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BGH - Entscheidung vom 05.03.2019

3 StR 413/18

Normen:
AWG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a)
AWG § 18 Abs. 7 Nr. 2 Alt. 1
VO (EG) 423/2007 Art. 7 Abs. 3

Fundstellen:
NStZ 2019, 736

BGH, Beschluss vom 05.03.2019 - Aktenzeichen 3 StR 413/18

DRsp Nr. 2019/13907

Lieferung eines funktionstüchtigen Sinterofens in den Iran als gewerbsmäßige Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstellungsverbot eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften

Art. 7 Abs. 3 VO (EG) Nr. 423/2007 ist dahin auszulegen, dass das Verbot des mittelbaren Bereitstellens einer wirtschaftlichen Ressource Handlungen umfasst, welche die Lieferung eines funktionstüchtigen, jedoch noch nicht verwendungsbereiten Sinterofens in den Iran und seine Aufstellung dort zugunsten eines Dritten betreffen, der im Namen, unter der Kontrolle oder auf Weisung einer Person, Organisation oder Einrichtung handelt und beabsichtigt, den Ofen zu nutzen, um zugunsten einer solchen Person, Organisation oder Einrichtung Produkte herzustellen, die zur Verbreitung von Kernwaffen in diesem Staat beitragen können. Dieses Verständnis des angeordneten Bereitstellungsverbots ist auch für die nationale Strafvorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG maßgebend.

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. April 2018 werden verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

AWG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a); AWG § 18 Abs. 7 Nr. 2 Alt. 1; VO (EG) 423/2007 Art. 7 Abs. 3;

Gründe

Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten K. der gewerbsmäßigen Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstellungsverbot eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften, welcher der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Sanktionsmaßnahme diente, den Angeklagten S. der Beihilfe hierzu schuldig gesprochen. Das Oberlandesgericht hat gegen beide Angeklagte Freiheitsstrafen verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, und festgestellt, dass das Verfahren für die Dauer von insgesamt drei Jahren rechtsstaatswidrig verzögert worden war. Gegen den Angeklagten S. hat es darüber hinaus die Einziehung von Taterträgen angeordnet. Die Revision des Angeklagten K. beanstandet das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte S. erhebt mit seiner Revision formal allein die Sachbeschwerde. Beide Rechtsmittel sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

I.

1. Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen forcierte der Iran seit den 1990er Jahren die Entwicklung von ballistischen Raketen mit einer Reichweite von über 2.000 Kilometern, die als Trägersysteme für nukleare Massenvernichtungswaffen geeignet sind. Die Trägerraketen werden mit Strahlrudern (sog. "Jet Vans") gelenkt, zu deren Herstellung unter anderem Sinteröfen eingesetzt werden, um diese im heißen Abgasstrahl angebrachten Bauteile mit hitzebeständigen Beschichtungen zu versehen.

Als zentrale staatliche Beschaffungsstelle für das iranische Trägerraketenprogramm diente die dem Verteidigungsministerium nachgeordnete "Organisation der Luft- und Raumfahrtindustrien" (abgekürzt: OLI). Eine der wichtigsten Unterorganisationen war die Shahid-Hemmat-Industrie-Gruppe (nachfolgend: SHIG), die für die Auftragsvergabe sowie die Endmontage der Raketen und deren Übergabe an die Streitkräfte zuständig war. Die SHIG trat an den anderweitig verfolgten A. heran, der sich bereit erklärte, zu ihren Gunsten die zur Produktion von Strahlrudern notwendigen Anlagen verdeckt zu beschaffen und hiermit Strahlruder herzustellen, um diese anschließend der SHIG für das Trägerraketenprogramm auszuhändigen. Die in Deutschland ansässige Firma F. , deren alleiniger Geschäftsführer der Angeklagte K. war und an der er sämtliche Anteile hielt, stellte Sinteröfen her und vertrieb sie weltweit.

Am 13. März 2007 einigte sich K. für die Firma F. mit A. , der für die von ihm beherrschte Firma E. (im Folgenden: Firma E. ) mit Sitz in Teheran auftrat, in Anwesenheit des Angeklagten S. auf die Lieferung einer Sinterofenanlage zum Preis von 850.000 €. Am 20. April 2007 trat die Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates der Europäischen Union vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (Iran-Embargo-Verordnung; fortan: VO (EG) Nr. 423/2007) in Kraft, in deren Anhang IV die SHIG als eine - der OLI unterstehende - Einrichtung aufgeführt war, der nach Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden durften.

