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BGH - Entscheidung vom 02.10.2019

AK 51/19

Normen:
AWG § 18 Abs. 5 S. 1 Nr. 1
AWG § 18 Abs. 7 Nr. 2
VO(EG) 428/2009 (Dual-Use) Art. 3 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 02.10.2019 - Aktenzeichen AK 51/19

DRsp Nr. 2019/15838

Fortdauer einer Untersuchungshaft aufgrund des Vorwurfs von Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz; Verstoß gegen die EG-DualUse-Verordnung durch die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck

Tenor

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg übertragen.

Normenkette:

AWG § 18 Abs. 5 S. 1 Nr. 1; AWG § 18 Abs. 7 Nr. 2; VO(EG) 428/2009 (Dual-Use) Art. 3 Abs. 1;

Gründe

I.

Der Angeschuldigte ist am 18. Dezember 2018 aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 12. Dezember 2018 ( 1 BGs 515/18) festgenommen worden und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2019 den ursprünglichen Haftbefehl aufgehoben und durch einen neu gefassten Haftbefehl ( 1 BGs 156/19) ersetzt.

Gegenstand des aktuellen Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe gewerbsmäßig zwischen September 2014 und Juni 2018 durch die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck gegen die EG-DualUse-Verordnung verstoßen sowie einem Ausfuhrverbot und einem Dienstleistungsverbot eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Union sowie in fünf Fällen einer Rechtsverordnung zuwidergehandelt, indem er von der Ausfuhrliste erfasste Güter vom Inland aus nach Russland verkauft oder ausgeführt habe, strafbar gemäß § 18 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 2 AWG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009; § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 AWG i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 vom 31. Juli 2014; § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 AWG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c, Art. 1 Buchst. a und c VO (EU) Nr. 833/2014, §§ 52 , 53 StGB ; § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 AWG i.V.m. § 74 Abs. 1 Nr. 12 AWV, § 80 Nr. 1 AWV, §§ 52 , 53 StGB .

Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Juli 2019 ( AK 34/19) entschieden, dass seinerzeit eine Haftprüfung nicht veranlasst gewesen sei, da im Hinblick auf die im Haftbefehl vom 14. Mai 2019 erstmals aufgeführten Taten eine neue, ab dem 1. März 2019 laufende Sechsmonatsfrist im Sinne des § 121 Abs. 1 StPO in Gang gesetzt worden sei.

Der Generalbundesanwalt hat mit Anklageschrift vom 7. August 2019 wegen der dem Haftbefehl zugrundeliegenden Tatvorwürfe Anklage zum Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg erhoben.

II.

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

1. Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Zwischen September 2014 und Juni 2018 verkaufte der Angeschuldigte gewerbsmäßig als Geschäftsführer der S. (S. ) in sieben Fällen gelistete Güter im Gesamtwert von 1.832.900 €, die für eine Verwendung im Bereich der militärischen Trägertechnologie besonders geeignet sind, an Empfänger in Russland und/oder führte sie aus Deutschland aus; in einem Fall nahm er eine gelieferte Anlage in Russland in Betrieb.

a) Seit dem Jahr 2013 bemühte sich der Angeschuldigte zum Zwecke der Gewinnerzielung durch Weiterverkauf um die Lieferung heißisostatischer Pressen (HIP) des Herstellers EP. (EP. ) nach Russland. Diese finden insbesondere beim Nachverdichten von gesinterten metallischen und keramischen Werkstücken in der Luft- und Raumfahrttechnik Anwendung.

aa) Am 6. August 2014 meldete der Angeschuldigte für die S. die Ausfuhr einer HIP des Herstellers EP. im Wert von 512.900 € bei der Ausfuhrzollstelle Zollamt K. zur Ausfuhr nach Russland ohne Genehmigung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) an. Hierbei gab er als Empfänger das "Na. " in Moskau an. Als militärischer Endverwender war, wie der Angeschuldigte wusste, die führende wissenschaftliche Forschungsorganisation des russischen Verteidigungskomplexes V. vorgesehen. Am 15. September 2014 führte der Angeschuldigte die HIP mit einem Innendurchmesser von über 152 mm (202 mm) und einem maximalen Arbeitsdruck größer 69 MPa über die Ausgangszollstelle Zollamt L. zur Erfüllung eines bereits vor August 2014 geschlossenen Vertrages nach Russland aus. Ihm war bekannt, dass eine Ausfuhrgenehmigung an den von ihm vorgesehenen Endverwender nicht vorlag und er nicht mit deren Erteilung rechnen konnte (Fall 1).

