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BGH - Entscheidung vom 22.08.2019

StB 17/18

Normen:
StGB § 89a
GVG § 74a Abs. 1 Nr. 2
GVG § 74a Abs. 2
GVG § 120 Abs. 2 S. 1 Nr. 1

Fundstellen:
NStZ-RR 2020, 365
NStZ-RR 2022, 6

BGH, Beschluss vom 22.08.2019 - Aktenzeichen StB 17/18

DRsp Nr. 2019/16755

Unbeschränkte Zulassung einer Anklage zur Hauptverhandlung; Streit um den hinreichenden Tatverdacht für die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat; Anschlagsplanung eines Bundeswehrangehörigen unter fiktiver Identität eines Flüchtlings aus Syrien

Hinreichender Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus, eine für eine Verurteilung notwendige volle richterliche Überzeugung ist für die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht erforderlich. Auch in Fällen, in denen zunächst gewisse Zweifel verbleiben, kommt die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens regelmäßig nicht in Betracht, weil zur Klärung eben dieser Zweifel die überlegenen Erkenntnismittel der Hauptverhandlung heranzuziehen sind.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts wird

1.

der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 7. Juni 2018 aufgehoben, soweit das Oberlandesgericht das Hauptverfahren vor dem Landgericht Darmstadt eröffnet und die Anklage des Generalbundesanwalts vom 1. Dezember 2017 zur Hauptverhandlung vor der großen Strafkammer des Landgerichts Darmstadt mit der Maßgabe zugelassen hat, dass die unter Nr. 1 der Anklageschrift angeklagte Tat nicht als Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu würdigen ist;

2.

das Hauptverfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt eröffnet und die Anklage des Generalbundesanwalts vom 1. Dezember 2017 zur Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt zugelassen.

Normenkette:

StGB § 89a; GVG § 74a Abs. 1 Nr. 2 ; GVG § 74a Abs. 2 ; GVG § 120 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ;

Gründe

Der Generalbundesanwalt hat dem Angeklagten mit der zum Oberlandesgericht Frankfurt erhobenen Anklage vorgeworfen, im Fall 1 der Anklageschrift eine schwere staatsgefährdende Gewalttat, nämlich eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 StGB oder des § 212 StGB , die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand und die Sicherheit des Staates zu beeinträchtigen, vorbereitet zu haben, indem er sich Waffen beschaffte und diese verwahrte, und jeweils tateinheitlich dazu eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition besessen und geführt sowie zwei weitere Waffen besessen zu haben, ohne Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz die tatsächliche Gewalt über Kriegswaffen im Sinne von § 1 Abs. 1 KrWaffKG ausgeübt zu haben, ohne die erforderliche Erlaubnis entgegen § 27 SprengG mit explosionsgefährlichen Stoffen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 SprengG umgegangen zu sein und fremde bewegliche Sachen einem anderen in der Absicht weggenommen zu haben, sie sich rechtswidrig zuzueignen (strafbar nach § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 242 Abs. 1 , § 52 Abs. 1 StGB , § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b), Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a) und b), § 1 Abs. 2 , Abs. 3 , Abs. 4 , § 2 Abs. 2 WaffG , Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 1 Nr. 1.1, Nr. 2.2, Nr. 2.5 und Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 3 Nr. 1.1, Nr. 1.2, Nr. 1.4.1 zum WaffG , in Verbindung mit Anlage 2, Abschnitt 2, Unterabschnitt 1 Satz 1 zum WaffG , § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a) KrWaffKG in Verbindung mit Nr. 50 der Anlage zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG, § 40 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 in der bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung, § 27 SprengG ). In den Fällen 2 und 3 der Anklageschrift liegt dem Angeklagten zur Last, jeweils einen Betrug begangen zu haben (strafbar gemäß § 263 Abs. 1 StGB ).

Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 7. Juni 2018 das Hauptverfahren abweichend vor der großen Strafkammer des Landgerichts Darmstadt eröffnet. Es hat die Anklage lediglich mit der Maßgabe zur Hauptverhandlung zugelassen, dass die "unter Nr. 1 der Anklageschrift angeklagte Tat" nicht als Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Sinne von § 89a StGB zu würdigen sei (§ 120 Abs. 2 Satz 2 GVG ). Dagegen wendet sich der Generalbundesanwalt mit seiner sofortigen Beschwerde. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

A.

