Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 26.03.2019

X ZR 21/17

Normen:
PatG § 3
PatG § 4

BGH, Urteil vom 26.03.2019 - Aktenzeichen X ZR 21/17

DRsp Nr. 2019/9264

Patentfähigkeit eines Air-Conditioning-Systems zur Verwendung in einem Fahrzeug; Beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit; Zulässigkeit der Verteidigung des Streitpatents

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 24. November 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Normenkette:

PatG § 3 ; PatG § 4 ;

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des am 31. März 2003 unter Inanspruchnahme der Priorität einer US-amerikanischen Patentanmeldung vom 29. April 2002 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 504 227 (Streitpatents), das ein Air-Conditioning-System zur Verwendung in einem Fahrzeug betrifft.

Patentanspruch 1, auf den die Patentansprüche 2 bis 14 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen sind, hat in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut:

"An air conditioning system for use in a vehicle, comprising:

a variable-speed compressor (14) for providing refrigerant to a heat exchanger (22, 26, 44) to provide temperature control to an interior compartment of the vehicle;

a brushless DC motor (12) operably coupled to the variable-speed compressor (14); and

an intelligent power generation management controller (30) operably coupled to the motor,

the controller (30) receiving electric power from at least one source of electric power (34, 36, 38) operable when an engine of the vehicle is not operating;

wherein the controller (30) modulates a speed of the compressor (14) when the engine is not operating by varying an energization of the motor (12) based on a power capacity of the source of electric power (34, 36, 38) to enable operation of the compressor (14) during an engine off condition."

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht neu und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und in der Fassung von vier Hilfsanträgen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Mit ihrer Berufung verteidigt die Beklagte das Streitpatent im Hauptantrag und in einem Hilfsantrag jeweils in einer gegenüber den erstinstanzlich gestellten Anträgen geänderten Fassung. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

I. Das Streitpatent betrifft ein Air-Conditioning-System zur Verwendung in einem Fahrzeug.

1. In der Streitpatentschrift wird erläutert, dass in Fahrzeugen eingesetzte Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungssysteme, die Kompressoren mit Keilriemenantrieb zur Zirkulation des Kühlmittels und Pumpen mit Keilriemenantrieb zur Umwälzung der Motorabwärme verwenden, nur bei laufendem Motor betrieben werden können. Der Motor könne daher auch bei längeren Standzeiten nicht abgestellt werden, wenn der Fahrgastraum weiterhin beheizt oder klimatisiert werden solle. Aufgrund der damit erhöhten Betriebskosten bestehe ein Bedarf an Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungssystemen für Fahrzeuge, die auch betrieben werden können, wenn der Motor abgestellt ist. Ein solches System sei aus der europäischen Patentanmeldung 1 024 038 bekannt.

2. Das Streitpatent macht es sich zur Aufgabe, ein derartiges Klimatisierungssystem mit der Möglichkeit des Betriebs bei abgestelltem Motor weiter zu verbessern.

3. Das soll nach Patentanspruch 1 durch folgende Vorrichtung erreicht werden (Ergänzungen gegenüber der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 sind betreffend Hilfsantrag 4 im erstinstanzlichen Verfahren sowie dem Haupt- und Hilfsantrag im Berufungsverfahren kursiv, betreffend nur den Haupt- und Hilfsantrag im Berufungsverfahren durch einfache Unterstreichung und betreffend nur den Hilfsantrag im Berufungsverfahren durch doppelte Unterstreichung hervorgehoben):

1.

Ein Air-Conditioning-System geeignet zur Verwendung in einem Fahrzeug aufweisend:

2.

einen Kompressor variabler Drehzahl (variable speed compressor14)

2.1

geeignet zur Bereitstellung von Kühlmittel an einen Wärmetauscher (22, 26, 44), der eine Temperatursteuerung in einem Fahrgastraum eines Fahrzeugs liefert,

3.

einen bürstenlosen Gleichstrommotor (brushless DC motor 12),

3.1

der betrieblich mit dem Kompressor (14) variabler Drehzahl verbunden ist,

4.

eine intelligente Leistungserzeugungsmanagementsteuerung (intelligent power generation management controller 30), die

4.1

betrieblich mit dem Motor (motor) verbunden ist,

4.2

elektrische Leistung von wenigstens einer Quelle (34, 36, 38) elektrischer Leistung empfängt,

4.2.1

die betreibbar ist, wenn eine Maschine (engine) des Fahrzeugs nicht arbeitet,

4.3

eine Drehzahl des Kompressors (14) moduliert, wenn die Maschine nicht arbeitet, indem eine Erregung des Motors (12) basierend auf einer Leistungskapazität der Quelle (34, 36, 38) elektrischer Leistung geändert wird, um einen Betrieb des Kompressors (14) während eines ausgeschalteten Zustands der Maschine zu ermöglichen,

4.3.1

wobei die Maschine als Quelle elektrischer Leistung für die Steuerung (30) nicht verfügbar ist,

4.4

auch die Modulation des Kompressors (14) variieren kann (mayalso vary the modulation of the compressor [14]), wenn zusätzliche oder andere Quellen elektrischer Leistung (additional ordifferent sources of electrical power) verfügbar sind und sich dieSystemparameter ändern, um eine optimale Systemleistungaufrecht zu erhalten,

4.5

dafür ausgelegt ist, elektrische Leistung von einer Mehrzahl von Quellen (34, 36, 38) elektrischer Leistung zu empfangen, welche betreibbar sind, wenn die Maschine des Fahrzeugs nicht arbeitet, und von wenigstens einer Quelle (32) elektrischer Leistung zu empfangen, die betreibbar ist, wenn die Maschine arbeitet, und wobei die Steuerung (30) dynamisch elektrische Leistung von einer der Quellen (32, 34, 36, 38) basierend auf einer Prioritätslogik der verfügbaren Quellen verwendet.