bb) Mit Vertrag vom 25. Februar 2015 verkaufte die S. , vertreten durch den Angeschuldigten, eine HIP 200-300*450 K des Herstellers EP. zum Gesamtpreis von 1.200.000 € an das russische Unternehmen E. in Moskau (im Folgenden: E. ). Endempfänger sollte das mit der Entwicklung von Überschalltriebwerken befasste C. (C. ) in Moskau sein. In Ausführung des Geschäfts bestellte der Angeschuldigte die Presse am 6. März 2015 bei EP. zum Gesamtpreis von 1.000.000 €. Nach verschiedenen vergeblichen Genehmigungs- und Ausfuhrbemühungen entschloss er sich, die Lieferung zur Verschleierung der weiterhin von ihm betriebenen Ausfuhr in mehrere Einzellieferungen aufzuteilen. Er wusste, dass die Maschine im Anhang I der EG-Dual-Use-Verordnung gelistet war, und nahm eine militärische Endverwendung billigend in Kauf. Am 22. Januar 2018 meldete er die zum Betrieb der Anlage erforderlichen elektrischen Heizwiderstände im Gesamtwert von 95.870 € beim Hauptzollamt P. , Zollamt Ve. , zur Ausfuhr nach Russland an. Dabei tauschte er den bisherigen Empfänger E. , der den Exportkontrollbehörden aufgrund des BAFA-Antrags bereits bekannt war, durch das Unternehmen Te. in Moskau/Russland aus. Die Waren wurden am 4. Februar 2018 über Polen ausgeführt. Die etwa 35 Tonnen schwere HIP verbrachte er am 26. Februar 2018 verteilt auf drei LKW zunächst an den Zwischenempfänger SI. in Riga/Lettland und ließ sie spätestens am 6. März 2018 von dort weiter nach Russland ausführen, wo sie den Endempfänger C. bestimmungsgemäß jedenfalls am 13. März 2018 erreichte. Insgesamt stellte der Angeschuldigte der Te. für diese Lieferung 859.000 € in Rechnung (Fall 2).

b) Nachdem sich der Angeschuldigte vergeblich darum bemüht hatte, den Hersteller EP. zur Entsendung von Technikern nach Russland zu bewegen, um - wie nach dem Kaufvertrag von der S. gegenüber E. geschuldet - die im Fall 2 an C. gelieferte HIP vor Ort zu montieren, nahm er diese zwischen März und Mai 2018 in eigener Person in T. /Russland verbotswidrig in Betrieb (Fall 3).

c) Der Angeschuldigte verkaufte und lieferte Decaboran nach Russland.

Hierzu im Einzelnen:

aa) Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen Juli 2017 und dem 1. August 2018 verkaufte der Angeschuldigte insgesamt 15 kg Decaboran, 30 Einheiten zu je 0,5 kg, zum Gesamtpreis von 120.000 € an die russische G. mit Sitz in Moskau (im Folgenden: G. ). Das Unternehmen ist dem russischen R. zuzuordnen, der unter anderem mit der Herstellung und Entwicklung von Raketen für militärische Zwecke befasst ist. Dem Angeschuldigten war bekannt, dass Decaboran eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Borane ist und unter die Borhydride fällt. Ferner wusste er, dass diese Verbindung in Raketentreibstoff, Sprengstoffen und Pyrotechnik enthalten ist, daher als Rüstungsgut in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste unter Position 0008 Buchst. c Nr. 3 Unterbuchst. b Unternr. 1 erfasst wird und sowohl der Verkauf als auch die Ausfuhr derartiger Rüstungsgüter den Verboten des von der Europäischen Union mit Beschluss 2014/512/GASP vom 31. Juli 2014 gegen Russland verhängten Waffenembargos unterstehen (Fall 4).

bb) Nachdem der Angeschuldigte die Chemikalie jeweils von dem deutschen Unternehmen Ch. bezogen hatte, nahm er folgende Einzelausfuhren an G. vor:

(1) Er lieferte als Muster 0,5 kg Decaboran zum Preis von 7.000 €, das er am 9. August 2017 per Linienflug nach Moskau brachte (Fall 5).

