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BGH - Entscheidung vom 13.06.2019

AnwZ (Brfg) 25/19

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

BGH, Beschluss vom 13.06.2019 - Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 25/19

DRsp Nr. 2019/14189

Klage gegen den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls; Antrag auf Zulassung der Berufung

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das dem Kläger an Verkündungs statt am 21. Februar 2019 zugestellte Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Rheinland-Pfalz wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ;

Gründe

I.

Der 1967 geborene Kläger ist seit 1999 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 27. September 2018 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ). Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Senat legt die Eingabe des Klägers, in der das Rechtsmittel nicht ausdrücklich bezeichnet ist, als Antrag auf Zulassung der Berufung aus, da dies das einzige in Betracht kommende Rechtsmittel ist und der Kläger in der Begründung Zulassungsgründe geltend macht. Der Antrag ist nach § 112e Satz 2 BRAO , § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO , § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO ).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschluss vom 4. März 2019 - AnwZ (Brfg) 47/18, juris Rn. 3). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den Zulassungsgrund dann nicht aus, wenn sie nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. März 2019 - AnwZ (Brfg) 66/18, juris Rn. 5).

Entsprechende Zweifel vermag der Kläger nicht darzulegen. Das Urteil des Anwaltsgerichtshofs steht im Einklang mit der Senatsrechtsprechung.

a) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 4. März 2019 - AnwZ (Brfg) 47/18, juris Rn. 4 und vom 7. Dezember 2018 - AnwZ (Brfg) 55/18, juris Rn. 5; jeweils mwN).

Die Begründung des Zulassungsantrags gibt keine Veranlassung zu einer Überprüfung der ständigen Rechtsprechung des Senats. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist ein Hinausschieben des Zeitpunkts der Beurteilung einer Widerrufsverfügung nicht geboten. Dass der Rechtsanwalt bei nachträglichen Entwicklungen auf ein Wiederzulassungsverfahren verwiesen wird, führt nicht zu unverhältnismäßigen Ergebnissen und verstößt auch nicht gegen die nach Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Freiheit der Berufswahl. Die beruflichen Nachteile, die einem Rechtsanwalt durch den Verweis auf ein erneutes Zulassungsverfahren entstehen, sind vergleichsweise gering, denn der Rechtsanwalt hat bei nachträglichem Wegfall des Widerrufsgrundes einen Anspruch auf sofortige Wiederzulassung und kann jederzeit einen entsprechenden Antrag stellen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 18. Februar 2019 - AnwZ (Brfg) 65/17, juris Rn. 5 mwN). Dieser setzt nicht voraus, dass der Anfechtungsprozess abgeschlossen ist. Sind die Voraussetzungen für die Wiederzulassung erfüllt, ist die Rechtsanwaltskammer vielmehr unabhängig davon zur Wiederzulassung verpflichtet und kann gegebenenfalls der Rechtsanwalt gegen einen ablehnenden Bescheid gerichtlich vorgehen und dieses Verfahren mit dem Anfechtungsprozess verbunden werden. Auf diese Weise kann bei zweifelsfreiem Wegfall des Widerrufsgrundes eine lückenlose Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sichergestellt werden (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 4. März 2019 - AnwZ (Brfg) 47/18, juris Rn. 4 und vom 7. Dezember 2018 - AnwZ (Brfg) 55/18, juris Rn. 6; jeweils mwN).

Auch der Verweis des Klägers auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Anfechtung einer Ausweisungsentscheidung (BVerwG, NVwZ 2008, 434 Rn. 11 ff.) und bei Klagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels (BVerwG, NVwZ 2010, 262 Rn. 36 ff.) gibt keine Veranlassung, die ständige Rechtsprechung des Senats zu überprüfen. Diese Entscheidungen besagen nichts für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Zulassungswiderrufs. Denn der bei Anfechtungsklagen für die gerichtliche Nachprüfung eines Verwaltungsakts maßgebliche Beurteilungszeitpunkt bestimmt sich nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 10), worauf auch das Bundesverwaltungsgericht abgestellt hat (BVerwG, NVwZ 2008, 434 Rn. 13).

