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BGH - Entscheidung vom 26.03.2019

XI ZR 383/17

Normen:
ZPO § 543 Abs. 2 S. 1
BGB § 357 Abs. 1 S. 1

BGH, Beschluss vom 26.03.2019 - Aktenzeichen XI ZR 383/17

DRsp Nr. 2019/6756

Revisionsrechtliche Überprüfung einer Aufrechnungserklärung; Anspruch auf Rückgewähr von Leistungen nach Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung

Die Erkärung einer Partei im Prozess, "eine Zuvielzahlung des Klägers" liege "deswegen nicht" vor, "weil der Beklagten ein Anspruch auf das Disagio zustehe", kann vom Gericht gemäß dem Grundsatz der wohlwollenden Auslegung von Prozesserklärungen als Aufrechnungserklärung verstanden werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. April 2017 wird durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Revisionsverfahren beträgt bis 65.000 €.

Normenkette:

ZPO § 543 Abs. 2 S. 1; BGB § 357 Abs. 1 S. 1;

Gründe

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ) und die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO ).

Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf das Schreiben des Vorsitzenden vom 12. Februar 2019 (§ 552a Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO ). Das Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 11. März 2019 führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Der Kläger wendet sich dort allein gegen die Auffassung des Senats, sein Angriff gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Beklagte habe mit einem Anspruch in Höhe von 8.000 € wirksam aufgerechnet, greife nicht durch. Die Einwände des Klägers geben indessen zu einer anderen Bewertung keinen Anlass.

Die Beanstandung des Klägers in der Revisionsbegründungsschrift, das Berufungsgericht habe "[r]echtsfehlsam [...] eine Aufrechnungserklärung der Beklagten aus dem Hinweis" gefolgert, "ihr habe ein Anspruch auf das Disagio zugestanden", war - sofern dahin zu verstehen, das Berufungsgericht habe wesentlichen Auslegungsstoff übergangen - als Verfahrensrüge schon nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO , vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2018 - XI ZR 17/15, BGHZ 217, 178 Rn. 40).

Im Übrigen hat das Berufungsgericht die von ihm festgestellte Erklärung der Beklagten im Prozess, "eine Zuvielzahlung des Klägers" liege "deswegen nicht" vor, "weil der Beklagten ein Anspruch auf das Disagio zustehe", gemäß dem Grundsatz der wohlwollenden Auslegung von Prozesserklärungen (Senatsbeschluss vom 8. Mai 2018 - XI ZR 538/17, NJW 2018, 2269 Rn. 16 mwN) zu Recht als Aufrechnungserklärung verstanden. Der Senat, der Prozesserklärungen selbst auslegen kann (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - VII ZR 4/13, NJW 2015, 955 Rn. 50 mwN), schließt sich dem an.

Eine Gegenforderung der Beklagten bestand auch in dem zur Aufrechnung gestellten Umfang: Die Vereinbarung eines von der Beklagten vereinnahmten laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts in Höhe von 2% der Darlehenssumme - nach den nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war zwischen den Parteien eine als "Disagio" bezeichnete Leistung in Höhe von 8.000 € je zur Hälfte auf eine "Bearbeitungsgebühr" und eine "Risikoprämie" unstreitig - hielt für das aus Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau gespeiste Darlehen nach Maßgabe der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile vom 16. Februar 2016 - XI ZR 454/14, BGHZ 209, 71 Rn. 37 ff. und vom 5. Juli 2016 - XI ZR 101/16, BKR 2016, 470 Rn. 20 ff. sowie - XI ZR 350/15, juris Rn. 15 ff.) - wie bereits mit Schreiben vom 12. Februar 2019 dargelegt - einer Inhaltskontrolle stand. Die Vereinbarung einer laufzeitunabhängigen "Risikoprämie" in Höhe weiterer 2% der Darlehenssumme war - der Vertragsschluss lag lange vor dem 11. Juni 2010 - als Abrede über ein Entgelt für eine Sonderleistung - so schon das Schreiben vom 12. Februar 2019 - ebenfalls wirksam (Senatsurteile vom 16. Februar 2016 - XI ZR 454/14, BGHZ 209, 71 Rn. 22 ff., - XI ZR 63/15, juris Rn. 15 ff. und - XI ZR 73/15, juris Rn. 31 ff.). Auf die für diesen besonderen Vertragstyp zulässig vereinbarten laufzeitunabhängigen Entgelte finden entgegen dem weiteren Vortrag der Revision die Grundsätze des Senatsurteils vom 5. Juni 2018 ( XI ZR 790/16, WM 2018, 1363 Rn. 43, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) keine Anwendung. Nach Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung stand dem Kläger ein Anspruch auf Rückgewähr dieser Leistungen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF) in Verbindung mit § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB zu, dem, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, ein Anspruch der Beklagten auf Wertersatz nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 und 2 BGB gegenüberstand. Bei der Bestimmung der Höhe des Wertersatzes hat das Berufungsgericht, ohne dass die Revision insoweit einen Rechtsfehler aufzeigte, die vertragliche Gegenleistung zugrunde gelegt. Mit diesem Anspruch hat die Beklagte aufgerechnet.

Vorinstanz: LG Arnsberg, vom 01.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 95/15
Vorinstanz: OLG Hamm, vom 25.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen I-19 U 138/16