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BGH - Entscheidung vom 28.08.2019

NotSt(Brfg) 1/18

Normen:
BNotO § 14 Abs. 2
§ 97 Abs. 4 S. 2
BNotO § 14 Abs. 2
BNotO § 97 Abs. 4 S. 2
BNotO § 14 Abs. 2
BNotO § 97 Abs. 4 S. 2

Fundstellen:
BGHZ 223, 335
DB 2020, 1120
MDR 2020, 506
NJW-RR 2020, 557
NotBZ 2020, 299
WM 2020, 600
ZIP 2020, 722
wistra 2020, 264

BGH, Beschluss vom 28.08.2019 - Aktenzeichen NotSt(Brfg) 1/18

DRsp Nr. 2019/14526

Entfernung eines Notars aus dem Amt aufgrund mehrfacher Verstöße gegen gesetzliche Pflichten im Rahmen von Beurkundungen; Vorliegen einer Gewinnsucht im Sinne des § 97 Abs. 4 S. 2 BNotO

a) Zu der planmäßigen und missbräuchlichen Aufspaltung von Kaufverträgen in Angebot und Annahme. Die Auswahl eines Notars mit einem etwas weiter entfernt gelegenen Amtssitz oder die Angabe eines Bauträgers, man habe generell wenig Zeit, kann eine planmäßige Aufspaltung aller von diesem geschlossener Verträge offensichtlich nicht rechtfertigen.b) Gewinnsucht im Sinne des § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO verlangt ein (anstößiges) Erwerbsstreben nach Vermögensvorteilen, die gesetzwidrig oder nach dem Standesrecht unerlaubt und unangemessen sind.c) Erzielte Vorteile im Sinne der Vorschrift sind alle gesetzeswidrigen oder unerlaubten Vermögensvorteile, die dem Notar zugeflossen sind, nur bereinigt um sogenannte durchlaufende Posten wie etwa die Umsatzsteuer und verauslagte Gerichtskosten und unter Abzug der von dem Notar darauf gezahlten Einkommensteuer.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 17. April 2018 DS- Not 1/16 geändert und wie folgt neu gefasst:

1.

Der Beklagte ist eines einheitlichen Dienstvergehens wegen Verletzung der in § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG (in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juli 2002, BGBl I Seite 2850 ff.) normierten Dienstpflicht in 48 Fällen sowie der in § 14 Abs. 3 BNotO normierten Dienstpflicht in 195 Fällen, begangen durch systematische Aufspaltung von Kaufverträgen in Angebot und Annahme, schuldig.

2.

Gegen ihn wird eine Geldbuße von 140.000 € verhängt. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Geldbuße in monatlichen Raten von 5.000 € zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz erstinstanzlich entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Die weiteren außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen diese selbst.

Normenkette:

BNotO § 14 Abs. 2 ; BNotO § 97 Abs. 4 S. 2;

Gründe

I.1 1. Der im Jahr 1967 geborene Beklagte war ab dem 1. Mai 1995 als Notarassessor tätig. Am 1. April 2001 wurde er zum Notar auf Lebenszeit ernannt. Er ist seither an seinem Amtssitz in R. als Notar tätig. Disziplinarrechtliche Vorbelastungen bestehen nicht. Alle im Notariat des Beklagten durchgeführten regelmäßigen Geschäftsprüfungen - zuletzt die Geschäftsprüfung am 19. März 2015 - verliefen beanstandungsfrei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu den persönlichen Umständen des Beklagten wird auf das angefochtene Urteil, Seite 3, Bezug genommen.

2. Der Beklagte nahm im Zeitraum von 2003 bis 2009 zahlreiche Beurkundungen von Immobiliengeschäften der sogenannten S. -Gruppe (L. I. GmbH; L. B. GmbH; M. S. I. GmbH; I. M. S. I. GmbH, M. I. und B. GmbH, M. W. - und G. GmbH, E. I. R. GmbH & Co. KG, M. S. , Ch. S. ; alle zusammen im folgenden auch S.-Gruppe) mit Verbrauchern vor.

3. Die zwischenzeitlich rechtskräftig wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilten und damals im Immobilien- und Bauträgersektor tätigen M. S. , Ma. S. und Man. S. (im Folgenden M. S., Ma. S. und Man. S., zusammen auch S.) hatten sich mit weiteren Personen zu einer Bande zusammengeschlossen, um an überwiegend bereits erheblich verschuldete und ohne Eigenkapital ausgestattete Kunden unter Täuschung über Tatsachen Eigentumswohnungen zu überhöhten Preisen zu verkaufen. Hierzu bedienten sie sich eines auf Überrumpelung und Täuschung der Kunden angelegten Strukturvertriebssystems. Die zur Begleichung der Kaufpreisforderung erforderlichen Kredite vermittelten S. (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, BGHSt 60, 1 Rn. 2)

Die von S. verkauften Eigentumswohnungen standen überwiegend im Eigentum verschiedener von ihnen beherrschter Gesellschaften. Zur Vermarktung der Wohnungen nutzten sie ein von M. S. geschaffenes weitverzweigtes Vertriebsnetz aus (so bezeichneten) Haupt- und Untervermittlern. Die Vermittler suchten gezielt mögliche Kunden, die über wenig Erfahrungen in finanziellen Angelegenheiten verfügten oder sich in einer schwierigen finanziellen Situation befanden, insbesondere bereits Konsumentenratenkredite in Höhe von mehreren Tausend Euro zu tilgen hatten. Diese Personen hatten in der Regel kein Interesse an dem Erwerb einer Immobilie als Wertanlage; für sie standen geringere monatliche Raten als bisher oder der Erhalt eines weiteren Darlehens im Vordergrund. Die Untervermittler unterbreiteten ihnen in einem Erstgespräch die Möglichkeit, durch eine Umschuldung die Darlehensraten zu verringern und darüber hinaus auch noch einen Barbetrag zur freien Verfügung zu erhalten. Die bestehenden Altkredite würden dabei abgelöst. Die Untervermittler hielten sich bei diesem Erstgespräch "hinsichtlich der Umstände vage". Der Kauf einer Immobilie wurde dabei allenfalls am Rande angesprochen (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, BGHSt 60, 1 Rn. 4, 5 ).

Nach einer ersten Prüfung, ob die geworbenen Personen als Immobilienerwerber geeignet waren, fand ein zweites Gespräch der Untervermittler mit den Kunden statt. Hierbei wurde ihnen anhand falscher Rechenbeispiele dargelegt, dass sie über ein Finanzierungsmodell die Ablösung der bisherigen Kredite und die Verringerung ihrer monatlichen Belastungen erreichen könnten. Die zukünftigen Belastungen wurden entweder als Festbetrag oder mit einer näher beschriebenen Bandbreite angegeben. Die Untervermittler spiegelten den Kunden anhand der Rechenbeispiele vor, dass sich die verringerte monatliche Belastung nur über den Kauf einer Immobilie erreichen lasse. Sie stützten sich dabei auf unzutreffende Behauptungen. Insbesondere wurden die mit dem Immobilienerwerb verbundenen Steuervorteile zu hoch dargestellt, Laufzeiten von Krediten zu kurz angegeben und anfallende Hausgeldzahlungen unerwähnt gelassen. In Wirklichkeit überstiegen für die Kunden die tatsächlichen monatlichen Belastungen die in Aussicht gestellten auch unter Berücksichtigung von Mieteinnahmen und Steuervorteilen weit. Zudem fand teilweise auch nicht die versprochene Tilgung von Altschulden statt (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, BGHSt 60, 1 Rn. 6).

Die Untervermittler versuchten, den Kunden den "notwendigen" Kauf einer Immobilie möglichst spät mitzuteilen und als "bloße Formalie" darzustellen. Einige Kunden erfuhren von der "Notwendigkeit" eines Immobilienkaufs erst auf der Fahrt zu einem Notar. Vor dem Notar gaben die Kunden dann gegenüber einer der von den S. beherrschten Immobiliengesellschaften ein bindendes Kaufangebot für eine Eigentumswohnung ab, das angenommen wurde, wenn die Finanzierungszusage einer Bank vorlag (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, BGHSt 60, 1 Rn. 7).

Einzelne Kunden hatten - abweichend von dem dargestellten Grundmuster - keine (nennenswerten) offenen Kreditverbindlichkeiten oder suchten sogar eine Anlagemöglichkeit. Den Kunden wurden in diesen Fällen überwiegend finanzielle Vorteile in Form von Barauszahlungen (sogenannte Kick-Back-Zahlungen) versprochen, zum Teil wurde der Wohnungskauf als "gute Geldanlagemöglichkeit" oder als Möglichkeit zur "privaten Rentenabsicherung" dargestellt. Auch in all diesen Fällen wurden die Kunden mit unzutreffenden Tatsachenbehauptungen getäuscht und zum Kauf einer Wohnung veranlasst (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, BGHSt 60, 1 Rn. 8).

4. Nachdem auf der Grundlage der Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen S. der Verdacht bestand, der Beklagte habe bei den für die S.-Gruppe durchgeführten Beurkundungen gegen gesetzliche Pflichten verstoßen, indem er über den Vertragsinhalt nicht aufgeklärt und belehrt sowie Beurkundungen trotz fehlender Vorabübersendung von Vertragsentwürfen an die Verbraucherseite und trotz auffälligen Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und Wert des Kaufobjekts vorgenommen habe, fand am 23. September 2011 in den Geschäftsräumen des Notars eine unangekündigte außerordentliche Geschäftsprüfung statt. Am 20. Juni 2012 leitete der Präsident des Landgerichts gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein. Am 18. September 2013 legte er nach ausführlichen Ermittlungen die Ermittlungsakten dem Präsidenten des Oberlandesgerichts vor, der das Verfahren am 13. März 2014 übernahm. Der zum Ermittlungsführer bestellte Richter erstellte nach weiterer umfangreicher Beweisaufnahme durch Vernehmung von mehr als einhundert Zeugen den abschließenden Ermittlungsbericht vom 1. Juni 2015 nebst Ergänzungsbericht vom 29. Juni 2015. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte in kollusiver Weise mit der S.-Gruppe zum Nachteil der Käufer zusammengewirkt oder sich sonst in strafrechtlich relevanter Weise verhalten habe, ergaben sich bei den Ermittlungen nicht. Mit Verfügung vom 13. Juli 2015 übernahm die Generalstaatsanwaltschaft als Disziplinarbehörde das Verfahren gegen den Notar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Seiten 3 bis 6) Bezug genommen.

5. Das klagende Land erhob mit Schriftsatz vom 28. September 2016 Disziplinarklage gegen den Beklagten mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Amt. Es legt dem Beklagten zur Last, ein einheitliches Dienstvergehen dadurch begangen zu haben, dass er im Zeitraum vom 17. Oktober 2003 bis 23. Juli 2009 an seinem Amtssitz in 70 Fällen gegen § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl I, 2850 ff.; diese Fassung im folgenden BeurkG a.F.) verstoßen und im Zeitraum zwischen dem 7. April 2004 und dem 12. November 2008 in 195 Fällen unter Verstoß gegen § 14 Abs. 3 BNotO i.V.m. Ziff. II Nr. 1 Buchstabe d der nach § 67 Abs. 2 BNotO erlassenen Richtlinie für die Amtspflichten und sonstigen Pflichten der Mitglieder der Landesnotarkammer Bayern vom 3. Juli 1999 (im folgenden RL B) Kaufverträge systematisch in Angebot und Annahme aufgespalten habe.

Vom Erlass vorläufiger Maßnahmen wurde abgesehen. Während des gesamten Verfahrens verhielt sich der Beklagte kooperativ, indem er die angeforderten Unterlagen zur Verfügung stellte. Er hält die gegen ihn erhobenen Vorwürfe für objektiv, jedenfalls aber subjektiv nicht begründet. Keinesfalls könnten diese seine Entfernung aus dem Notaramt rechtfertigen.

6. Das Oberlandesgericht hat die erhobene Klage des Landes gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 2 BNotO i.V.m. § 52 Abs. 1 BDG für zulässig und teilweise begründet erachtet. Es hat den beklagten Notar eines einheitlichen Dienstvergehens wegen der Verletzung von § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. in 19 Fällen sowie der in § 14 Abs. 3 BNotO normierten Dienstpflicht in 195 Fällen, begangen durch systematische Aufspaltung von Kaufverträgen in Angebot und Annahme, schuldig gesprochen und gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 30.000 € verhängt.

7. Hiergegen hat das klagende Land Berufung eingelegt. Es meint, bei gebotener Beweiserhebung und Berücksichtigung aller Indizien hätte das Oberlandesgericht zu dem Schluss kommen müssen, dass der Beklagte in den 51 Fällen, in denen es eine Dienstpflichtverletzung nicht für erwiesen angesehen habe, tatsächlich nicht auf die Einhaltung der Frist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. vertraut, sondern die Nichteinhaltung dieser Frist billigend in Kauf genommen beziehungsweise sie zumindest grob fahrlässig verkannt habe. Auch sei die getroffene Disziplinarmaßnahme nicht ausreichend. Den mit dem Urteil festgestellten Pflichtverletzungen habe das Oberlandesgericht nicht die gebotene Bedeutung beigemessen. Es hätte den Beklagten aus dem Amt entfernen müssen, weil er wegen der vorsätzlichen Pflichtverletzung in 214 Fällen im Kernbereich notarieller Amtsführung für das Amt des Notars untragbar geworden sei. Jedenfalls habe es verkannt, dass der Beklagte aus Gewinnsucht gehandelt habe und daher der erweiterte Bußgeldrahmen des § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO anzuwenden sei.

Das klagende Land beantragt,

das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der Beklagte eines einheitlichen Dienstvergehens durch Verletzung der in § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG normierten Dienstpflicht in 70 Fällen und der in § 14 Abs. 3 BNotO normierten Dienstpflicht in 195 Fällen, begangen durch systematische Aufspaltung von Kaufverträgen in Angebot und Annahme schuldig ist und er deshalb aus dem Amt entfernt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 17. April 2018 zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es in 51 Fällen nicht auf eine Dienstpflichtverletzung und nicht auf eine Entfernung aus dem Amt erkannt hat.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Akten des disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahrens einschließlich der im angefochtenen Urteil auf den Seiten 48 und 49 aufgeführten Beiakten sowie das Urteil der Großen Jugendstrafkammer des Landgerichts Passau gegen S. vom 13. Dezember 2012 (KLs 307 Js 13680/08; im folgenden auch StU) und das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Oktober 2014 ( 1 StR 359/13, BGHSt 60, 1 ff.) verwiesen. Die Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht ausgeführt:

Indem der Beklagte in 195 Fällen das bindende Kaufangebot des Verbrauchers und die von der S.-Gruppe erklärte Vertragsannahme ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes getrennt beurkundet habe, habe er die Immobilienkaufverträge systematisch unter Verstoß gegen Ziffer II Nr. 1 Satz 4 Buchstabe d RL B aufgespalten und damit seine Amtspflichten aus § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO verletzt. Die getrennte Beurkundung von Angebot und Annahme sei durch die Urkunden belegt.

Die Aufspaltung habe nach der eigenen Einlassung des Beklagten auf einer entsprechenden Bitte des M. S. beruht. Nachdem anfänglich nur Kaufverträge beurkundet worden seien, sei mit steigendem Beurkundungsaufkommen die Aufspaltung gewünscht worden, weil die Beurkundung mit An- und Abreise jedes Mal einen Zeitaufwand von drei bis vier Stunden in Anspruch nehme und die Terminfindung kompliziert sei. Dem habe der Beklagte stattgegeben, wobei es sich um eine Grundsatzentscheidung gehandelt habe. Das sei als planmäßig zu beurteilen.

Die Gestaltung des Beurkundungsverfahrens sei auch missbräuchlich gewesen. Die Sachgründe, die eine getrennte Beurkundung bei einem Ortsnotar des Käufers einerseits und dem Zentralnotar des Verkäufers andererseits rechtfertigen könnten, kämen bei Notaridentität nicht zum Tragen. Vielmehr werde einseitig die Verkäuferseite durch dieses Vorgehen bevorzugt, denn für sie führe die Aufspaltung zu einer erheblichen Zeitersparnis. Der Käufer hingegen komme nicht in den Genuss einer Beurkundung beim wohnsitznahen Ortsnotar seines Vertrauens und erfahre auch sonst keinerlei Verfahrenserleichterung. Die räumliche Entfernung des Verkäufers zum Notarsitz und der damit verbundene Zeitaufwand für An- und Abreise könne jedenfalls dann, wenn der Notar - wie hier - von der Verkäuferseite ausgewählt und den Käufern vorgegeben werde, die Aufspaltung nicht rechtfertigen. Nichts anderes gelte, soweit der Beklagte eine geringe terminliche Disponibilität auf Verkäuferseite als Sachgrund geltend mache. Erst recht stelle es keinen Sachgrund für eine Aufspaltung dar, wenn sich der Kaufinteressent wegen noch ungeklärter Finanzierung nicht binden wolle.

Die Gestaltung des Beurkundungsverfahrens unter einseitiger Rücksichtnahme auf den Wunsch der gewerblich tätigen Verkäufer sei geeignet, den Eindruck der Parteilichkeit oder Abhängigkeit des Notars zu erwecken und verletze deshalb die aus § 14 Abs. 3 BNotO fließenden Verhaltenspflichten. Der Beklagte habe auch vorsätzlich gehandelt. Die Auslegung der Richtlinienbestimmung, die der Beklagte für sich in Anspruch nehme, sei nicht auf vernünftige Erwägungen gestützt, sondern unvertretbar. Dass für die hier praktizierte Verfahrensaufspaltung bei Beurkundung der beiderseitigen Vertragserklärungen durch ein und denselben Notar kein anderer Grund als ein einseitiges Zugeständnis an die wirtschaftlichen Interessen der überlegenen Vertragspartei vorgelegen habe, sei offenkundig und dem Notar bewusst gewesen.

Der Beklagte habe in 19 der klagegegenständlichen Fälle, sämtlich Verbrauchergeschäfte über Immobilien, teilweise mit der S.-Gruppe, die ihm gemäß § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. obliegende Hinwirkungspflicht schuldhaft verletzt, indem er Kaufverträge oder Kaufangebote beurkundet habe, obwohl bei der Beurkundung die Zwei-Wochen-Frist nicht eingehalten und der gesetzlich bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz auch nicht anderweitig gewährleistet gewesen sei. In diesen Fällen ergebe sich aus den Urkunden selbst, dass die Frist nicht eingehalten gewesen sei; auch der Beklagte behaupte dies nicht. Die jeweiligen Käufer hätten auch keinen anderen gleichwertigen Textentwurf, der die Frist hätte in Gang setzen können, fristgerecht erhalten. In keinem der 19 Fälle habe der Beklagte das Beurkundungsverfahren so gestaltet, dass er seiner Hinwirkungspflicht genügt hätte. Soweit in den Urkunden selbst Gründe für das Absehen von der Fristeinhaltung angegeben seien, trügen sie die Annahme eines anderweitig sichergestellten Schutzes nicht.

