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BGH - Entscheidung vom 30.01.2019

XII ZB 554/18

Normen:
FamFG § 70 Abs. 1
FamFG § 70 Abs. 3
FamFG § 70 Abs. 1
FamFG § 70 Abs. 3
FamFG § 70 Abs. 1
FamFG § 70 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und S. 2

Fundstellen:
FamRB 2019, 312
FamRZ 2019, 725
FuR 2019, 287
MDR 2019, 826
NJW-RR 2019, 449

BGH, Beschluss vom 30.01.2019 - Aktenzeichen XII ZB 554/18

DRsp Nr. 2019/2957

Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde ohne Zulassung in Unterbringungssachen i.R.d. Anordnung der Unterbringung oder der freiheitsentziehenden Maßnahme; Rechtsmittelbelehrung mit dem falschen Hinweis des Stattfindens des Rechtsmittels der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss

a) In Unterbringungssachen ist eine Rechtsbeschwerde nur dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts richtet, der die Unterbringung oder die freiheitsentziehende Maßnahme anordnet (§ 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG ).b) Eine Rechtsmittelbelehrung, die fälschlicherweise darauf hinweist, dass gegen den Beschluss das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde stattfinde, stellt keine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde dar (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. Juli 2017 - XII ZB 509/15 - FamRZ 2017, 1608 ).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 26. Oktober 2018 wird verworfen.

Normenkette:

FamFG § 70 Abs. 1 ; FamFG § 70 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und S. 2;

Gründe

I.

Die Betroffene befindet sich aufgrund eines strafrechtlichen Urteils im Maßregelvollzug in einer forensischen Klinik, die von der Beteiligten betrieben wird.

Am 17. September 2018 musste die Betroffene nach einer vorangegangenen Suiziddrohung wegen akuter Selbstgefährdung in der Unterbringungseinrichtung fixiert werden. Mit Schreiben vom 20. September 2018 hat die Beteiligte beim Amtsgericht - Betreuungsgericht - die Genehmigung einer nicht nur kurzfristigen Fixierung der Betroffenen beantragt, nachdem ein gleichlautender Antrag zuvor von der als Strafvollstreckungskammer zuständigen Jugendkammer des Landgerichts als unzulässig zurückgewiesen worden und über die Rechtsbeschwerde vom Oberlandesgericht noch nicht entschieden ist.

Das Amtsgericht - Betreuungsgericht - hat den Antrag der Beteiligten auf Genehmigung der Fixierung der Betroffenen mit Beschluss vom 11. Oktober 2018 zurückgewiesen, weil seine Zuständigkeit für die Erteilung der beantragten Genehmigung nicht bestehe. Vielmehr sei die Strafvollstreckungskammer zuständig, weil es sich bei der Fixierung der Betroffenen um eine Maßnahme im Rahmen des Maßregelvollzugs handele. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Der Beschluss enthält am Ende eine Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zulässig ist. Mit ihrer Rechtsbeschwerde möchte die Beteiligte unter Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung erreichen, dass das Amtsgericht die beantragte Genehmigung erteilt.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da sie nach § 70 FamFG nicht statthaft ist. Es liegen weder die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG vor noch hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen (§ 70 Abs. 1 FamFG ).

1. Die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG liegen nicht vor.

Nach § 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG ist in Unterbringungssachen eine Rechtsbeschwerde nur dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts richtet, der die Unterbringung oder die freiheitsentziehende Maßnahme anordnet. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Denn die Beteiligte wendet sich mit der Rechtsbeschwerde dagegen, dass die von ihr beim Amtsgericht beantragte Genehmigung einer nicht nur kurzfristigen Fixierung der Betroffenen versagt worden ist.

2. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde auch nicht zugelassen.

Zwar wird in der Rechtsbehelfsbelehrung ausgeführt, dass gegen diese Entscheidung das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zulässig ist. Darin liegt jedoch keine wirksame Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde hat nach § 70 Abs. 1 FamFG in dem Beschluss zu erfolgen, mit dem das Beschwerdegericht über die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung oder das Oberlandesgericht in erster Instanz entschieden hat. Dabei kann die Zulassung in der Entscheidungsformel oder in den Gründen ausgesprochen werden (Senatsbeschlüsse vom 5. Juli 2017 - XII ZB 509/15 - FamRZ 2017, 1608 Rn. 9 und vom 20. Juli 2011 - XII ZB 445/10 - FamRZ 2011, 1728 Rn. 15).

Eine unzutreffend erteilte Rechtsbehelfsbelehrung kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht ersetzen. Sie dient nicht der Ergänzung oder Interpretation der Entscheidung, sondern allein der Information der Beteiligten über bestehende Rechtsmittel. Durch eine insofern unrichtige Angabe wird deshalb ein unstatthaftes Rechtsmittel nicht statthaft. Dabei gilt diese Bewertung auch dann, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung als Bestandteil des Beschlusses durch die Unterschriften der erkennenden Richter gedeckt ist. Hierdurch ändert sich der Charakter als bloße Belehrung über das für statthaft gehaltene Rechtsmittel nicht. Eine Willensentschließung im Sinne einer Zulassungsentscheidung kann daraus nicht entnommen werden (Senatsbeschlüsse vom 5. Juli 2017 - XII ZB 509/15 - FamRZ 2017, 1608 Rn. 10 und vom 20. Juli 2011 - XII ZB 445/10 - FamRZ 2011, 1728 Rn. 16 mwN).

Vorinstanz: AG Gießen, vom 11.10.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 237 XIV 303/18
Vorinstanz: LG Gießen, vom 26.10.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 7 T 353/18
Fundstellen
FamRB 2019, 312
FamRZ 2019, 725
FuR 2019, 287
MDR 2019, 826
NJW-RR 2019, 449