4. Die Lehre aus Patentanspruch 1 bedarf aus Sicht des Fachmanns, den das Patentgericht zutreffend als einen Hochschulabsolventen der Elektrotechnik oder vergleichbarer Qualifikation mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Regelungen für die Stromversorgung von Zusatzaggregaten in Kraftfahrzeugen bestimmt hat, folgender Erläuterungen:

a) Patentanspruch 1 betrifft ein Air-Conditioning-System (nachfolgend auch System genannt), das für die Verwendung in einem Fahrzeug geeignet ist.

Die Eignung des Systems beschränkt sich nicht auf die Verwendung in Lastkraftwagen und vergleichbaren Fahrzeugen. Für eine diesbezügliche Einschränkung findet sich weder in Patentanspruch 1 noch in der Beschreibung ein Anhalt. In der Beschreibung wird zwar auf die Bedürfnisse von Fahrern von Straßentransportfahrzeugen während der Ruhezeiten im Hinblick auf Heizungs-, Lüftungs- und Klimasysteme hingewiesen (vgl. Abs. 4 und 6). Dabei handelt es sich jedoch um ein Anwendungsbeispiel, auf das die allgemeiner gehaltene Lehre des Patentanspruchs 1, die sich als Verwendungszweck auf ein "Fahrzeug" bezieht, nicht beschränkt ist. Entsprechend heißt es auch in der Beschreibung allgemein, dass die beanspruchte Erfindung ein neues Heizungs-, Lüftungs- und Klimasystem "für Straßenfahrzeuge" darstelle (vgl. Abs. 8).

b) Das erfindungsgemäße Air-Conditioning-System weist einen Kompressor variabler Drehzahl auf, der von einem bürstenlosen Gleichstrommotor angetrieben und von einer mit diesem Motor (motor) verbundenen intelligenten Leistungserzeugungsmanagementsteuerung (nachfolgend auch Steuerung genannt) geregelt wird (Merkmale 1, 2, 3, 4).

c) Die Steuerung ist betrieblich mit dem Motor verbunden und empfängt elektrische Leistung von mindestens einer Quelle (Merkmale 4.1 und 4.2). Die Quelle elektrischer Leistung kann auch betrieben werden, wenn die (Verbrennungs-)Maschine (engine) ausgeschaltet ist (Merkmal 4.2.1).

Die Beschreibung erwähnt als bevorzugte Quelle elektrischer Leistung eine Batterie (Abs. 12). Diese kann bei laufender Maschine über die Lichtmaschine des Fahrzeugs mit elektrischer Energie versorgt werden (Abs. 9).

d) Ist die Maschine ausgeschaltet, moduliert die Steuerung eine Drehzahl des Kompressors durch geänderte Erregung des Motors, angepasst an die Leistungsfähigkeit der Quelle (Merkmal 4.3). Beispielsweise kann die Steuerung bei einer Batterie als Quelle elektrischer Leistung und ausgeschalteter Maschine den Kompressor bei minimalen Drehzahlen betreiben, um die Betriebsdauer des Air-Conditioning-Systems zu verlängern. Zudem kann die Steuerung den Stromverbrauch der Batterie überwachen und den Betrieb des Kompressors abschalten, um die Batterie nicht so weit zu entladen, dass ein Starten der Maschine nicht mehr möglich ist (Abs. 16).

Zu der Frage, ob eine Modulation auch bei eingeschalteter Maschine erfolgen kann, verhält sich die Lehre aus Patentanspruch 1 nicht. Eine solche Modulation ist damit weder erforderlich noch ausgeschlossen. Gleiches gilt für die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Maschine eingeschaltet ist. Es ist daher auch nicht ausgeschlossen, die Maschine bei stehendem Fahrzeug zumindest vorübergehend zu betreiben, auch wenn dies unvorteilhaft sein mag.

e) Nach Merkmal 4.3.1 soll die Maschine als Quelle elektrischer Leistung für die Steuerung nicht verfügbar sein. Das Merkmal bezieht sich auf die in Merkmal 4.3 vorgesehene Modulation einer Drehzahl des Kompressors, um einen Betrieb des Kompressors während eines ausgeschalteten Zustands der Maschine zu ermöglichen. Merkmal 4.3 sieht bereits ausdrücklich vor, dass die Modulation der Drehzahl erfolgen soll, wenn die Maschine nicht arbeitet. Damit ist bereits vorausgesetzt, dass die Maschine als Quelle elektrischer Leistung für die Steuerung nicht verfügbar ist. Merkmal 4.3.1 ist also gegenüber Merkmal 4.3 rein wiederholend und führt zu keiner inhaltlichen Änderung des Patentanspruchs.

f) Die Steuerung ist so eingerichtet, dass sie in dem Fall, dass neben der genannten einen Quelle elektrischer Leistung, die etwa eine Batterie sein kann, eine weitere (additional) oder andere (different) Quelle elektrischer Leistung verfügbar ist und sich die Systemparameter ändern, die Modulation der Drehzahl variieren kann, um eine optimale Systemleistung aufrecht zu erhalten (Merkmal 4.4).