In 51 klagegegenständlichen Fällen, sämtlich Verträge mit der S.-Gruppe betreffend, könne dem Beklagten dagegen ein schuldhafter Verstoß gegen Dienstpflichten wegen Verletzung des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. nicht zum Vorwurf gemacht werden. Soweit dem Notar vorgeworfen werde, dass er die (Muster-)Vertragstexte und Bezugsurkunden lediglich den Verkäufern zur Weitergabe an die Verbraucher zur Verfügung gestellt und nicht selbst den Versand an den Verbraucher übernommen habe, liege objektiv kein Verstoß gegen Dienstpflichten vor. Nach damals überwiegend vertretener Meinung habe die Überlassung eines Textmusters ohne individualisierende Daten ausgereicht. Zudem sei der Notar abweichend von der aktuellen Rechtslage nicht verpflichtet gewesen, dem Verbraucher den Text des Rechtsgeschäfts selbst zu übersenden.

Sei nach dem Gesetz somit die Art und Weise, wie der Notar seiner Hinwirkungspflicht nachkomme, in das pflichtgemäße Ermessen des Notars gestellt, so hätten Maßnahmen des Notars allerdings dann nicht genügt, wenn sie nicht geeignet gewesen seien, effektiv darauf hinzuwirken, dass die Verbraucher vorab ausreichend Gelegenheit erhielten, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen. Objektiv ungeeignet sei zwar die Überlassung von Musterentwürfen an die Verkäuferseite zur rechtzeitigen Weitergabe an den Verbraucher dann, wenn der Verkäufer oder der von ihm mit der Gewinnung von Kaufinteressenten beauftragte Vertrieb für die rechtzeitige Weitergabe an den Verbraucher nicht Sorge trage. Ein Notar, der dies erkenne und seine Praxis dennoch nicht nachbessere, habe der ihm nach dem Gesetz obliegenden Hinwirkungspflicht nicht genügt.

Hier bedürfe es aber keiner Aufklärung, ob die Verkäufer beziehungsweise der von ihnen eingeschaltete Vertrieb die nicht personalisierten Entwürfe, die vom Beklagten zur Überlassung an die Verbraucher zur Verfügung gestellt worden seien, nicht rechtzeitig vor dem Beurkundungstermin an die Käufer übergeben hätten. Für die disziplinarrechtliche Beurteilung könne vielmehr zugrunde gelegt werden, dass in allen 51 Fällen die zweiwöchige Regelfrist bei der Beurkundung nicht eingehalten worden sei, weil der Vertrieb in Ausübung einer auf die Überrumpelung von Verbrauchern ausgerichteten Praxis keine Sorge für die rechtzeitige Überlassung getragen habe. Selbst wenn es sich so verhalten habe, liege eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung des Beklagten nicht vor.

Weil die dem Beklagten bekannten objektiven Umstände zudem nicht den Schluss rechtfertigten, der Beklagte habe die Fristunterschreitung erkannt und billigend in Kauf genommen, scheide auch eine mit bedingtem Vorsatz verwirklichte Dienstpflichtverletzung aus. Die dem Beklagten bekannten objektiven Umstände seien die folgenden:

Der Beklagte habe den jeweiligen Verkäufern der S.-Gruppe den beabsichtigten Text des abzuschließenden Erwerbsgeschäfts in nicht individualisierter Form sowie beglaubigte Abschriften der Teilungserklärungen samt Plänen zur Verfügung gestellt und es den Verkäufern überlassen, diese im Verfahren als "Mustervertragstexte" bezeichneten Unterlagen nebst Bezugsurkunden - ggf. über die Vermittler - fristgerecht weiterzugeben. Im Beurkundungstermin hätten die Käufer dem Beklagten jeweils mündlich nach Vorlesen der Urkundspassage und Nachfrage des Notars bestätigt, der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts, ggf. nebst Bezugsurkunden, sei ihnen zwei Wochen vor Beurkundung zur Verfügung gestellt worden. Das ergebe sich bereits aus den notariellen Urkunden selbst, in denen die folgende Erklärung der Käufer festgehalten sei:

"[Käufername] weiß (wissen), dass der Notar nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG eine Beurkundung nur dann vornehmen soll, wenn mindestens zwei Wochen verstrichen sind, seitdem ihm (ihnen) ein Entwurf des Kaufvertrags (Kaufangebots, und ggf. die Teilungserklärung samt etwaigen Nachträgen) übergeben wurde und dass diese Regelung ihn (sie) vor übereilten Handlungen schützen soll. Der Notar hat [Käufername] die Verlegung des Beurkundungstermins für den Fall angeboten, dass die Frist noch nicht abgelaufen ist.

[Käufername] erklärt (erklären) hierzu, dass er (sie) die genannten Unterlagen bereits vor mehr als 14 Tagen über den Verkäufer beziehungsweise Vermittler erhalten hat" oder "[Käufername] erklärt (erklären) hierzu, dass ihm (ihnen) ein Vorentwurf ohne persönliche Daten bereits vor mehr als 14 Tagen über den Verkäufer beziehungsweise Vermittler übergeben wurde (wurden)."

Der Beklagte habe keinen Einblick in die (flache) Vertriebsstruktur der S.-Gruppe gehabt, die sich selbständiger Vertriebspartner bedient habe, die ihrerseits teilweise wiederum Untervermittler eingeschaltet hätten.

Die Kaufverträge der S.-Gruppe seien in der Regel in Angebot und Annahme aufgespalten worden.

Der Beklagte sei den Käufern von der Verkäuferseite und dem Vertrieb vorgegeben worden. Beurkundungstermine seien auf Anfrage der Verkäufer beziehungsweise des Vertriebs in der Regel kurzfristig vereinbart worden; zur Vergabe von Vorratsoder Leerterminen sei es nicht gekommen. Die Beurkundungen seien teilweise auch an Samstagen vorgenommen worden; so seien im Zeitraum vom 24. April 2004 bis 12. Juli 2008 17 Kaufangebote an einem Samstag und 5 Kaufangebote am Sonntag, den 14. November 2004 beurkundet worden.

Im März 2005 habe der Beklagte ein von den Verbrauchern zu unterschreibendes Formblatt mit der Überschrift "Bestätigung über die Übergabe eines Entwurfs" (im Folgenden auch "Bestätigungsformular") entwickelt, in dem sie anzugeben hatten, wann ihnen ein Entwurf des Kaufvertrags oder Kaufangebots übergeben worden sei. Das Formblatt sei spätestens im Notariat vor Beginn der Beurkundung und in Abwesenheit des Notars ausgefüllt und sodann in die jeweilige Nebenakte gelegt worden. In der Zeit vom 23. März 2005 bis Februar 2009 sei es in insgesamt 39 Fällen bei den handschriftlichen Eintragungen in die Formblätter zu Auslassungen, Streichungen, Ausbesserungen oder inhaltlichen Ungereimtheiten gekommen, nämlich dem Fehlen eines Ausstellungsdatums- und Ortes (unter anderem Käufer K. , W. , Z. ); die sich nicht mit dem Wohnsitz deckende Ortsangabe Regensburg (Käufer H. /M. ); eine Korrektur des Ausstellungsdatums auf den Beurkundungstag (Käufer F. , Schö. , St. , Sche. ); Änderungen am handschriftlich eingetragenen Überlassungsdatum (Käufer D. und He. ) sowie Angabe des Vorjahres (Käufer O. - 2006 anstatt 2007).

In zwei Fällen habe eine der der S.-Gruppe zugehörigen Vermittlungsgesellschaften um Vorbereitung eines Angebots und zudem darum gebeten, den Entwurf nicht an den Kunden weiterzuleiten (Käufer B. , TEA II Bd. 1 Register 4, Bl. 018; Käufer Ste. TEA III Bd. 6 Register 42, Bl. 021).

In sechs Fällen sei es im Zeitraum vom 24. April 2004 bis zum 10. April 2008 nach der Beurkundung von Kaufangeboten zu einer Korrespondenz mit dem Beklagten gekommen, in der teilweise das Verhalten des jeweiligen Vermittlers beanstandet worden sei. Ferner sei es in einigen Fällen zu einer Korrespondenz über den Kaufpreis gekommen.

Diese äußeren Umstände ließen nicht den Schluss zu, der Beklagte habe eine objektive Fristunterschreitung für möglich und nicht ganz fernliegend gehalten sowie billigend in Kauf genommen oder sich wegen eines erstrebten Zieles damit abgefunden. Der Beklagte habe sich im Beurkundungstermin durch Nachfrage von der Einhaltung der gesetzlichen Regelfrist überzeugt. Darauf habe er sich verlassen dürfen.

Mangels Erkennbarkeit komme auch eine fahrlässige Dienstpflichtverletzung nicht in Betracht. Nach umfassender Würdigung sämtlicher Umstände habe der Beklagte trotz Einhaltens der ihm obliegenden Sorgfaltspflichten nicht erkennen können, dass die ihm gegenüber erklärte Bestätigung der Käufer über die Einhaltung der Regelfrist - beeinflusst von den Vertriebsmitarbeitern - wahrheitswidrig gewesen sei. Die Gesamtheit der dem Beklagten bekannten Umstände sei nicht geeignet gewesen, den Verdacht zu erregen, dass die Kunden der S.-Gruppe durch unseriöse Vertriebspraktiken überrumpelt worden seien und die von ihnen abgegebenen Bestätigungen nicht den Tatsachen entsprochen hätten.

III.

Der Senat entscheidet nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Zustimmung der Beteiligten im Beschlusswege (§§ 59 , 65 Abs. 1 , § 66 BDG , § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO ). Die Berufung des klagenden Landes ist teilweise begründet. Der Beklagte hat - was der Senat nachzuprüfen hat (dazu unter 1) - in 195 Fällen gegen § 14 Abs. 3 BNotO (dazu unter 2) und in 48 Fällen gegen § 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG a.F. (dazu unter 3 und 4) verstoßen und dadurch ein Dienstvergehen begangen (§ 95 BNotO ). Gegen ihn ist deshalb die im Tenor ausgesprochene Disziplinarmaßnahme zu verhängen (dazu unter 5).

1. Die Sache ist von dem Senat für Notarsachen als weiterer Tatsacheninstanz im Rahmen der Berufungsanträge (§ 129 VwGO ) ohne Bindung an den Vortrag der Beteiligten grundsätzlich im selben Umfang wie durch das Gericht erster Instanz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nachzuprüfen, § 109 BNotO , § 65 Abs. 1 , § 3 BDG , § 128 VwGO (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO , 24. Aufl., § 128 Rn. 1; Bormann/Hüren in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 109 BNotO Rn. 1 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2015 - 2 B 16/15, juris Rn. 12; BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2015 - 2 B 15/14, juris Rn. 17). Der erkennende Senat übt gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Abs. 3 , § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG i.V.m. § 109 BNotO eigene Disziplinargewalt aus und hat die unter den konkreten Umständen des Einzelfalls erforderliche Disziplinarmaßnahme nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen (Zimmer in Diehn, BNotO , 2. Aufl., § 109 Rn. 5).

a) Dabei darf das Rechtsmittelgericht nach § 129 VwGO nur eine Disziplinarmaßnahme festsetzen, die sich innerhalb des Rahmens hält, der durch den Antrag des Rechtsmittelführers bestimmt wird (vgl. Bormann/Hüren in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 109 BNotO Rn. 6). Hier hat lediglich der Kläger Berufung eingelegt. Der Beklagte hat auf eine Anschlussberufung verzichtet. Damit ist zugunsten des Klägers das gemäß § 3 BDG , § 129 VwGO geltende Verbot der reformatio in peius zu beachten.

b) Aus dem Verbot der reformatio in peius folgt aber nicht, dass der Senat auch an die Würdigung des Oberlandesgerichts gebunden ist, wonach der Beklagte in 195 Fällen Dienstpflichtverletzungen durch die systematische Aufspaltung von Kaufverträgen in Angebot und Annahme und in 19 Fällen durch Verstöße gegen § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. begangen habe. Zwar hat sich der Kläger gegen diese Würdigung - da ihm günstig - nicht gewendet. Er macht aber geltend, es sei (auch) wegen dieser Dienstpflichtverletzungen eine schärfere Disziplinarmaßnahme erforderlich und angemessen.

aa) Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens ist der Disziplinaranspruch des Dienstherrn gegen den Beamten, d.h. der Anspruch auf die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme für die Handlungen, die dem Beamten in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegt werden, § 60 Abs. 1 Satz 1 BDG , § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG , § 109 BNotO . Der Disziplinaranspruch besteht, wenn ein Dienstvergehen festgestellt wird, d.h. der Beamte die ihm zur Last gelegten Handlungen ganz oder teilweise begangen hat und die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind, und wenn dem Ausspruch der hierfür erforderlichen Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Bei den Prüfungsgegenständen "Feststellung des Dienstvergehens" und "Bestimmung der Disziplinarmaßnahme" handelt es sich um materiellrechtliche Voraussetzungen des einheitlichen Disziplinaranspruchs, die verfahrensrechtlich nicht selbständig geltend gemacht werden können. Die Disziplinarklage kann daher nicht auf die Feststellung eines Dienstvergehens beschränkt werden. Vielmehr macht der Dienstherr mit der Klageerhebung stets einen Anspruch auf Festsetzung einer Disziplinarmaßnahme geltend (BVerwGE 140, 185 Rn. 17). Aus diesen Gründen lässt die Verwaltungsgerichtsordnung eine auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung im Disziplinarklageverfahren nicht zu (BVerwGE 140, 185 Rn. 16; aA Wittkowski in Urban/Wittkowski, BDG , 2. Aufl., § 64 Rn. 10; Mayer in Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG , 6. Aufl., § 64 Rn. 5). Anders kann es nur liegen, wenn das Rechtsmittel auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beschränkt ist (vgl. BVerwG, NVwZ 2018, 1064 Rn. 98).

bb) Das ist indes nicht der Fall. Anders als in der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. November 2017 (NVwZ 2018, 1064 ) zugrunde liegenden Fallgestaltung ist eine Disziplinarmaßnahme wegen eines abgrenzbaren Anschuldigungskomplexes im vorliegenden Fall nicht bereits (teil-)rechtskräftig geworden. Vielmehr handelt es sich hier um einen einheitlichen Streitgegenstand, weil in 36 der vom Kläger weiterverfolgten 51 Fälle des Verstoßes gegen § 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG a.F. dem Beklagten gleichzeitig eine systematische Aufspaltung der Kaufverträge in Angebot und Annahme vorgeworfen wird. Stellt der Kläger daher zur Überprüfung, ob weitere Dienstpflichtverletzungen vorliegen und ob insgesamt - ggf. unter Einbeziehung weiterer Dienstpflichtverletzungen - eine schärfere Disziplinarmaßnahme erforderlich und angemessen ist, darf der Senat seiner Beurteilung nach den angeführten Maßstäben die vom Oberlandesgericht bereits festgestellten Dienstpflichtverletzungen nicht ohne eigene Prüfung zugrunde legen.

2. Zutreffend hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass der Beklagte in 195 Fällen durch systematische Aufspaltung von Kaufverträgen in Angebot und Annahme (§ 67 Abs. 2 BNotO i.V.m. Nr. II 1 Satz 4 Buchst. d RL B) schuldhaft gegen die aus § 14 Abs. 3 BNotO fließenden Verhaltenspflichten verstoßen hat. Dabei betreffen die 195 Fälle nach der Aufstellung des Oberlandesgerichts (Seiten 19 bis 43 des Urteils) sämtlich Kaufangebote von Verbrauchern an die S.-Gruppe.

a) Nach § 14 Abs. 3 BNotO hat sich der Notar durch sein Verhalten innerhalb und außerhalb seines Amtes der Achtung und des Vertrauens, die dem Notaramt entgegengebracht werden, würdig zu zeigen. Er hat jedes Verhalten zu vermeiden, das den Anschein eines Verstoßes gegen die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten erzeugt, insbesondere den Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit. Die hier maßgeblichen, zu § 14 Abs. 3 BNotO ergangenen Berufsrichtlinien der Notarkammer Bayern bestimmen dazu in Nummer II 1 Satz 4 Buchst. d, dass es unzulässig ist, Verträge systematisch, also planmäßig und missbräuchlich (Senat, Urteil vom 14. März 2016 - NotSt(Brfg) 6/15, DNotZ 2016, 876 Rn. 21), in Angebot und Annahme aufzuspalten. Zweck der sich aus § 14 Abs. 3 BNotO i.V.m. Nummer II RL B ergebenden Verbote ist es, Gestaltungen des Beurkundungsverfahrens zu verhindern, durch die der Schutzzweck der notariellen Beurkundung ausgehöhlt oder die Durchsetzung bestimmter Vertragsbedingungen unter Vermeidung der Verhandlung mit dem Vertragspartner verfolgt wird und die deshalb den Eindruck entstehen lassen, dass der Notar nicht mehr unparteiisch und unabhängig ist (Weingärtner/Wöstmann, Richtlinienempfehlungen BNotK/Richtlinien der Notarkammern, 2004, Zweiter Teil, II. RL-E Rn. 3). Hiergegen hat der Kläger in 195 Fällen verstoßen.

aa) Das Oberlandesgericht hat unangegriffen festgestellt, dass die getrennte Beurkundung von Angebot und Annahme in 195 Fällen durch die Urkunden belegt sei. Auf die entsprechende Aufstellung des Oberlandesgerichts (Seiten 19 bis 43 des angefochtenen Urteils) wird Bezug genommen, wobei die Urkundennummern der Annahmen in Fall Nr. 58 richtig H 0530/2005 und in Fall Nr. 131 richtig H 0367/2007 lauten. Auch das von dem Oberlandesgericht festgestellte zahlenmäßige Verhältnis der an Verkäufer der S.-Gruppe gerichteten Kaufangebote zu den mit Verkäufern der S.-Gruppe beurkundeten Kaufverträgen hat der Senat bestätigt gefunden; der Beklagte hat dagegen keine Einwendungen erhoben. Insoweit wird auf die Feststellungen auf Seite 121 des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Ferner steht aufgrund der vom Senat vorgenommenen Auswertung der von dem Beklagten im Ermittlungsverfahren eingereichten Liste 1 (EA I, 384 ff.) fest, dass in 29 der 195 Fälle der Termin für die Beurkundung der Kaufangebote noch am selben Tag, in 46 der Fälle am Vortag, in 28 der Fälle zwei Tage und in 27 der Fälle drei Tage vorher vergeben wurde. Dabei erfolgte die Terminvergabe in der Regel in der Weise, dass das Büro der S.-Gruppe jeweils unter dem Briefkopf des jeweiligen Verkäufers beziehungsweise der jeweiligen Verkäufergesellschaft den Mitarbeitern des Beklagten per Telefax die persönlichen Daten der Käufer mitteilte und dabei bestimmte, ob ein Kaufvertragsangebot oder ein Kaufvertrag vorzubereiten war. Das stellt der Senat aufgrund der in den Ermittlungsakten (TEA III, Bände 1-7) befindlichen, im Wesentlichen gleichlautenden Telefaxschreiben in den Fällen mit den laufenden Nummern 7, 9, 10, 11, 13, 15, 16, 19, 20, 22, 24, 25, 27, 28, 35, 36, 38, 40, 41, 43, 46, 47, 51 der Aufstellung des Oberlandesgerichts (Seiten 11 bis 15 des Urteils) fest.

bb) Der Senat ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen davon überzeugt, dass die Aufspaltung der einzelnen Beurkundungsvorgänge durch den Beklagten systematisch, nämlich planmäßig und missbräuchlich erfolgte.