Nach dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 423/2007 veranlasste K. den Transport der Einzelteile der Sinterofenanlage nach Teheran, wo sie am 25. Juli 2007 entladen wurden. Auf K. s Aufforderung holte S. gegen Provision bei der Firma E. Informationen ein, die für die Montage und den Betrieb des Ofens notwendig waren. K. entsandte zwei Techniker der Firma F. in den Iran, die dort vom 3. März bis zum 14. März 2008 die Anlage aufstellten. Zwar war der Sinterofen danach infolge von Transportschäden und fehlender Software noch nicht unmittelbar verwendungsbereit; er konnte aber mit vergleichsweise einfachen Mitteln in einen solchen Zustand versetzt werden, ohne dass weitere Tätigkeiten oder spezifische Kenntnisse von Mitarbeitern der Firma F. notwendig gewesen wären. Eine vollständige Fertigstellung der Installation unterblieb, nachdem das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle die Genehmigung der Lieferung von Ersatzteilen abgelehnt hatte.

Beide Angeklagten hielten es für möglich und billigten es, dass die Sinterofenanlage zur Herstellung von Bauteilen für das iranische Trägerraketenprogramm zumindest mittelbar durch eine im Rahmen des Iran-Embargos gelistete Einrichtung eingesetzt werde. Ferner wollten sie weitere vergleichbare gewinnbringende Geschäfte unter Inkaufnahme von Verstößen gegen das Iran-Embargo tätigen.

2. Das Oberlandesgericht hat die Feststellungen dahin gewertet, dass der Angeklagte K. dem Bereitstellungsverbot des Art. 7 Abs. 3 VO (EG) Nr. 423/2007 gewerbsmäßig zuwidergehandelt und sich somit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 Alternative 1 AWG - dem gegenüber § 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2 Alternative 1 AWG aF milderen Gesetz - strafbar gemacht habe. Durch die Veranlassung der Ausfuhr der Sinterofenanlage und deren Aufbau in der Teheraner Produktionshalle der Firma E. habe er über A. der - in Abschnitt A. Nr. 10 des Anhangs IV zur VO (EG) Nr. 423/2007 gelisteten - SHIG eine wirtschaftliche Ressource mittelbar zur Verfügung gestellt. Der - ebenfalls gewerbsmäßig handelnde (§ 28 Abs. 2 StGB ) - Angeklagte S. habe zu dieser Tat im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB Hilfe geleistet, indem er bei der Firma E. für die Montage und den Betrieb der Anlage notwendige Informationen eingeholt habe.

II.

1. Die vom Angeklagten K. erhobene Verfahrensrüge dringt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen nicht durch. Soweit der Angeklagte S. mit der Sachbeschwerde geltend macht, das Oberlandesgericht habe im Rahmen der Entscheidung über die Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung die zugrundeliegenden Zeitspannen fehlerhaft festgestellt, bleibt dieser Beanstandung, wie vom Generalbundesanwalt ausgeführt, auch dann der Erfolg versagt, wenn das Vorbringen als eine - von Rechts wegen erforderliche (vgl. Fischer, StGB , 66. Aufl., § 46 Rn. 127 mwN) - Verfahrensrüge ausgelegt oder in eine solche umgedeutet wird (s. hierzu KK-Gericke, StPO , 8. Aufl., § 344 Rn. 20 mwN).

2. Die auf die Sachrügen der Angeklagten gebotene materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils hat keinen ihnen nachteiligen Rechtsfehler ergeben. Der Erörterung bedürfen lediglich die zwei folgenden den Schuldspruch betreffenden Rechtsfragen:

a) Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das Oberlandesgericht zutreffend angenommen, dass der Angeklagte K. gegen das in Art. 7 Abs. 3 VO (EG) Nr. 423/2007 geregelte (s. zur identischen Bedeutung von Bereitstellen und Zurverfügungstellen BGH, Beschluss vom 23. April 2010 - AK 2/10, BGHSt 55, 94 Rn. 15 ff.; MüKoStGB/Wagner, 2. Aufl., § 18 AWG Rn. 22), gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG strafbewehrte Bereitstellungsverbot verstieß, indem er der - im Anhang IV Abschnitt A. Nr. 10 zur VO (EG) Nr. 423/2007 gelisteten - SHIG den Sinterofen als wirtschaftliche Ressource (Art. 1 Buchst. i VO (EG) Nr. 423/2007) mittelbar zur Verfügung stellte.

