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BGH - Entscheidung vom 26.09.2019

5 StR 456/19

Normen:
BGB § 1006 Abs. 1
BGB § 1006 Abs. 2
StGB § 73c

BGH, Beschluss vom 26.09.2019 - Aktenzeichen 5 StR 456/19

DRsp Nr. 2019/16447

Revisionsrechtliche Überprüfung einer Einziehungsentscheidung im Rahmen einer Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; Annahme eines Übereignungsangebots bei Verzicht auf sichergestelltes Bargeld

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. Mai 2019 dahingehend geändert, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 127.820 Euro angeordnet wird.

2.

Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

BGB § 1006 Abs. 1 ; BGB § 1006 Abs. 2 ; StGB § 73c;

Gründe

Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang am 20. Dezember 2017 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vierzehn Fällen, bewaffneten Betäubungsmittelhandels in nicht geringer Menge und wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt und hiervon zwei Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt erklärt; zudem hatte es die "Einziehung in Höhe eines Geldbetrages" von 139.200 Euro unter Anrechnung näher bezeichneter Vermögensgegenstände angeordnet, auf welche der Angeklagte in der Hauptverhandlung verzichtet hatte. Nachdem der Senat das Urteil im Schuldspruch abgeändert und im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgehoben hatte (BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 198/18, BGHSt 63, 305 ), hat das Landgericht nunmehr erneut die Einziehung "in Höhe eines Geldbetrages von 139.200 Euro" angeordnet. Das auf nicht ausgeführte Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Rechtsmittel hat den in der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Die Berechnung des Einziehungsbetrags unterliegt durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht nicht den Wert des sichergestellten Bargelds in Höhe von 11.380 Euro in Abzug gebracht hat.

a) Mit der formlosen Einziehung dieses Betrages hatte sich der Angeklagte in der ersten Hauptverhandlung am 20. Dezember 2017 einverstanden erklärt. Damit lag schon damals ein wirksamer Verzicht auf das sichergestellte Bargeld vor, der zur Folge hatte, dass der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73c StGB in Höhe des jeweiligen Betrages erloschen und die Einziehung des Wertes des Tatertrages insoweit ausgeschlossen ist (vgl. etwa BGH, Urteile vom 5. April 2000 - 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480 , 481, und vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40 ; Beschlüsse vom 18. November 2015 - 2 StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83 , und vom 6. Juni 2017 - 2 StR 490/16).

aa) Beim Verzicht auf sichergestelltes Bargeld lässt sich auf eine Annahme des Übereignungsangebots schließen, wenn die Staatsanwaltschaft dieses nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung ablehnt (BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 198/18, BGHSt 63, 305 , 308 f.). Dies ist - wie nunmehr festgestellt - in der Hauptverhandlung vom 20. Dezember 2017 nicht geschehen. Folglich ist unerheblich, dass die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft in der neuen Hauptverhandlung vom 13. Mai 2019 die Annahme des "Verzichts" abgelehnt hat.

bb) Die Übereignung des Bargelds scheiterte auch nicht an einer fehlenden Verfügungsbefugnis des Angeklagten.

Das Landgericht ist zwar beiläufig in den Urteilsgründen der Auffassung der Staatsanwaltschaft beigetreten, die den Angeklagten als Nichtberechtigten angesehen und hiermit ihre nachträgliche Verweigerung einer Annahme seiner ursprünglichen Verzichtserklärung begründet hat. Hierfür genügt deren Einschätzung, dass es sich bei dem sichergestellten Geld "hochwahrscheinlich" um Einnahmen aus Drogenverkäufen handele, nicht. Nach dem Rechtsgedanken des § 1006 Abs. 1 und 2 BGB wird das Eigentum des Besitzers an einer Sache vermutet. Die Widerlegung dieser Vermutung erfordert - nicht anders als in den Fällen der erweiterten Einziehung von Taterträgen gemäß § 73a StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. April 2018 - 3 StR 63/18, und vom 21. August 2018 - 2 StR 231/18, NStZ-RR 2018, 380 , 381 f. mwN; Fischer, StGB 66. Aufl., § 73a Rn. 6 f.) - eine sichere Überzeugung von der deliktischen Herkunft des Geldes, hier aus (anderweitigen) Drogengeschäften.

Eine solche hat die Strafkammer allerdings gerade nicht gewonnen. Vielmehr hat sie - wie bereits das Landgericht im ersten Rechtsgang - nur unter Heranziehung der Vorschrift des § 73c StGB "einen Geldbetrag" eingezogen, der dem Wert der Taterträge entspricht. Damit ist sie davon ausgegangen, dass keine unmittelbar aus Drogengeschäften herrührenden Erlöse mehr vorhanden sind. Denn der Anwendungsbereich der Wertersatzeinziehung nach § 73c StGB ist erst dann eröffnet, wenn die Einziehung des ursprünglich Erlangten nicht möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 - 1 StR 591/18).

b) Der Senat kann deshalb auf der Grundlage der zur Höhe der Taterträge rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst in der Sache entscheiden und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 127.820 Euro anordnen.

2. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO ).

Vorinstanz: LG Hamburg, vom 13.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 6050 Js 7/15
Vorinstanz: LG Hamburg, vom 13.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 632 KLs 1/19
Vorinstanz: LG Hamburg, vom 13.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ss 73/19