(1) Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht vorgetragen, die Aufspaltung habe auf einer entsprechenden Bitte der S.-Gruppe beruht. Dies sei mit der langen An- und Abreisedauer von insgesamt drei bis vier Stunden begründet worden. Nachdem eine größere räumliche Distanz und auch eine geringe zeitliche Disponibilität als sachliche Gründe in der Literatur anerkannt gewesen seien, habe er dem Ansinnen mehrfach stattgegeben. Es sei keine Einzelfallentscheidung gewesen, sondern eine grundsätzliche Entscheidung, da der Sachverhalt ja immer der gleiche gewesen sei. Habe der Verkäufer erklärt, zur Beurkundung kommen zu können, sei ein Kaufvertrag beurkundet worden. Und in wenigen Einzelfällen (drei insgesamt) sei hinzugekommen, dass die Käufer erklärt hätten, keine eigene Bindung zu wollen, da die Finanzierung nicht gesichert gewesen sei. In diesen Fällen sei als Annahmebedingung geregelt worden, dass ein Grundschuldauftrag vorliege. Zuvor hatte der Beklagte schriftsätzlich ausgeführt: "... als der Geschäftsumfang zunahm, erklärte [M. S.] dem Notar, er könne nicht mehr für jeden Kaufvertrag nach Regensburg fahren, da die Beurkundung mit An- und Abreise jedes Mal zwischen drei und vier Stunden in Anspruch nehme und die Terminfindung kompliziert sei. Andere Notare würden da Angebote beurkunden, sogar in Passau, was deutlich näher zu seinem Geschäftssitz liege als Regensburg und er bäte darum, dass auch Herr Notar ein Käuferangebot beurkunden würde, wenn sich ein gemeinsamer Termin aus in seiner Person liegenden geschäftlichen Gründen nur schwer realisieren lasse."

Der Beklagte hat ferner vorgetragen, bei den einzelnen Bauträgerverträgen beschränke sich seine Tätigkeit auf das eigentliche Beurkundungsverfahren. Das gesamte übrige Verfahren, etwa die Aufnahme der Daten, die Terminvereinbarung und die Erstellung des konkreten Vertragsentwurfs werde von den Mitarbeitern selbständig durchgeführt. Ihm seien die Terminvorlaufzeiten in der Regel nicht bekannt gewesen. Er habe seine Mitarbeiter angewiesen, die Angelegenheiten seiner Mandanten so schnell wie möglich zu bearbeiten. Wenn durch diese generelle Anweisung, Termine kurzfristig zu vergeben, den Machenschaften der S.-Gruppe unbewusst Vorschub geleistet worden sei, so bedauere er das natürlich sehr.

(2) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen und der Einlassung des Beklagten steht damit fest, dass es eine generelle Anweisung des Beklagten in Bezug auf die - gesamte - S.-Gruppe gegeben hat, den von dort erfolgenden Aufträgen, ein Kaufvertragsangebot oder einen Kaufvertrag vorzubereiten, Folge zu leisten. Aufgespalten wurden nicht nur Verträge, bei denen M. S. Verkäufer war, sondern beispielsweise auch die Verträge der M. S. I. GmbH und der I. I. S. Ma. S. GmbH. Im Büro des Beklagten wurde entsprechend verfahren. Die Termine wurden letztlich auf Zuruf vereinbart und von den Mitarbeitern des Beklagten selbständig Kaufvertragsangebote vorbereitet und sodann von dem Notar beurkundet, ohne dass im Einzelfall nochmals geprüft wurde, aus welchen Gründen die gleichzeitige Anwesenheit der Vertragsparteien nicht möglich sei. Das stellt ein planmäßiges Vorgehen dar. Soweit der Beklagte meint, eine Prüfung sei durch seine Mitarbeiter dadurch erfolgt, dass sie auf Wunsch ein Kaufvertragsangebot vorbereitet hätten, ist damit keine Prüfung vorgetragen, sondern lediglich, dass die Mitarbeiter das ausführten, was von dem jeweiligen Verkäufer der S.-Gruppe gewünscht wurde. Darauf, dass die Aufspaltung nicht von dem Beklagten ausging, wie dieser vorträgt, kommt es nicht an (vgl. Senat, Urteil vom 14. März 2016 - NotSt(Brfg) 6/15, DNotZ 2016, 876 Rn. 20).

(3) Dieses Vorgehen war auch missbräuchlich. Der Beklagte hat selbst eingeräumt, dass er im Einzelfall gerade nicht überprüft hat, ob es für die getrennte Beurkundung einen sachlichen Grund gab. Schon dadurch hat er den Anschein erweckt, er werde von der S.-Gruppe gezielt ausgewählt, weil er bereit sei, bindende Kaufvertragsangebote der Käufer kurzfristig auch ohne Prüfung eines sachlichen Grundes im Einzelfall getrennt zu beurkunden. Die Einlassung des Notars dahin, er habe der Aufforderung des M. S. Folge geleistet, weil dieser ihn unter Hinweis auf die Praxis "anderer Notare" und den durch die Beurkundung einschließlich An- und Abreise verursachten Zeitaufwand darum gebeten habe, belegt anschaulich den gesetzten Anschein der Parteilichkeit und Abhängigkeit. Im hier vorliegenden Fall wurde aufgrund der Kurzfristigkeit der vereinbarten Termine letztlich auf Zuruf der Eindruck der Abhängigkeit und Parteilichkeit des Notars noch verstärkt. Auch wurden dadurch die Schutzinteressen der Verbraucher beeinträchtigt. Durch die Möglichkeit der kurzfristigen Terminvereinbarung jeweils im Anschluss an ein kurz vorher geplantes Gespräch mit einem Kunden wurde den S. ihr auf eine Überrumplung der Käufer angelegtes betrügerisches Vorgehen ermöglicht, jedenfalls aber erleichtert.

b) Der Beklagte hat auch vorsätzlich gehandelt. Er kannte alle tatsächlichen Umstände. Anders als bei der bürgerlich-rechtlichen Haftung wegen Verletzung einer dem Berechtigten gegenüber bestehenden Amtspflicht setzt im Disziplinarverfahren wegen eines Dienstvergehens der Vorsatz des Notars nicht voraus, dass er sich der Pflichtwidrigkeit seines Handelns bewusst ist (z.B. Senatsurteil vom 9. Dezember 1991 - NotSt(B) 1/91, NJW 1992, 1179 mwN). Ist dies nicht der Fall, entfällt die Schuld entsprechend § 17 Satz 1 StGB nur, wenn sein Irrtum unvermeidbar ist (Senat aaO). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Soweit der Beklagte sich auf die Gründe der "räumlichen Distanz" und "geringen terminlichen Disponibilität" des M. S. berufen hat, durfte er nicht davon ausgehen, dass diese die planmäßige Aufspaltung aller von der S.-Gruppe geschlossenen Kaufverträge rechtfertigten.

Die von dem Beklagten nicht näher ausgeführte "räumliche Distanz" "in allen Fällen" "von mehr als 100 Kilometern" stellte offensichtlich keinen sachlichen Grund dar, bei Beurkundungen der S.-Gruppe Aufspaltungen in Angebot und Annahme auf Zuruf vorzunehmen.

Es liegt auf der Hand, dass allein die Auswahl eines Notars mit einem etwas weiter entfernt gelegenen Amtssitz oder die Angabe eines Bauträgers, man habe generell wenig Zeit, eine planmäßige Aufspaltung aller von diesem geschlossenen Verträge nicht rechtfertigen kann, da die Richtlinien in diesem Fall zur Disposition des Bauträgers stünden. Eine solche Auslegung von Nummer II 1 Satz 4 Buchst. d RL B ist - auch für den Zeitraum April 2004 bis November 2008 - im Hinblick auf den oben dargestellten Zweck der Regelung nicht mehr vertretbar, so dass sich der Beklagte auch nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen kann. Kann der Notar aufgrund der räumlichen Distanz zwischen seinem Amtssitz und dem Geschäftsort eines ihn in einer Vielzahl von Urkundsgeschäften beauftragenden Unternehmens Grundstückskaufvertragsbeurkundungen regelmäßig nur unter systematischer Aufspaltung von Angebot und Annahme vornehmen, muss er seine Tätigkeit versagen und seinen Auftraggeber an einen an dessen Geschäftsort ansässigen Notar verweisen.

Abgesehen davon beträgt - was allgemeinkundig ist - die Distanz zwischen R. und H. - dem Wohn- und Geschäftssitz von M. S. (lediglich) knapp 100 km. Zum anderen war in vielen Fällen nicht M. S., sondern eine andere Gesellschaft der S.-Gruppe Vertragspartner. Der Geschäftssitz der L. I. GmbH beispielsweise befand sich aber ausweislich der oben in Bezug genommenen Terminanforderungen in S. , mithin knapp 50 km von R. entfernt.

Dass M. S. generell "sehr wenig Zeit zur Wahrnehmung von Terminen zur Verfügung" stand, beziehungsweise mit Herrn F. als Geschäftsführer der L. I. GmbH "die Terminabsprache ... wegen seiner sonstigen Termine auch nicht einfach" gewesen sei, stellte ebenfalls keinen sachlichen Grund dar, um in allen Fällen, in denen ein Mitglied der S.-Gruppe auf Verkäuferseite stand, eine Aufspaltung vorzunehmen.

Zutreffend hat das Oberlandesgericht schließlich angenommen, dass auch der dritte von dem Beklagten angegebene Grund - die Käufer hätten sich wegen noch ungeklärter Finanzierung nicht binden wollen - für die Aufspaltung in drei von dem Beklagten benannten Einzelfällen (Käufer W. , H. - P. und B. ) offensichtlich keinen sachlichen Grund darstellen konnte, weil die Abgabe eines bindenden Angebots in diesem Fall im Widerspruch zu dem fehlenden Bindungswillen des Käufers steht.

3. Zu Recht rügt der Kläger die Beurteilung des Oberlandesgerichts hinsichtlich der Verletzung des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. in den 51 klagegegenständlichen Fällen, in denen die Käufer ausweislich der Urkunden jeweils erklärt hatten, über den Verkäufer beziehungsweise Vermittler vor mehr als 14 Tagen einen Entwurf des Kaufvertrags oder des Kaufangebots und gegebenenfalls der Teilungserklärung erhalten zu haben. Soweit die Vorinstanz diesbezüglich eine Pflichtverletzung nicht festgestellt hat, hat sie den Umfang der aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. folgenden Pflichten des Beklagten verkannt und den Sachverhalt nicht ausgeschöpft. Der Beklagte hat in 30 dieser Fälle seine aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. folgende Hinwirkungspflicht nicht erfüllt und dadurch weitere vorsätzliche Dienstpflichtverletzungen begangen. Die übrigen 21 Fälle werden gemäß § 65 Abs. 1 , § 56 BDG i.V.m § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO ausgeschieden.

a) Der Notar soll den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Dabei soll er darauf achten, dass unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden (§ 17 Abs. 1 BeurkG ). Gemäß § 17 Abs. 2a BeurkG a.F. soll der Notar das Beurkundungsverfahren so gestalten, dass die Einhaltung der Pflichten nach den Absätzen 1 und 2 der Vorschrift gewährleistet ist. Bei Verbraucherverträgen soll der Notar darauf hinwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen; bei Verbraucherverträgen, die der Beurkundungspflicht nach § 311b Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB unterliegen, geschieht dies in der Regel dadurch, dass dem Verbraucher der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung gestellt wird.

aa) § 17 Abs. 1 BeurkG ist eine Kernregelung des Beurkundungsgesetzes (Senat, Urteil vom 24. November 2014 - NotSt(Brfg) 1/14, BGHZ 203, 280 Rn. 29). Verstößen gegen die daraus folgenden Pflichten kommt besonderes Gewicht zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich bei den den Notaren übertragenen Aufgaben um Staatsaufgaben vorsorgender Rechtspflege (BVerfGE 131, 130 , 141). Die in § 17 Abs. 1 BeurkG enthaltenen Pflichten dienen dazu, wichtige Rechtsgeschäfte vorab einer qualifizierten rechtlichen Überprüfung zu unterziehen und dabei die Beteiligten nicht nur über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren, sondern auch eine Benachteiligung rechtlich ungewandter Beteiligter zu vermeiden (BVerfG aaO). Verstöße gegen die Vorschrift, die mit der Gefahr unzureichender Sorge um die Interessen zumindest eines Beteiligten verbunden sind, stellen daher die vorsorgende Rechtspflege in Frage (Senat, Urteil vom 24. November 2014 - NotSt(Brfg) 1/14, BGHZ 203, 280 Rn. 31; Frenz in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 1).

bb) Verfahrensrechtlich werden die Pflichten des § 17 Abs. 1 BeurkG abgesichert durch § 17 Abs. 2a Satz 1 BeurkG , der die Verantwortung des Notars für die Gestaltung des Beurkundungsverfahrens besonders hervorhebt (vgl. Ganter in Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 4. Aufl., Rn. 1436; Frenz in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 30; Grziwotz in Grziwotz/Heinemann, BeurkG , 3. Aufl., § 17 Rn. 55). Die Verfahrensgestaltung soll sicherstellen, dass die zu erteilenden Belehrungen von den Beteiligten sinnvoll wahrgenommen werden können (vgl. Hertel, ZNotP 2002, 286 ). Satz 2 des Absatzes 2a betrifft einzelne dem Notar obliegende Verfahrenspflichten im Interesse des Verbraucherschutzes. Diese - mit Wirkung zum 1. August 2002 eingefügte - Regelung begründet für den Notar - wie auch die anderen Sollvorschriften des Beurkundungsgesetzes - eine zwingende Amtspflicht. Durch die Ausgestaltung als Sollvorschrift wird lediglich klargestellt, dass ein Verstoß nicht zur Unwirksamkeit der Beurkundung führt (zu § 3 BeurkG BGH, Urteil vom 25. Mai 1984 - V ZR 13/83, NJW 1985, 2027 unter 1; Winkler, BeurkG , 15. Aufl., § 17 Rn. 104; Schmucker, DNotZ 2002, 510 , 518; Brambring, ZfIR 2002, 597, 602; so auch die durch Sammelrundschreiben der Landesnotarkammer Bayern vom 30. September 2003 jedem bayerischen Notar zur Kenntnis gebrachten Anwendungsempfehlungen der Bundesnotarkammer zur praktischen Umsetzung von § 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG a.F. unter B. I., abgedruckt im Rundschreiben 20/2003 vom 28. April 2003, im folgenden "Anwendungsempfehlungen").

(1) Anstoß für die Einfügung des Satzes 2 der Vorschrift gab eine am 7. Mai 2002 erfolgte Anhörung von Verbrauchern, die durch Verträge über Immobilienanlageobjekte geschädigt worden waren. Dabei wurden Missbräuche bei der Gestaltung des Beurkundungsverfahrens durch verschiedene Notare (sogenannte "Mitternachtsnotare") beklagt. Es wurde auch deutlich, dass das notarielle Beurkundungsverfahren in diesen Fällen seine (verbraucher)schützende Wirkung aus verschiedenen Gründen nicht entfalten konnte (vgl. Schmucker, DNotZ 2002, 510 , 513; Mohnhaupt, NotBZ 2002, 248; Hertel, ZNotP 2002, 286 ; Brambring, ZfIR 2002, 597, 601). Nach der Gesetzesbegründung lag das etwa daran, dass Terminabsprachen sehr kurzfristig erfolgten und die Beurkundung dann vorgenommen werde, ohne dass sich der Verbraucher mit dem Text des beabsichtigten Rechtsgeschäfts habe vertraut machen und sich überlegen können, welche Fragen er an den Notar richten wolle. Oft erfahre der Verbraucher auch erst im Notartermin, dass der Notar einige für ihn ausschlaggebende Fragen - wirtschaftlicher oder steuerlicher Art - gar nicht zu prüfen habe. Viele Verbraucher scheuten sich dann, einen Termin "platzen zu lassen" (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten, BT-Drucks. 14/9266 S. 50; vgl. BGH, Urteile vom 7. Februar 2013 - III ZR 121/12, BGHZ 196, 166 Rn. 19 und vom 23. August 2018 - III ZR 506/16, NJW-RR 2018, 1531 Rn. 16). Nachdem seit den 90er-Jahren des vorherigen Jahrhunderts systematisch minderwertige Immobilien (sogenannte "Schrottimmobilien") unter Zugrundelegung überhöhter Kaufpreise als Vermögensanlage oder Altersvorsorge durch Strukturvertriebe an Verbraucher verkauft worden waren und zahlreiche Verbraucher dadurch existenzbedrohend hohe Verluste erlitten hatten (Gesetzentwurf des Bundesrates, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellen Beurkundungsverfahren, BT-Drucks. 17/12035, S. 1; Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 326), sollte die Neuregelung gewährleisten, dass Verbraucher das Aufklärungspotential des Beurkundungsverfahrens tatsächlich nutzen können.

Die in § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. unter anderem in Bezug auf Grundstückskaufverträge enthaltene Regelfrist soll den Verbraucher daher zum einen vor Übereilung schützen. Der Verbraucher soll Gelegenheit haben, das beabsichtigte Rechtsgeschäft unbeeinflusst von etwaigen zuvor stattgefundenen Verkaufsgesprächen auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu überdenken. Zum anderen soll die Frist dem Verbraucher ermöglichen, anhand des beabsichtigten Vertragstextes zu überlegen, welche Fragen er an den Notar stellen möchte (vgl. Mohnhaupt, NotBZ 2002, 248, 249; Hertel, ZNotP 2002, 286 , 288; Solveen, RNotZ 2002, 318, 323 f.; Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 326).

