeitsabsicherung, verlieren würde. Zum einen ist dies eine strukturelle Folge des Hin-und-Her-Ausgleichs im reformierten Versorgungsausgleich und daher regelmäßig hinzunehmen (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2017, 876 , 877; Götsche NJW 2017, 123 , 124). Zum anderen könnte ein Landesbeamter im Falle seiner Dienstunfähigkeit durch einen Antrag nach § 35 VersAusglG eine Aussetzung der Ruhegehaltskürzung erreichen, wenn und soweit er aus dem ihm übertragenen gesetzlichen Rentenanrecht wegen Nichterfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen (sog. Dreifünftelbelegung, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ) keine Erwerbsminderungsrente zu erlangen vermag.

(b) Die Rechtsbeschwerde wendet demgegenüber ein, dass die Möglichkeit einer Aussetzung der Ruhegehaltskürzung dann nicht gegeben sei, wenn der Landesbeamte auf eigenen Antrag unter Inkaufnahme eines Versorgungsabschlags vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand tritt und er zu diesem Zeitpunkt aus dem übertragenen Anrecht noch keine Altersrente beziehen kann.

Tatsächlich hat der Senat in einer früheren Entscheidung in einem obiter dictum angedeutet, dass der Beamte in einem solchen Fall nicht in den Genuss der Vergünstigung des § 35 VersAusglG kommen kann, weil er seine Beamtenversorgung nicht wegen Invalidität oder Erreichens einer besonderen Altersgrenze, sondern aufgrund einer in Anspruch genommenen Frühpensionierungsregelung bezieht (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Februar 2013 - XII ZB 527/12 - FamRZ 2013, 690 Rn. 21 zur Altersteilzeit; ebenso Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 6. Aufl. § 35 VersAusglG Rn. 4; Borth FamRZ 2014, 1245 , 1246; dagegen MünchKommBGB/Siede 8. Aufl. § 35 VersAusglG Rn. 11; Erman/Norpoth/Sasse BGB 15. Aufl. § 35 VersAusglG Rn. 2; vgl. auch VG Düsseldorf Urteil vom 13. Januar 2014 - 23 K 3480/12 - BeckRS 2014, 48251 und OVG Münster Beschluss vom 22. September 2015 - 3 A 489/14 - juris Rn. 9 f.). Ob an dieser Ansicht festzuhalten ist, bedarf an dieser Stelle keiner näheren Erörterung. Denn die mit der späteren Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente einhergehenden finanziellen Nachteile würden auf eine eigene Entscheidung des Landesbeamten zurückgehen, mithin auf individuelle Umstände, die sich der andere Ehegatte im Versorgungsausgleich auch aus Billigkeitsgründen grundsätzlich nicht entgegenhalten lassen muss (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 - XII ZB 480/13 - FamRZ 2016, 1343 Rn. 13 ff. zur Anwendung des § 27 VersAusglG bei vorzeitigem Rentenbezug in der gesetzlichen Rentenversicherung). Vor diesem Hintergrund dürfte die Annahme gerechtfertigt sein, dass der Landesbeamte finanzielle Nachteile bei einer - auf eigener Entschließung beruhenden - vorruhestandsbedingten Minderung seiner Versorgungsbezüge grundsätzlich hinzunehmen hat, ohne vom anderen Ehegatten aus dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität Mitwirkungshandlungen zum Zwecke der Vermeidung dieser Nachteile verlangen zu können.

(2) Jedenfalls aber ginge der zwangsweise Abschluss einer von einem Landesbeamten geforderten Verrechnungsvereinbarung in der Regel mit einer Verletzung der geschützten Interessen des anderen Ehegatten einher.

(a) Richtig ist zwar, dass der Hin-und-Her-Ausgleich nach den gesetzlichen Regelungen für den gesetzlich rentenversicherten Ehegatten eines Landesbeamten zu dem gleichen Ausgleichsergebnis führen würde, wie wenn lediglich der überschießende Teil des Beamtenanrechts, der nach der abredegemäßen Verrechnung mit dem gesetzlichen Rentenanrecht verbliebe, durch externe Teilung nach § 16 VersAusglG ausgeglichen werden würde ("echtes Nullsummenspiel"; vgl. Götsche NJW 2017, 123 , 126).