aa) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf die vom Oberlandesgericht im gegenständlichen Verfahren beschlossene Vorlage entschieden, Art. 7 Abs. 3 VO (EG) Nr. 423/2007 sei dahin auszulegen, dass das Verbot des mittelbaren Bereitstellens einer wirtschaftlichen Ressource Handlungen umfasst, welche die Lieferung eines funktionstüchtigen, jedoch noch nicht verwendungsbereiten Sinterofens in den Iran und seine Aufstellung dort zugunsten eines Dritten betreffen, der im Namen, unter der Kontrolle oder auf Weisung einer in den Anhängen IV und V der VO (EG) Nr. 423/2007 genannten Person, Organisation oder Einrichtung handelt und beabsichtigt, den Ofen zu nutzen, um zugunsten einer solchen Person, Organisation oder Einrichtung Produkte herzustellen, die zur Verbreitung von Kernwaffen in diesem Staat beitragen können (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-72/11, juris Rn. 57). Dieses Verständnis des vom europäischen Verordnungsgeber angeordneten Bereitstellungsverbots ist auch für die nationale Strafvorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG maßgebend. Die Auslegung der blankettausfüllenden europarechtlichen Norm (vgl. MüKoStGB/Wagner, 2. Aufl., Vor §§ 17 ff. AWG Rn. 29 f., § 18 AWG Rn. 13) hält sich innerhalb der Grenzen des Wortsinns, sodass sie nicht zu einer Strafbarkeit im Wege einer unzulässigen Analogie (Art. 103 Abs. 2 GG ) führen kann.

Soweit sich der Senat mit dem im hiesigen Verfahren ergangenen Beschluss vom 23. April 2010 ( AK 2/10, BGHSt 55, 94 ) zum mittelbaren Bereitstellen gemäß Art. 7 Abs. 3 VO (EG) Nr. 423/2007 verhalten hat (dort Rn. 20), hat sich dies auf den - dem damaligen Stand der Ermittlungen entsprechenden - Fall bezogen, dass die wirtschaftliche Ressource an einen Zwischenhändler geliefert wird. Es kann dahinstehen, inwieweit für einen solchen Fall daran festzuhalten ist, dass ein Verstoß gegen das Bereitstellungsverbot nur dann vorliegt, wenn es im Belieben der gelisteten Person, Organisation oder Einrichtung steht, auf diesen Vermögenswert zuzugreifen.

bb) Die vom Gerichtshof der Europäischen Union formulierten Anforderungen sind hier erfüllt.

(1) Der an A. gelieferte Sinterofen war funktionstüchtig, weil er mit vergleichsweise einfachen Mitteln in einen verwendungsbereiten Zustand versetzt werden konnte, ohne dass weitere Tätigkeiten oder spezifische Kenntnisse von Mitarbeitern der Firma F. notwendig gewesen wären. Nach seiner grundsätzlichen Konfiguration konnte der Ofen bei der Produktion von hitzebeständigen Strahlrudern für Trägerraketen eingesetzt werden, die zum Transport von Atomsprengköpfen geeignet waren. A. beabsichtigte, ihn zu nutzen, um zugunsten der SHIG solche Strahlruder herzustellen.

(2) Der Lieferungsempfänger A. handelte auch "auf Weisung" der gelisteten Einrichtung. Denn er war von ihr mit der Beschaffung der wirtschaftlichen Ressource beauftragt. Nach den Urteilsfeststellungen hatte er sich bereit erklärt, die verdeckte Beschaffung der zur Produktion von hitzebeständigen Strahlrudern notwendigen Anlagen zu übernehmen und selbst die Strahlruder herzustellen, um diese anschließend der SHIG für das iranische Trägerraketenprogramm des Iran zu überlassen.