(2) Vor diesem Hintergrund ist die Hinwirkungspflicht nach § 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG a.F keine bloße Hinweis- oder Belehrungspflicht, sondern geht darüber hinaus. Sie gebietet dem gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG zur Fürsorge für unerfahrene und ungewandte Beteiligte verpflichteten und für die Verfahrensgestaltung persönlich verantwortlichen Notar, sich wirkungsvoll für eine Einhaltung des im Interesse des Übereilungsschutzes vom Gesetz vorgesehenen Verfahrens einzusetzen (B. II. der Anwendungsempfehlungen; Armbrüster in Huhn/von Schuckmann, Beurkundungsgesetz und Dienstordnung für Notare, 4. Aufl., § 17 Rn. 173; Winkler, BeurkG , 15. Aufl., § 17 Rn. 105 f.; Hertel in Staudinger, BGB , Bearb. 2004, Vor §§ 127a, 128 ( BeurkG ) Rn. 520; Lerch, BeurkG , 3. Aufl., § 17 Rn. 57; Philippsen, NotBZ 2003, 137, 139 f.; Solveen, RNotZ 2002, 318, 322 f.; Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 329).

Zwar war der Notar bis zu der mit Wirkung zum 1. Oktober 2013 erfolgten Neufassung der Vorschrift durch das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellen Beurkundungsverfahren vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2378 ) - wie das Oberlandesgericht zutreffend dargestellt hat - nach herrschender Meinung nicht verpflichtet, dem Verbraucher den beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts selbst zu übersenden. Es reichte aus, wenn der Verkäufer oder Vermittler dem Verbraucher den beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts rechtzeitig zur Verfügung gestellt hatte (Armbrüster in Huhn/von Schuckmann, Beurkundungsgesetz und Dienstordnung für Notare, 4. Aufl., § 17 Rn. 183; Bohrer, DNotZ 2002, 579 , 584; Sorge, DNotZ 2002, 593 , 595; Philippsen, NotBZ 2003, 137, 144; Mayer in Soergel, BGB , 13. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 48; Hertel in Staudinger, BGB , Bearb. 2004, Vor §§ 127a, 128 ( BeurkG ) Rn. 527; Winkler, BeurkG , 15. Aufl., § 17 Rn. 163; Frenz in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 2. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 39g; aA Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 333).

Ein Notar erfüllt aber die ihm nach der seinerzeitigen Rechtslage obliegende Hinwirkungspflicht nicht, wenn er den beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts lediglich dem Vermittler oder Verkäufer zur Verfügung stellt und sich sodann auf von ihm - dem Notar - vorformulierte formelhafte Bestätigungen des Verbrauchers zur Einhaltung der Regelfrist verlässt, ohne sich selbst wirkungsvoll davon zu überzeugen, dass der Verbraucher die erforderlichen Unterlagen erhalten hat (vgl. Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 329; KG, Beschluss vom 23. September 2016 - 9 W 129/15, NotBZ 2017, 339, 340; LG Berlin, Urteil vom 12. Juni 2014 - 84 O 44/13, juris Rn. 48). Das gilt jedenfalls bei Gestaltungen, bei denen Missverständnisse oder Fehler des Verbrauchers in Bezug auf die übergebenen Unterlagen oder auch ein Missbrauch des Beurkundungsverfahrens naheliegen, wie etwa bei einem Immobilienerwerb durch unerfahrene oder ungewandte Verbraucher unter Einschaltung eines Strukturvertriebs mit (allein) von diesem gewünschter kurzfristiger Terminvergabe und Aufspaltung von Verträgen in Angebot und Annahme (vgl. Brambring, ZfIR 2002, 597, 602; Solveen, RNotZ 2002, 318, 323; Mayer in Soergel, BGB , 13. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 51).

(3) Das entsprach auch zum Zeitpunkt der Vornahme der hier verfahrensgegenständlichen 51 Beurkundungen der ganz herrschenden Meinung in den Stellungnahmen der veröffentlichten Literatur. Entscheidungen von Gerichten lagen zwar noch nicht vor. So hielt aber die Bundesnotarkammer eine Übersendung des Entwurfs durch den Notar selbst für ratsam. Soweit dies nicht möglich sei, erscheine es empfehlenswert, dass der Notar anderweitig an den Verbraucher herantrete, um diesem ausreichend Gelegenheit zu geben, innerhalb der zweiwöchigen Frist vorbereitende Fragen oder Wünsche an ihn zu richten (D. IV. der Anwendungsempfehlungen). Ohnehin entsprach es schon vor Inkrafttreten der Neuregelung guter notarieller Praxis, den Parteien im Regelfall einen Entwurf mit der Aufforderung zu übersenden, ihn inhaltlich zu überprüfen und bei Fragen Rücksprache mit dem Notar zu nehmen, beziehungsweise ihnen Gelegenheit zu einer Besprechung vor dem Beurkundungstermin zu geben (Brambring, ZfIR 2002, 597, 605; Solveen, RNotZ 2002, 318, 322 mwN; Hertel, ZNotP 2002, 286 , 290 mwN; Lerch, BeurkG , 3. Aufl., § 17 Rn. 61). Überließ es der Notar dem Unternehmer, dem Käufer einen Text zur Verfügung zu stellen, so sollte er vor der Beurkundung aber jedenfalls überprüfen, ob dieser Text mit dem zu beurkundenden Vertragsentwurf übereinstimmte (Armbrüster in Huhn/von Schuckmann, Beurkundungsgesetz und Dienstordnung für Notare, 4. Aufl., § 17 Rn. 183; Brambring, ZfIR 2002, 597, 606; Bohrer, DNotZ 2002, 579 , 589; Solveen, RNotZ 2002, 318, 324). Die bayerischen Notare Hantke, Malzer, Kirchner, Pauker und Schervier, die ihre Auffassung in den allen bayerischen Notariaten zur Verfügung gestellten Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern veröffentlicht hatten (MittBayNot 2002, 433 , 455), hielten es in diesem Fall bereits seinerzeit für nötig, dass der Käufer das ihm rechtzeitig übergebene Musterexemplar als Mitlesestück zum Termin vorlegt und gebeten wird, sich zu melden, falls der vorgelesene Text mit dem Muster nicht übereinstimmen sollte (vgl. auch Mayer in Soergel, BGB , 13. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 51). Die bloße Versicherung des Unternehmers, den beabsichtigten Text auszuhändigen und keine Beurkundungstermine innerhalb der Zwei-Wochen-Frist zu vereinbaren, genügte jedenfalls nicht; Aufgabe des Notars konnte es auch nicht lediglich sein, den Verbraucher bei der Beurkundung zu befragen, ob er rechtzeitig einen Entwurf erhalten habe, und die Antwort in der Urkunde zu vermerken (Sorge, DNotZ 2002, 593 , 595) oder sonstige zweckvergessene Verfahrensgestaltungen zu praktizieren (Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 335). So war die Hinwirkungspflicht in Fällen, in denen der Verbraucher zu einer übereilten und unbedachten Kaufentscheidung veranlasst werden sollte, er das Kaufobjekt nicht einmal besichtigt hatte und sich keine Gedanken über die Wirtschaftlichkeit seiner Vermögensanlage machen konnte, als unbedingte Amtspflicht in dem Sinne zu sehen, dass der Notar zunächst die Beurkundung abzulehnen und darauf zu bestehen hatte, dass die Frist von zwei Wochen eingehalten wird (Brambring, ZfIR 2002, 597, 606; Solveen, RNotZ 2002, 318, 323).

b) Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte jedenfalls in 30 der 51 Fälle die ihm obliegende Hinwirkungspflicht nicht erfüllt und damit gegen § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. verstoßen. Die 51 Fälle betrafen nach der Aufstellung des Oberlandesgerichts auf den Seiten 11 bis 15 des Urteils sämtlich Kaufangebote oder Kaufverträge von Verbrauchern an die oder mit der S.-Gruppe.

aa) Der Beklagte hat sich zu seinem Verfahren bei den damaligen Beurkundungen wie folgt eingelassen:

Die Abläufe in seinem Notariat seien stark arbeitsteilig organisiert und standardisiert gewesen. So sei er bei einem Bauträgerobjekt in der Entwurfsphase der Erstellung der Teilungserklärung und des objektbezogenen Musterbauträgervertrags in aller Regel persönlich involviert gewesen. Danach, also bei den einzelnen Bauträgerverträgen, habe sich seine Tätigkeit, genauso wie bei einem Standardkaufvertrag über eine Gebrauchtimmobilie, auf das eigentliche Beurkundungsverfahren beschränkt, also auf die Verlesung und Erläuterung der Urkunde. Das gesamte übrige Verfahren sei von Mitarbeitern selbständig durchgeführt worden; so etwa die Aufnahme der erforderlichen Daten, die Terminvereinbarung, die Erstellung des konkreten Vertragsentwurfs und der Empfang der Vertragsparteien. Das habe sich auf die gesamte Abwicklung des Vertrags erstreckt, wobei auch die anfallende Korrespondenz praktisch ausnahmslos von den Mitarbeitern selbständig geführt worden sei. Bei der Beurkundung habe er die Personaldaten der Beteiligten, die Grundbuchdaten anhand des vorliegenden Grundbuchauszuges und bei Grundschulden auch die richtige Übernahme der Daten aus den Auftragsschreiben der Banken kontrolliert. Darüber hinaus habe er weder die Nebenakte noch die Korrespondenz überprüft.

Diese hochgradig arbeitsteilige Situation erkläre, warum ihm in der Regel weder die ab März 2005 verwendeten Bestätigungsformulare noch die Terminvorlaufzeiten und die Anzahl oder die Häufigkeit von fehlenden Annahmen oder Vertragsaufhebungen bekannt gewesen seien. Die Bestätigungsformulare seien den Beteiligten, wenn sie die Bestätigung nicht bereits mitgebracht hätten, beim Empfang von seinen Mitarbeitern mit der Bitte übergeben worden, sie auszufüllen und zu unterzeichnen. Sie seien vor Beginn der Beurkundung wieder bei den Mitarbeitern abgegeben worden, die sie kontrolliert und dann in die Nebenakte abgeheftet hätten. Er selber habe sie nicht überprüft, da er bei der Beurkundung ohnehin gefragt habe, ob die Käufer den Entwurf rechtzeitig erhalten hätten. Er habe dies nicht für nötig gehalten, da zwischen dem Ausfüllen oder zumindest der Abgabe des Bestätigungsformulars und seiner Nachfrage in der Regel nur ein paar Minuten vergangen gewesen seien. Sinn und Zweck der Formblätter sei nur gewesen, über die Mitarbeiter möglichst zu verhindern, dass die Voraussetzungen für die Vornahme einer Beurkundung nicht vorgelegen hätten und dies erst bei der Beurkundung festgestellt werde.

Der Ablauf der Beurkundung sei ebenfalls standardisiert gewesen. Die Urkunde sei abschnittsweise verlesen worden, wobei nach den einzelnen Abschnitten Daten kontrolliert, Beteiligtenangaben verifiziert und der Urkundeninhalt erläutert worden seien. So frage der Notar nach den Angaben zur Zweiwochenfrist nach, ob die Feststellungen in der Urkunde richtig seien. Dabei sei zu bedenken, dass der zur Verfügung stehende zeitliche Rahmen für eine Kaufvertragsbeurkundung von etwa einer Stunde zwar ausreichend Zeit gegeben habe, die Urkunde abschnittsweise zu verlesen, die einzelnen Abschnitte zu erläutern und gestellte Fragen zu beantworten. Für über die eigentliche Beurkundung hinausgehende Gespräche mit den Beteiligten (z.B. wie ein Käufer von dem Objekt erfahren habe, wie er es nutzen möchte) oder gar mit den Vermittlern (z.B. ob ein Vermittler direkt für den Verkäufer tätig werde oder ob sich dazwischen eine Hierarchie von weiteren Vermittlern befinde), habe aus der damaligen Sicht des Notars weder Anlass noch Zeit bestanden.

Anlässlich der Vernehmung einer Zeugin im Ermittlungsverfahren hat der Beklagte ferner folgende Erklärung abgegeben (TEA VI 01 012 ff.): "Es läuft immer so, dass der Bauträger auch schon vor der Beurkundung einer Teilungserklärung einen Vertragsentwurf hinsichtlich des Verkaufs einzelner Objekte erhält. Die Teilungserklärung und der Entwurf für die Verkäufe werden parallel entwickelt. Den Musterkaufvertrag erhält der Bauträger, um diesen an seine Kunden weiterzuleiten. Dies war so, als sich das Beurkundungsgesetz noch nicht geändert hatte. (...) Früher gab es die individuellen Vertragsentwürfe erst, wenn der konkrete Käufer bekanntgegeben wurde. Das Ganze wurde an den Verkäufer versandt. (...) Für den Mustervertrag gab es in der Regel auch kein Anschreiben." (... hier wurden vom Beklagten verschiedene Muster übergeben). "Diese Musterkaufangebote oder Kaufverträge waren dazu gedacht, dass diese weitergegeben werden und zwar von den S. an ihre Kunden. (...) Es gab Musterkaufangebote und Musterkaufverträge."

bb) Auf der Grundlage der eigenen Einlassung des Beklagten, der nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts zu den einzelnen Fällen (Aufstellung des Oberlandesgerichts, Seiten 11 bis 15 des angefochtenen Urteils) sowie der durch den Senat durchgeführten Auswertung der in den Ermittlungsakten befindlichen Urkunden (TEA III Bände 1 - 7) und der vom Beklagten eingereichten Liste 1 (EA I, 384 ff.) steht im Tatsächlichen folgendes fest:

In 30 Fällen (laufende Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 7, 9, 11, 15, 16, 19, 20, 21, 22, 23, 25, 26, 27, 28, 30, 31, 32, 34, 35, 36, 39, 40, 41, 42 und 43 der Aufstellung des Oberlandesgerichts) unterzeichneten die Käufer das Bestätigungsformular - jeweils am Tag der Beurkundung - wie folgt: "bestätige/n hiermit, dass mir/uns heute/am [eingefügt jeweils ein Datum 14 Tage vor dem Tag der Beurkundung mit Ausnahme der Fälle 15, 16 und 31, in denen der Beurkundungstag eingefügt ist] vom Verkäufer/Vermittler ein Entwurf des Kaufvertrags/Kaufangebots ohne persönliche Daten übergeben wurde". Auf der Grundlage dieses den Mitarbeitern des Beklagten übergebenen Formulars fassten diese die Urkunden jeweils wie folgt: "... [weiß/wissen], dass der Notar [nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG] eine Beurkundung nur dann vornehmen soll, wenn mindestens zwei Wochen verstrichen sind, seitdem [ihm/ihr/ihnen] ein Entwurf des Kaufangebots [des Kaufvertrags in den Fällen 7, 9, 20, 27, 28] [und die Teilungserklärung (...) in den Fällen 1, 2, 4, 5, 7, 9, 15, 16, 21, 25, 26, 31, 34, 35, 36, 40, 41, 43] übergeben wurde [seitdem er einen Entwurf des Kaufangebots erhalten hat, in den Fällen 11, 23 und 32] und dass diese Regelung [ihn/sie] vor übereilten Handlungen schützen soll. ... [Käufer] [erklärt/erklären] hierzu, dass [er/sie] die genannten Unterlagen [einen Vorentwurf ohne persönliche Daten in den Fällen 3 und 11] bereits vor mehr als 14 Tagen über den Verkäufer beziehungsweise Vermittler erhalten [hat/haben] beziehungsweise in den Fällen 19, 20, 30, 42: "dass [ihm/ihr/ihnen] die genannten Unterlagen [ein Vorentwurf ohne persönliche Daten in den Fällen 23 und 32] bereits vor mehr als 14 Tagen über den Verkäufer beziehungsweise Vermittler übergeben wurden." Dabei erfolgten die Terminvereinbarungen überwiegend sehr kurzfristig wie folgt: am selben Tag in den Fällen 3, 5, 9, 11, 15, 19, 39, 43; am Vortag in den Fällen 2, 20, 21, 25, 26, 30, 31, 34, 35, 40, 41, 42; zwei Tage vorher in den Fällen 4, 36; drei Tage vorher in den Fällen 22, 23, 27, 28, 32 sowie vier bis unter zwölf Tage vorher in den Fällen 1, 7, 16. Die in den Urkunden vorformulierten Erklärungen wurden von dem Beklagten im Rahmen der ohne einleitendes Gespräch sofort begonnenen Beurkundung verlesen und auf Nachfrage, ob die Feststellungen richtig seien, von dem jeweiligen Käufer bestätigt.

Ferner steht aufgrund der nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts fest, dass dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt bekannt war, dass für die S.-Gruppe eine Vielzahl verschiedener Vermittler/Vertriebsorganisationen auftrat, die Immobilien in den überwiegenden Fällen als Anlageobjekte erworben wurden und auf Wunsch der S.-Gruppe eine systematische Aufspaltung in Angebot und Annahme erfolgte. Schließlich war dem Beklagten im Fall L. im Oktober 2005 und im Fall H. aufgrund des Schreibens ihres Bevollmächtigten vom 24. April 2006 bekannt geworden, dass zwei Kunden unabhängig voneinander behaupteten, von für die S.-Gruppe tätigen Vermittlern überrumpelt, getäuscht und mit der Behauptung, es handele sich nur um eine Formalie beziehungsweise ein Vorgespräch, zur Unterschrift unter das Bestätigungsformular und zur (unrichtigen) Erklärung, sie hätten den beabsichtigten Text rechtzeitig erhalten, bewegt worden zu sein. In beiden Fällen waren die Termine kurzfristig, nämlich am Vortag vereinbart worden. In beiden Fällen wurden die Kaufverträge in der Folge aufgehoben, wobei der Notar die Aufhebung im Fall H. selbst beurkundete. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf das Urteil des Oberlandesgerichts, Seiten 94 bis 99, Bezug genommen.

cc) Nach den dargelegten Maßstäben genügte der Beklagte mit der festgestellten Verfahrensgestaltung seiner Hinwirkungspflicht insbesondere gegenüber unerfahrenen und ungewandten Käufern nicht. Er verließ sich vollständig auf die Angaben der S. beziehungsweise der Vermittler und von ihm selbst vorformulierte Bestätigungen der Käufer, die er lediglich verlas und deren Richtigkeit er sich bestätigen ließ, ohne - was für ihn ein leichtes gewesen wäre - dies in geeigneter Form zu überprüfen. Dass er die Abläufe in seinem Büro und auf seine Veranlassung abgegebene Erklärungen der Käufer auf den Bestätigungsformularen nicht zur Kenntnis genommen haben will, kann ihn nicht entlasten, weil er persönlich für die Verfahrensgestaltung verantwortlich ist und diese nicht auf seine Mitarbeiter übertragen kann (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1988 - IX ZR 31/88, NJW 1989, 586 unter II 3; Frenz in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 2). Seine Verfahrensgestaltung war - was sich dem Notar insbesondere nach Kenntnis der Beanstandungen der Käufer H. hätte aufdrängen müssen - offensichtlich nicht geeignet, den vom Gesetz gerade zur Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen durch Strukturvertriebe vorgesehenen Übereilungsschutz von unerfahrenen oder ungewandten Personen zu erreichen. Sie war lediglich darauf ausgerichtet, einen formalen Nachweis der Erfüllung der Hinwirkungspflicht zu erlangen, konnte zu Missverständnissen Anlass geben und war zum Schutz gerade unerfahrener und ungewandter Verbraucher tatsächlich wirkungslos.

