Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 12.02.2019

4 StR 565/18

Normen:
StGB § 52 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 12.02.2019 - Aktenzeichen 4 StR 565/18

DRsp Nr. 2019/4510

Einordnung einzelner Diebstahlstaten im Verhältnis der Tateinheit oder der Tatmehrheit

Fehlt es an einer individuellen Tatförderung, erbringt der Gehilfe aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden.

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 18. Juli 2018, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl in fünf Fällen und des versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen schuldig ist; die Einzelstrafe für die Tat II. 5 (Tat zum Nachteil F. und P. ) entfällt.

2.

Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Normenkette:

StGB § 52 Abs. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen „Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl in 6 Fällen und wegen Beihilfe zum Versuch des Wohnungseinbruchdiebstahls in 2 Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die unausgeführte Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Teilaufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

1. Der Schuldspruch im Fall II. 5 der Urteilsgründe kann in konkurrenz-rechtlicher Hinsicht nicht unverändert bestehen bleiben, weil die Annahme zweier selbstständiger, realkonkurrierender Taten der Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl rechtlicher Prüfung nicht standhält.

a) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten im Verhältnis der Tateinheit oder der Tatmehrheit zueinander stehen, für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Leistet ein Gehilfe für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Gehilfe aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Täter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 11. April 2017 – 4 StR 615/16; vom 2. Juli 2014 – 4 StR 176/14, wistra 2014, 437 ).

b) In den beiden Fällen II. 5 der Urteilsgründe belegen die Feststellungen keinen individuellen, jede einzelne der beiden Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten. Nach den Feststellungen fuhr der Angeklagte die beiden Mitangeklagten zum Tatort, wartete in der Nähe und holte sie nach Durchführung beider Wohnungseinbruchdiebstähle wieder ab. Die beiden Taten sind daher für den Angeklagten konkurrenzrechtlich im Wege gleichartiger Tateinheit zu einer materiell-rechtlichen Tat zusammenzufassen.

2. Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit ab (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2017 – 4 StR 82/17). § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der Einzelstrafe im Fall II. 5 der Urteilsgründe, soweit diese die Tat zum Nachteil F. und P. betrifft. Die in diesem Fall verhängte weitere Einzelstrafe bleibt in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO für die im Wege gleichartiger Tateinheit zusammengefasste Tat bestehen.

Die Gesamtfreiheitsstrafe hat Bestand. Angesichts der verbleibenden sieben Einzelstrafen – darunter zwei Einzelstrafen von einem Jahr und vier Monaten und einer Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten – schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung eine noch mildere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.

3. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO ).

Vorinstanz: LG Hagen, vom 18.07.2018