Das setzt voraus, dass die Steuerung in der Lage ist, die Verfügbarkeit der weiteren oder anderen Quelle elektrischer Leistung zu erkennen. Das System selbst muss nicht zwingend über eine weitere oder andere Quelle elektrischer Leistung verfügen. Die Steuerung muss aber in der Lage sein, die Modulation in der genannten Weise zu variieren, wenn mindestens eine weitere oder andere (ggf. auch externe) Quelle elektrischer Leistung verfügbar ist, und sich die Systemparameter ändern. Zudem darf der Motor in diesem Zustand - nicht anders als bei der Modulation der Drehzahl des Kompressors nach Merkmal 4.3 - nicht arbeiten. Hinsichtlich dieser Anforderungen ist Merkmal 4.4 nicht fakultativ.

Als Beispiele einer weiteren oder anderen Quelle elektrischer Leistung werden in der Beschreibung eine externe Stromquelle, ein Hilfsgenerator oder eine (weitere) Batterie genannt (Abs. 9). Wird etwa das System an ein stationäres elektrisches Stromnetz (shore power electrical system) angeschlossen, während es bei abgeschalteter Verbrennungsmaschine über eine elektrische Batterie betrieben wird, erkennt die Steuerung die Verfügbarkeit der neuen Stromquelle, greift auf diese zurück und kann dadurch die Drehzahl und Leistung des Kompressors nach Bedarf erhöhen, um die Temperatur im Fahrzeuginneren aufrecht zu erhalten, wobei neben der Drehzahl des Kompressors und der Temperatur im Fahrzeuginneren auch weitere Systemparameter wie die externe Umgebungstemperatur berücksichtigt werden können (vgl. Abs. 37 f.).

g) Intelligent im Sinne des Merkmals 4 ist eine Steuerung, wenn sie die im Patentanspruch vorgesehenen Funktionen erfüllen kann. Hierzu muss sie die relevanten Parameter erfassen und verarbeiten können, etwa die verfügbaren Energiequellen und deren Leistungsfähigkeit.

h) Patentanspruch und Beschreibung verhalten sich nicht zu der Frage, ob neben der Maschine weitere Antriebskomponenten vorhanden sind, etwa ein zusätzlicher Elektromotor, der einen Hybridantrieb ermöglicht.

II. Soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse hat das Patentgericht zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das in der japanischen Offenlegungsschrift Heisei 9-76740 (D1a, deutsche Übersetzung D1) offenbarte Hybridfahrzeug weise einen kraftstoffbetriebenen Antriebsmechanismus, eine Batterie für das Fahren sowie eine Motorantriebsvorrichtung auf, die den Elektromotor durch die elektrische Energie antreibe, mit der die Batterie geladen sei. Das Fahrzeug verfüge zudem über eine Klimaeinheit 40, deren Kompressor 41 mit unterschiedlichen Drehzahlen betrieben werden könne. Der Motor, der den Kompressor antreibe, werde mit der elektrischen Energie der Batterie 70 für das Fahren versorgt. Die Klimasteuervorrichtung 52 sei betrieblich mit dem Motor der Klimaeinheit 40 verbunden. Sei der Verbrennungsmotor 1 ausgeschaltet, erhalte die Steuerung elektrische Leistung von der Batterie 70. Die Steuerung überprüfe den Ladezustand der Batterie und schalte die Klimaeinheit in Abhängigkeit vom Ladezustand vom normalen Energieverbrauch in einen Modus mit geringerem Energieverbrauch um. Beide Modi ließen sich für den Elektromotor sinnvoll nur dadurch einstellen, dass die Stromzufuhr zum Elektromotor verändert werde, wodurch sich die Drehzahl des Kompressors verändere. Von dem aus der D1 bekannten Air-Conditioning-System unterscheide sich der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lediglich dadurch, dass als Elektromotor ein bürstenloser Gleichstrommotor vorgesehen sei. Diese Ausgestaltung sei jedoch auf dem Gebiet der Fahrzeugklimaanlagentechnik üblich, wie durch die US-amerikanischen Patente 4 015 182 (D3) und 5 595 064 (D4) sowie die Veröffentlichung von Danfoss "Refrigeration and Air Conditioning, Compressors - Collection of Datasheets - Verdichter für R134a 12-24V Gleichstrom", Schrift CN.46.C6 03, November 2001 (D8) belegt werde. Aus diesen Entgegenhaltungen gehe hervor, dass es gängige Praxis und deshalb naheliegend gewesen sei, als Antrieb für den Kompressor einen bürstenlosen Gleichstrommotor einzusetzen, weil damit die Kühlung stufenlos und genauer regelbar sei.

Merkmal 4.4, durch das sich Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 4 von der erteilten Fassung (Merkmale 1 bis 4.3 in obiger Merkmalsgliederung) unterscheide, sei ebenfalls aus der D1 bekannt, da die Regelung die Klimaanlage, die bei laufendem Verbrennungsmotor im normalen Modus arbeite, (in Abhängigkeit vom Ladezustand der Batterie) in den Energiesparmodus umschalte, sobald sie erkenne, dass die Zündung ausgeschaltet sei.

III. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Beklagten, soweit diese das Streitpatent im Berufungsverfahren noch verteidigt, stand.

1. Die Verteidigung des Streitpatents in der Fassung des Hauptantrags der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

a) Die Verteidigung des Streitpatents ist insoweit zulässig.

(1) Von der erteilten Fassung unterscheidet sich Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die Hinzufügung des Merkmals 4.4, wonach das System die Modulation des Kompressors (14) variieren kann, wenn zusätzliche oder andere Quellen elektrischer Leistung verfügbar sind und sich die Systemparameter ändern, um eine optimale Systemleistung aufrecht zu erhalten, und des Merkmals 4.3.1, wonach die Maschine als Quelle elektrischer Leistung für die Steuerung (30) nicht verfügbar sein soll. Während der um Merkmal 4.4 ergänzte Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung bereits Gegenstand des erstinstanzlich gestellten Hilfsantrags 4 gewesen ist, ist Merkmal 4.3.1 erst in der Fassung des in der Berufungsinstanz gestellten Hauptantrags hinzugekommen.

(2) Die Verteidigung des Streitpatents in der Fassung des Hauptantrags 30 ist nicht deshalb unzulässig, weil das Patentgericht die Verteidigung des Streitpatents in der Fassung des erst in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrags 4 wegen Verspätung nach § 83 Abs. 4 PatG hätte zurückweisen müssen.

Dabei kann dahinstehen, ob eine Zurückweisung in erster Instanz geboten war. Da das Patentgericht Hilfsantrag 4 in seinem Urteil sachlich beschieden hat und eine in erster Instanz unterbliebene Zurückweisung verspäteten Vorbringens oder verspäteter Anträge in der Berufungsinstanz nicht nachgeholt werden kann, ist dieser Antrag auch in zweiter Instanz sachlich zu bescheiden (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2015 - X ZR 51/13, GRUR 2015, 976 Rn. 62 - Einspritzventil).

(3) Die Verteidigung des Streitpatents in der Fassung des Hauptantrags ist auch nicht insoweit unzulässig, als die Beklagte das Streitpatent in der Berufungsinstanz erstmals in einer Fassung verteidigt, in der Patentanspruch 1 - gegenüber dem in erster Instanz gestellten Hilfsantrag 4 - um das Merkmal 4.3.1 ergänzt worden ist.

Zwar setzt die Zulässigkeit einer erstmals in der Berufungsinstanz erfolg33 ten beschränkten Verteidigung eines Streitpatents voraus, dass der Gegner einwilligt oder der Bundesgerichtshof die Antragsänderung für sachdienlich hält (§ 116 Abs. 2 Nr. 1 PatG ). Auch wenn der Gegner - wie im Streitfall - nicht eingewilligt hat, kann es auf die Sachdienlichkeit der Antragsänderung aber nur dann ankommen, wenn mit der Fassung, in der das Streitpatent erstmals in der Berufungsinstanz verteidigt wird, eine inhaltliche Änderung gegenüber einer bereits in erster Instanz verteidigten Fassung des Streitpatents verbunden ist. Eine solche inhaltliche Änderung ist zu verneinen, wenn das Streitpatent in der Berufungsinstanz zwar formal mit einem um ein Merkmal ergänzten Patentanspruch verteidigt wird, dieses aber lediglich mit anderen Worten zum Ausdruck bringt, was bereits Gegenstand des Patentanspruchs in einer in erster Instanz verteidigten Fassung des Streitpatents war.

Dies ist vorliegend der Fall, da Patentanspruch 1 bereits in der erteilten Fassung vorsieht, dass die Steuerung die Drehzahl des Kompressors moduliert, wenn die Maschine nicht läuft, um den Betrieb des Kompressors bei ausgeschalteter Maschine (during an engine off condition) zu ermöglichen (Merkmal 4.3). Wie ausgeführt, zeigt Merkmal 4.3.1, wonach die Maschine hierbei nicht als Quelle für elektrische Energie zur Verfügung steht, keinen zusätzlichen Aspekt auf. Auch nach der erteilten Fassung ist klar, dass die Maschine in ausgeschaltetem Zustand keine Energie liefert. Eine weitergehende Bedeutung lässt sich weder dem Wortlaut des hinzugefügten Merkmals noch dem sonstigen Inhalt der Patentschrift entnehmen. Wie hoch die Zahl an Energiequellen sein muss, die mindestens zur Verfügung stehen oder die die Steuerung verwalten kann, und in welcher Weise die Steuerung arbeitet, ergibt sich allein aus den Merkmalen, die bereits in der erteilten Fassung und dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 4 vorgesehen sind. Das in zweiter Instanz zusätzlich vorgesehene Merkmal trägt auch hierzu nichts bei.

(4) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents in der Fassung des Hauptantrags geht auch nicht über den Inhalt der Ursprungsanmeldung (veröffentlicht als WO 03/93737, Anlage 13) hinaus.

(a) Die Klägerin meint, bei der Auslegung von Patentanspruch 1 sei zwi36 schen Quellen elektrischer Leistung nach Merkmal 4.2 und zusätzlichen oder anderen Quellen elektrischer Leistung ("Stromquellen") nach Merkmal 4.4 zu unterscheiden, und sieht in letzteren eine unzulässige Erweiterung, weil diese in der Ursprungsanmeldung nicht offenbart seien.