I. Mit der Anklageschrift sind dem Angeklagten folgende Straftaten zur Last gelegt worden:

1. Der Angeklagte - ein Angehöriger der Bundeswehr im Rang eines , der allerdings weder eine Waffenbesitzkarte noch Erlaubnisse nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz oder dem Sprengstoffgesetz besitze verfüge über eine seit Jahren verfestigte völkisch-nationalistische und rechtsextremistische Gesinnung; insbesondere habe er eine besondere Abneigung gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, denen er den Wunsch nach einer "Weltherrschaft des Zionismus" unterstelle, die durch ein Zusammenwirken von Medien und staatlichen Institutionen sowie eine faktische Besetzung Deutschlands durch die Vereinigten Staaten von Amerika bewerkstelligt werden solle. Er sei der Überzeugung, der "Zionismus" betreibe einen systematischen Rassenkrieg, indem Millionen von Migranten nach Deutschland gebracht würden, was zur "Vermischung der Rassen" und zur "Auslöschung der deutschen Rasse" führen werde. Verantwortlich dafür mache der Angeklagte hochrangige Politiker und Personen des öffentlichen Lebens, die sich für ihr "flüchtlingsfreundliches" Engagement auszeichneten.

Um nach seiner Vorstellung zum "Erhalt der deutschen Nation" beizutragen, habe der Angeklagte nach einem spätestens Ende des Jahres 2015 gefassten Tatplan einen Angriff auf solche Personen vorbereitet; zu seinen potentiellen Opfern hätten unter anderem der (jetzige) Außenminister Heiko Maas, die Grünen-Politikerin Claudia Roth und die Menschenrechtsaktivistin K. gezählt.

Zur späteren Durchführung der Anschlagspläne habe sich der Angeklagte eine Pistole eines französischen Herstellers beschafft und diese nebst Munition zunächst in einem Versteck am Flughafen Wien-Schwechat gelagert. Daneben habe er ein Gewehr G3 der Marke Heckler und Koch sowie ein weiteres Gewehr und eine Pistole, über 1.000 Schuss Munition, die teilweise unter das Kriegswaffenkontrollgesetz falle, und Sprengkörper besessen; einen Teil der Munition und der Sprengkörper habe er an Bundeswehrstandorten in Deutschland oder Frankreich aus Beständen der Bundeswehr an sich genommen, um sich diese Gegenstände rechtswidrig zuzueignen.

Den Anschlag habe er unter der fiktiven Identität eines syrischen Flüchtlings begehen wollen, um die Ermittlungen aus fremdenfeindlicher Gesinnung in die Richtung der in Deutschland lebenden Asylbewerber zu lenken und so einen Bewusstseinswandel innerhalb der Gesellschaft gegenüber der Asylpolitik der Bundesregierung herbeizuführen. Dadurch habe er das Ziel erreichen wollen, die Migration nach Deutschland zu begrenzen oder vollständig zu unterbinden (Fall 1 der Anklageschrift).

2. Zu diesem Zweck habe er sich unter erheblichem organisatorischen und zeitlichen Aufwand die fiktive Identität des syrischen Flüchtlings "D. " verschafft, indem er sich zunächst in O. unter diesen Personalien als syrischer Flüchtling habe registrieren lassen, mehrfach mit Lichtbild versehene Aufenthaltsgestattungen beantragt habe, in Asylbewerberunterkünften in Bayern Wohnsitze angemeldet und das Asylverfahren durchlaufen, das im Dezember 2016 zur Anerkennung des subsidiären Schutzstatus geführt habe. Der Legende entsprechend habe der Angeklagte zunächst Geldund Sachleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und später nach dem Sozialgesetzbuch II beantragt und erhalten, obwohl er, wie er gewusst habe, keinen Anspruch darauf gehabt habe (Fälle 2 und 3 der Anklageschrift).

II. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Frankfurt den hinreichenden Tatverdacht hinsichtlich der Fälle 2 und 3 der Anklageschrift ebenso bejaht wie zum Fall 1 der Anklageschrift mit Blick auf den Diebstahl sowie die Verstöße gegen das Waffen-, das Kriegswaffenkontroll- und das Sprengstoffgesetz . Soweit dem Angeklagten im Fall 1 indes die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zur Last gelegt worden ist, hat es den Tatverdacht nicht als hinreichend erachtet. Da allein dieser Tatvorwurf gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 , Satz 2 GVG die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts begründet, hat es das Hauptverfahren unter Zulassung der Anklage im Übrigen vor dem Landgericht Darmstadt eröffnet.

B.