Um der SHIG die Verfügungsgewalt des in ihrem Lager stehenden A. zuzurechnen, genügt dessen festgestellte auftragsgemäße Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt eines Handelns "auf Weisung" auch dann, wenn er in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu dieser gelisteten Einrichtung gestanden, ein eigenes erwerbswirtschaftliches Interesse an der Lieferung sowie der Produktion gehabt und das unternehmerische Risiko hierfür getragen haben sollte. Anders als die Revision des Angeklagten K. geltend macht, ist es deshalb unschädlich, dass das Oberlandesgericht keine weitergehenden Feststellungen zu A. s Einbindung in das Beschaffungssystem des Iran getroffen hat. Es trifft nicht zu, dass der Gerichtshof der Europäischen Union die Merkmale "im Namen", "unter Kontrolle" und "auf Weisung" als Beschreibungen verschiedener rechtlicher- oder tatsächlicher Grundlagen eines - von allen drei Merkmalen gleichermaßen vorausgesetzten - Herrschafts- oder Abhängigkeitsverhältnisses konzipiert hat.

Dass der Gerichtshof der Europäischen Union das Merkmal "auf Weisung" in dem hier zugrunde gelegten weiten Sinne verstanden hat, ergibt sich aus Folgendem:

(a) Bereits der herkömmliche Sprachsinn spricht für ein Verständnis dieses Merkmals, wonach es nicht zur Voraussetzung hat, dass der Weisungsgeber den Angewiesenen beherrscht oder dieser von jenem abhängig ist. Im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch hat das Wort "Weisung" ein relativ weites Bedeutungsspektrum. Es wird nicht nur gleichgesetzt mit "Anordnung", "Befehl" oder "Gebot" (s. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Band 6; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 10, 3. Aufl.), sondern auch mit "Auftrag" (vgl. Duden, Die deutsche Rechtschreibung, Band 1, 27. Aufl.; Grimm, Deutsches Wörterbuch, Band 14).

Im Zivilrecht wird der Begriff dementsprechend auch außerhalb von Herrschafts- oder Abhängigkeitsverhältnissen verwendet. Ihm kommt dort die Bedeutung einer Anleitung im Einzelfall zu. So hat etwa ein Rechtsanwalt nach § 665 i.V.m. § 675 Abs. 1 BGB - unabhängig davon, ob das zu ihm bestehende Vertragsverhältnis als ein Dienstvertrag (etwa im Fall der Prozessvertretung) oder Werkvertrag (etwa im Fall der Gutachtenerstattung) zu qualifizieren ist - grundsätzlich Weisungen seines Mandanten zu befolgen (vgl. MüKoBGB/Heermann, 7. Aufl., § 675 Rn. 28 f.).

(b) Auch die vom Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung des Art. 7 Abs. 3 VO (EG) Nr. 423/2007 herangezogenen Quellen legen ein derartiges Verständnis nahe.

Der Gerichtshof hat das Merkmal "auf Weisung" ebenso wie die Merkmale "im Namen" und "unter Kontrolle" der Ziffer 12 der Resolution 1737 (2006) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 23. Dezember 2006 sowie dem - gleichlautenden - Erwägungsgrund 9 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP des Rates der Europäischen Union vom 27. Februar 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran entnommen (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-72/11, juris Rn. 51). In diesen Rechtstexten ist bestimmt, dass sich das Verbot des Zurverfügungstellens von wirtschaftlichen Ressourcen nicht nur auf Personen oder Einrichtungen bezieht, die nach Feststellung der Vereinten Nationen an proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten im Iran und an der dortigen Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen beteiligt sind, sondern auch auf solche Personen oder Einrichtungen, die in ihrem Namen oder auf ihre Weisung handeln, oder solche Einrichtungen, die in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle stehen ("persons or entities acting on their behalf or at their direction, or ... entities owned or controlled by them").

Diese Kriterien sind nicht bloß Ausformungen eines einheitlich zu bestimmenden Herrschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnisses auf rechtlicher oder tatsächlicher Grundlage. Zwar meint die Wendung "unter Kontrolle stehen", die ausschließlich Einrichtungen betrifft, ersichtlich eine - vom Eigentum zu trennende - rechtliche oder tatsächliche Beherrschung. Die Formulierung "im Namen handeln", die für Personen und Einrichtungen gilt und an deren Tätigkeit knüpft, erfordert jedoch gerade kein Herrschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnis. Denn das Handeln im Namen eines anderen setzt ein derartiges Verhältnis nicht voraus. In fremdem Namen kann der selbständig beauftragte Vollmachtsinhaber ebenso auftreten wie derjenige, der keine Vertretungsmacht hat; es bedarf noch nicht einmal der Kenntnis des vermeintlich Vertretenen. Gerade vor diesem Hintergrund deutet auch die Wendung "auf Weisung handeln", die ebenfalls für Personen und Einrichtungen gilt und an deren Tätigkeit knüpft, nicht auf ein derartiges Herrschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnis hin. Vielmehr ist sie naheliegend dahin zu verstehen, dass die Tätigkeit der Person oder Einrichtung auf maßgebliche Veranlassung der von dem Verbot betroffenen Person oder Einrichtung ausgeführt wird.