(2) Bei einer Reise führte er am 27. September 2017 in einem Linienflugzeug 1,5 kg Decaboran zum Preis von 20.000 € nach Russland aus (Fall 6).

(3) Am 28. März 2018 ließ er 0,5 kg Decaboran zum Preis von 6.500 € über das Zollamt Ve. nach Russland ausführen (Fall 7).

(4) Am 19. Juni 2018 ließ er 2,0 kg Decaboran zum Preis von 26.000 € über Helsinki/Finnland nach Russland ausführen (Fall 8).

2. Der dringende Tatverdacht beruht im Wesentlichen auf sichergestellten Ausfuhranträgen, Angebotsschreiben, Rechnungen und Kontoauszügen sowie aus weiterer geschäftlicher Korrespondenz. Wegen der Einzelheiten zur vorläufigen Bewertung der Beweisergebnisse wird auf den Senatsbeschluss vom 25. Juli 2019, die Haftbefehle und die Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen in der Anklageschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen. Dies gilt auch in Bezug auf die Bemessung der lichten Weite, die Inbetriebnahme der HIP in Russland, den Verkauf von 15 kg Decaboran und den Vorsatz des Angeschuldigten.

3. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass sich der Angeschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit strafbar gemacht hat wegen gewerbsmäßiger Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck ohne Genehmigung (Fall 1), wegen gewerbsmäßiger Zuwiderhandlung gegen ein Verkaufs- und Ausfuhrverbot (Fall 2) sowie gegen ein Dienstleistungsverbot (Fall 3) eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Union, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme - Russland-Embargo - dient, und wegen gewerbsmäßigen Verkaufs (Fall 4) sowie gewerbsmäßiger Ausfuhr (Fälle 5 bis 8) von Gütern unter Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsverordnung, die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Sanktionsmaßnahme dient.

Hinsichtlich der rechtlichen Bewertung verweist der Senat auf seine unverändert geltenden Ausführungen im Beschluss vom 25. Juli 2019 - dort unter II. 2. c) - und bemerkt ergänzend dazu:

a) Im Fall 1 ist der Angeschuldigte der gewerbsmäßigen ungenehmigten Ausfuhr nach § 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 2 AWG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 428/2009 (EG-Dual-Use-VO; veröffentlicht in ABl. L 134 vom 29. Mai 2009) dringend verdächtig. Heißisostatische Pressen sind ab einem Innendurchmesser des Kammerraums von 152 mm (sowie weiterer hier im Sinne eines dringenden Tatverdachts gegebener Spezifika) in Anhang I der EGDual-Use-VO entweder unter der Listenposition Nr. 2B104 oder Nr. 2B204 aufgeführt. Hier bedarf jede Ausfuhr aus der Europäischen Union der Genehmigung unabhängig vom Bestehen eines Embargos (vgl. Art. 3 EG-Dual-Use-VO). Der Angeschuldigte handelte nach derzeitigem Ermittlungsstand vorsätzlich; er war über die Listung der Güter durch die zuständige Genehmigungsbehörde unterrichtet worden.

b) Im Fall 2 liegen die Voraussetzungen eines gewerbsmäßigen Embargoverstoßes gemäß § 18 Abs. 1, Abs. 7 Nr. 2 AWG i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 833/2014 (veröffentlicht in ABl. L 229/1 am 31. Juli 2014), die auf den Beschluss 2014/512/GASP vom 31. Juli 2014 (ABl. L 229/13) gestützt ist, vor. Die Ware ist in Anhang I Nr. 2B104 oder 2B204 der EG-Dual-Use-VO gelistet und könnte ganz oder teilweise für militärische Zwecke oder für einen militärischen Endnutzer bestimmt sein.

c) Ob die im aktuellen Haftbefehl vorgenommene konkurrenzrechtliche Bewertung der Taten in jeder Hinsicht zutrifft, bedarf für die Frage der Haftfortdauer weiterhin keiner Entscheidung. Dies gilt sowohl für das Verhältnis von Verkauf sowie Lieferung der HIP 200-300*450 K einerseits (Fall 2) und deren Inbetriebnahme andererseits (Fall 3) als auch für den Verkauf von Decaboran (Fall 4) und die anschließenden Lieferungen (Fälle 5-8; vgl. dazu bereits BGH, Beschluss vom 25. Juli 2019 - AK 34/19, NStZ 2019, 626 Rn. 29 mwN).

