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BGH - Entscheidung vom 19.09.2019

IX ZR 148/18

Normen:
InsO §133 Abs. 1
InsO §133 Abs. 1
InsO § 133 Abs. 1

Fundstellen:
DB 2019, 2512
DStR 2020, 57
DZWIR 2020, 414
MDR 2019, 1473
NJW-RR 2020, 40
NZG 2020, 134
NZG 2020, 25
NZI 2020, 25
WM 2019, 2122
ZIP 2019, 2225
ZInsO 2019, 2412

BGH, Urteil vom 19.09.2019 - Aktenzeichen IX ZR 148/18

DRsp Nr. 2019/15883

Insolvenzanfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung; Beweiswürdigung hinsichtlich der Kenntnis des Gläubigers von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners; Darlegungs- und Beweislast des anfechtenden Insolvenzverwalters für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners

a) Handelt der Schuldner bei einem bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausch mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, weil er fortlaufend unrentabel arbeitet und deshalb auch der Austausch gleichwertiger Leistungen keinen Nutzen für die Gläubiger erwarten lässt, kann eine Kenntnis des Anfechtungsgegners von seinem Benachteiligungsvorsatz regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn dieser von der fehlenden Rentabilität weiß.b) Die Darlegungs- und Beweislast für diese Kenntnis des Anfechtungsgegners trifft den anfechtenden Insolvenzverwalter.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 18. Mai 2018 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 15. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Normenkette:

InsO § 133 Abs. 1 ;

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 23. Januar 2012 am 1. Februar 2012 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. - GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Beklagte ist eine internationale Spedition, die mit der Schuldnerin in ständiger Geschäftsbeziehung stand und für diese unter anderem den Import von Möbeln aus der Volksrepublik China mittels Seefracht abwickelte. Die Parteien streiten um die Rückgewähr von zwei Zahlungen, welche die Schuldnerin am 11. Januar 2012 in Höhe von 22.597,79 € und 16.369,58 € an die Beklagte leistete.

Der Abwicklung der Aufträge, die zu den Zahlungen vom 11. Januar 2012 führten, ging ein erstes Insolvenzantragsverfahren voraus. Die Schuldnerin hatte am 14. Oktober 2011 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt. Aufgrund dieses Antrags hatte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und zugleich angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin nur noch mit dessen Zustimmung wirksam seien. Nach seiner Bestellung sandte der Kläger der Beklagten am 17. Oktober 2011 zunächst eine schriftliche Bestätigung, nach der er Leistungen, die von der Beklagten ab dem 18. Oktober 2011 erbracht wurden, aus dem von ihm eingerichteten Treuhandkonto bezahlen werde. Mit einem weiteren Schreiben vom 1. November 2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er als vorläufiger Insolvenzverwalter die notwendigen Maßnahmen veranlasst habe, damit ein reibungsloser Betriebsablauf gewährleistet sei. Dies betreffe sowohl die Herstellung als auch die Distribution der Produkte der Schuldnerin. Ferner erklärte er in dem Schreiben:

"Ich bitte Sie deshalb, die Bemühungen um einen langfristigen Fortbestand der Fa. A. durch die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung zu unterstützen. Für die Aufrechterhaltung der Wertschöpfungskette ist es unbedingt erforderlich, dass die kontinuierliche Warenversorgung sichergestellt ist. Leistungen, die nach dem 14. Oktober 2011 erbracht wurden, werden aus dem von mir eingerichteten Treuhandkonto bezahlt."

Im Anschluss an diese Schreiben nahm die Beklagte am 8. Dezember 2011 zwei Aufträge der Schuldnerin an, die darauf gerichtet waren, den gesamten Aufwand einer Seefracht einschließlich Verzollung und einfuhrumsatzsteuerlicher Behandlung aus China zu übernehmen. Die Abwicklung dieser Frachtgeschäfte, welche die Beklagte am 21. Dezember 2011 und am 2. Januar 2012 abrechnete, erfolgte zum Jahreswechsel 2011/2012. Am 28. Dezember 2011 nahm die Schuldnerin ihren Insolvenzantrag zurück. Hiervon erfuhr die Beklagte durch Rundschreiben der Schuldnerin vom 2. Januar 2012 am 3. Januar 2012.