Die gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 2 und Nr. 3 StPO statthafte sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit das Oberlandesgericht die Anklage nicht auch wegen des Vorwurfs der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und lediglich vor der großen Strafkammer des Landgerichts Darmstadt zugelassen hat, sowie zur unbeschränkten Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. Im Einzelnen:

In Fällen, in denen sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem Gericht niedrigerer Ordnung richtet, kann sich das Beschwerdegericht nicht auf die Prüfung der Anträge der Staatsanwaltschaft und die von ihr geltend gemachten Beschwerdepunkte beschränken. Es hat die vom Anklagevorwurf umfassten Taten vielmehr in ihrer Gesamtheit zu würdigen und ist dabei an den Eröffnungsbeschluss weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht gebunden (LR/Stuckenberg, StPO , 26. Aufl., § 210 Rn. 30 mwN). Hat der Bundesgerichtshof damit als Beschwerdegericht in der Sache selbst über die Eröffnung zu entscheiden, so hat er das in der Eröffnungsentscheidung liegende Wahrscheinlichkeitsurteil eines Oberlandesgerichts über den Tatnachweis und dessen rechtliche Bewertung des Tatvorwurfs in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu untersuchen (BGH, Beschluss vom 26. März 2009 - StB 20/08, BGHSt 53, 238 Rn. 24). Insoweit gilt, dass gemäß § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens zu beschließen ist, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist (BGH, Beschluss vom 22. April 2003 - StB 3/03, BGHR StPO § 210 Abs. 2 Prüfungsmaßstab 2 mwN). Der gleiche Maßstab gilt hinsichtlich solcher Merkmale der Tat, die die besondere Bedeutung des Falles und damit das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts zu begründen vermögen. Die Darlegung von insoweit bedeutsamen Umständen kann die Staatsanwaltschaft zudem noch im Beschwerdeverfahren nachholen; das Beschwerdegericht hat auch im Zeitpunkt der ersten Eröffnungsentscheidung noch nicht bekannte Tatsachen oder Beweismittel bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen (LR/Stuckenberg, aaO, § 210 Rn. 19, 23).

Die dem Senat danach obliegende umfassende Überprüfung des Falles hat ergeben, dass der Angeklagte - neben dem bestehenden, vom Oberlandesgericht zu Recht angenommenen hinreichenden Tatverdacht des Betruges zum Nachteil der Sozialleistungsträger in den Fällen 2 und 3 der Anklageschrift - im Fall 1 der Anklageschrift nicht nur - wie auch vom Oberlandesgericht zutreffend bejaht - wegen Diebstahls sowie der Verstöße gegen das Waffen-, das Kriegswaffenkontroll- und das Sprengstoffgesetz , sondern darüber hinaus auch hinreichend verdächtig ist, eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet zu haben (dazu unten I.). Die Gesamtumstände der vom Anklagevorwurf umfassten Taten begründen im Übrigen die auch vom Generalbundesanwalt bejahte besondere Bedeutung des Falles, die zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt führt (dazu unten II.).

I. Bei vorläufiger Tatbewertung ist auf der Grundlage des in der Anklageschrift mitgeteilten Ermittlungsergebnisses sowie der weiteren im Zwischenverfahren gewonnen Erkenntnisse im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts wahrscheinlich, dass der Angeklagte bei Vornahme der auch nach Auffassung des Oberlandesgerichts den objektiven Tatbestand des § 89a Abs. 1 , Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllenden Handlungen, der Beschaffung und Verwahrung von Waffen, Munition und Sprengkörpern, eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 StGB oder des § 212 StGB vorbereitete, die bestimmt und geeignet war, jedenfalls die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, und zur Ausführung einer solchen Gewalttat auch bereits fest entschlossen war.

1. Dabei kann allerdings offen bleiben, ob der Angeklagte ursprünglich oder jedenfalls noch nach seiner Festnahme in Wien vorhatte, die Tat unter der Legende des syrischen Asylbewerbers "D. " zu begehen. Da die weiteren Ermittlungen insoweit keine neuen Erkenntnisse erbracht haben, verbleibt es dabei, dass gegen die Annahme, der Angeklagte habe die Waffe mit seinen - auch unter der falschen Identität als "D. " gespeicherten Fingerabdrücken in der Nähe des Tatorts zurücklassen wollen und auf diese Weise einen Hinweis auf den angeblichen Asylbewerber geben wollen, insbesondere spricht, dass aufgrund der Abnahme der Fingerabdrücke nach seiner Festnahme in Wien diese nunmehr auch mit seinen Klarpersonalien verknüpft waren und dies dem Angeklagten mutmaßlich bewusst war (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 29. November 2017 - AK 58/17, juris Rn. 18 f.). Ebensowenig kommt es entscheidend darauf an, ob es sich bei der von dem Angeklagten auf dem Flughafen in Wien versteckten Pistole um die potentielle Tatwaffe für die in Aussicht genommene schwere staatsgefährdende Gewalttat handelte; insoweit ist weiterhin insbesondere unklar, aus welchem Grund der Angeklagte diese in dem besonders überwachten Bereich eines Flughafens versteckte und Bilder des Verstecks den Mitgliedern einer WhatsApp-Gruppe zugänglich machte, der neben ihm und dem gesondert Verfolgten T. noch weitere Personen angehörten (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2017 - AK 58/17, juris Rn. 14).