Dem ist bereits hinsichtlich der Auslegung von Patentanspruch 1 nicht beizutreten. Wie ausgeführt sind die Quellen elektrischer Leistung nach Merkmal 4.4 gegenüber der in Merkmal 4.3 vorgesehenen Quelle elektrischer Leistung "zusätzliche oder andere Quellen elektrischer Leistung", bei denen die Steuerung die Modulation in Abhängigkeit von den Systemparametern variieren kann. Das impliziert, dass die in Merkmal 4.4 vorgesehenen zusätzlichen oder anderen Quellen elektrischer Leistung wie die in Merkmal 4.3 vorgesehene Quelle elektrischer Leistung solche sind, von der die Steuerung elektrische Leistung empfängt und die zur Verfügung stehen, wenn eine Maschine des Fahrzeugs nicht arbeitet (Merkmale 4.2 und 4.2.1). Merkmal 4.2 knüpft insoweit an die Ausführungen in den Absätzen 36 bis 38 der Beschreibung an, wo unterschieden wird zwischen einem Umschalten von Maschinen- und Batteriebetrieb und einer weiteren Modulation bei Verfügbarkeit zusätzlicher oder anderer Energiequellen. Diese Ausführungen finden sich wortgleich in den Absätzen 36 bis 38 der Ursprungsanmeldung.

(b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist in der Ursprungsanmeldung nicht nur eine Leistungserzeugungsmanagementsteuerung offenbart, die den Kompressor mit einer minimalen Drehzahl betreiben und zusätzlich den Kompressor komplett ausschalten kann. Beide Funktionalitäten sind Gegenstand der Unteransprüche 2 und 3, die sich ihrerseits unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 der Ursprungsanmeldung rückbeziehen, und in der Beschreibung sowohl der Ursprungsanmeldung und als auch des Streitpatents offenbart (jeweils Abs. 36). Daraus folgt für den Fachmann ohne weiteres, dass es sich bei beiden Funktionalitäten um spezielle Ausgestaltungen des allgemeiner gefassten Gegenstands von Patentanspruch 1 der Ursprungsanmeldung handelt, der mit den Merkmalen 1 bis 4.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents identisch ist.

b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der von der Beklagten im Hauptantrag verteidigten Fassung ist nicht patentfähig.

(1) Allerdings ist dieser neu.

(a) Aus der D1 ist er nicht vollständig vorbekannt.

(i) Die Entgegenhaltung betrifft ein Hybridfahrzeug, das einen kraftstoffbetriebenen Antriebsmechanismus, eine Batterie für das Fahren sowie eine Motorantriebsvorrichtung aufweist, die den Elektromotor durch die elektrische Energie antreibt, mit der diese Batterie geladen ist (D1, Abs. 1 ff.; Anspruch 1). Bei derartigen Hybridfahrzeugen wird der Kompressor durch den Verbrennungsmotor angetrieben (D1, Abs. 4). Die Entgegenhaltung macht es sich zur Aufgabe, ein Hybridfahrzeug anzubieten, bei dem auch bei ausgeschaltetem Verbrennungsmotor die Klimatisierung möglich ist. Als Lösung wird vorgeschlagen, die Klimaanlage mit der elektrischen Energie der Batterie für das Fahren anzutreiben, so dass die Klimaanlage auch bei ausgeschaltetem Verbrennungsmotor betrieben werden kann (D1, Abs. 6, 11, 37, 41; Flussdiagramme in den Figuren 6 und 7). Zudem können Mittel vorgesehen sein, die den Zustand der Batterie überwachen und den Energieverbrauch der Klimaanlage stufenweise reduzieren, wenn die Kapazität der Batterie auf einen Wert fällt, der niedriger ist, als der vorab eingestellte Wert 1, so dass die Klimatisierung durchgeführt werden kann, ohne dass die Batterie belastet wird (D1, Abs. 11 f., 41).

(ii) Wie bereits das Patentgericht ausgeführt hat, ist damit ein Air-Conditioning-System entsprechend Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung (Merkmale 1 bis 4.3) mit Ausnahme des Merkmals 3 offenbart.

Ob die D1 ein Air-Conditioning-System offenbart, das geeignet zur Verwendung in Lastkraftwagen ist, kann dahinstehen, weil Merkmal 1, wie erläutert, lediglich die Eignung des Air-Conditioning-Systems zur Verwendung allgemein in Fahrzeugen vorschreibt, was bei dem System aus der D1 zweifelsfrei gegeben ist.

Die Drehzahl des in der D1 offenbarten Kompressors ist auch - entsprechend Merkmal 2 - variabel. In der D1 wird zwar darauf hingewiesen, dass die Effizienz einer durch eine Batterie betriebenen Klimaeinheit verglichen mit einer solchen, die durch einen Verbrennungsmotor angetrieben wird, hoch sei, weil der Kompressor mit einer konstanten Drehzahl angetrieben werden könne (D1, Abs. 52). Nach den Feststellungen des Patentgerichts ist dem Fachmann jedoch bewusst, dass die in der K1 beschriebene Variation zwischen verschiedenen Betriebsmodi eine Veränderung der Drehzahl des Kompressors erfordern, etwa wenn von dem normalen Modus in den Energiesparmodus gewechselt wird (D1, Abs. 35), was aus technischer Sicht mit einer Verringerung des Stroms und damit einer geringeren Drehzahl des Motors einhergehen muss. Konkrete Umstände, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellung begründen, sind nicht ersichtlich.