Das Landgericht hat die seitens des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung auf den erneuten Insolvenzantrag unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung erhobene Klage auf Rückzahlung der 38.967,37 € aufgrund treuwidrigen Verhaltens des Klägers abgewiesen. Diese Entscheidung hat das Berufungsgericht aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung des begehrten Betrages zuzüglich Zinsen verurteilt. Mit ihrer vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts und Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.

Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten mit folgenden Erwägungen begründet:

Die Voraussetzungen für eine Vorsatzanfechtung gemäß § 143 Abs. 1 , § 129 Abs. 1 , § 133 Abs. 1 InsO seien gegeben. Die beiden am 11. Januar 2012 geleisteten Zahlungen seien Rechtshandlungen der Schuldnerin im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO , die zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung geführt hätten. Die Schuldnerin habe mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt. Sie sei zahlungsunfähig gewesen und habe hiervon Kenntnis gehabt. Es sei nicht festzustellen, dass die Zahlungsunfähigkeit nachträglich wieder entfallen sei und die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wiederaufgenommen habe.

Die Beklagte habe den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gekannt. Zum Zeitpunkt des Empfangs der Zahlungen am 11. Januar 2012 sei auch ihr die Zahlungsunfähigkeit bekannt gewesen. Aufgrund des Insolvenzantrags der Schuldnerin vom 14. Oktober 2011 habe sich ihr der Eindruck aufdrängen müssen, dass die Schuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Mit der Rücknahme des Insolvenzantrags am 28. Dezember 2011 und dem Schreiben der Schuldnerin vom 2. Januar 2012, in dem die Schuldnerin sie über die Antragsrücknahme in Kenntnis gesetzt und um die zeitnahe Aufnahme von Gesprächen über die Außenstände und deren Tilgung gebeten hatte, könne die Beklagte den Wegfall der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nicht begründen. Einziger Grund für die Aufnahme derartiger Gespräche könne es gewesen sein, Stundungen oder Ratenzahlungen zu vereinbaren.

Der Anspruch des Klägers sei nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Die vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fälle, in denen der spätere Insolvenzverwalter die Erfüllung von Verbindlichkeiten nicht anfechten könne, die der Schuldner im Eröffnungsverfahren mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters begründet habe, seien nicht vergleichbar. Anders als in den entschiedenen Fällen, in denen der vorläufige Verwalter dem Gläubiger - ebenso wie im Streitfall - eine Erfüllungszusage gegeben habe, sei die Erfüllung am 11. Januar 2012 nicht durch den vorläufigen Insolvenzverwalter, sondern nach Rücknahme des ersten Insolvenzantrags durch die Schuldnerin selbst erfolgt. Die Zustimmung des vorläufigen Verwalters zu dem Vertragsschluss und die Erfüllungszusage seien nur dann zu beachten, wenn auch die Erfüllung noch unter der Kontrolle des vorläufigen Verwalters stattfinde. Andernfalls habe der vorläufige Verwalter durch seine Zusagen zwar zunächst eine Vertrauensposition aufgebaut. Diese könne sich aber nicht manifestieren, wenn die Befriedigung nicht mehr mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters erfolge.

Eine bargeschäftsähnliche Situation im Sinne des § 142 InsO , welche die Anfechtung ausschließen könne, liege nicht vor. Die Schuldnerin müsse sich der eingetretenen Gläubigerbeteiligung trotz des Austauschgeschäftes bewusst gewesen sein, denn sie habe gewusst, dass sie trotz Leistungserbringung zu marktgerechten Preisen fortlaufend unrentabel gearbeitet habe. Sie habe deshalb nicht davon ausgehen können, dass die Fortsetzung der Geschäfte mit der Beklagten ihren Gläubigern im Allgemeinen genützt hätte. Auf die Kenntnis der Beklagten komme es im Rahmen der bargeschäftsähnlichen Leistungserbringung nach § 142 InsO nicht an. Der Einwand der Beklagten, sie habe keine Anhaltspunkte für ein weiteres defizitäres Wirtschaften der Schuldnerin gehabt, sei deshalb unerheblich.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

1. Anfechtbar nach § 133 Abs. 1 InsO in der hier anwendbaren Fassung vom 5. Oktober 1994 (vgl. Art. 103j EGInsO ) sind nur Vermögensverlagerungen, die durch eine Rechtshandlung des Schuldners bewirkt wurden und die zu einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger (§ 129 Abs. 1 InsO ) geführt haben. Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Die Revision nimmt das hin. Rechtsfehler sind nicht erkennbar.