2. Denn der erforderliche hinreichende Tatverdacht ergibt sich aus einer Vielzahl von weiteren Erkenntnissen, die im Ermittlungsverfahren zusammengetragen worden sind. Insoweit gilt:

a) Hinreichender Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus; der erst am Ende der Hauptverhandlung stehende Nachweis der Tat bzw. die für eine Verurteilung notwendige volle richterliche Überzeugung ist für die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 26. März 2009 - StB 20/08, BGHSt 53, 238 Rn. 23 mwN). Auch in Fällen, in denen zunächst gewisse - nicht unüberwindbar erscheinende - Zweifel verbleiben, kommt die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens regelmäßig nicht in Betracht, weil zur Klärung eben dieser Zweifel die überlegenen Erkenntnismittel der Hauptverhandlung heranzuziehen sind; die nicht aufgrund öffentlicher Verhandlung ergehende und nicht auf einer unmittelbaren Beweisgewinnung beruhende Eröffnungsentscheidung soll erkennbar aussichtslose Fälle herausfiltern, ansonsten aber der Hauptverhandlung nicht vorgreifen (BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2018 - StB 52/18, NJW 2019, 1470 Rn. 17; vom 19. Januar 2010 - StB 27/09, BGHSt 54, 275 Rn. 60 mwN). Nach diesen Grundsätzen ist im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts von folgenden Sachverhalten auszugehen:

aa) Der Angeklagte, ein der Bundeswehr, verschaffte sich eine mit sechs Schuss geladene, in der Zeit zwischen 1928 bis 1944 hergestellte Pistole des Herstellers Manufacture d'Armes des Pyrenees Francaises (M.A.P.F.), Modell 17, Kaliber 7,65 Browning, Selbstlader Halbautomat, die er am 22. Januar 2017 nebst zugehöriger Munition in einem Putzschacht auf einer Behindertentoilette im Transitbereich des Flughafens Wien-Schwechat in Österreich versteckte. Dort wurde die in ein Stofftuch eingewickelte Waffe am 24. Januar 2017 gefunden und sichergestellt. Am 3. Februar 2017 reiste der Angeklagte mit dem Flugzeug nach Wien-Schwechat und versuchte nach seiner Ankunft die Pistole und die Munition aus dem Versteck zu holen und erneut an sich zu nehmen. Dabei wurde er festgenommen. Die Waffe ist in Deutschland nicht erfasst und registriert. Der Angeklagte ist nicht Inhaber einer Waffenbesitzkarte.

bb) Der Angeklagte hielt weitere Waffen, darunter ein Gewehr der Marke Heckler & Koch G3, eine Waffe des Herstellers Landmann-Preetz und eine Waffe des Herstellers FN, Kaliber 7,65 mm, sowie Munition, Sprengkörper und Zündmittel vorrätig, darunter 167 Patronen mit Hartkerngeschoss, die dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterfallen. Zumindest Teile der Munition und Sprengkörper hatte er bei mindestens einer Gelegenheit am Bundeswehrstandort in H. oder in I. (Fr. ) aus Bundeswehrbeständen entwendet. Die Munition, Sprengkörper und Zündmittel vertraute er vor Ostern 2017 dem gesondert Verfolgten F. zur Aufbewahrung an, der sie in seinem Zimmer im Studentenwohnheim vorrätig hielt. Weder der Angeklagte noch F. verfügten über die hierfür nach dem Waffen-, dem Sprengstoff- und dem Kriegswaffenkontrollgesetz erforderlichen Erlaubnisse.

cc) Der Angeklagte legte sich die fiktive Identität eines Flüchtlings aus Syrien mit dem Namen "D. " zu. Unter dieser falschen Identität ließ er sich im Dezember 2015 in O. registrieren, wobei er auch seine Fingerabdrücke abgab. In der Folgezeit war er unter seiner Legende in Flüchtlingswohnheimen amtlich gemeldet und durchlief das Asylverfahren mit Anerkennung des subsidiären Schutzstatus. Seiner Legende entsprechend erhielt er am 7. Januar 2016 vom Landratsamt R. einen Bargeldbetrag von 179,71 € ausgezahlt sowie ein Sachwertpaket im Wert von 6,61 € übergeben. Außerdem bezog er vom 18. Januar 2016 bis zum 31. Januar 2017 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von insgesamt 3.480,40 € und ab dem 1. Februar 2017 für vier Monate Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch ( SGB II ) in Höhe von 409 € pro Monat. Die Gelder wurden entweder auf das Konto des Angeklagten überwiesen oder von ihm persönlich in E. abgeholt. Der Angeklagte hatte auf diese Leistungen keinen Anspruch, was er wusste.