Dass es sich bei dem in der D1 offenbarten Fahrzeug um ein Hybridfahrzeug handelt und die Klimaanlage die elektrische Leistung von einer Batterie für das Fahren als Quelle elektrischer Leistung empfängt, steht einer Offenbarung der Merkmale 4.2 und 4.2.1 nicht entgegen, da diese Batterie die Steuerung bei ausgeschaltetem Antriebsmechanismus mit elektrischer Leistung versorgt (D1, Abs. 11, 40 f.; Flussdiagramme in Figuren 6 und 7). Dass die Versorgung der Steuerung mit elektrischer Leistung darüber hinaus auch bei eingeschaltetem Antriebsmechanismus durch die Batterie für das Fahren erfolgen kann (vgl. D1, Abs. 6, 11, 37, 44 f.; Flussdiagramme in den Figuren 6 und 8), wird, wie erläutert, durch die Lehre des Patentanspruchs 1 nicht ausgeschlossen.

Zudem reduziert die Steuerung den Energieverbrauch der Klimaanlage, was nach den Feststellungen des Patentgerichts - wie in Merkmal 4.3 vorgesehen - praktisch sinnvoll nur durch eine Modulation der Drehzahl des Kompressors erfolgen kann, wenn die Kapazität der Batterie bei abgeschaltetem Antriebsmechanismus unter einen bestimmten Wert fällt (vgl. D1, Abs. 41; Flussdiagramm in Figur 7). Dass eine solche Modulation auch bei angeschaltetem Antriebsmechanismus möglich ist (vgl. D1, Abs. 46; Flussdiagramm in Figur 8), wird durch die erfindungsgemäße Lehre ebenfalls nicht ausgeschlossen.

Wie in Merkmal 4.3.1 vorgesehen, ist der Verbrennungsmotor bei dem in der D1 offenbarten System als Quelle elektrischer Leistung für die Steuerung nicht verfügbar, wenn diese die Drehzahl des Kompressors moduliert.

Hingegen offenbart die D1 nicht die Möglichkeit, die Modulation des Kompressors zu variieren, wenn zusätzliche oder andere Quellen elektrischer Leistung verfügbar sind und sich die Systemparameter ändern.

(b) Auch die D3 offenbart den Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht.

Die Entgegenhaltung betrifft ein Kühlsystem, das einen Kompressor variabler Drehzahl umfasst, der von einem elektronisch kommutierten bürstenlosen Gleichstrommotor angetrieben wird, um ein geeignetes Kühlmittel durch einen Dampfkondensator zu zirkulieren (D3, Sp. 1, Z. 17 ff.; Sp. 4, Z. 45 f.). Es ist eine im erfindungsgemäßen Sinne intelligente Leistungserzeugungsmanagementsteuerung in Gestalt einer Positionssignal-Verarbeitungsschaltung 70 und einer Stator-Wicklungs-Erregungsschaltung 189 vorhanden, die elektrische Leistung von einer Quelle elektrischer Leistung empfängt, die eine Batterie, ein Generator oder ähnliches sein kann (D3, Sp. 6, Z. 18 ff.; Sp. 9, Z. 51 ff.). Da das Kühlsystem, das nicht von einer direkten mechanischen Verbindung zu einem Fahrzeugmotor abhängt, nicht nur von einem Fahrzeug-Wechselstromgenerator und einer daran angeschlossenen Batterie mit Energie versorgt werden kann, während das Fahrzeug gefahren wird, sondern auch durch einen Abwärts-Transformator und eine Gleichrichterschaltung oder ein Batterie-Ladegerät von einer Standardsteckdose, wenn das Fahrzeug nicht gefahren wird (D3, Sp. 13, Z. 18 ff.), ist eine Quelle elektrischer Leistung offenbart, die betreibbar ist, wenn der Fahrzeugmotor nicht arbeitet. Zudem moduliert die Steuerung eine Drehzahl des Kompressors, indem eine Erregung des Motors geändert wird, um einen Betrieb des Kompressors während eines ausgeschalteten Zustands der Maschine zu ermöglichen. Nicht offenbart ist, die Erregung des Motors - entsprechend Merkmal 4.3 - basierend auf einer Leistungskapazität der Quelle elektrischer Leistung zu ändern. Zudem geht aus der D3 zwar die Verfügbarkeit zusätzlicher oder anderer Quellen elektrischer Leistung hervor. Die Entgegenhaltung offenbart aber nicht die Möglichkeit, die Modulation des Kompressors zu variieren, wenn zusätzliche oder andere Quellen elektrischer Leistung verfügbar sind und sich die Systemparameter ändern, um eine optimale Systemleistung aufrecht zu erhalten.

(2) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ergab sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

(a) Naheliegend war es für den Fachmann zunächst, den Motor, der den Kompressor der aus der D1 bekannten Klimaeinheit antreibt, als bürstenlosen Gleichstrommotor entsprechend Merkmal 3 auszuführen.