2. Die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die angefochtenen Zahlungen mit dem Vorsatz erbracht, ihre Gläubiger zu benachteiligen, ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch dies wird von der Revision hingenommen.

a) Die Schuldnerin war trotz Rücknahme des Insolvenzantrags weiter zahlungsunfähig. Anhand des dem Insolvenzgericht am 28. Dezember 2011 vorgelegten Gutachtens des vorläufigen Insolvenzverwalters hat das Berufungsgericht die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt festgestellt. Hieran hat sich nach diesem Datum bis zum erneuten Insolvenzantrag am 23. Januar 2012 nichts geändert. Die Schuldnerin, die ihre Zahlungsunfähigkeit kannte, hat dementsprechend mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt.

b) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein auf eine Gläubigerbenachteiligung gerichteter Vorsatz der Schuldnerin nicht unter dem Gesichtspunkt eines bargeschäftsähnlichen Leistungsaustauschs ausgeschlossen ist.

aa) Nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Senats handelt der Schuldner in Fällen kongruenter Leistungen trotz der Indizwirkung einer erkannten Zahlungsunfähigkeit ausnahmsweise nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er seine Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im Allgemeinen nutzt (BGH, Urteil vom 4. Mai 2017 - IX ZR 285/16, ZInsO 2017, 1366 Rn. 7 mwN; Beschluss vom 27. September 2018 - IX ZR 313/16, ZInsO 2018, 2519 Rn. 3; Urteil vom 18. Juli 2019 - IX ZR 258/18, ZInsO 2019, 1787 Rn. 22). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass eine Betriebsfortführung regelmäßig für die Gläubiger von Nutzen ist. Gleiches hat dann für Leistungen zu gelten, welche für die Fortführung des Betriebs notwendig sind und diese deshalb erst ermöglichen. Auch im Falle eines bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausches wird sich der Schuldner der eintretenden mittelbaren Gläubigerbenachteiligung allerdings dann bewusst werden, wenn er weiß, dass er trotz Belieferung zu marktgerechten Preisen fortlaufend unrentabel arbeitet und deshalb bei der Fortführung seines Geschäfts mittels der durch bargeschäftsähnliche Handlungen erworbenen Gegenstände weitere Verluste anhäuft, welche die Befriedigungsaussichten der Gläubiger weiter mindern, ohne dass auf längere Sicht Aussicht auf Ausgleich besteht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2017, aaO).

bb) Nach diesen Grundsätzen konnte die Schuldnerin möglicherweise zum Zeitpunkt der Erteilung der Aufträge am 8. Dezember 2011, nicht aber zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entgeltzahlung am 11. Januar 2012 von einem den Gläubigern nützlichen bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausch ausgehen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts arbeitete sie nach der Rücknahme des Insolvenzantrags weiter fortlaufend unwirtschaftlich und häufte ohne Hoffnung auf Besserung weitere Verluste an. Daran änderte auch das mit der Beklagten zu marktüblichen Konditionen abgeschlossene Austauschgeschäft, welches im Wesentlichen daraus bestand, dass die Beklagte Frachtkosten, Zoll und Einfuhrumsatzsteuer verauslagte, nichts. Für die Schuldnerin galt deshalb nach Rücknahme des Insolvenzantrags die Erkenntnis, dass sie trotz Fortführung ihres Geschäfts mittels durch bargeschäftsähnliche Handlungen erworbener Gegenstände weitere Verluste anhäufte, welche die Befriedigungsaussichten der Gläubiger weiter minderten, ohne dass auf längere Sicht Aussicht auf Ausgleich bestand.

3. Ohne tragfähige Begründung hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagte habe den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gekannt. Die Auffassung, eine Anfechtung sei nicht wegen eines bargeschäftsähnlichen Leistungsaustauschs ausgeschlossen, weil es dabei nicht auf die Kenntnis des Anfechtungsgegners ankomme und der Einwand der Beklagten, sie habe keine Anhaltspunkte für ein weiteres defizitäres Wirtschaften der Schuldnerin gehabt, deshalb unerheblich sei, beruht auf einem Rechtsfehler.