Dabei ist im Blick zu behalten, dass - wie sich jedem Notar aufdrängt - jemand, der sich überhastet unter dem Eindruck unrichtiger Versprechungen zu einem Grundstückskauf überreden und unmittelbar die Beurkundung bei einem Notar durchführen lässt, sich auch dazu bewegen lassen wird, bei diesem ein ihm von dem Vermittler als "Formalie" dargestelltes Bestätigungsformular zu unterzeichnen, und sich sodann bei der unmittelbar darauffolgenden Beurkundung daran gebunden hält (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2015 - III ZR 292/14, BGHZ 206, 112 Rn. 16; Weingärtner/Wöstmann, Richtlinienempfehlungen BNotK/Richtlinien Notarkammern 2004, II RL-E Rn. 29; Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 329, 333 ). Nicht ohne Grund sind im allgemeinen Zivilrecht formularmäßige Tatsachenbestätigungen grundsätzlich unwirksam, wenn sie nicht als reines Empfangsbekenntnis besonders unterzeichnet sind (§ 309 Nr. 12 b BGB ).

Hätte der Beklagte, wie es seiner Amtspflicht entsprochen hätte, dagegen ein kurzes, von echtem Interesse für die persönliche, berufliche und wirtschaftliche Situation der Käufer und deren Absichten im Hinblick auf den Wohnungskauf getragenes Vorgespräch von einigen wenigen Minuten geführt (vgl. auch zu der Berücksichtigung der Person des Verbrauchers, seinen Fähigkeiten und Kenntnissen bei der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens des Notars in Bezug auf die Verfahrensgestaltung Mayer in Soergel, BGB , 13. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 45) und die Frage gestellt, wann diese von wem Unterlagen mit welchem Inhalt erhalten hatten, hätte er den sich unmittelbar vor seinen Augen und in seinem Notariat in zahlreichen Fällen abspielenden Betrug erkennen und verhindern können. So wurden S. unter anderem aufgrund der Fälle mit den laufenden Nummern 2 (B. ), 11 (G. ), 19 (K. ), 20 (Kö. ) und 22 (M. ) durch das Urteil der Großen Jugendstrafkammer des Landgerichts Passau vom 13. Dezember 2012 (KLs 307 Js 13680/08) wegen eines zu Lasten der jeweiligen Käufer begangenen Betrugs rechtskräftig verurteilt. Hier hat das von dem Beklagten durchgeführte Beurkundungsverfahren vollständig versagt. Er hat sich nicht bemüht, mit den Käufern persönlich so in Kontakt zu treten, dass er ihre Unerfahrenheit und Überrumplung überhaupt hätte bemerken und sie sodann mit seinen Belehrungen hätte erreichen können.

dd) Unabhängig davon hatte der Beklagte auch schon angesichts der unklaren Angaben in dem von ihm vorformulierten Bestätigungsformular Anlass für die Klärung, welche Unterlagen den Käufern (angeblich) fristgerecht übergeben worden waren - der Entwurf eines Kaufvertrags oder der Entwurf eines Kaufangebots (oder beides). Angesichts der von dem Beklagten im Hinblick auf die S.-Gruppe praktizierten systematischen Aufspaltung von Angebot und Annahme und dem eigenen Vortrag des Beklagten hierzu (dazu oben unter 2) konnte vor der Vereinbarung des Beurkundungstermins - die hier wie oben dargestellt kurzfristig erfolgte - nicht feststehen, ob ein Angebot oder ein Kaufvertrag beurkundet werden würde, da sich dies nach den vorliegenden Unterlagen und der eigenen Einlassung des Beklagten erst bei der Terminanforderung durch die Verkäufergesellschaften der S.-Gruppe entschied. Es drängte sich daher schon aus diesem Grund die Frage auf, welche Unterlagen die Verkäufer beziehungsweise Vermittler den Kunden jeweils übergaben oder im konkreten Fall übergeben hatten. Ferner hätte der Klärung bedurft, ob die Käufer - soweit erforderlich - auch die Teilungserklärung erhalten hatten und ob die Unterlagen auch Angaben zu der zu erwerbenden Wohnung, zu den Miteigentumsanteilen und zu dem Kaufpreis enthielten (vgl. Sorge, DNotZ 2002, 593 , 604) beziehungsweise ob sich diese Angaben aus einem ebenfalls rechtzeitig übergebenen Exposé ergaben (vgl. Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 333). Insoweit enthielt das Bestätigungsformular indes den missverständlichen Hinweis, wenn es sich bei dem angebotenen Objekt um eine Wohnung in einer größeren Anlage handele, genüge es, dass sich Kaufpreis und Wohnungsbeschreibung aus dem Exposé ergäben. Das kann ohne juristische Vorbildung auch so verstanden werden, dass in diesem Fall kein (weiterer) Vertragstext übergeben werden musste. Missverständnisse oder versehentlich unrichtige Angaben der Käufer in Bezug auf die ihnen (angeblich) übergebenen Unterlagen lagen daher nahe und hätten durch Rückfrage unmittelbar mit ihnen selbst geklärt werden müssen.

c) Der Beklagte hat die Pflichtverletzungen in den dargestellten Fällen zur Überzeugung des Senats auch vorsätzlich verwirklicht, § 95 BNotO . Er war sich aller Tatsachen, die die Dienstpflichtwidrigkeit begründeten, bewusst.

aa) Soweit der Beklagte meint, er sei weit über das hinausgegangen, was nach damaliger herrschender Meinung im Rahmen seiner Hinwirkungspflicht erforderlich gewesen sei, und habe es gerade nicht bei einer einfachen Nachfrage belassen, trifft das nicht zu.

(1) Zum einen hat der Beklagte - wie er selbst einräumt - letztlich nur einen vorformulierten Textbaustein verlesen und sich dessen Richtigkeit ohne weitere Nachfrage lediglich bestätigen lassen. Soweit er die Bestätigungsformulare hat verwenden lassen, hat er diese nach seiner eigenen Einlassung gar nicht zur Kenntnis genommen. Sie enthalten denn auch in einigen Fällen offensichtliche Widersprüche, aus denen sich ergibt, dass die abgegebenen Erklärungen unrichtig sein mussten, ohne dass dies für das Beurkundungsverfahren Konsequenzen hatte. So hatten die Käufer in den Fällen der laufenden Nummern 15 (H. , TEA III Band 2, 16020), 16 (Ki. , TEA III, Band 3, 19020) und 31 (P. , TEA III, Band 4, 32019) in dem Bestätigungsformular zusätzlich zu der Angabe, (erst) am Beurkundungstag vom Verkäufer/Vermittler einen Entwurf erhalten zu haben, angegeben "dass mir/uns am [Datum 14 Tage vor der Beurkundung] vom Notar ein Entwurf des Kaufvertrags/Kaufangebots übersandt wurde". Das konnte indes nicht zutreffen, da die Anforderung eines Kaufvertragsangebots und die Terminanforderung per Telefax durch das Büro der S.-Gruppe im Fall H. erst am Beurkundungstag, im Fall Ki. 11 Tage vor der Beurkundung und im Fall P. am Vortag der Beurkundung erfolgt war, dem Beklagten die Daten der Käufer also vorher gar nicht bekannt sein konnten. Gleichwohl wurde in diesen Fällen die - den Angaben im Bestätigungsformular klar widersprechende - Erklärung der Käufer beurkundet, sie hätten die genannten Unterlagen "vor mehr als 14 Tagen über den Verkäufer beziehungsweise Vermittler" erhalten.

(2) Zwar darf der Vorwurf einer schuldhaften Amtspflichtverletzung nicht bereits deshalb erhoben werden, weil ein Gericht eine andere Ansicht vertreten hat. Nach der Senatsrechtsprechung fehlt es am Verschulden eines Notars bei einer Gesetzesauslegung, die zwar unrichtig ist, die aber nach gewissenhafter Prüfung der zu Gebote stehenden Hilfsmittel auf vernünftige Erwägungen gestützt ist, wenn es sich um eine Bestimmung handelt, die für die Auslegung Zweifel in sich trägt und bei der Zweifelsfragen noch nicht ausgetragen sind (Senat, Beschluss vom 20. Juli 2015 - NotSt(Brfg) 3/15, DNotZ 2016, 72 Rn. 19 mwN).

Eine entsprechende gewissenhafte Prüfung durch den Beklagten ist aber weder vorgetragen noch glaubhaft. Im Gegenteil hat der Beklagte geltend gemacht, er habe sich im Jahr 2002 mit den Motiven des Gesetzgebers in Ermangelung von Bauträgerprojekten und geschäftsmäßigen Immobilienverkäufen in seinem Notariat nicht näher beschäftigt. Als er "mehrere Jahre später mit solchen Verträgen konfrontiert" gewesen sei, habe er davon ausgehen dürfen, dass durch die Neuregelung "die erkannte Gefahr gebannt worden sei". Damit hat er eingeräumt, dass er sich mit der Auslegung der Neuregelung und ihrem Sinn und Zweck sowie mit den daraus folgenden Pflichten für die notarielle Praxis letztlich gar nicht befasst hat. Wie oben ausgeführt, hielten es die Stellungnahmen in der veröffentlichten Wissenschaft, insbesondere auch aus dem Bereich des bayerischen Notariats, mit großer Mehrheit gerade für die hier vorliegende Fallgestaltung, die Anlass für die Gesetzesänderung gegeben hatte, nicht für ausreichend, dass sich der Notar die Einhaltung der Frist durch einfache Nachfrage bestätigen ließ. Zudem bestanden - wie ebenfalls dargestellt - tatsächliche Unklarheiten in Bezug auf die übergebenen Unterlagen, die der Beklagte durch konkrete Nachfrage hätte klären müssen.

bb) Soweit der Beklagte meint, er habe auf die Tauglichkeit des von ihm gewählten Verfahrens vertrauen dürfen, folgt der Senat dem nicht.

Der Beklagte führt dazu aus, der Grund dafür, dass der Hinwirkungserfolg offenbar nicht immer eingetreten sei, liege nicht in einer mangelnden Tauglichkeit des Verfahrens, sondern in dem Umstand, dass es sich bei der Mehrzahl der Käufer der S.-Gruppe nicht "um unbescholtene Verbraucher, sondern um Käufer mit desolaten finanziellen Verhältnissen handelte, bei denen die rechtswidrige Erlangung eines zumeist erheblichen Kick-Back-"Vorteils" den wesentlichen Beweggrund für den Vertragsschluss darstellte und die offenbar bereit waren, dafür alles zu erklären". Nur wenn sowohl die Verkäufer als auch die Käufer anlässlich des beurkundeten Geschäfts Straftaten begingen, erscheine es möglich, dass ein Notar nahezu ausnahmslos angelogen werde. Dass aber seine Mandanten im Zusammenhang mit seinen Amtshandlungen Straftaten begehen könnten, sei für den Beklagten ein "völlig fernliegender Gedanke" gewesen. Es habe auch keine Anhaltspunkte für strukturelle Besonderheiten bei der S.-Gruppe und kein offensichtliches Motiv dafür gegeben, weshalb Käufer "lügen sollten". Selbst wenn man heute wisse, dass Vermittler ihren Kunden gesagt hätten, sie sollten die Frage wahrheitswidrig bejahen, beantworte dies noch nicht, wieso sich ein mündiger Bürger "grundlos überreden lässt, einen Notar zu belügen". Das greift aus mehreren Gründen nicht durch

(1) Die Einlassung des Beklagten, er habe nicht erkennen können und müssen, dass er "angelogen" werde, greift zu kurz. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte nicht dermaßen "blauäugig" war. Der Käufer L. hatte im Oktober 2005 und die Käufer H. hatten im April 2006, mithin vor den hier streitgegenständlichen Fällen, unabhängig voneinander dem Notar die betrügerischen Praktiken von Vermittlern der S.-Gruppe und Überrumplungssituationen geschildert. Sie hatten eingestanden, unrichtige Erklärungen im Hinblick auf den Erhalt des beabsichtigten Textes des Rechtsgeschäfts abgegeben zu haben, bevor die Angebote beziehungsweise Kaufverträge in den oben dargestellten Fällen beurkundet worden waren. Der beklagte Notar hatte also allen Anlass, davon auszugehen, dass sich unerfahrene und ungewandte Verbraucher zu unrichtigen Erklärungen bewegen lassen und von den Vermittlern der S.-Gruppe dazu bewegt werden. Auch wenn er dies in den beiden Fällen nicht geglaubt haben sollte, hätte er insbesondere vor dem Hintergrund der weiteren Anzeichen für eine Unzuverlässigkeit der S.-Gruppe und ihrer Vermittler erst recht ab dem zweiten Vorkommnis dieser Art genauer nachfragen müssen und sich nicht mehr allein auf pauschale Bestätigungen verlassen dürfen.

(2) Denn zwar darf sich der Notar regelmäßig auf die tatsächlichen Angaben der Beteiligten ohne eigene Nachprüfung verlassen. Der Grundsatz, dass der Notar im Zweifel den Angaben der Beteiligten vertrauen darf, gilt aber umso weniger, je gewichtiger die Hinweise auf unredliches Verhalten sind und je größer die mögliche Unredlichkeit des verfolgten Zwecks ist (Senat, Beschluss vom 23. November 2015 - NotSt(Brfg) 4/15, DNotZ 2016, 227 Rn. 22). Zudem muss der Notar bedenken, dass Beteiligte entscheidende Umstände, auf die es für das Rechtsgeschäft ankommen kann, möglicherweise nicht erkennen oder rechtliche Begriffe, die auch unter Laien gebräuchlich sind und die sie ihm als Tatsachen vortragen, möglicherweise falsch verstehen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1995 - IX ZR 104/94, NJW 1996, 520 unter I 1; KG, Beschluss vom 23. September 2016 - 9 W 129/15, NotBZ 2017, 339, 340). Das räumt der Beklagte auch selbst ein, indem er geltend macht, Käufer erhielten im Zuge der Beurkundung eines Kaufvertrags so oft und so viele verschiedene Unterlagen (Entwurf, Exposé, Teilungserklärung, Rentabilitätsberechnung, Darlehensangebot, Versicherungsunterlagen), dass es insbesondere bei einem Laien ein Wunder sei, würde er sich Jahre später daran erinnern können, welche Unterlagen er erhalten habe. Auch die Untervermittler hätten in der Regel nicht gewusst, was übergeben worden sei; sie hätten in der Regel nicht einmal zwischen Entwurf, Exposé und Teilungserklärung unterscheiden können. Ist dies aber so, hatte der Beklagte allen Anlass, sich über den Inhalt der angeblich übergebenen Unterlagen zu vergewissern. Hier drängte es sich ihm schon aufgrund der Unklarheiten in Bezug auf die den Vermittlern überlassenen Kaufvertragsangebote und Kaufverträge auf, die Verbraucher dazu zu befragen, welche Unterlagen mit welchem Inhalt sie wann und bei welcher Gelegenheit erhalten hätten. Hinzu traten weitere Anhaltspunkte für ein unredliches Vorgehen der S.-Gruppe und ihrer Vermittler, wie die gewünschte systematische Aufspaltung der auf den Erwerb von Anlageobjekten gerichteten Kaufverträge in Angebot und Annahme, die Kurzfristigkeit der Terminwünsche und die Begleitung der Käufer durch verschiedene Vermittler. Es ist dem Beklagten nicht zu glauben, dass er all diese Umstände nicht bemerkt und nicht bedacht hat. Ausweislich seiner hervorragenden Examensergebnisse, seiner fünfjährigen Zeit als Notarassessor und weiterer zweijähriger Tätigkeit als Notar bis zu den inkriminierten Ereignissen handelt es sich bei ihm um einen hochqualifizierten, einschlägig ausgebildeten und erfahrenen Kautelarjuristen, dem die von ihm geltend gemachte "Blindheit" gegenüber den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen schlechterdings nicht abzunehmen ist.

(3) Schließlich ist der Senat davon überzeugt, dass die Einlassung des Beklagten unrichtig ist, es sei für ihn ein "völlig fernliegender Gedanke" gewesen, dass seine Mandanten im Zusammenhang mit seinen Amtshandlungen Straftaten begehen könnten. Ein Notar muss schon im Hinblick auf seine aus § 14 Abs. 2 BNotO und § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG folgenden Pflichten mit unerlaubtem oder unredlichem Verhalten rechnen. Auch war der Beklagte im Hinblick auf die Vertrauenswürdigkeit der S.-Gruppe nicht - in seiner eigenen Wortwahl - so naiv, wie er sich jetzt darstellt. In seiner ersten - persönlich abgegebenen - Stellungnahme gegenüber dem Präsidenten des Landgerichts Regensburg hat er ausgeführt, dass er die in den Urkunden enthaltenen Belehrungen in Fällen verwendet habe, in denen eine Vielzahl verschiedener Vermittler oder Vertriebsorganisationen zum Einsatz gekommen seien. Nur wenn ihm sowohl Verkäufer als auch Vermittler und Vertrieb aufgrund eigener Erfahrung in der Vergangenheit besonders zuverlässig erschienen seien, habe er einen bloßen Vermerk ohne Belehrung in die Urkunde aufgenommen. Der Beklagte hat also sehr wohl zwischen zuverlässigen und weniger zuverlässigen Verkäufern und Vertriebsorganisationen zu unterscheiden gewusst. Zudem war es unter Notaren allgemein bekannt, dass betrügerische Verkäufer unter Einschaltung von Strukturvertrieben in großer Zahl am Markt tätig waren (vgl. nur Rieger, MittBayNot 2002, 325 ff., 333, der ausdrücklich auf die Möglichkeit hinweist, dass unseriöse Vertriebsorganisationen Verbraucher zu falschen Angaben beim Notar bewegen).

d) Die übrigen 21 Fälle werden gemäß § 65 Abs. 1 , § 56 Satz 1 BDG ausgeschieden (BVerwG, NVwZ-RR 2013, 1009 Rn. 8; Urban in Urban/Wittkowski, BDG , 2. Aufl., § 56 Rn. 5).