Der Fachmann, der sich dafür interessierte, das in der D1 offenbarte Hybridfahrzeug mit Klimaanlage auszuführen, musste sich Gedanken darüber machen, welchen Motor er in die Klimaanlage einbaut, um den Kompressor anzutreiben (vgl. D1, Abs. 35). Nach den Feststellungen des Patentgerichts war es auf dem Gebiet der Fahrzeugklimaanlagentechnik üblich, als Elektromotor einen bürstenlosen Gleichstrommotor zu verwenden. Eine solche Praxis wird belegt durch D3, die Kühlsysteme insbesondere zum Kühlen der Fahrgasträume von Kraftfahrzeugen betrifft (D3, Sp. 1, Z. 17 ff.) und als Motor zum Antreiben des Kompressors einen bürstenlosen Gleichstrommotor erwähnt (D3, Sp. 4, Z. 45 f.), und die Vorveröffentlichung von Danfoss (D8), die einen BD-Verdichter für die mobile Anwendung in z.B. LKWs und Bussen listet, der in Kühl- oder Gefriergeräten eingesetzt werden kann und neben einer Elektronikeinheit mit Überlastungsschutz auch mit einem bürstenlosen Gleichstrommotor ausgestattet ist, der mit der Elektronikeinheit kommutiert wird (D8, S. 2 f. "Generelles" und "Elektrischer Anschluss"). Danach hatte der Fachmann Veranlassung, bei Ausführung der D1 als Motor für die Klimaanlage einen bürstenlosen Gleichstrommotor zu verwenden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der D1 auch keine Auswahlentscheidung dahin zu entnehmen, dass ein bürstenloser Gleichstrommotor nur für das Antriebsaggregat in Frage kommt. Zutreffend ist zwar, dass in der Beschreibung der D1 im Hinblick auf ein Ausführungsbeispiel ausgeführt wird, dass die Effizienz der durch eine die Batterie betriebenen Klimaeinheit im Vergleich mit einem durch einen Verbrennungsmotor angetriebenen Kompressor hoch sei, weil erstere mit konstanter Drehzahl angetrieben werden könne, während bei letzterem die Drehzahl ständig ändere (D1, Abs. 52). Damit wird dem Fachmann jedoch lediglich der Gegensatz zwischen einem mechanisch von einem Verbrennungsmotor und einem elektrisch angetriebenen Kompressor hinsichtlich der Variabilität bzw. Konstanz der Drehzahl allgemein erläutert, aber nicht ausgeschlossen, die Drehzahl zu variieren, um verschiedene Betriebsmodi einstellen zu können (vgl. etwa D1, Abs. 35), und insoweit einen bürstenlosen Gleichstrommotor zu verwenden.

(b) Ausgehend von der D1 war es für den Fachmann zudem naheliegend, neben der Fahrbatterie eine zusätzliche oder andere Quelle elektrischer Leistung zum Antrieb des Kompressors und entsprechend eine intelligente Leistungserzeugungsmanagementsteuerung vorzusehen, die die Modulation des Kompressors variieren kann, wenn zusätzliche oder andere Quellen elektrischer Leistung verfügbar sind und sich die Systemparameter ändern, um eine optimale Systemleistung aufrecht zu erhalten.

(i) Der Fachmann, der sich für eine Verbesserung des in der D1 offenbarten Hybridfahrzeugs mit einer durch die elektrische Leistung der Fahrbatterie betriebenen Klimaanlage interessierte, entnahm der Druckschrift Vorschläge zur Steuerung der Klimaanlage, wenn die Zündung bzw. die Verbrennungsmaschine ausgeschaltet ist und der Klimaanlage infolgedessen nur noch die Restkapazität der Batterie als elektrische Leistung für den Betrieb zur Verfügung steht.

(ii) Die D1 schlägt insoweit vor, nach Einstellen eines Identifizierungssignals die Restkapazität der Batterie mit Sollwerten für einen normalen und für einen sparsamen Betrieb der Klimaanlage zu vergleichen und in Abhängigkeit vom Ergebnis des Vergleichs die Klimaanlage im normalen oder sparsamen Betrieb zu betreiben oder auszuschalten. Zudem sei es möglich, die Klimaanlage in Abhängigkeit von der bisherigen Laufzeit der Klimaanlage, also etwa nach 30 Minuten Laufzeit, auszuschalten (D1, Abs. 40 ff.; Figur 7; vgl. auch Abs. 11 f.).

(iii) Aus Sicht des Fachmanns sind diese Vorschläge nicht ausreichend, wenn es wünschenswert ist, die Klimaanlage bei ausgeschalteter Zündung für längere Zeiträume zu betreiben, als es mit der Restkapazität der Batterie möglich ist oder die über eine Dauer von 30 Minuten hinausgehen. Das gibt ihm Veranlassung, über weitere oder andere Quellen elektrischer Leistung für die Klimaanlage des aus der D1 bekannten Hybridfahrzeugs nachzudenken. Insoweit bietet sich insbesondere eine externe Stromquelle wie der Anschluss an ein Stromnetz an.

(iv) Dass für den Fachmann in diesem Zusammenhang eine weitere oder andere Quelle elektrischer Energie neben der Fahrbatterie zum Betrieb der Klimaanlage nahelag, wird durch die D3 bestätigt, die für das Kühlsystem eines Fahrzeugs, dessen Verbrennungsmaschine ausgeschaltet ist, neben einer Batterie als weitere oder andere Quelle insbesondere eine Standard-Steckdose über ein Batterieladegerät offenbart (D3, Sp. 13, Z. 19 ff.).