b) Über diese Umstände hinaus, die der Senat bereits seinen Haftentscheidungen (Beschlüsse vom 27. Juli 2017 - StB 16/17, juris; vom 29. November 2017 - AK 58/17, juris) zugrunde gelegt hat, haben die Ermittlungen mit Blick auf den Vorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat - wie auch das Oberlandesgericht nicht verkannt hat - Folgendes ergeben:

aa) Der Angeklagte verfügte im maßgeblichen Tatzeitraum über eine nationalistische / völkische, antisemitische und letztlich rechtsextremistische Einstellung. Dafür sprechen - neben weiteren sich aus den Ermittlungen ergebenden und in der Anklageschrift aufgeführten - beispielhaft Äußerungen und sichergestellte Aufzeichnungen wie "Mein Glaube ist mein Deutschtum", "Israel regiert die USA" und "Hitler steht über allem" sowie der Besitz etwa der Bücher "Mein Kampf", "Die Wehrmacht - Der Freiheitskampf des Großdeutschen Volkes" aus dem Jahr 1940 und von CDs mit nationalsozialistischen Liedern. Das demokratische System der Bundesrepublik Deutschland lehnte der Angeklagte ab; die Parteien täuschten Demokratie nur vor, die wahren Entscheidungsträger blieben unentdeckt. Mit Hilfe der Polizei und der Nachrichtendienste werde das Freiheitsstreben der eigenen Bevölkerung unterdrückt und kriminelle staatliche Interessen durchgesetzt. Im Jahr 2013 verfasste der Angeklagte eine Masterarbeit mit dem Titel "Politischer Wandel und Subversion", die der zuständige Gutachter als "radikalnationalistischen und rassistischen Appell" bewertete und in der der Angeklagte die Anwendung von Gewalt zu politischen Zwecken damit rechtfertigte, dass die Kultur, die Identität und das Volk vor "ausländischen Elementen" geschützt werden müssten. In der Folge sah er Multikulturalität und Toleranz als Gründe für die Zerstörung von Kulturen und Unterdrückung des Selbsterhaltungswillens an; Immigration setzte er mit Genozid und den Sozialstaat mit Autogenozid gleich. Der Zionismus sei die Wurzel allen Übels und die USA dienten als "Machtmittel zur Durchsetzung teuflischer Interessen".

bb) Aufgrund dieser inneren Haltung war der Angeklagte motiviert, die politischen Verhältnisse in Deutschland im Sinne seiner Vorstellungen zu beeinflussen und zu diesem Zweck eine aus seiner Sicht politisch wirksame Handlung vorzunehmen. Jedenfalls in den Jahren ab 2015 erwog er insoweit nunmehr ernsthaft die Anwendung von Gewalt; ein Terrorist seiner Gesinnung sei ein "Freiheitskämpfer zur Herstellung einer gerechten Welt". Umgekehrt bedeute der staatliche Kampf gegen den Terrorismus den "Kampf gegen uns"; der "Terrorismus, vor dem sie sich fürchten, [sei] der Aufstand des dt. Volkes".

Notwendig sei eine solche politisch wirksame Handlung, weil der Mensch auch "die größte Wahrheit" nicht annehmen werde, wenn sie nicht mit einem "auslösenden Event verbunden" sei. Das Geschenk, das "wir" der Menschheit machen müssten, bestehe "darin, das Geschenk der Wahrheit gut zu verpacken". Als entsprechende Aktionen erwog der Angeklagte etwa die Sprengung eines Gedenksteins für die jüdische Familie Rothschild in Frankfurt am Main oder die Befreiung einer Holocaust-Leugnerin im Fall ihrer Inhaftierung. Auch dachte er darüber nach, die "Antifa" zu "zerhetzen". In diesem Zusammenhang zog er in Erwägung, einen "Zentralrat der Deutschen" zu gründen, der "Angriffe durch die Antifa inszenieren / Verrätern das Handwerk legen", das "System zu unseren Gunsten ausnutzen / Schlüsselpositionen ausschalten oder es infiltrieren oder das ganze System zerreißen" solle; es solle etwa ein Asylbewerber dazu gebracht werden, eine Granate auf eine Gruppe der Antifa zu werfen und dabei gefilmt werden.