4. Zu Recht hat das Oberlandesgericht weiterhin angenommen, der Beklagte habe in 18 weiteren Fällen, in denen sich die Nichteinhaltung der Regelfrist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. aus der Urkunde ergibt, vorsätzlich gegen diese Bestimmung verstoßen. Diese Fälle betreffen teilweise Kaufverträge von Verbrauchern mit der S.-Gruppe und teilweise Kaufverträge von Verbrauchern mit anderen Verkäufern. Der Senat hat die Begründung des Oberlandesgerichts im Tatsächlichen und Rechtlichen geprüft und macht sie sich zu Eigen. Der Fall Hi. wird allerdings gemäß § 65 Abs. 1 , § 56 Satz 1 BDG ausgeschieden.

a) Zutreffend geht das Oberlandesgericht davon aus, dass ein Notar seiner Hinwirkungspflicht aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. nicht gerecht wird, wenn er in Kenntnis der Nichteinhaltung der Regelfrist die Beurkundung vornimmt, obwohl er nicht festgestellt hat, dass der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz auf andere als die nach dem Gesetz regelmäßig vorgesehene Weise gewährleistet ist oder im Einzelfall ein (anderer) sachlicher Grund vorliegt (BGH, Urteile vom 7. Februar 2013 - III ZR 121/12, BGHZ 196, 166 Rn. 20 mwN; vom 25. Juni 2015 - III ZR 292/14, BGHZ 206, 112 Rn. 15 f.; vom 23. August 2018 - III ZR 506/16, NJW-RR 2018, 1531 Rn. 19). Das war auch zum Zeitpunkt der Vornahme der in Rede stehenden 19 Beurkundungen überwiegende Meinung in der Literatur, insbesondere auch in dem allen bayerischen Notariaten zur Verfügung gestellten Mitteilungsblatt (vgl. insoweit die Nachweise in der Entscheidung vom 7. Februar 2013 aaO; Schmucker, DNotZ 2002, 510 , 519; Sorge, DNotZ 2002, 593 , 604; Hertel, ZNotP 2002, 286 , 289; Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 329; Winkler, BeurkG , 15. Aufl., § 17 Rn. 186; Armbrüster in Huhn/von Schuckmann, 4. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 187; Hertel in Staudinger, BGB , Bearb. 2004, Vor §§ 127a, 128 ( BeurkG ) Rn. 529; aA Litzenburger, NotBZ 2002, 280, 283; Bohrer, DNotZ 2002, 579 , 593; Frenz in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 2. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 39g) und wurde bereits im Jahr 2002 nachvollziehbar damit begründet, dass es offensichtlich sinnwidrig wäre, wenn derjenige, der durch eine Regelung vor einem übereilten Vertragsschluss geschützt werden soll, auf sie verzichten könnte (Rieger, MittBayNot 2002, 325 , 329). Dieses Verständnis entsprach insbesondere auch den Anwendungsempfehlungen der Bundesnotarkammer. Danach kommt ein Abweichen von der Regelfrist nur dann in Betracht, wenn in Einzelfällen nachvollziehbare Gründe auch unter Berücksichtigung der Schutzinteressen des Verbrauchers es rechtfertigen, die dem Verbraucher zugedachte Schutzfrist zu verkürzen (D. V., 1. Absatz der Anwendungsempfehlungen). Unberührt bleibt in jedem Fall die in § 17 Abs. 2a Satz 2 Hs. 1 BeurkG begründete Pflicht. Soll eine Beurkundung vor Ablauf der Zweiwochenfrist aus nach den vorstehenden Maßstäben begründetem Anlass erfolgen, muss der Notar deshalb in jedem Fall darauf hinwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung - auch in der kürzeren Frist - ausreichend auseinanderzusetzen (D. V., 2. Absatz der Anwendungsempfehlungen). Erst wenn er diese Pflicht erfüllt hat, steht es nach den Anwendungsempfehlungen in seinem Ermessen, gegebenenfalls eine Beurkundung trotzdem vorzunehmen (D. V., 2. Absatz der Anwendungsempfehlungen).

b) Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte die ihm obliegende Hinwirkungspflicht aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. in den hier streitgegenständlichen 18 Fällen nicht erfüllt. Der Senat macht sich die tatsächlichen Feststellungen des Oberlandesgerichts - gegen die sich der Beklagte nicht gewendet hat - auf den Seiten 7 bis 10 und 55 bis 61 des Urteils nach eigener Prüfung zu Eigen.

aa) Der Notar hat in der mündlichen Verhandlung des Oberlandesgerichts wie folgt vorgetragen: "Zuerst habe ich natürlich festgestellt, wann der Vertragstext übergeben worden war, um sozusagen die Abweichung vom Soll festzustellen. Dann habe ich weiter zunächst gefragt, wann denn der jeweilige Käufer Kenntnis von den wirtschaftlichen Grundlagen des Geschäfts erlangt hat und dann habe ich noch nach weiteren Gesichtspunkten in dem Zusammenhang gefragt, wie Besichtigung. Ich habe natürlich auch gefragt, warum der Termin nicht verlegt werden soll beziehungsweise ob der Termin verlegt werden kann, sodass die Frist eingehalten ist. In dem Zusammenhang habe ich nach Gründen gefragt, warum der Termin nicht verlegt werden soll und auch eben nach so Punkten wie Besichtigung und sonstige weitergehende Auseinandersetzung mit der Materie und ob der Käufer schon weitere Beurkundungen vorgenommen hat. Und wenn ich dann zu der Überzeugung gelangt bin, dass der Käufer die für die Kaufentscheidung notwendigen Informationen rechtzeitig hatte und keine Verlegung des Termins wollte, habe ich die Beurkundung vorgenommen. In Fällen, wo mir der Käufer erklärt hat, dass er auch die wirtschaftlichen Entscheidungsgrundlagen erst kurz vor dem Termin erhalten hat, habe ich die Beurkundung abgelehnt."

bb) Zu Recht hat das Oberlandesgericht angenommen, dass die Gesichtspunkte, die der Beklagte nach seinen eigenen Angaben bei den Käufern erfragt haben will, nicht geeignet waren, ihm die Überzeugung zu verschaffen, dass der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz auf andere als die nach dem Gesetz regelmäßig vorgesehene Weise gewährleistet war. Auf die zutreffende Begründung des Oberlandesgerichts auf den Seiten 68 bis 72 seines Urteils wird Bezug genommen. Zusätzlich ist lediglich folgendes auszuführen:

Soweit der Beklagte meint, das Oberlandesgericht lege von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichende Maßstäbe an, greift das nicht durch. Die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. August 2018 ( III ZR 506/16, NJW-RR 2018, 1531 ) zugrunde liegende Fallgestaltung ist mit den hier vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der zudem geschäftserfahrene Käufer von dem Notar 13 Tage vor der Beurkundung einen Kaufvertragsentwurf erhalten, dazu eigene Änderungswünsche formuliert und übersandt sowie einen diese berücksichtigenden neuen Entwurf mit Begleitschreiben vom Notar vier Tage vor der Beurkundung zurückerhalten. Hier dagegen hat der Beklagte erklärt, dass er die - auch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist erlangte - Kenntnis des Käufers von den wirtschaftlichen Grundlagen des Geschäfts hat ausreichen lassen und eine Beurkundung nur dann abgelehnt hat, wenn der Käufer die wirtschaftlichen Entscheidungsgrundlagen "erst kurz vor dem Termin" erhalten hatte. Er hat insbesondere nicht ermittelt und auf Plausibilität überprüft, ob sich die jeweiligen Käufer, die nach den unangegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts jeweils mit einem Vermittler erschienen waren, unbeeinflusst von den Vermittlern wirtschaftlich, steuerlich oder rechtlich hatten beraten lassen. Auch Konsequenzen hat der Beklagte aus den ihm gemachten Angaben nicht gezogen. So hatte beispielsweise der Käufer Li. das Vertragsobjekt ausweislich der Angabe in der Urkunde nicht besichtigt; gleichwohl ist aber eine Beurkundung erfolgt. Ob im Einzelfall nachvollziehbare Gründe auch unter Berücksichtigung der Schutzinteressen des Verbrauchers es rechtfertigten, die dem Verbraucher zugedachte Schutzfrist zu verkürzen, hat der Beklagte daher nach seiner eigenen Erklärung nicht ausreichend ermittelt.

Soweit der beklagte Notar schriftsätzlich geltend gemacht hat, jeder Käufer habe ihm einen triftigen Grund dafür genannt, warum die Beurkundung an dem fraglichen Tag fortgesetzt und nicht einfach verschoben werden solle, auch wenn sich diese Gründe heute in den allermeisten Fällen nicht mehr nachvollziehen ließen, weil sie nicht in der Urkunde wiedergegeben worden seien und sich weder die Käufer noch der Notar daran erinnern könnten, kann dies dahinstehen. Ob für die sofortige Beurkundung ein triftiger Grund vorliegt, wird rechtlich erst bedeutsam, wenn der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz anderweitig als durch die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist gewährleistet ist. Dies hat der beklagte Notar nicht sichergestellt.

Zu den Fällen im Einzelnen:

(1) In den Fällen Au. (TEA I Band 1, 01001 ff.), Be. (TEA I Band 1, 02001 ff.), Ib. (TEA I Band 3 13001 ff.), Ja. (TEA I Band 3 14001 ff.) und Mu. (TEA I Band 4, 20001) haben die Käufer weder den Text des beabsichtigten Rechtsgeschäfts - wie auch der Beklagte einräumt - noch einen vergleichbaren Entwurf erhalten. Dass der Übereilungsschutz gewährleistet gewesen sei, wie der Beklagte meint, weil die Käufer Au. , Be. , Ib. und Ja. schon einmal eine Immobilie erworben hätten beziehungsweise zusätzlich der Käufer Au. geschäftserfahren gewesen sei, sowie die Käufer Mu. die zu erwerbende Immobilie besichtigt hätten, ist unerheblich. Das greift schon deshalb nicht durch, weil der Notar nicht nur die Zwei-Wochen-Frist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. nicht eingehalten hat, sondern auch seiner nach dem 1. Halbsatz dieser Regelung bestehenden Pflicht, darauf hinzuwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung - auch in kürzerer Frist - ausreichend auseinanderzusetzen, nicht erfüllt hat. Ferner hat weder damals noch heute jemand vertreten, dass bei Immobilienkaufverträgen und Kaufvertragsangeboten der von § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. bezweckte Übereilungsschutz anderweitig gewährleistet ist, wenn der Verbraucher schon einmal eine Immobilie erworben oder die zu erwerbende Immobilie besichtigt hat. In den Fällen Au. und Be. lag zudem nach den zutreffenden Feststellungen des Oberlandesgerichts gleichzeitig eine unzulässige Aufspaltung des Kaufvertrags in Angebot und Annahme vor (laufende Nummern 180 und 184 der Aufstellung des Oberlandesgerichts, Seite 42 des Urteils; siehe oben unter 2).

Der Käufer Ja. hat zudem - wie der Beklagte selbst vorträgt - bei seiner Zeugenvernehmung im Ermittlungsverfahren am 21. Januar 2015 angegeben, zum damaligen Zeitpunkt erhebliche Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache gehabt zu haben. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, dies sei ihm nicht aufgefallen, da der Käufer Janke Fragen im Wesentlichen mit "Ja" und "Nein" beantwortet habe. Vielleicht habe er - der Beklagte - ihn gefragt "Oder muss die Beurkundung aus steuerlichen Gründen noch in diesem Jahr stattfinden?" Das werde Herr Janke bejaht haben oder einer entsprechenden Ausführung des Vermittlers zugestimmt haben. Auch das zeigt anschaulich, dass der Beklagte nicht ausreichend ermittelt hat, ob nachvollziehbare Gründe auch unter Berücksichtigung des Schutzinteresses des Verbrauchers es rechtfertigten, die Schutzfrist abzukürzen. Ein Notar, der dem Verbraucher selbst einen Grund liefert, weshalb Eilbedarf bestehe oder sich auf die Angaben des Vermittlers verlässt, und dabei nicht einmal bemerkt, dass der Verbraucher des Deutschen nicht ausreichend mächtig ist, um der Beurkundung zu folgen, erfüllt seine aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. fließenden Pflichten nicht.

(2) Auch in den Fällen Br. , La. und No. hatten die Käufer keinen Entwurf des beabsichtigten Textes des Rechtsgeschäfts erhalten. Der Notar macht geltend, die Käufer hätten jeweils zuvor einen vergleichbaren Mustertext erhalten, wodurch der Übereilungsschutz gewährleistet gewesen sei.

Das greift schon deshalb nicht durch, weil der Beklagte auch seine nach dem ersten Halbsatz dieser Regelung bestehende Pflicht, darauf hinzuwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich mit dem konkreten Gegenstand der Beurkundung - auch in kürzerer Frist - ausreichend auseinanderzusetzen, nicht erfüllt hat.

Im Fall Br. (Kaufangebot vom 14. Juni 2007, TEA Band 1, 04001 ff.) hat der Beklagte vorgetragen, dass den Käufern zwar der Text des beabsichtigten Rechtsgeschäfts nicht vorgelegen habe, sie aber im März des Jahres 2007 zwei weitere Wohnungen erworben hätten, wobei an die Stelle einer dieser Wohnungen in St. der nunmehr im Juni beurkundete - abgesehen vom Verkäufer, den Objektdaten und dem Kaufpreis inhaltsgleiche - Kaufvertrag habe treten sollen; zudem hätten ihnen die Informationen über die wirtschaftlichen Grundlagen bereits zwei Wochen vor der Beurkundung vorgelegen. Dadurch sei der Übereilungsschutz gewährleistet gewesen. Das Oberlandesgericht hat dazu unangegriffen festgestellt, dass dies schon deshalb nicht zutrifft, weil im März ein Kaufvertrag, im Juni aber ein Kaufangebot beurkundet worden sei. Denn auch im Fall Br. hat der Beklagte eine unzulässige Aufspaltung des Kaufvertrags in Angebot und Annahme vorgenommen (laufende Nummer 148 der Aufstellung des Oberlandesgerichts, Seite 38 des Urteils; siehe oben unter 2). Zudem war - wie das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat - der erste bindende Vertrag bei dem hier beabsichtigten Objekttausch, bei dem die Aufhebung des ersten Vertrags erst nach der Beurkundung des bindenden Angebots im Hinblick auf den zweiten erfolgen sollte, schon wegen dieser veränderten Sachlage nicht geeignet, den Käufern hinreichende Gelegenheit zu geben, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen. Dem folgt der Senat.

Der Käufer La. (TEA I Band 1, 17003) hatte vor der Beurkundung am 4. April 2007 keinen Entwurf erhalten. Er hatte aber am 11. Dezember 2006 das Bestätigungsformular ausgefüllt und darin erklärt, "dass mir/uns heute/am 05.12.2006 vom Verkäufer/Vermittler ein Entwurf des Kaufvertrags/Kaufangebots ohne persönliche Daten übergeben wurde." Dazu macht der Notar geltend, im Dezember des Jahres 2006 habe der Käufer eine andere Wohnung desselben Verkäufers in E. erwerben wollen; für diesen Erwerbsvertrag sei ihm ein Entwurf ausgehändigt worden. Dieser Entwurf und das beurkundete Angebot hätten sich nur dadurch unterschieden, dass bei der Wohnung in E. noch Sanierungsmaßnahmen durchzuführen gewesen seien. Selbstverständlich habe der Käufer dem Notar versichert, dass er sich auch mit der konkreten Wohnung bereits mehr als zwei Wochen vor dem Beurkundungstermin auseinandergesetzt habe. Ferner sei ihm wohl drei Wochen zuvor ein Entwurf für eine dritte Wohnung übergeben worden. Der Inhalt dieses Entwurfs lasse sich nicht mehr nachvollziehen. Auch das reicht - wie im Fall Br. - für die Erfüllung der Hinwirkungspflicht durch den Notar nicht aus. Der Notar hat nicht geklärt, ob der Käufer La. im Dezember den Entwurf eines Kaufvertragsangebots oder einen Kaufvertragsentwurf erhalten hatte, sowie, ob ihm dieser - fünf Monate später - überhaupt noch vorlag; er konnte daher nicht beurteilen, ob der Käufer auch ohne Erhalt eines Entwurfs in Bezug auf die nunmehr beabsichtigte Beurkundung Gelegenheit hatte, sich mit deren Gegenstand ausreichend auseinanderzusetzen. Für die Erfüllung der Hinwirkungspflicht reicht nach den oben dargelegten Maßstäben jedenfalls nicht aus, dass der Käufer - wie hier - erklärt, er habe sich aufgrund ähnlich lautender Entwürfe "mit der Materie grundsätzlich auseinandersetzen können". Dies gilt umso mehr, als sich beide Verträge in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich dadurch unterschieden, dass in der Wohnung in E. im Gegensatz zu der anderen noch Sanierungsarbeiten vorzunehmen waren.

Die Käuferin No. (TEA I Band 4, 21001 ff.) hatte ebenfalls keinen Entwurf des Kaufangebots über eine noch zu errichtende Wohnung erhalten, weil dieses zum Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht vorlag. Die von der Urkunde in Bezug genommene Teilungserklärung wurde ausweislich der Urkunde erst am gleichen Tag beurkundet. Der Notar hat dazu zunächst vorgetragen, Frau No. habe einen vergleichbaren Mustervertrag über ein anderes Objekt der S.-Gruppe erhalten. Das konnte nach den oben dargelegten Maßstäben schon deshalb nicht ausreichen, weil die Käuferin zur Vorbereitung auch die Teilungserklärung benötigte und zudem kein Kaufvertrag, sondern ein Kaufangebot beurkundet wurde (wobei im Übrigen in diesem Fall auch eine unzulässige Aufspaltung vorlag, laufende Nummer 1 der Aufstellung des Oberlandesgerichts, Seite 19 des Urteils, oben unter 2). Nachdem das Oberlandesgericht seine Entscheidung unter anderem auf diesen Umstand gestützt hat, trägt der Notar nunmehr in der Berufungserwiderung vor: "Sicher gab es zum Zeitpunkt der Aushändigung des Mustervertrags auch schon einen Entwurf der Teilungserklärung, der Frau No. ausgehändigt werden konnte." Dies vermag den Beklagten nicht zu entlasten, ungeachtet dessen, dass seine Einlassung lediglich eine Mutmaßung darstellt. Jedenfalls hat er die Käuferin nicht darüber belehrt, dass nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. eine Beurkundung nur dann vorgenommen werden soll, wenn mindestens zwei Wochen verstrichen sind, seitdem dem Käufer nicht nur ein Entwurf des Kaufangebots, sondern auch die Teilungserklärung übergeben wurde. Die Urkunde lautet insoweit lediglich: "Frau M. No. hat vom Notar keinen Entwurf dieses Kaufangebotes erhalten. Ihr ist bekannt, dass nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG der Notar eine Beurkundung nur dann vornehmen soll, wenn seit der Entwurfsversendung zwei Wochen verstrichen sind."

