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BGH - Entscheidung vom 05.02.2019

XI ZR 335/18

Normen:
BGB § 280 Abs. 1 S. 2
WpHG a.F. § 37

BGH, Beschluss vom 05.02.2019 - Aktenzeichen XI ZR 335/18

DRsp Nr. 2019/5397

Schadensersatzanspruch wegen Beratungsfehlern beim Abschluss eines Zinssatz-Währungs-Swap

Beruft sich die wegen Beratungsfehlern beim Abschluss eines Zinssatz-Währungs-Swap auf Schadenersatz in Anspruch genommene Bank darauf, der Anspruch sei nach § 37 WpHG aF verjährt, weil sie nicht vorsätzlich gehandelt habe, so trägt nicht der geschädigte Anleger die Darlegungs- und Beweislast für vorsätzliches Handeln. Vielmehr muss die Bank darlegen und beweisen, dass sie die Pflichtverletzung nicht vorsätzlich begangen hat.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 2. Mai 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klage unter dem Aspekt der unzureichenden Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert abgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: bis 230.000 €

Normenkette:

BGB § 280 Abs. 1 S. 2; WpHG a.F. § 37 ;

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz und Feststellung wegen Beratungsfehlern beim Abschluss eines Zinssatz-Währungs-Swaps in Anspruch.

Aufgrund eines Beratungsgesprächs vereinbarten die Parteien unter dem 30. Oktober 2003 den streitgegenständlichen Zinssatz-Währungs-Swap mit einer Laufzeit vom 22. Oktober 2003 bis zum 30. September 2008, die später um weitere fünf Jahre verlängert wurde. Der Kläger verpflichtete sich darin, an die Beklagte auf den Bezugsbetrag von 881.021,55 CHF halbjährlich Zinsen in Höhe von 2% p.a. und die Beklagte an den Kläger auf den Bezugsbetrag von 568.401 € halbjährlich Zinsen in Höhe von 3,06% p.a. zu zahlen. Zudem hatten die Parteien mit Ablauf des Swap-Vertrages den jeweiligen Bezugsbetrag an die Gegenseite zu entrichten. In der Folge entwickelte sich der Swap für den Kläger wirtschaftlich nachteilig.

Der Kläger behauptet, von der Beklagten im Vorfeld des Vertragsschlusses fehlerhaft beraten worden zu sein.

Das Landgericht hat der im Jahr 2013 erhobenen Klage auf Zahlung von Schadensersatz, auf Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen aus dem Swap-Vertrag sowie des Bestehens von Freistellungs- und Ersatzpflichten stattgegeben und die Klage hinsichtlich der begehrten Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht - nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien hinsichtlich der Feststellungsanträge und nach einer im Wege der Anschlussberufung vorgenommenen Erhöhung des Zahlungsantrags sowie der Weiterverfolgung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten durch den Kläger - die Klage insgesamt abgewiesen und dies - soweit für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren von Interesse - wie folgt begründet:

Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte den Kläger im Rahmen dieser Beratung über einen negativen Marktwert des Swap-Vertrages habe aufklären müssen, denn diesbezügliche Schadensersatzansprüche des Klägers seien gemäß § 37a WpHG in der bis zum 4. August 2009 geltenden Fassung (künftig: aF) verjährt. Zwar falle eine vorsätzliche Beratungspflichtverletzung nicht unter die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG aF. Ein vorsätzliches Verhalten der Beklagten in Bezug auf die unterlassene Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert des Swap-Vertrages liege jedoch ebenso wenig vor wie ein vorsätzliches Organisationsverschulden. Die Beklagte trage zwar gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB die Darlegungs- und Beweislast für ihr nicht vorsätzliches Handeln. Die aus dieser Vorschrift folgende Vermutung sei jedoch widerlegt. Eine Vorsatzhaftung entfalle bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum, auf den sich die Beklagte mit Erfolg berufen könne. Für die Annahme eines einfachen Rechtsirrtums über das Bestehen einer Aufklärungspflicht komme es entscheidend auf den Stand der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung im Zeitpunkt der geschuldeten Aufklärung an. Weder zum Zeitpunkt des Abschlusses noch zu dem der Verlängerung des Swap-Vertrages sei höchstrichterlich oder obergerichtlich eine Aufklärungspflicht der Bank über den in einen Swap einstrukturierten anfänglichen negativen Marktwert als Ausdruck eines schwerwiegenden Interessenkonfliktes angenommen worden. Die Beklagte habe deshalb vom Nichtbestehen einer diesbezüglichen Aufklärungspflicht ausgehen können. Soweit sich der Kläger auf eine nicht anleger- bzw. nicht objektgerechte Beratung berufen habe, fehle es an einer Pflichtverletzung der Beklagten.

Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, das Berufungsurteil insoweit gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache insofern zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.

a) Beruft sich die beklagte Bank darauf, der Anspruch sei nach § 37 WpHG aF verjährt, weil sie nicht vorsätzlich gehandelt habe, so trägt nicht der geschädigte Anleger, der sich insoweit auf § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB berufen kann, die Darlegungs- und Beweislast für vorsätzliches Handeln. Vielmehr muss die Bank darlegen und beweisen, dass sie die Pflichtverletzung nicht vorsätzlich begangen hat (Senatsbeschluss vom 5. Juni 2018 - XI ZR 388/16, BKR 2019, 51 Rn. 18 mwN).

b) Rechtsfehlerhaft und unter Verkennung des beiderseitigen Parteivortrages hat das Berufungsgericht angenommen, die Vorsatzvermutung sei schon dann widerlegt, wenn die Beklagte auf Grundlage der zum Aufklärungszeitpunkt veröffentlichten Rechtsprechung von dem Nichtbestehen einer Aufklärungspflicht ausgehen konnte. Die durch das klägerische Bestreiten aufgeworfene Frage, ob Mitarbeiter oder Organe der beklagten Bank eine Aufklärungspflicht noch nicht einmal für möglich gehalten haben, erfordert jedoch einzelfallbezogene Feststellungen. Aus diesem Grund hat der Senat Rechtsstreitigkeiten nach § 563 Abs. 1 ZPO an die Berufungsgerichte zurückverwiesen, um die Frage der Verschuldensform - ggf. durch Beweisaufnahme - näher aufklären zu lassen (Senatsurteile vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 73, vom 22. März 2016 - XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 52 und vom 26. Juli 2016 - XI ZR 352/14, BKR 2017, 83 Rn. 23, Senatsbeschluss vom 5. Juni 2018 - XI ZR 388/16, BKR 2019, 51 Rn. 14 ff.).

2. Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung bei der einzelfallbezogenen Würdigung auch den Beweisantritten der Beklagten nachzugehen haben.

III.

Im Übrigen weist der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zurück, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ). Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Vorinstanz: LG Köln, vom 25.08.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 3 O 29/13
Vorinstanz: OLG Köln, vom 02.05.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 13 U 171/15