Ab dem Jahr 2016 zog der Angeklagte zunehmend Methoden zur konspirativen Kommunikation, wie etwa ein "Black Phone" oder das Darknet ebenso in Betracht, wie den Einsatz von Handgranaten oder die Herstellung von "Molotow Cocktails". Jeder, der dazu beitrage, dass das bestehende Konstrukt des Staates kaputtgehe, tue Gutes; Gesetze seien als "null und nichtig" anzusehen. Seine politischen Gegner bezeichnete er in einer im Februar 2016 erstellten Audiodatei als "Schweine", die ihn und seine Gesinnungsgenossen umbringen würden, wenn sie sich in den Weg stellen würden. Diese Personen seien nur da, wo sie heute seien, "weil sie immer wieder gemordet haben". Deshalb müsse ein Bewusstseinswandel vonstattengehen, dass sie die Mörder "zurück" ermordeten. Wörtlich sagte er: "Ich weiß, du wirst mich ermorden, ich ermorde dich vorher." Wer zu einem solchen Vorgehen nicht bereit sei, könne "den Kampf von vornherein gleich lassen".

cc) Dementsprechend konkretisierte sich die Handlungsmotivation des Angeklagten auf die Begehung einer Straftat des Mordes oder des Totschlags zum Nachteil eines hochrangigen Politikers und/oder einer Person des öffentlichen Lebens. Aufgrund der Aufzeichnungen des Angeklagten zog er insoweit die damalige Vizepräsidentin des Bundestages und Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth, aber auch den damaligen Justiz- und heutigen Außenminister, Heiko Maas, sowie die Journalistin und Gründerin der A. -Stiftung, K. , als Opfer in Betracht. Am 22. Juli 2016 begab er sich in die Tiefgarage des Gebäudes in B. , in dem die Räumlichkeiten der Stiftung liegen, für die K. tätig ist, und machte Fotos von den dort geparkten Fahrzeugen. Bereits im April des Jahres 2016 hatte sich der Angeklagte zudem eine Montageschiene für ein zuvor von ihm erworbenes Zielfernrohr für das in seinem Besitz befindliche Gewehr der Marke Heckler & Koch G3 beschafft. Nur vier Tage nach dem Ausspähen der Tiefgarage unternahm er Schießübungen mit dem mit Zielfernrohr ausgestatteten Gewehr, was darauf hindeutet, dass er um einen präziseren Umgang mit der Waffe bemüht war. Zudem bemühte er sich am Vortag, also am 25. Juli 2016 und damit nur drei Tage nach dem Ausspähen der Tiefgarage in B. um den Erwerb von Ersatzteilen für die in seinem Besitz befindliche Pistole. Zeitgleich initiierte er den Erwerb einer sog. Ausziehkralle, also eines Teils des Verschlusssystems einer Feuerwaffe, mit dem die Patronenhülse nach der Schussabgabe aus dem Patronenlager gezogen wird. Schließlich ist es nach den im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen mitgeteilten Erkenntnissen auch hinreichend wahrscheinlich, dass der Angeklagte zeitnah dazu, nämlich am 28. Juli 2016, in P. die Pistole erwarb, die er später am Flughafen in Wien versteckte.

3. Diese Umstände, die sich bei vorläufiger Bewertung aus den in der Anklageschrift angegebenen Beweismitteln und aus den im Zwischenverfahren erlangten Erkenntnissen ergeben, lassen im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts den Schluss zu, dass der Angeklagte zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Gestalt eines Tötungsverbrechens nach § 211 oder § 212 StGB fest entschlossen war. Insbesondere die Ausstattung des Gewehrs G3 mit einem Zielfernrohr und die Ausspähung des Parkhauses der A. -Stiftung in B. , der Arbeitsstätte der als Opfer in Betracht gezogenen K. , sprechen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Angeklagte sich bereits konkret mit einer möglichen Methode der Tatbegehung befasste und einen möglichen Tatort in den Blick nahm, ohne dass damit davon auszugehen sein müsste, der Angeklagte habe beides kombinieren wollen; es kommt damit auf den Einwand der Verteidigung, die Verwendung eines Gewehrs mit Zielfernrohr in einer Tiefgarage ergebe keinen Sinn, nicht an.

a) Soweit der Angeklagte im Zwischenverfahren hat vortragen lassen, seine Äußerungen und Aufzeichnungen seien von den Ermittlungsbehörden missverstanden und fehlinterpretiert worden, tatsächlich sei es ihm immer nur um "Liebe", "Frieden" und nie um Gewalt gegangen, lassen seine alternativen Erklärungs- und Deutungsversuche den hinreichenden Tatverdacht nicht entfallen; sie erweisen sich jedenfalls nicht in einem Maße als plausibel, dass sie anstelle der nach dem Ermittlungsergebnis im Sinne der Anklageschrift und des Eröffnungsbeschlusses als zumindest möglich zu ziehenden Schlussfolgerungen der Beurteilung des hinreichenden Tatverdachts zugrunde zu legen wären.