(3) Soweit die Käufer in den vom Beklagten verwendeten Bestätigungsformularen erklärt haben, sie hätten - wenn auch nicht rechtzeitig - von den Verkäufern beziehungsweise Vermittlern Vertragsentwürfe erhalten (Käufer Gl. - TEA I Band 2, 08001 ff.; Cy. - TEA I Band 2, 07001 ff.; Su. - TEA I Band 4, 23001 ff.; Hu. - TEA I Band 2, 11002 ff.; Bru. - TEA I Band 1, 05001 ff.; Lio. - TEA I Band 4, 19001 ff.; Ko. - TEA I Band 3, 16017, die alle Kaufangebote abgegeben haben), hat der Notar seine Hinwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er nicht aufgeklärt hat, welche Unterlagen die Käufer jeweils erhalten hatten, und ob deshalb ihre Angabe, sie hätten sich mit dem Gegenstand der Beurkundung bereits intensiv auseinandergesetzt, überhaupt zutreffen konnte. Dabei wäre insbesondere zu bedenken gewesen, dass die Käufer sich durch die Beurkundung der Angebote bereits banden, während die Verkäufer frei blieben, so dass eine sofortige Beurkundung den Käufern keinerlei Vorteil im Hinblick auf eine Bindung des Verkäufers verschaffen konnte. Dass der Notar nach seinen Angaben lediglich formelhaft erfragt hat, wann den Käufern die wirtschaftlichen Grundlagen des Geschäfts bekannt gewesen seien und ob sie eine Beurkundung wollten, reichte nach den obigen Grundsätzen zur Erfüllung seiner Hinwirkungspflicht nicht aus.

So hatte etwa die Käuferin Lio. das Bestätigungsformular mit Datum vom 23. Dezember 2008, dem Tag der Beurkundung, unterzeichnet. Darin heißt es "dass mir/uns heute/am 11.12.2008 vom Verkäufer/Vermittler ein Entwurf des Kaufvertrags/Kaufangebots ohne persönliche Daten übergeben wurde." In der Urkunde heißt es sodann "... erklärt hierzu, dass ihr im Auftrag des Verkäufers bereits vor 12 Tagen ein Vertragsentwurf - ohne persönliche Daten- und die Verweisurkunde übergeben wurde und sie sich mit dem Gegenstand der heutigen Beurkundung bereits intensiv auseinandergesetzt hat. Sie wünscht daher die sofortige Beurkundung des Kaufvertrags, obwohl die 14-Tages-Frist noch nicht abgelaufen ist." Beurkundet wurde allerdings ein Kaufangebot. Insoweit bestand schon aufgrund der widersprüchlichen Erklärung zu dem übergebenen Vertragsentwurf allen Anlass, aufzuklären, welche Unterlagen die Käuferin erhalten hatte; eine intensive Befassung mit dem beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts (Kaufangebot) konnte nach der in der Urkunde enthaltenen Erklärung nicht erfolgt sein.

Im Fall des Käufers Su. wurde der Termin am 31. August 2005 von der L. I. GmbH für Freitag, den 2. September 2005 vereinbart und ein Kaufvertragsangebot erfordert. In dem am 2. September 2005 unterzeichneten Bestätigungsformular erklärt der Käufer "dass mir/uns heute/am 26.09.2005 (die Angabe 02.09.2005 ist durchgestrichen) vom Verkäufer/Vermittler ein Entwurf des Kaufvertrags/Kaufangebots ohne persönliche Daten übergeben wurde." Im Kaufangebot heißt es dann, "... erklärt, dass ihm im Auftrag des Verkäufers bereits vor zehn Tagen ein Vertragsentwurf - ohne persönliche Daten - übergeben wurde ...". Auch insoweit bestand Anlass, davon auszugehen, dass der Käufer sich mit dem Gegenstand der Beurkundung nicht ausreichend auseinandersetzen konnte, weil im Angebot auf die Teilungserklärung Bezug genommen ist, zu deren Erhalt nichts erklärt ist. In diesem Fall liegt zudem nach den zutreffenden Feststellungen des Oberlandesgerichts gleichzeitig eine unzulässige Aufspaltung des Kaufvertrags in Angebot und Annahme vor (laufende Nummer 95 der Aufstellung des Oberlandesgerichts, Seite 31 des Urteils).

Auch die Käufer Cy. , Bru. , Gl. , Hu. und Ko. hatten das Bestätigungsformular unterzeichnet, wobei jeweils offengeblieben war, ob sie ein Kaufvertragsangebot oder einen Kaufvertrag erhalten hatten. In dem Fall des Käufers Gl. lag darüber hinaus auch eine unzulässige Aufspaltung des Kaufvertrags in Angebot und Annahme vor (laufende Nummer 80 der Aufstellung des Oberlandesgerichts auf Seite 30 des Urteils). Im Fall des Käufers Bru. ergibt sich aus der Urkunde, dass die Finanzierung noch nicht gesichert war und er an das Angebot nur unter der Bedingung gebunden sein wollte, dass die Finanzierungsunterlagen vorliegen. Vor diesem Hintergrund war erst recht nicht erkennbar, dass seinen Schutzinteressen durch die Abkürzung der Regelfrist Rechnung getragen sein konnte.

(4) Im Fall der Käufer Tu. (TEA I Band 4, 24002) liegt kein Bestätigungsformular vor. Die Urkunde enthält folgende Erklärung: "Da die Frist noch nicht abgelaufen ist, hat der Notar die Verlegung des Beurkundungstermins angeboten. Herr H. Tu. und Frau I. Tu. bestanden jedoch auf sofortiger Beurkundung." Der Beklagte führt dazu aus, offenbar hätten die Eheleute nicht sagen können, wann ihnen ein Entwurf übergeben worden sei. Vielmehr werde Herr Tu. die Frage des Notars, ob ihm seit mehr als zwei Wochen genauere Informationen über die zu erwerbende Wohnung und den Kaufpreis vorlägen und sie sich ihrer Ansicht nach ausreichend mit dem Erwerb und dem Vertragstext auseinandergesetzt hätten, wahrheitswidrig bejaht haben. Das reichte nach den oben dargelegten Maßstäben aus mehreren Gründen nicht aus, um der Hinwirkungspflicht zu genügen. Zum einen hat sich der Notar nicht vergewissert, welchen Inhalt der (angeblich) übergebene Entwurf hatte. Zum anderen hat er die bloße Erklärung der Käufer, sie wünschten eine sofortige Beurkundung, ausreichen lassen.

(5) Die Käufer Li. (TEA I Band 4, 18001 ff.) und Ho. (TEA I Band 2, 10003 ff.) hatten mit Post vom 11. April 2006 beziehungsweise 10. August 2005 vom Notar jeweils den Entwurf des Kaufangebotes erhalten; die Kaufangebote wurden sodann am 15. April 2006 und am 13. August 2005 beurkundet. Der Käufer Li. hat ausweislich der Urkunde erklärt, "dass er den Entwurf trotz des kurzen Zeitraums ausreichend geprüft hat und dass er bereits zwei ähnliche Angebote über den Erwerb von Sondereigentumseinheiten abgegeben und somit Erfahrungen mit Angeboten über den Erwerb von Gebrauchtimmobilien habe." Aus der Urkunde ergibt sich indes, dass der Käufer das Vertragsobjekt nicht besichtigt hatte (TEA I Band 4, 18013). Zutreffend hat das Oberlandesgericht angenommen, dass schon aus diesem Grund der erforderliche Übereilungsschutz nicht gewährleistet war. Im Ergebnis hat daher der Beklagte letztlich die von ihm behauptete Erklärung des Käufers, er habe sich seiner Ansicht nach ausreichend mit dem Entwurf befasst, genügen lassen. Ebenso liegt es im Fall des Käufers Ho. , der ausweislich der Urkunde erklärt hat, "dass er sich mit dem Vertragsentwurf seiner Ansicht nach bereits ausreichend auseinander gesetzt hat" sowie die sofortige Beurkundung des Kaufvertrags wünsche.

c) Der Beklagte hat auch vorsätzlich gehandelt. Er kannte die jeweiligen tatsächlichen Umstände. Zwar fehlt es, wie bereits ausgeführt, am Verschulden eines Notars bei einer Gesetzesauslegung, die zwar unrichtig ist, die aber nach gewissenhafter Prüfung der zu Gebote stehenden Hilfsmittel auf vernünftige Erwägungen gestützt ist, wenn es sich um eine Bestimmung handelt, die für die Auslegung Zweifel in sich trägt und bei der Zweifelsfragen noch nicht ausgetragen sind (Senat, Beschluss vom 20. Juli 2015 - NotSt(Brfg) 3/15, DNotZ 2016, 72 Rn. 19 mwN).

Eine entsprechende gewissenhafte Prüfung durch den Beklagten ist aber weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Insoweit wird zunächst auf das oben zu 3 c Ausgeführte Bezug genommen. Es ist auch nicht zutreffend, dass - wie die Berufungserwiderung meint - die später von dem Bundesgerichtshof bestätigte Rechtsansicht zum damaligen Zeitpunkt nur von einer Mindermeinung vertreten worden sei und nach den Anwendungsempfehlungen der Bundesnotarkammer eine Beurkundung dann habe vorgenommen werden müssen, wenn der Verbraucher dies aus welchen Gründen auch immer gewünscht habe. Insoweit zitiert die Berufungserwiderung nicht die Anwendungsempfehlungen, sondern eine Stellungnahme aus der damals veröffentlichten Wissenschaft, deren Ansicht allerdings - wie oben dargestellt - eine Mindermeinung war (Frenz in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 2. Aufl., § 17 Rn. 39g). Die Anwendungsempfehlungen bestimmten - wie oben dargestellt - schon zur damaligen Zeit, dass ein Abweichen von der Regelfrist nur dann in Betracht komme, wenn in Einzelfällen nachvollziehbare Gründe auch unter Berücksichtigung der Schutzinteressen des Verbrauchers es rechtfertigten, die dem Verbraucher zugedachte Schutzfrist zu verkürzen (D. V., 1. Absatz der Anwendungsempfehlungen) und die in § 17 Abs. 2a Satz 2 Hs. 1 BeurkG begründete Pflicht in jedem Fall unberührt bleibe (D. V., 2. Absatz der Anwendungsempfehlungen). Auch wenn dem Beklagten - wie er geltend macht - im Übrigen die oben zitierten Aufsätze nicht bekannt gewesen sein sollten, durfte er die durch das Sammelrundschreiben der Landesnotarkammer Bayern vom 30. September 2003 - mithin noch vor der hier ersten maßgeblichen Beurkundung vom 17. Oktober 2003 - bekannt gemachten Anwendungsempfehlungen der Bundesnotarkammer zur praktischen Umsetzung von § 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG nicht unbeachtet lassen.

5. Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere der Amtspflichtverletzung unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Notars und des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens der Allgemeinheit zu bemessen ist, § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO , § 13 Abs. 1 BDG . Weiter zutreffend hat es angenommen, dass eine Entfernung des Beklagten aus dem Amt nicht geboten ist (§ 97 Abs. 1 und 2 BNotO ). Zu Recht rügt die Berufung aber, dass das Oberlandesgericht bei seinen Ausführungen zur Höhe der Geldbuße die Anwendung des § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO nicht erwogen, sondern die Geldbuße allein auf der Grundlage des § 97 Abs. 4 Satz 1 BNotO bemessen hat. Unter Berücksichtigung von § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO , unter Zugrundelegung des eingangs genannten Maßstabs und nach Abwägung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände hält der erkennende Senat eine Geldbuße in Höhe von 140.000 € für erforderlich, aber auch ausreichend, um das Dienstvergehen zu ahnden, § 97 Abs. 4 BNotO .

a) Entgegen der Ansicht des Klägers erfordert das aufgrund der schuldhaften Verletzung der Amtspflichten begangene Dienstvergehen (§ 95 BNotO ) nicht die dauerhafte Entfernung des Beklagten aus dem Amt (§ 97 Abs. 1 BNotO ) oder eine Entfernung vom bisherigen Amtssitz (§ 97 Abs. 2 Satz 1 BNotO ).

aa) Die dauerhafte Entfernung aus dem Amt darf im Disziplinarverfahren als schwerste Maßnahme lediglich dann verhängt werden, wenn der Notar in einer Weise gegen seine Pflichten verstoßen hat, die sein Verbleiben im Amt untragbar macht (Senat, Beschluss vom 8. November 2013 - NotSt(B) 1/13, ZNotP 2013, 434 Rn. 10; Senat, Urteil vom 24. November 2014 - NotSt(Brfg) 1/14, BGHZ 203, 280 Rn. 52). Diese Voraussetzungen können regelmäßig dann vorliegen, wenn der Notar strafbare Handlungen, vor allem die Veruntreuung von ihm Anvertrautem oder Falschbeurkundungen, begangen oder in schwerwiegender Weise an unerlaubten oder unredlichen Geschäften mitgewirkt hat. Geringere Pflichtverletzungen setzen zumindest einschlägige vorausgegangene Disziplinarmaßnahmen voraus (Senat, Urteil vom 24. November 2014 aaO; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO , 8. Aufl., § 97 Rn. 48). Maßgeblich für die Beurteilung, ob das Dienstvergehen einen die Entfernung gebietenden und zugleich rechtfertigenden Schweregrad aufweist, ist eine Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände. Die Entfernung vom bisherigen Amtssitz kommt in Betracht, wenn der beschuldigte Notar durch erhebliche, in der Öffentlichkeit bekannt gewordene Verfehlungen sein Ansehen so sehr geschädigt hat, dass er am bisherigen Amtssitz nicht mehr tragbar erscheint, eine Entfernung aus dem Amt aber eine zu harte Maßnahme wäre (Herrmann in Schippel/Bracker, BNotO , 9. Aufl., § 97 Rn. 11; Zimmer in Diehn, BNotO , 2. Aufl., § 97 Rn. 6).

bb) Die nach diesem Maßstab vorgenommene Bewertung führt dazu, dass das einheitliche Dienstvergehen des Beklagten eine Entfernung aus dem Amt oder auch eine Entfernung vom bisherigen Amtssitz nicht (mehr) zu rechtfertigen vermag.

(1) Zwar hat der Beklagte über einen Zeitraum von etwa fünf Jahren in 243 Einzelfällen im Zusammenhang mit der Beurkundung von Grundstücksgeschäften gegen Dienstpflichten verstoßen, die für die unparteiische und unabhängige Ausübung des Notaramts wesentlich sind. Der Beklagte hat durch die von ihm zugunsten der S.-Gruppe vorgenommene systematische Aufspaltung von Kaufverträgen in Angebot und Annahme in 195 Fällen schuldhaft gegen § 14 Abs. 3 BNotO verstoßen. Zugleich hat er die ihm unerfahrenen und ungewandten Beteiligten gegenüber obliegende Pflicht zu einer auf ihren Schutz vor Benachteiligungen ausgerichteten Verfahrensgestaltung (§ 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG a.F.) verletzt und dadurch eine Kernregelung des Beurkundungsverfahrens (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG ) missachtet. Er hat durch die Pflichtverletzungen in zahlreichen Fällen Betrugstaten zu Lasten von Verbrauchern jedenfalls erleichtert, die dadurch Schäden großen Ausmaßes erlitten haben; dabei hat er in erheblichem Maße das Vertrauen der Betroffenen und der Öffentlichkeit in die Integrität des Berufsstandes der Notare enttäuscht. Die Pflicht zur Unparteilichkeit und die Pflicht zum Schutz unerfahrener und ungewandter Beteiligter sind bereits je für sich genommen für das öffentliche Amt des Notars konstitutiv (vgl. Senat, Urteil vom 24. November 2014 - NotSt(Brfg) 1/14, BGHZ 203, 280 Rn. 55 sowie die Nachweise oben unter 3 a). Werden durch eine Verhaltensweise des Notars im Zusammenhang mit seiner Amtstätigkeit beide Pflichten zugleich verletzt, verleiht dies dem Dienstvergehen schon in objektiver Hinsicht ein besonderes Gewicht. In subjektiver Hinsicht ist die Gleichgültigkeit zu berücksichtigen, die der Beklagte gegenüber den Interessen der durch § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG seinem Schutz anvertrauten unerfahrenen und ungewandten Beteiligten gezeigt hat, und die mangelnde Einsicht, die im Verfahren dadurch zum Ausdruck gekommen ist, dass er die Verantwortung für die durch die Betrugstaten der S. geschädigten Betroffenen letztlich ihnen selbst zugewiesen hat, weil sie ihn "angelogen" hätten.