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine Verschiebung des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Zulassungswiderrufs maßgeblichen Zeitpunkts im Hinblick auf einen von ihm behaupteten Herstellungs- und Folgenbeseitigungsanspruch wegen angeblich pflicht- und treuwidrigen Verhaltens des Versorgungswerks sowie der Beklagten nicht in Betracht. Entscheidend ist, ob die Widerrufsentscheidung der Beklagten rechtmäßig ergangen ist. Ist dies nicht der Fall, ist sie aufzuheben. Anderenfalls hat diese Bestand und dem Kläger verbleibt die Möglichkeit, ein Wiederzulassungsverfahren zu betreiben. Die Umstände, die die Rechtmäßigkeit des Bescheids betreffen, sind dementsprechend unmittelbar bei der Rechtmäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Darüber hinausgehende, hierfür nicht relevante Aspekte sind dagegen unbeachtlich und führen auch nicht zu einem Hinausschieben des entscheidenden Beurteilungszeitpunkts.

b) Im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung befand sich der Kläger in Vermögensverfall. Er war auf Anordnung des Insolvenzgerichts nach § 26 Abs. 2 InsO im Hinblick auf die Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis eingetragen (§ 882b ZPO ). Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wird der Vermögensverfall des Rechtsanwalts dann widerlegbar vermutet. Die Vermutung ist hier nicht bereits deshalb widerlegt, weil die Forderung des Versorgungswerks nach der Eintragung im Schuldnerverzeichnis durch Niederschlagung von 39.972,30 Euro auf 3.558,50 Euro und hiernach durch Teilzahlung auf 3.412,20 Euro bei Erlass des Widerrufsbescheids reduziert wurde. Die Eintragung bestand zu Recht fort, da die Reduzierung der Forderung keinen Löschungsgrund nach § 882e ZPO begründete.

Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung hat der Rechtsanwalt ein auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids bezogenes vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten vorzulegen und konkret darzulegen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet waren (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 21. Dezember 2018 - AnwZ (Brfg) 33/18, juris Rn. 10 und vom 30. Januar 2017 - AnwZ (Brfg) 61/16, juris Rn. 4). Das ist hier nicht erfolgt. Der Kläger hat nicht dargelegt, wie er die noch offene Forderung im Zeitpunkt des Widerrufsbescheids zurückführen oder anderweitig regulieren wollte.

Im Hinblick darauf, dass ein Vermögensverfall bereits wegen der Eintragung im Schuldnerverzeichnis vermutet wird und diese Vermutung nicht widerlegt wurde, kommt es auf eventuelle weitere Beweisanzeichen hierfür, insbesondere auf das Teil-Versäumnisurteil des Amtsgerichts M. vom 5. Juli 2018 betreffend die Räumung der Kanzleiräume des Klägers sowie rückständigen Mietzins nicht an. Soweit sich der Zulassungsantrag hierauf bezieht, fehlt es mithin bereits an einer Entscheidungserheblichkeit.

c) Das Vorbringen des Klägers gegen die Forderung und das Vorgehen des Versorgungswerks, die zum Insolvenzantrag, dessen Ablehnung und der Eintragung im Schuldnerverzeichnis führten, ist nicht erheblich. Denn in ständiger Rechtsprechung geht der Senat von einer Tatbestandswirkung der Titel und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus. Im Widerrufsverfahren nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO werden demnach Titel und Vollstreckungsmaßnahmen nicht auf ihre inhaltliche und verfahrensrechtliche Richtigkeit überprüft. Behauptete Fehler sind in den jeweils vorgesehenen Verfahren geltend zu machen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 18. Februar 2019 - AnwZ (Brfg) 65/17, juris Rn. 8 mwN). Ebenso wenig sind die Voraussetzungen der insolvenzrechtlichen Entscheidungen zu überprüfen. Denn dies obliegt der Beurteilung des Insolvenzgerichts (Senat, Beschluss vom 5. Februar 2019 - AnwZ (Brfg) 50/18, juris Rn. 12).

d) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt mindestens voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanteninteressen effektiv verhindern. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind dagegen grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2018 - AnwZ (Brfg) 65/18, juris Rn. 7). Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Gefährdung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung ausnahmsweise nicht bestand, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Behauptung des Klägers, dass er im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit keine Fremdgelder annehme und die Kostenerstattungen, die er entgegennehme, sich auf seine Gebühren beschränkten, reicht hierfür nicht aus.

e) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, dass die Beklagte treuwidrig gehandelt und ihn vor Erlass der Widerrufsentscheidung nicht über die Möglichkeiten zur Beseitigung der Widerrufsgründe aufgeklärt habe. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag die Rechtmäßigkeit des Widerrufs nicht betrifft, hat die Beklagte im Rahmen des Anhörungsverfahrens vor Erlass des Widerrufsbescheids hinreichend auf die Gründe des beabsichtigten Widerrufs sowie die Möglichkeiten, diesen zu verhindern, hingewiesen. Zudem dient die Anhörungsfrist nicht der Ermöglichung der Ordnung der Vermögensverhältnisse (vgl. Senat, Beschlüsse vom 8. Januar 2018 - AnwZ (Brfg) 10/17, juris Rn. 27 und vom 4. Februar 2016 - AnwZ (Brfg) 59/15, juris Rn. 9).

2. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) hat der Kläger nicht dargelegt. Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur Senat, Beschluss vom 5. April 2019 - AnwZ (Brfg) 2/19, juris Rn. 13 mwN). Diese Voraussetzungen sind vom Beschwerdeführer darzulegen. Insbesondere muss begründet werden, warum ein korrigierendes Eingreifen des Bundesgerichtshofs erforderlich ist (vgl. nur Senat, Beschluss vom 5. April 2019, aaO).

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Der Kläger trägt zur Begründung dieses Zulassungsgrundes vor, hinsichtlich der notwendigen Verlagerung des maßgeblichen Beurteilungszeitraums und des Hineinwirkens des Herstellungsanpruchs liege besondere Bedeutung vor. Die Frage, wie rücksichtslos das Versorgungswerk wegen tatsächlicher oder umstrittener Beiträge gegen ihre Mitglieder vorgehen dürfe, um sich dieser über den Umweg des Vermögensverfalls zu entledigen, bedürfe der Klärung. Dieser Vortrag begründet die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht. Wie ausgeführt kommt ein Hinausschieben des maßgeblichen Zeitpunkts offensichtlich nicht in Betracht. Zudem ist das vom Kläger behauptete und angegriffene Verhalten des Versorgungswerks nicht erheblich (hierzu oben II 1 a und c).

3. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ) ist ebenfalls nicht gegeben. Die vom Kläger geltend gemachte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt liegt nicht vor (hierzu oben II 1 a).

4. Die Rechtssache weist aus den vorstehenden Gründen auch keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zu Grunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen deutlich abhebt (vgl. nur Senat, Beschluss vom 4. März 2019 - AnwZ (Brfg) 47/18, juris Rn. 15 mwN). Das ist nicht der Fall. Die Sache ist nach Maßgabe der ständigen Senatsrechtsprechung eindeutig.

5. Dem Anwaltsgerichtshof ist schließlich kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf dem sein Urteil beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ).

a) Entgegen der Auffassung des Klägers liegt nicht deshalb eine unzulässige Überraschungsentscheidung vor, weil der Anwaltsgerichtshof erstmals in seinem Urteil zur Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden auf mögliche Kostenerstattungen hingewiesen hat. Eine gerichtliche Entscheidung stellt nur dann ein unzulässiges Überraschungsurteil dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit welcher auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (Senat, Beschluss vom 5. April 2019 - AnwZ (Brfg) 2/19, juris Rn. 11 mwN). Das ist hier nicht der Fall. Der Anwaltsgerichtshof hat seinem Urteil die oben zitierte ständige Senatsrechtsprechung dazu zu Grunde gelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Gefährdung der Rechtsuchenden ausgeschlossen ist. Damit musste der Kläger rechnen. Sein Vortrag war von vornherein und ist weiterhin nicht ausreichend, um einen solchen Ausschluss ausnahmsweise zu begründen. Darauf, ob er im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung tatsächlich Fremdgelder einnahm, kommt es nicht an.

b) Es stellt weiter keinen Verfahrensfehler dar, dass der Anwaltsgerichtshof die Akten des Versorgungswerks nicht beigezogen hat. Der Anwaltsgerichtshof hat hiermit nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO ) verstoßen. Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren erster Instanz, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 4. März 2019 - AnwZ (Brfg) 47/18, juris Rn. 19 mwN). Diesen Voraussetzungen genügt der Zulassungsantrag nicht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich aus der Akte des Versorgungswerks Entscheidungserhebliches ergeben könnte, zumal die Vorwürfe des Klägers gegenüber dem Versorgungswerk im Rahmen der Entscheidung über den Widerruf unerheblich sind (hierzu oben II 1 c).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 154 Abs. 2 VwGO , die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO .

Vorinstanz: AnwGH Rheinland-Pfalz, vom 21.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 1 AGH 10/18