b) Das Vorbringen der Verteidigung, der Angeklagte habe K. lediglich zu einem Gespräch treffen wollen, so wie er etwa die russische Staatsangehörige N. am 28. Juli 2016 in P. aufgesucht habe, dem der Senat im Zwischenverfahren nachgegangen ist, hat sich im Ergebnis nicht bestätigt. Dazu im Einzelnen:

Es haben sich bereits die angegebenen Zeitpunkte, an denen der Angeklagte versucht haben will, Frau N. in P. zu treffen, nicht ermitteln lassen: Der Angeklagte will an einem dieser Tage vor dem letztlich stattgefundenen Treffen ein Foto von der Eingangstür des Büros gemacht haben. Ein entsprechendes Foto konnte auf einem seiner Mobiltelefone indes nur mit dem Zeitstempel des 9. September 2016 festgestellt werden. Unterstellt man den Zeitpunkt des Treffens entsprechend der Darstellung des Verteidigers des Angeklagten als richtig, hätte er das Bild von der Eingangstür erst deutlich später gemacht; dementsprechend kann damit nicht belegt werden, der Angeklagte habe stets vor irgendwelchen beabsichtigten Gesprächsterminen Fotos vom Ort des beabsichtigten Treffens gemacht, um zu dokumentieren, dass er - gegebenenfalls erfolglos - versucht habe, ein Gespräch zu führen. In diesem Zusammenhang erscheint ohnehin nicht plausibel, warum der Angeklagte, wenn er sich mit Frau K. in der A. -Stiftung in B. zu einem Gespräch hätte treffen wollen, Fotos von der Tiefgarage und den darin abgestellten Fahrzeugen machte. Soweit hierzu vorgebracht worden ist, der Angeklagte habe möglicherweise die Autokennzeichen nur deshalb fotografiert, um gegebenenfalls Frau K. in ihrem Auto zu entdecken und dann mit ihr an einem anderen Ort sprechen zu können, erscheint dies nicht nachvollziehbar, zumal der Angeklagte auch nach dem Vorbringen seiner Verteidigung den - die Behauptung eines schlichten Gesprächswunschs als richtig unterstellt - naheliegenden Versuch, Frau K. zu den Bürozeiten der Stiftung an ihrem Arbeitsplatz zu einem Gespräch anzutreffen, noch gar nicht unternommen hatte.

Die in P. vernommene Zeugin N. , die Direktorin der französischen Zweigstelle des russischen " ", hat letztlich ein Gespräch mit dem Angeklagten ebenfalls nicht sicher bestätigen können. Sie hat allerdings erinnert, dass in den Jahren 2015 oder 2016 unangemeldet ein Mann in ihrem Büro erschienen sei, der sich als ehemaliger Soldat ausgegeben habe. Ob dies der Angeklagte war, hat die Zeugin nicht sagen können; auf den ihr vorgelegten Lichtbildern hat sie ihn nicht erkannt. Allerdings hat sie anhand des Namens, den sie ebenfalls nicht mehr erinnerte, gemeint, sie "denke", es sei derjenige des Angeklagten gewesen. In dem nur 30 Minuten währenden Gespräch habe der Mann, der ihr den Eindruck vermittelt habe, sehr radikale Ansichten zu haben, erklärt, dass es in Deutschland viele Menschen gebe, die die Politik nicht mögen würden; Europa habe seine Größe und Traditionen verloren, man müsse die Politik ändern und alle traditionellen Kräfte Europas bündeln. Nach dem Eindruck der Zeugin habe der Mann versucht herauszufinden, ob ihr Institut auf derselben politischen Linie gelegen habe wie er; sie habe ihn lediglich darauf verwiesen, dass er als deutscher Staatsbürger doch wählen gehen könne.

Selbst wenn man danach davon ausgeht, es sei tatsächlich der Angeklagte gewesen, der sich mit Frau N. traf und mit ihr sprach, ergibt sich daraus nichts Entlastendes in dem Sinne, dass er mit K. ebenfalls (nur) ein Gespräch habe führen wollen. Das folgt schon daraus, dass ein vom Angeklagten möglicherweise erhoffter Gleichlauf der Interessen von K. , die sich mit ihrer Stiftung unter anderem dezidiert gegen Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Antisemitismus und Rassismus in Deutschland einsetzt, und dem Angeklagten, der - wie dargelegt - den Zionismus für die Wurzel allen Übels hielt und Migration mit Völkermord gleichsetzte, auch nur im Ansatz nicht zu erwarten war.

c) Das Oberlandesgericht hat den hinreichenden Tatverdacht gleichwohl verneint und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Angeklagte in den folgenden sieben Monaten bis zu seiner Festnahme in Wien und auch in den folgenden knapp zwölf Wochen bis zu seiner Festnahme in diesem Verfahren eine schwere staatsgefährdende Gewalttat nicht beging, obwohl ihm dies möglich gewesen sei und er insbesondere vor der Festnahme in Wien auch davon habe ausgehen können, nicht unter Beobachtung zu stehen.