Mit Blick auf die Anzahl und das Gewicht der übrigen Tatvorwürfe kommt es zudem nicht darauf an, ob bei der Annahme einer eigenständigen Tat im Fall 3 (vgl. andernfalls Schönke/Schröder/Eser/Weißer, StGB , 30. Aufl., § 9 Rn. 13 mwN) deutsches Strafrecht überhaupt Anwendung findet und insoweit der in Art. 13 Buchst. d VO (EU) Nr. 833/2014 geregelte Geltungsbereich dieser Verordnung für das Strafanwendungsrecht nach §§ 3 ff. StGB , § 18 Abs. 10 AWG von Bedeutung sein kann. Nach dem gegenwärtigen Sachstand ist für die tatsächliche Inbetriebnahme der HIP in Russland ein inländischer Tatort nicht ersichtlich (vgl. zu Dienstleistungen im Ausland Erbs/Kohlhaas/Diemer, 224. EL, AWG § 35 Rn. 1).

4. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO ). Dies ergibt sich aus den im Senatsbeschluss vom 25. Juli 2019 im Einzelnen dargelegten Gründen, die fortgelten und auf die verwiesen wird. Die in der Stellungnahme des Verteidigers vom 26. September 2019 hervorgehobene Haftempfindlichkeit steht der Fluchtgefahr nicht entgegen.

Der Zweck der Untersuchungshaft kann weiterhin nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO , wie etwa die angebotene Kaution, erreicht werden.

5. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO ) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Haftfortdauer.

Es war eine Vielzahl von Unterlagen auszuwerten, die teils fremdsprachig waren und der Übersetzung bedurften. So wurden 125 Aktenordner, 20 Terrabyte Datenbestand und 14.000 überwiegend russischsprachige E-Mails sichergestellt. Ferner sind beispielsweise fachtechnische Stellungnahmen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eingeholt worden. Trotz des insgesamt rechtlich und tatsächlich komplexen Verfahrens hat der Generalbundesanwalt bereits am 7. August 2019 die Anklageschrift fertiggestellt. Mit Blick auf die einzelnen Ermittlungen - etwa eine Zeugenvernehmung am 26. März 2019, eine fachtechnische Stellungnahme vom 14. Mai 2019 sowie diverse Auswertungs- und Aktenvermerke des Zollfahndungsamts St. aus Juli 2019 - bestand entgegen der vom Verteidiger vertretenen Ansicht nicht bereits am 20. Februar 2019 "Anklagereife". Zudem erschien es eingedenk möglicher Bezüge zwischen den verschiedenen gewichtigen Tatvorwürfen nicht geboten, vorab lediglich wegen eines Teils der Vorwürfe Anklage zu erheben (vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, NJW 2009, 1681 , 1686).

Die mit der Sache befasste Vorsitzende des Hanseatischen Oberlandesgerichts hat zwei Tage nach Eingang der Anklage deren Zustellung veranlasst, eine Erklärungsfrist von zwei Wochen gesetzt und sodann unter dem Vorbehalt der Verfahrenseröffnung einen Beginn der Hauptverhandlung ab Ende Oktober 2019 in Aussicht gestellt.

Insgesamt ist das Verfahren hinreichend gefördert worden, wie sich bereits aus den dem Senat vorliegenden Akten ergibt. Daher war dem Antrag des Verteidigers auf Einholung dienstlicher Erklärungen bestimmter Ermittlungsbeamter und des mit der Sache befassten Oberstaatsanwalts beim Bundesgerichtshof zu Details der Ermittlungstätigkeit nicht nachzukommen.

Die - in der Stellungnahme des Verteidigers zitierte - Einschätzung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Bestellung eines weiteren Verteidigers, das Verfahren erweise sich in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht nicht als besonders umfangreich oder schwierig, führt angesichts unterschiedlicher Maßstäbe zu keinem anderen Ergebnis (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2019 - AK 33/19, juris Rn. 39).

6. Schließlich steht die Untersuchungshaft nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Angeschuldigten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit andererseits nicht zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO ). Auch wenn er sich nunmehr bereits über neun Monate in Untersuchungshaft befindet und diese für ihn besondere Belastungen mit sich bringt, bleiben die konkreten Tatvorwürfe, zu denen der Verbrechenstatbestand des § 17 Abs. 2 AWG zählt, und die im Falle einer Verurteilung zu erwartende Strafe von erheblichem Gewicht.