(2) Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte bisher disziplinarisch nicht vorbelastet ist, dass er während des gesamten Verfahrens bei der Aufklärung des Sachverhalts kooperativ mitgewirkt hat und dass sich auch nach Ansicht des klagenden Landes keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass er strafbare Handlungen begangen hat. Auch hat er nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens gegen S. seine Beurkundungspraxis geändert und ist zum Selbstversand übergangen, als dies noch nicht gesetzlich vorgeschrieben war. Insbesondere ist er seit Beginn der Ermittlungen und Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens mehr als sieben Jahren weiter als Notar tätig gewesen, ohne dass seine Amtsführung Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände geht der Senat davon aus, dass der Notar zwischenzeitlich die grundlegenden Anforderungen an sein Amt, insbesondere in Bezug auf den ihm gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG obliegenden Schutz unerfahrener und ungewandter Beteiligter, erkannt hat, sich ernsthaft bemüht, ihnen mit der gebotenen hohen Sorgfalt gerecht zu werden, und dies auch in Zukunft der Fall sein wird. Angesichts dessen kann nicht mehr festgestellt werden, dass der Beklagte als Notar insgesamt oder an seinem Amtssitz untragbar erscheint. Weiterhin konnte nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte und seine Familie durch die lange Dauer der Ermittlungen und des Disziplinarverfahrens bereits erheblich belastet worden sind. Es ist daher auch unter Berücksichtigung des belehrenden Charakters der den notariellen Pflichtenkatalog noch einmal verdeutlichenden Ausführungen im angefochtenen und in diesem Urteil davon auszugehen, dass die Verhängung einer Geldbuße ausreicht, um den Notar zu einem pflichtgemäßen Verhalten anzuhalten. Nach den oben dargelegten Maßstäben kommt - wie das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat - eine Entfernung aus dem Amt oder auch eine Entfernung vom bisherigen Amtssitz (§ 97 Abs. 2 Satz 1 BNotO ) unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht (mehr) in Betracht.

b) Zu Recht macht die Berufung aber geltend, dass das Oberlandesgericht sich bei seinen Ausführungen zur Höhe der Geldbuße nicht mit § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO auseinandergesetzt, sondern die Sanktion allein auf der Grundlage des § 97 Abs. 4 Satz 1 BNotO bemessen hat, wonach eine Geldbuße gegen Notare nur bis zu 50.000 € verhängt werden kann (§ 97 Abs. 4 Satz 1 BNotO ). Beruht die Amtspflichtverletzung auf Gewinnsucht, so kann demgegenüber auf Geldbuße bis zum Doppelten des erzielten Vorteils erkannt werden (§ 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO ). Nach dieser hier anwendbaren Vorschrift wird der obere Rahmen der Geldbuße im vorliegenden Fall durch das Doppelte des von dem Beklagten erzielten Vorteils in Höhe von 111.682,49 €, mithin 223.364,98 € vorgegeben.

aa) Gewinnsucht verlangt ein (anstößiges - vgl. Herrmann in Schippel/Bracker, BNotO , 9. Aufl., § 97 Rn. 8) Erwerbsstreben nach Vermögensvorteilen, die gesetzwidrig oder nach dem Standesrecht unerlaubt und unangemessen sind (Lohmann in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 97 BNotO Rn. 22; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO , 8. Aufl., § 97 Rn. 30). Mit dem strafrechtlichen Begriff der Gewinnsucht (vgl. etwa BGH, Urteil vom 31. Mai 2017 - 2 StR 489/16, wistra 2017, 407 Rn. 22 zu § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB - Streben nach Gewinn um jeden Preis) ist dieses Merkmal nicht gleichzusetzen (Sandkühler aaO; Zimmer in Diehn, BNotO , 2. Aufl., § 97 Rn. 5). So kann Gewinnsucht etwa vorliegen bei unerlaubter Nebentätigkeit, gesetzeswidriger Werbung oder fortgesetzter, nicht gerechtfertigter Tätigkeit außerhalb des Amtsbereichs, wenn der Notar erstrebt, andernfalls nicht erreichbare Beurkundungsaufträge zu erhalten (Herrmann; Sandkühler jew. aaO). Ob die Verfehlungen in erster Linie dem Zweck der Gewinnerzielung dienen müssen, ist streitig (bejahend Herrmann, verneinend Sandkühler und Lohmann, jeweils aaO). Der Gesetzesbegründung zu der gleichlautenden Vorläuferregelung in der Bundesnotarordnung lässt sich zum Begriff der Gewinnsucht nichts entnehmen (siehe BR-Drucks 1/58, S. 11 f., 36; BT-Drucks 3/2128 S. 30; Bericht zu Drucks 2128 S. 7).

bb) Die Streitfrage kann hier indes dahinstehen. Denn der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte jedenfalls bei den von ihm in 195 Fällen unter Verstoß gegen Ziffer II Nr. 1 Satz 4 Buchstabe d RL B systematisch vorgenommenen Aufspaltung der Beurkundung von Immobilienkaufverträgen in Angebot und Annahme in erster Linie zum Zweck der Gewinnerzielung gehandelt und erstrebt hat, sich durch das regelwidrige Verhalten die Aufträge der S.Gruppe zu erhalten. Wie oben ausgeführt, lag auf der Hand, dass eine systematische Aufspaltung nicht zulässig war. Der Beklagte hat selbst ausgeführt, dass M. S. ihm erklärt habe, er könne angesichts der Entfernung nicht mehr für jeden Kaufvertrag nach Regensburg fahren; andere Notare würden Angebote beurkunden, sogar in Passau, was deutlich näher zu seinem Geschäftssitz liege. Daraus ergibt sich, dass der Notar die Beurkundungsaufträge der S.Gruppe verloren hätte, wenn er die Aufspaltungen nicht wie gewünscht vornahm. Angesichts der - gerade für einen hervorragenden Juristen wie den Beklagten - auf der Hand liegenden Unzulässigkeit der Aufspaltungen und der erheblichen Zahl der Aufträge der S.-Gruppe, mit denen der Notar - hier nur die 195 aufgespaltenen Kaufverträge zugrunde gelegt - in den Jahren 2004 und 2005 eine Nettogebührensumme in Höhe von 28.375,57 € und 55.501,05 € und bis ins Jahr 2009 eine Nettogebührensumme von (einschließlich verauslagter Gerichtskosten) insgesamt 141.872,32 € erzielte, ist der Senat davon überzeugt, dass der Erhalt dieser Aufträge das leitende Motiv für den Beklagten gewesen ist, auf die Bitte des M. S. nach einer regelwidrigen Aufspaltung einzugehen und er die Regelwidrigkeit um des erstrebten Zieles willen jedenfalls billigend in Kauf genommen hat.

cc) Damit ist oberer Rahmen für die festzulegende Geldbuße nicht der in § 97 Abs. 4 Satz 1 BNotO genannte Betrag von 50.000 €. Der obere Rahmen bemisst sich vielmehr gemäß § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO nach dem Doppelten des Vorteils, den der Notar erzielt hat. Dieser setzt sich zusammen aus der erhaltenen Nettogebührensumme (= Gebühreneinnahmen bereinigt um sogenannte durchlaufende Posten wie etwa die Umsatzsteuer und verauslagte Gerichtskosten) abzüglich der von dem Notar darauf gezahlten Einkommensteuer und beläuft sich - unter Zugrundelegung des von dem Beklagten vorgetragenen und von dem Senat überprüften sowie in einem Einzelfall zugunsten des Beklagten korrigierten Zahlenwerks - auf 111.682,49 €. Der obere Rahmen der festzulegenden Geldbuße beträgt damit 223.364,98 €.

(1) Wie der "erzielte Vorteil" im Sinne des § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO zu ermitteln ist, ist bisher ungeklärt. Der Gesetzesbegründung lässt sich hierzu nichts entnehmen (siehe BR-Drucks 1/58, S. 11 f., 36; BT-Drucks 3/2128 S. 30; Bericht zu Drucks 3/2128 S. 7). Nach der Literatur sollen, ohne dass dies im Einzelnen begründet wird, von den (tatsächlich) eingenommenen Nettogebühren Vorhaltekosten des Notars von etwa 50 - 60 % abgezogen werden (Carstensen, ZNotP 2003, 46 , 60; Lohmann in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 97 BNotO Rn. 23; Zimmer in Diehn, BNotO , 2. Aufl., § 97 Rn. 5).

Darauf beruft sich der Beklagte. Er zieht von der von ihm erzielten Nettogebührensumme für die Jahre 2004 bis 2009 ihm von seinem Steuerberater für die einzelnen Jahre jeweils bescheinigte Vorhaltekosten zwischen 51,25 % und 65,11 % ab. Unter Berücksichtigung der in der Spitze gezahlten Steuern hat er einen erzielten Vorteil von insgesamt 30.119,69 € errechnet, den er durch die ihm entstandenen Verfahrenskosten als aufgezehrt ansieht.

(2) Es stellt sich mithin die Frage, ob der Begriff des erzielten Vorteils gemäß § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO eine Saldierung erfordert, in deren Rahmen von den durch die Amtspflichtverletzungen erlangten Vermögenszuwächsen die Kosten und sonstigen Aufwendungen des Notars abzuziehen sind. Eine solche Auslegung ist beispielsweise ganz überwiegende Meinung zu § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG , wonach die für eine Ordnungswidrigkeit zu verhängende Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen soll (sogenanntes Nettoprinzip; vgl. zu § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember 2016 - 5 StR 424/15, wistra 2017, 242 , juris Rn. 4 f. und vom 18. Mai 2017 - 3 StR 103/17, NJW 2017, 2565 Rn. 32; siehe aber auch zu im Rahmen des § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG nicht abzugsfähigen Gemeinkosten BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - 3 StR 167/13, juris, Rn. 42 mwN).

Demgegenüber steht das gemäß §§ 73 ff. StGB im Strafrecht geltende sogenannte Bruttoprinzip, wonach das erlangte "Etwas", mithin der Taterlös ohne Abzug der für die Tat geleisteten Aufwendungen, abzuschöpfen ist. Die in den Vorschriften der §§ 73 ff. StGB geregelte Abschöpfung ist eine Maßnahme eigener Art, um strafrechtswidrige Vermögenslagen zu beseitigen. Die Einziehung des Tatertrags ist keine Strafe, sondern hat vermögensordnende Rechtsnatur und ähnelt in ihrer Zielrichtung der ungerechtfertigten Bereicherung. Dürften Straftäter deliktisch erlangte Vermögenswerte dauerhaft behalten, würde das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts nachhaltig Schaden nehmen und zugleich ein Anreiz zur Begehung gewinnorientierter Straftaten geschaffen (vgl. BVerfGE 110, 1 , 16 ff. zum erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB in der Fassung von Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992, BGBl I S. 1302 ; zu § 73d Abs. 1 StGB n.F. BGH, Urteil vom 7. März 2019 - 5 StR 569/18, juris Rn. 9; ausführlich Köhler, NStZ 2017, 497 ff., 498).

(3) Der in § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO verwendete Begriff des erzielten Vorteils ist unabhängig davon im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Disziplinarrechts der Notare (§§ 95 ff. BNotO ) und der Maßnahme der Geldbuße (§ 97 Abs. 1 , Abs. 4 BNotO ) im Allgemeinen sowie der Vorschrift des § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO im Besonderen näher zu bestimmen. Das Disziplinarverfahren bezweckt nicht Sühne und Vergeltung für Unrecht, sondern dient der Sicherung eines funktions- und leistungsfähigen Notariats. Die nicht auf Amtsentfernung gerichteten Disziplinarmaßnahmen sollen erzieherisch und abschreckend wirken (Herrmann in Schippel/Bracker, BNotO , 9. Aufl., § 95 Rn. 1, § 97 Rn. 3; Lohmann in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 95 BNotO Rn. 1).

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass für eine solche erzieherische Wirkung eine Geldbuße von bis zu 50.000 € in der Regel ausreicht. Hat sich in der Amtspflichtverletzung aber ein besonderes Merkmal - die Gewinnsucht - gezeigt, das befürchten lässt, dass der Notar auch zukünftig zur Begehung von Amtspflichtverletzungen verleitet werden könnte, sollen die Aufsichtsbehörde und das Disziplinargericht die Möglichkeit haben, den Notar durch eine höhere Geldbuße zur pflichtgemäßen Amtsausübung anzuhalten. Anders als nach der Regelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG bestimmt der erzielte Vorteil in § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO daher nicht die untere Grenze, sondern den - nicht zwingend auszuschöpfenden - oberen Rahmen der Geldbuße. Dies ermöglicht es der Aufsichtsbehörde und dem Disziplinargericht, unter der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die erforderliche, aber auch ausreichende Geldbuße festzusetzen. Der obere Rahmen der Geldbuße wird dabei in Abhängigkeit von dem durch den Notar erzielten Vorteil bestimmt. Damit kann dem Notar vor Augen geführt werden, dass sich die Erzielung gesetzeswidriger oder unerlaubter Vermögensvorteile nicht lohnt. Gleichzeitig kann die unrechtmäßige Vermögenslage beseitigt werden; insoweit kommt der Geldbuße auch vermögensordnende Wirkung zu. Denn dürfte der Notar die unrechtmäßig erzielten Vermögensvorteile auf Dauer behalten, wäre zu befürchten, dass die erzieherische Wirkung der Geldbuße verfehlt wird.

Vor diesem Hintergrund sind erzielte Vorteile im Sinne von § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO alle gesetzeswidrigen oder unerlaubten Vermögensvorteile, die dem Notar zugeflossen sind, bereinigt lediglich um sogenannte durchlaufende Posten wie etwa die Umsatzsteuer und verauslagte Gerichtskosten. Abzuziehen ist ferner die von dem Notar darauf gezahlte Einkommensteuer, damit der erlangte Betrag nicht mehrfach zu seinen Lasten berücksichtigt wird (vgl. BVerfGE 81, 228 , 239 ff.). Dagegen sind die für die Vornahme der einzelnen Beurkundungen entstandenen Kosten sowie der darauf entfallende Teil der Gemeinkosten nicht abzugsfähig. Abgesehen davon, dass es einen Vorteil darstellt, wenn Gemeinkosten, die selbst ohne Ausführung der amtspflichtwidrigen Beurkundungen angefallen wären, mit dem Erlös aus diesen bezahlt werden können (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - 3 StR 167/13, juris, Rn. 42 mwN), ist auch eine Berücksichtigung der von dem Notar für die Begehung der amtspflichtwidrigen Geschäfte aufgewendeten weiteren Kosten nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht geboten. Das folgt aus dem erzieherischen Zweck der Geldbuße. So können die Aufsichtsbehörde und das Disziplinargericht bei der Festsetzung der in ihrem Ermessen stehenden Höhe der Geldbuße je nach Lage des Falles verdeutlichen, dass auch das für die Erzielung unrechtmäßiger Vermögensvorteile Aufgewendete dem Verfall anheimgegeben ist und sich mithin Gewinnsucht nicht lohnt. Das entspricht ferner - wie bereits ausgeführt - der auch vermögensordnenden Wirkung der Geldbuße, mittels der der gebührenrechtswidrige Zustand beseitigt werden kann.

(4) In Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich im vorliegenden Fall ein erzielter Vorteil in Höhe von 111.682,49 €. Der Notar hat gemäß den von ihm vorgelegten Kostenrechnungen in den 195 dem Verfahren zugrundeliegenden Fällen ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer und verauslagter Gerichtskosten (vgl. § 154 Abs. 2 KostO a.F.) sowie nach Abzug einer uneinbringlichen Gebührenforderung (H 0394/07) eine Nettogebührensumme von insgesamt 139.280,82 € erlangt. Davon ist die Einkommensteuer abzusetzen, die der Beklagte nach seinen eigenen Angaben höchstens auf die vereinnahmten Nettogebühren gezahlt hat, mithin (nachdem die Vorhaltekosten steuerlich zu berücksichtigen waren) für die Jahre 2004 bis 2009 insgesamt 27.598,33 €.

c) Dies vorausgeschickt, hält der Senat eine Geldbuße in Höhe von 140.000 € für erforderlich, aber auch ausreichend, um das Dienstvergehen zu ahnden, § 97 Abs. 4 BNotO . Obwohl der Kläger disziplinarrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten war, scheidet insbesondere in Anbetracht des ganz erheblichen Gewichts der festgestellten, wie ausgeführt den Kernbereich der notariellen Amtspflichten betreffenden zahlreichen und über einen langen Zeitraum von etwa fünf Jahren begangenen Verstöße, die Schäden erheblichen Ausmaßes für die Betroffenen zur Folge hatten, die Verhängung einer niedrigeren Geldbuße aus. Dabei nimmt der Senat im Hinblick auf die Bemessung der Geldbuße zunächst Bezug auf die oben zur Entfernung aus dem Amt angestellten Erwägungen zur Schwere der Amtspflichtverletzungen, zu dem Persönlichkeitsbild des Notars und zu dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens der Allgemeinheit durch die Amtspflichtverletzungen. Er hat bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ferner berücksichtigt, dass eine Abschöpfung der durch den Notar erzielten Vorteile geboten ist (vgl. Carstensen, ZNotP 2003, 46 , 59 f.; Lohmann in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 97 BNotO Rn. 21; Zimmer in Diehn, BNotO , 2. Aufl., § 97 Rn. 5; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO , 8. Aufl., § 97 Rn. 28). Schließlich haben auch die weiteren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Notars Berücksichtigung gefunden, insbesondere die Feststellungen des Oberlandesgerichts zu dem monatlichen Nettoeinkommen des Notars von 18.000 € bis 20.000 €, sowie der Vortrag des Notars zu den ihm im Laufe des vorliegenden Disziplinarverfahrens entstandenen Kosten und sonstigen Belastungen.

Soweit der Beklagte demgegenüber meint, bereits die Verhängung der Geldbuße in Höhe von 30.000 € durch das Oberlandesgericht falle deutlich aus dem Rahmen von Geldbußen, die der Senat für vergleichbare Verstöße als angemessen bezeichnet hat, waren in diesen Fällen die Voraussetzungen des § 97 Abs. 4 Satz 2 BNotO nicht festgestellt. Im Übrigen sind die von dem Beklagten als vergleichbar bezeichneten Entscheidungen des Senats (Beschlüsse vom 20. Juli und 23. November 2015, NotSt(Brfg) 3/15 und 4/15, DNotZ 2016, 72 Rn. 5 und ZNotP 2015, 434 Rn. 3 sowie Urteil vom 14. März 2016 - NotSt(Brfg) 6/15, DNotZ 2016, 876 Rn. 4, 23 ) aufgrund von Rechtsmitteln der jeweiligen Notare ergangen, so dass im Hinblick auf die Geldbuße jeweils das Verschlechterungsverbot galt beziehungsweise bei Zulassung der Berufung gegolten hätte, § 129 VwGO .

d) Dem Notar war zur Zahlung der Geldbuße im Hinblick auf deren Höhe Ratenzahlung zu gewähren, wobei der Senat wegen der Höhe der Raten die von dem Notar angegebenen Einkommensverhältnisse berücksichtigt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober 1973 - NotSt(Brfg) 13/11, DNotZ 1975, 53 , 55; Lohmann in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 97 BNotO Rn. 24; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO , 8. Aufl., § 97 Rn. 31; Urban in Urban/Wittkowski, BDG , 2. Aufl., § 3 Rn. 9).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 , § 96 Abs. 1 BNotO , § 77 BDG , § 154 Abs. 1 , § 162 Abs. 3 VwGO (vgl. Bormann/Hüren in Eylmann/Vaasen, BNotO , BeurkG , 4. Aufl., § 99 BNotO Rn. 27, § 109 BNotO Rn. 12; Mayer in Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG , 6. Aufl., § 77 Rn. 2; Schenke/Hug in Kopp/Schenke, VwGO , 24. Aufl., § 162 Rn. 23). Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht (vgl. BVerwG NVwZ-RR 2010, 166 ; Mayer in Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG , 6. Aufl., § 78 Rn. 1; Wittkowski in Urban/Wittkowski, BDG , 2. Aufl., § 78 Rn. 3.

Vorinstanz: OLG München, vom 17.04.2018 - Vorinstanzaktenzeichen Not 1/16
Fundstellen
BGHZ 223, 335
DB 2020, 1120
MDR 2020, 506
NJW-RR 2020, 557
NotBZ 2020, 299
WM 2020, 600
ZIP 2020, 722
wistra 2020, 264