Letztlich wird mit dieser maßgeblich allein auf den zeitlichen Ablauf abstellenden Erwägung das Gewicht der sich aus den übrigen festgestellten Umständen ergebenden Indizien nicht in einem Maße relativiert, dass der hinreichende Tatverdacht entfiele. Angesichts der Komplexität der in Aussicht genommenen Tat und der politischen Dimension, die der Angeklagte ihr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geben wollte - wie dargelegt, sollte es eine politisch wirksame Handlung sein, mit der er die politischen Verhältnisse verändern wollte -, ist eine Vielzahl von Gründen denkbar, die es dem Angeklagten tunlich erscheinen lassen konnten, die Tat, zu der er fest entschlossen war, noch nicht zu begehen. So hat auch das Oberlandesgericht herausgestellt, dass der Angeklagte ausweislich einer handschriftlichen Notiz auf einem Papier, auf dem sich unter anderem auch eine Lage-Skizze der A. -Stiftung befand, der Auffassung war, dass er und seine Gesinnungsgenossen ("wir") "noch nicht handeln können, wie wir letztendlich wollen". Soweit es insoweit gemeint hat, diese Bemerkung könne sich auch auf ein anderes Vorhaben des Angeklagten beziehen, ist nicht ersichtlich, um welches Vorhaben es sich insoweit gehandelt haben sollte; es ist indes, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Beschwerdebegründung zu Recht hingewiesen hat, nicht angezeigt, von alternativen, für den Angeklagten günstigen Geschehensabläufen auszugehen, für deren Vorliegen es keine Anhaltspunkte gibt.

Soweit das Oberlandesgericht weiter ausgeführt hat, der Angeklagte sei auch dann nicht fest entschlossen zur Begehung der schweren Gewalttat gewesen, wenn er lediglich subjektiv die Zeit dafür noch nicht für gekommen angesehen habe, lässt dies besorgen, dass es von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist: Nach der Rechtsprechung des Senats ist es zur Wahrung der Grundsätze des Tatstrafrechts sowie des Schuldprinzips erforderlich, den subjektiven Tatbestand des § 89a StGB dahin einzuschränken, dass bedingter Vorsatz nicht bezüglich des "Ob" der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat genügt (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218 Rn. 45). Wenn der Angeklagte aber lediglich den richtigen Zeitpunkt abwarten wollte, betrifft dies nicht die Entscheidung, "ob" er eine schwere staatsgefährdende Gewalttat begehen wollte, sondern die Entscheidung, "wann" der aus seiner Sicht geeignete Zeitpunkt dafür gekommen war; insoweit ist eine (weitere) Restriktion des subjektiven Tatbestands nicht geboten.

d) Die in Aussicht genommene Gewalttat war auch bestimmt und geeignet, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Hinsichtlich ihrer Bestimmung folgt dies bereits daraus, dass der Angeklagte die Tat in einen größeren Zusammenhang stellte und mit ihr letztlich die politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland verändern wollte. Angesichts der in Betracht gezogenen Opfer - mit K. eine Person des öffentlichen Lebens, darüber hinaus aber auch hochrangige Politiker wie Heiko Maas und Claudia Roth - ist der spezifisch staatsgefährdende Charakter des vorbereiteten Delikts hier insbesondere deshalb zu bejahen, weil die vorbereitete Tat der Feindschaft des Angeklagten gegen das freiheitlich-demokratische Staatsund Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere seiner Ablehnung ihrer Migrationspolitik entsprang und er seine potentiellen Opfer nur deshalb auswählte, weil sie dieses System als Amtsträger oder in sonstiger Weise repräsentierten (vgl. dazu MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 89a Rn. 22 mwN).

II. Angesichts des bestehenden hinreichenden Tatverdachts einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt aus § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GVG in Verbindung mit § 74a Abs. 1 Nr. 2 , Abs. 2 GVG . Der Generalbundesanwalt hat die besondere Bedeutung des Falles zu Recht bejaht und infolgedessen die Verfolgung des Falles übernommen. Dies hat der Senat bereits im Ermittlungsverfahren mit Blick auf die konkreten Tatumstände bejaht (BGH, Beschlüsse vom 27. Juli 2017 - StB 16/17, juris Rn. 25; vom 29. November 2017 - AK 58/17, juris Rn. 23). Es gibt keinen Anlass, im gegenwärtigen Verfahrensstadium von dieser Beurteilung abzuweichen.

Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 07.06.2018
Fundstellen
NStZ-RR 2020, 365
NStZ-RR 2022, 6