Eingedenk dessen ist der Revision des Angeklagten K. nicht darin zu folgen, dass sich Abweichendes aus den im Ratsdokument 9068/2013 vom 30. April 2013 formulierten Leitlinien zur Umsetzung und Evaluierung restriktiver Maßnahmen (Sanktionen) im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union ergebe. Diese Leitlinien sind ausschließlich zu den Merkmalen "Eigentum" und "Kontrolle" ergangen (s. auch Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR-Kommentar, 56. EL, § 18 AWG Rn. 38 [für "Tochtergesellschaften gelisteter Organisationen"]). Demgemäß weist Punkt II. 5. der Anlage zum Ratsdokument 9068/2013 ausdrücklich darauf hin, "dass die indirekte Zurverfügungstellung von ... wirtschaftlichen Ressourcen an gelistete Personen und Organisationen auch deren Zurverfügungstellung an Personen und Organisationen, die nicht im Eigentum oder unter der Kontrolle von gelisteten Organisationen stehen, umfassen kann". So liegt es im - hier gegebenen - Fall des Handelns "auf Weisung".

(c) Für ein solches Verständnis streitet zudem der Umstand, dass der Gerichtshof der Europäischen Union die Vorabentscheidung auf der Grundlage des angeklagten Sachverhalts während des vor dem Oberlandesgericht anhängigen Zwischenverfahrens getroffen hat. In der Vorabentscheidung ist der Anklagesatz dahin wiedergegeben, A. habe den Sinterofen im Auftrag der SHIG beschafft, die Raketenteile allerdings selbst bei der Firma E. zu sintern beabsichtigt und habe bei dem Geschäft auf eigene Rechnung zum Zweck der Gewinnerzielung gehandelt (s. Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-72/11, juris Rn. 21, 23). Die Rechtsansicht der Revision des Angeklagten K. als zutreffend unterstellt, wäre auf der Grundlage dieses Anklagesatzes die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen gewesen; dann hätte es bei Zugrundelegung des Ermittlungsergebnisses der vom Gerichtshof angemahnten Prüfung, ob A. tatsächlich im Namen der SHIG handelte (aaO Rn. 53), nicht bedurft. Hätte der Gerichtshof bereits den nach Abschluss der Ermittlungen angeklagten Sachverhalt mangels Herrschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnisses als nicht ausreichend erachtet, um einen Verstoß gegen das Bereitstellungsverbot des Art. 7 Abs. 3 VO (EG) Nr. 423/2007 zu begründen, wäre - da dies aus Sicht sämtlicher Verfahrensbeteiligter ersichtlich von entscheidender Bedeutung war - in seinem Urteil ein entsprechender Hinweis zu erwarten gewesen.

(d) Schließlich hat der Gerichtshof der Europäischen Union in der Vorabentscheidung herausgestellt, sowohl der mit der VO (EG) Nr. 423/2007 verfolgte Zweck, proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten im Iran zu verhindern, als auch die Notwendigkeit, die praktische Wirksamkeit (sog. effet utile) der Bekämpfung dieser Tätigkeiten zu gewährleisten, geböten ein weites Verständnis des in Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung geregelten Bereitstellungsverbots (s. Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-72/11, juris Rn. 40, 44 f., 54). Der Gerichtshof hat deshalb den Kreis der Lieferungsempfänger, über die ein mittelbares Zurverfügungstellen an gelistete Personen, Organisationen und Einrichtungen bewirkt werden kann, in objektiver Hinsicht bewusst weit gezogen. Ein Korrektiv hat er auf subjektiver Ebene geschaffen. Er hat das Bereitstellungsverbot hinsichtlich nicht gelisteter Lieferungsempfänger dadurch eingeschränkt, dass allein bei ihnen - über den Wortlaut von Art. 7 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Buchst. i VO (EG) Nr. 423/2007 hinaus - eine spezifische auf die Verbreitung von Kernwaffen bezogene Absicht vorhanden sein muss. Wäre dagegen der Sinterofen direkt an die SHIG geliefert worden, wäre es auf Feststellungen zu einer beabsichtigten Nutzung im Rahmen des iranischen Trägerraketenprogramms nicht angekommen (zum Begriff der wirtschaftlichen Ressource s. Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR-Kommentar, 56. EL, § 18 AWG Rn. 36).

b) Auf der Grundlage der Feststellungen hat das Oberlandesgericht ebenso zutreffend ein gewerbsmäßiges Handeln beider Angeklagten im Sinne des § 18 Abs. 7 Nr. 2 Alternative 1 AWG angenommen.

Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen will (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 28. November 2017 - 3 StR 344/17, juris Rn. 11). Erforderlich ist stets eine Eigennützigkeit und damit ein vom Tatbeteiligten erstrebter Zufluss von Vermögensvorteilen an sich selbst (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341 , 343; Fischer, StGB , 66. Aufl., Vor § 52 Rn. 61a mwN). Der erstmalige Verstoß kann ausreichend sein, auch wenn es entgegen der Intention des Beteiligten nicht zu weiteren entsprechenden Straftaten kommt; freilich muss sich seine Vorstellung gerade auf die nicht nur vorübergehende Einnahmequelle aus solchen Taten beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, NStZ-RR 2006, 106 , 107; ferner Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR-Kommentar, 56. EL, Vor §§ 17, 18 AWG Rn. 115, § 18 AWG Rn. 102; MüKoStGB/Wagner, 2. Aufl., § 17 AWG Rn. 43, § 18 AWG Rn. 128). Dabei genügt die Absicht der Tatbegehung bei sich bietender günstiger Gelegenheit (s. RG, Urteil vom 27. November 1923 - IV 398/23, RGSt 58, 19, 20; OLG Bremen, Urteil vom 10. August 1992 - Ss 46/90, wistra 1993, 34 , 35; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 263 StGB Rn. 131).

Diese Voraussetzungen für ein gewerbsmäßiges Handeln hat das Oberlandesgericht für beide Angeklagten festgestellt: Der Angeklagte K. hatte die Absicht, weitere für ihn persönlich wirtschaftlich vorteilhafte Geschäfte abzuschließen und abzuwickeln, und war bereit, auch zukünftig mögliche Verstöße gegen ein Bereitstellungsverbot in Kauf zu nehmen. Der Angeklagte S. beabsichtigte, durch vergleichbare "Projekte" weiterhin Provisionen zu erzielen; er hielt es für möglich und fand sich damit ab, mit solchen Vorhaben hinter A. stehenden, vom Iran-Embargo erfassten Begünstigten wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Entgegen der Ansicht der Revision des Angeklagten K. steht der Gewerbsmäßigkeit nicht entgegen, dass sich der zielgerichtete Wille beider Angeklagten allein auf künftige Vermögensvorteile bezog, während sie weitere Verstöße gegen ein Bereitstellungsverbot in ihre jeweilige Vorstellung nur als mögliche Folgen der Umsetzung dieses Willens aufnahmen. Gewerbsmäßiges Handeln wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der mit Gewinnerzielungsabsicht handelnde Täter lediglich damit rechnet, auch weiterhin dasselbe Strafgesetz zu verletzen. Neben dem zielgerichteten Willen zu wiederkehrenden Einnahmen genügt hinsichtlich der übrigen Deliktsvoraussetzungen bedingter Vorsatz (vgl. BayObLG, Urteil vom 19. September 1951 - III 316/51, BayObLGSt 1949-51, 502 ; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch, StGB , 30. Aufl., Vorbem. zu §§ 52 ff. Rn. 96). Denn auch in solchen Fällen ist - ebenso wie in Fällen der Absicht der Tatbegehung bei sich bietender günstiger Gelegenheit - eine deutlich erhöhte Wiederholungsgefahr gegeben, welche die Anwendung des schärferen Strafrahmens rechtfertigt (zur Legitimation und dem Zweck des Merkmals der Gewerbsmäßigkeit als persönlicher Strafschärfungsgrund s. Brodowski, wistra 2018, 97 , 99 mwN). Diese Auslegung steht zudem im Einklang mit der in einigen Vermögensstraftatbeständen normierten Bereicherungsabsicht (etwa § 253 Abs. 1 , § 263 Abs. 1 StGB ), die auch in Fällen einer nur bedingt vorsätzlichen Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale ohne weiteres vorliegen kann.

Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 16.04.2018
Fundstellen
NStZ 2019, 736