Der Bundesgerichtshof hat für den Fall des Austausches von Leistungen des zahlungsunfähigen Schuldners mit einem Gläubiger in bargeschäftsähnlicher Weise entschieden, allein aus dem Wissen des Gläubigers um die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners könne nicht auf sein Wissen von einer Gläubigerbenachteiligung geschlossen werden. Ein solcher Schluss setze vielmehr das Wissen des Anfechtungsgegners voraus, dass die Belieferung des Schuldners mit gleichwertigen Waren für die übrigen Gläubiger nicht von Nutzen ist, weil der Schuldner fortlaufend unrentabel arbeitet und weitere Verluste erwirtschaftet (BGH, Urteil vom 4. Mai 2017 - IX ZR 285/16, ZInsO 2017, 1366 Rn. 8 f). Damit ist die Ansicht des Berufungsgerichts, es komme im Rahmen der bargeschäftlichen Leistung auf die Kenntnis der Beklagten nicht an, nicht zu vereinbaren.

4. Das Berufungsurteil beruht auf dem dargestellten Rechtsfehler. Nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt scheidet eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO aus, weil bei Berücksichtigung der Grundsätze zum bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausch eine Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht festgestellt werden kann.

a) Bei den von der Beklagten auftragsgemäß zu erbringenden Leistungen handelte es sich, wie sich aus dem Schreiben des Klägers vom 1. November 2011 ergibt, um Leistungen, die zur Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin notwendig waren und deshalb den Gläubigern allgemein nützten. Anhaltspunkte für eine fehlende Ausgewogenheit der mit Billigung des vorläufigen Insolvenzverwalters abgeschlossenen Geschäfte bestehen nicht. Der für ein Bargeschäft erforderliche enge zeitliche Zusammenhang ist zwischen der Auslieferung der Container Ende des Jahres 2011/Anfang des Jahres 2012 und der Begleichung der Rechnungen der Beklagten am 11. Januar 2012 gewahrt.

b) Infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs kann der Beklagten die eingetretene mittelbare Gläubigerbenachteiligung und damit auch ein hierauf gerichteter Vorsatz der Schuldnerin nicht bewusst geworden sein. Das Schreiben des Klägers vom 1. November 2011 hatte den Eindruck erweckt, dass durch die Erteilung neuer Aufträge und die Aufrechterhaltung der Wertschöpfungskette die Unternehmensfortführung auch zum Nutzen der Gläubiger gesichert werden konnte. Aus der Mitteilung der Schuldnerin vom 2. Januar 2012, dass sie den Insolvenzantrag zurückgenommen habe, ergaben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die nachfolgenden Zahlungen nunmehr mit dem Vorsatz, die Gläubiger zu benachteiligen, erfolgten.

c) Gleichwohl wäre eine Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin anzunehmen, wenn sie gewusst hätte, dass die Schuldnerin fortlaufend unrentabel arbeitete und deshalb bei Durchführung der Frachtgeschäfte nicht mit einem Nutzen für die Gläubiger, sondern nur mit der Anhäufung weiterer Verluste zu rechnen war. Davon kann aber nach dem maßgeblichen Sach- und Streitstand nicht ausgegangen werden. Die Darlegungs- und Beweislast trifft insoweit den anfechtenden Insolvenzverwalter (BGH, Urteil vom 4. März 2017 - IX ZR 285/16, ZInsO 2017, 1366 Rn. 13). Der Kläger hat ein entsprechendes, von der Beklagten in Abrede gestelltes Wissen weder behauptet noch unter Beweis gestellt.

5. Ob einer Vorsatzanfechtung auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB ) entgegensteht, weil der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter im ersten Eröffnungsverfahren den Aufträgen zugestimmt und die Bezahlung zugesagt hat, braucht nicht entschieden zu werden.

III.

Das Berufungsurteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO ).

Von Rechts wegen

Verkündet am: 19. September 2019

Vorinstanz: LG Hamburg, vom 15.06.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 304 O 90/16
Vorinstanz: OLG Hamburg, vom 18.05.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 109/17
Fundstellen
DB 2019, 2512
DStR 2020, 57
DZWIR 2020, 414
MDR 2019, 1473
NJW-RR 2020, 40
NZG 2020, 134
NZG 2020, 25
NZI 2020, 25
WM 2019, 2122
ZIP 2019, 2225
ZInsO 2019, 2412