(v) Zieht der Fachmann die Verfügbarkeit einer weiteren oder anderen Quelle elektrischer Leistung in Betracht, um die Klimaanlage des aus der D1 bekannten Hybridfahrzeugs bei ausgeschalteter Zündung über die Restkapazität der Fahrbatterie hinaus betreiben zu können, ist es angesichts der Offenbarung in der D1 zur Steuerung der Klimaanlage bei ausgeschalteter Zündung (D1, Abs. 40 ff.) folgerichtig und naheliegend, die Klimaanlage bei Verfügbarkeit einer weiteren oder anderen Quelle in Abhängigkeit von deren Kapazität zu steuern, was wiederum voraussetzt, dass die Steuerung zunächst die Verfügbarkeit der weiteren oder anderen Quelle erkennen kann. Damit war der Fachmann veranlasst, die Steuerung so einzurichten, dass sie die Modulation des Kompressors der Klimaanlage variieren kann, wenn eine zusätzlich oder andere Quelle elektrischer Leistung verfügbar ist und sich die Systemparameter ändern, um eine optimale Systemleistung aufrecht zu erhalten.

2. Die Verteidigung des Streitpatents in der Fassung des Hilfsantrags hat ebenfalls keinen Erfolg.

a) Sie ist bereits nicht zulässig.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachte Verteidigung eines Patents in geänderter Fassung in der Regel gemäß § 116 Abs. 2 PatG zulässig, wenn der Beklagte mit der Änderung einer von der erstinstanzlichen Beurteilung abweichenden Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs Rechnung trägt und den Gegenstand des Patents auf dasjenige einschränkt, was sich nach Auffassung des Patentgerichts schon aus der erteilten Fassung ergab (BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 - X ZR 21/12, GRUR 2013, 912 Rn. 57 - Walzstraße).

Hingegen kann die hilfsweise Verteidigung des Streitpatents mit geän65 derten Ansprüchen in der Berufungsinstanz regelmäßig nicht mehr als sachdienlich im Sinne von § 116 Abs. 2 Nr. 1 PatG angesehen werden, wenn die Beklagte dazu bereits in erster Instanz Veranlassung hatte. Ein solcher Anlass zur zumindest hilfsweisen beschränkten Verteidigung kann sich daraus ergeben, dass das Patentgericht in seinem nach § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis mitgeteilt hat, dass nach seiner vorläufigen Auffassung der Gegenstand des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen dürfte (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 - X ZR 111/13, GRUR 2016, 365 - Telekommunikationsverbindung).

(2) Die zuletzt genannten Voraussetzungen sind gegeben. Eine Verteidigung mit dem Hilfsantrag war für die Beklagte durch den Hinweis des Patentgerichts vom 15. Juli 2016 veranlasst.

Das Patentgericht hat darin hinsichtlich der Auslegung von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung mitgeteilt, dass nach seiner vorläufigen Einschätzung das Streitpatent unter einem intelligenten Regler (intelligent powergeneration management controller 30) ein Regelungssystem verstehe, das Signal-Ein- und Ausgänge besitze, das Ist- mit Sollwerten vergleichen könne und aufgrund dieser Vergleiche z.B. die Drehzahl des Kompressors regele. Da dies für den Fachmann ein typisches Regelungssystem beschreibe, komme dem Adjektiv "intelligent" keine weitergehende Bedeutung zu. Die zwar ebenfalls im Streitpatent beschriebene Abfrage und Auswahl weiterer Energiequellen sei lediglich optional als Ausgestaltung formuliert.

Die Beklagte war danach gehalten, das Streitpatent mit weiteren oder geänderten Hilfsanträgen zu verteidigen, wenn sie den Bedenken des Patentgerichts Rechnung tragen wollte. Die Beklagte hat dementsprechend in der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht Hilfsantrag 4 gestellt, in dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung um das Merkmal 4.4 ergänzt worden ist.

Sie hätte aber ebenso Anlass zu weiteren Hilfsanträgen gehabt, wenn sie die Lehre aus Patentanspruch 1 weiter dahin konkretisieren wollte, dass die Steuerung dynamisch elektrische Leistung basierend auf einer Prioritätslogik der verfügbaren Quellen verwendet. Dass sie das Streitpatent mit Patentanspruch 1 in dieser Fassung erst in der Berufungsinstanz verteidigt hat, kann daher nicht als sachdienlich im Sinne von § 116 Abs. 2 Nr. 1 PatG angesehen werden.

b) Unabhängig davon ist die Berufung hinsichtlich des Hilfsantrags auch nicht begründet, da der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war.

Nach den Feststellungen des Patentgerichts gehörte es zum allgemeinen Fachwissen, beim Einsatz mehrerer unterschiedlicher Energiequellen die Steuerung so auszugestalten, dass diese Quellen in einer bestimmten Reihenfolge genutzt werden. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Feststellung begründen, sind nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund hatte der Fachmann Anlass, das durch D1 na72 hegelegte System, das (entsprechend der Ausführungen zum Hauptantrag) neben der Fahrzeugbatterie über mindestens eine weitere oder andere Energiequelle verfügen kann, in der in Merkmal 4.5 genannten Weise auszugestalten.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 26. März 2019

Vorinstanz: BPatG, vom 24.11.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ni 4/15 (EP)