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BGH - Entscheidung vom 10.04.2019

2 StR 598/18

Normen:
StGB § 69a

BGH, Urteil vom 10.04.2019 - Aktenzeichen 2 StR 598/18

DRsp Nr. 2019/6739

Revisionsrechtliche Überprüfung einer Verurteilung wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen; Überprüfung des Gesamtstrafenausspruchs

Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Einzelakte der vom Tatgericht vorgenommenen Strafzumessung ist regelmäßig nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein.

Tenor

1.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 15. August 2018 werden verworfen.

2.

Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Normenkette:

StGB § 69a;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, eine Maßregelentscheidung nach § 69a StGB und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer mit der Sachrüge begründeten Revision gegen die festgesetzten Einzelstrafen sowie die Gesamtfreiheitsstrafe. Das Rechtsmittel des Angeklagten richtet sich mit der nicht näher ausgeführten Sachrüge gegen seine Verurteilung. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der drogenabhängige Angeklagte in drei Fällen in der Zeit zwischen Dezember 2017 und dem 27. Februar 2018 auf Veranlassung seines nicht namentlich bekannten Dealers aus den Niederlanden Heroin in die Bundesrepublik Deutschland ein, das hier gewinnbringend durch diesen weiterveräußert wurde bzw. werden sollte. Im Einzelnen:

1. An einem nicht näher bestimmten Tag im Dezember 2017 führte der Angeklagte 60 Gramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von mind. 25 % Heroinhydrochlorid aus den Niederlanden nach Deutschland ein und übergab es seinem Dealer. Vereinbarungsgemäß erhielt er hierfür mindestens 10 Gramm Heroin für seinen Eigenbedarf.

2. Im Januar 2018 brachte der Angeklagte 100 Gramm Heroin mit demselben Wirkstoffgehalt wie im vorangegangenen Fall aus den Niederlanden nach Deutschland und übergab es dort seinem "Dealer", von dem er als Entlohnung wiederum 10 Gramm Heroin für den Eigenbedarf erhielt.

3. Am 27. Februar 2018 fuhr der Angeklagte mit dem Fahrzeug seiner Mutter in die Niederlande, ohne im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein. Dort übernahm er auf Veranlassung seines Dealers 150,3 Gramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 29,3 % Heroinhydrochlorid und führte dieses in die Bundesrepublik Deutschland ein. Kurz hinter der Grenze wurde er von Beamten der Autobahnpolizei kontrolliert. Dabei wurden in einem Rucksack neben dem Heroin ein Cellophantütchen mit 0,77 Gramm Marihuana, ein Joint, 15 Tabletten Diazepam sowie eine Feinwaage aufgefunden. In einer Hosentasche des Angeklagten befand sich zudem ein weiteres Tütchen mit 0,46 Gramm Heroin, das zum Eigenkonsum bestimmt war. Sämtliche Betäubungsmittel wurden sichergestellt. Für die Einfuhr der Betäubungsmittel sollte der Angeklagte wie in den Fällen zuvor mindestens 10 Gramm zum Eigenkonsum erhalten.

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt erfolglos.

1. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist - ausweislich seiner Begründung - auf den Strafausspruch beschränkt. Diese Beschränkung des Rechtsmittels ist auch wirksam erfolgt.

2. Die Überprüfung des Strafausspruchs hat auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten ergeben.

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist dagegen ausgeschlossen. Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, seine eigene Wertung an die Stelle des Tatgerichts zu setzen; vielmehr muss es die von ihm vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Oktober 2017 - 1 StR 227/17 mwN). Gemessen daran halten sowohl die Festsetzung der Einzelstrafen wie auch der Gesamtstrafenausspruch rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Die Strafrahmenwahl, auch in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe, in denen der Tatrichter jeweils minderschwere Fälle angenommen hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat bei der insoweit anzustellenden Gesamtwürdigung sämtliche konkret für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände in den Blick genommen, ohne dass ihm dabei Rechtsfehler unterlaufen sind.

b) Auch die Festsetzung der konkreten Einzelstrafen von einem Jahr, einem Jahr und sechs Monate sowie zwei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe für die jeweiligen Taten ist rechtlich bedenkenfrei. Das Landgericht hat sämtliche den Angeklagten belastenden Strafzumessungserwägungen bei seiner Entscheidung berücksichtigt, hat insbesondere auch die Mengen der eingeführten Betäubungsmittel in den Blick genommen und zudem gesehen, dass der Angeklagte erheblich und einschlägig vorbestraft war und bereits fünf Monate nach seiner letzten Haftentlassung erneut straffällig geworden ist. Soweit die Revision beanstandet, diese Umstände seien nicht in ausreichendem Maße vom Landgericht gewichtet worden, vermag dies die Revision nicht zu rechtfertigen.

Die von der Strafkammer den Strafschärfungsgesichtspunkten gegenüber gestellten mildernden Umstände durfte diese - entgegen der Ansicht der Revision - in ihre Gesamtwürdigung einstellen. Das Geständnis des Angeklagten konnte das Landgericht strafmildernd berücksichtigen; dass diesem im Fall II. 3 der Urteilsgründe angesichts des Aufgriffs unmittelbar nach Überquerung der Grenze weniger Gewicht zukommt als in den Fällen II. 1 und II. 2 der Urteilsgründe, in denen eine Überführung des Angeklagten ansonsten nicht möglich gewesen wäre, hat das Landgericht ausdrücklich festgestellt. Schließlich war es auch nicht rechtsfehlerhaft, die Sicherstellung der Betäubungsmittel im Fall II. 3 der Urteilsgründe zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen.

Die Einzelstrafen entfernen sich schließlich auch nicht von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, auch wenn sie milde sind und sich am unteren Rand des zur Verfügung stehenden Strafrahmens bewegen. Ein grobes Missverhältnis zwischen Schuld und Strafe vermag der Senat, auch unter Berücksichtigung des Verhältnisses der Einzelstrafen zu Fall II. 2 und Fall II. 3 der Urteilsgründe, nicht zu erkennen.

Schließlich begegnet auch der Gesamtstrafenausspruch des Landgerichts keinen rechtlichen Bedenken.

III.

Auch die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

Die umfängliche Überprüfung der angegriffenen Entscheidung hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.

Von Rechts wegen

Vorinstanz: LG Aachen, vom 15.08.2018