(b) Andererseits hat der Senat mehrfach darauf hingewiesen, dass sich Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und Anrechte der Beamtenversorgung sowohl in der Struktur und Finanzierung als auch im Leistungsspektrum und in der Wertentwicklung wesentlich voneinander unterscheiden (Senatsbeschlüsse vom 8. Januar 2014 - XII ZB 366/13 - FamRZ 2014, 549 Rn. 12 und vom 7. August 2013 - XII ZB 211/13 - FamRZ 2013, 1636 Rn. 12 ff.). Dies wirkt sich zwangsläufig auf die Bewertung dieser Anrechte aus. Zwar bestimmt § 47 Abs. 3 VersAusglG , dass der korrespondierende Kapitalwert eines Beamtenanrechts unter entsprechender Anwendung der Berechnungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung zu berechnen ist. Dies beruht aber auf der Erwägung, dass ein Anrecht der Beamtenversorgung nicht durch freiwillige Beitragszahlung erworben werden kann und ein für die Bewertung maßgeblicher "Einkaufspreis" des beamtenrechtlichen Anrechts daher nicht zur Verfügung steht. Der diesbezügliche Rückgriff auf die Berechnungsgrößen der gesetzlichen Rentenversicherung folgt reinen Zweckmäßigkeitsüberlegungen, um zusätzlichen Bewertungsaufwand zu vermeiden. Der Gesetzgeber hielt diese Herangehensweise für akzeptabel, weil die beiden Versorgungen "durchaus vergleichbar" seien und "Wert- sowie Strukturveränderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Regel in der Beamtenversorgung nachvollzogen" würden (BT-Drucks. 16/10144 S. 85).

Das ändert aber nichts daran, dass die korrespondierenden Kapitalwerte - auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. § 47 Abs. 1 VersAusglG ) - lediglich Hilfsgrößen darstellen, die in erster Linie einem unabweisbaren praktischen Bedürfnis Rechnung tragen, bei der Rechtsanwendung Anrechte im Rahmen einer Bagatellprüfung oder bei einer ausnahmsweise notwendigen Anrechtssaldierung ohne größeren Berechnungsaufwand anhand eines Kapitalbetrags bewerten und gegebenenfalls miteinander vergleichen zu können. In diesem Zusammenhang hat es der Senat im Grundsatz gebilligt, wenn der Tatrichter bei der Anwendung von Billigkeitsvorschriften aus verfahrensökonomischen Gründen trotz der Verschiedenartigkeit der darin einbezogenen Versorgungen einen Wertvergleich auf eine nominale Gegenüberstellung der ihm von den Versorgungsträgern mitgeteilten Kapitalwerte bzw. korrespondierenden Kapitalwerte stützt (Senatsbeschlüsse vom 21. September 2016 - XII ZB 264/13 - FamRZ 2017, 26 Rn. 34 und vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 450/13 - FamRZ 2016, 697 Rn. 20 zu § 27 VersAusglG sowie Senatsbeschluss vom 10. Mai 2017 - XII ZB 310/13 - FamRZ 2017, 1303 Rn. 37 zu § 31 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG ).

(c) Auf derartige Praktikabilitätserwägungen braucht sich ein Ehegatte im Rahmen von Verhandlungen über den Abschluss einer Saldierungsabrede aber nicht einzulassen. Angesichts der Verschiedenartigkeit der Anrechte muss es dem gesetzlich versicherten Ehegatten im Rahmen seiner verfassungsrechtlich geschützten Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG ) vor dem Abschluss einer Vereinbarung nach § 6 VersAusglG grundsätzlich unbenommen bleiben, seine eigenen Vorstellungen davon zur Geltung zu bringen, wie ein Anrecht der Beamtenversorgung mit einem solchen der gesetzlichen Rentenversicherung angemessen verrechnet werden kann. Würde die Ehefrau im vorliegenden Fall zum Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung mit dem vom Ehemann gewünschten Inhalt auf der Grundlage übereinstimmender Rentenbeträge - und damit gleichzeitig auf der Grundlage übereinstimmender korrespondierender Kapitalwerte - verpflichtet werden, so würde ihr dadurch faktisch die auf bloßen Zweckmäßigkeitsüberlegungen beruhende Bewertungsregel des § 47 Abs. 3 VersAusglG aufgezwungen werden, wonach beamtenrechtliche Anrechte anhand der Berechnungsgrundlagen für die gesetzliche Rentenversicherung zu bewerten sind. Dies entspricht gerade nicht den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Gesetzgebers, wonach korrespondierende Kapitalwerte den Beteiligten - auch im Rahmen eines Vergleichsschlusses - lediglich eine bessere Vorstellung von der wirtschaftlichen Bedeutung verschiedenartiger Anrechte vermitteln (BT-Drucks. 16/10144 S. 84 f.) und mit Bedacht anzuwenden sein sollen (BR-Drucks. 16/11903 S. 56). Die korrespondierenden Kapitalwerte können deshalb im wechselseitigen Einvernehmen der Ehegatten durchaus als brauchbare Grundlage für eine Verrechnungsvereinbarung herangezogen werden. Ein Zwang hierzu kann aber nicht aufgestellt werden.

Vorinstanz: AG Itzehoe, vom 02.06.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 103 F 350/15
Vorinstanz: SchlHOLG, vom 20.09.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 13 UF 116/17
Fundstellen
DNotZ 2020, 852
FamRB 2020, 57
FamRZ 2020, 169
FuR 2020, 159
MDR 2020, 38
NJW 2020, 152
NotBZ 2020, 93