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BGH - Entscheidung vom 02.07.2019

II ZR 252/16

Normen:
BGB § 242 Cd
BGB § 242 (Cd)

Fundstellen:
BB 2019, 2002
DB 2019, 1954
DStR 2019, 1875
DZWIR 2020, 184
GmbHR 2019, 1055
MDR 2019, 1203
NZA-RR 2019, 491
NZG 2019, 1020
WM 2019, 1596
ZIP 2019, 1612

BGH, Urteil vom 02.07.2019 - Aktenzeichen II ZR 252/16

DRsp Nr. 2019/11996

Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann Ansprüchen aus einer ihrem Geschäftsführer erteilten Versorgungszusage nur dann den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten, wenn der Versorgungsberechtigte seine Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt (Festhaltung BGH, Urteil vom 13. Dezember 1999 - II ZR 152/98, ZIP 2000, 380 , 381 f.). Dies setzt voraus, dass die Gesellschaft durch das grobe Fehlverhalten des Begünstigten in eine ihre Existenz bedrohende Lage gebracht wurde; ob im Einzelfall die Zufügung eines außerordentlich hohen Schadens genügen kann, kann offenbleiben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. August 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 14. November 2014 hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 4 (weiterer Widerruf der Pensionszusage) der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 28. November 2013 zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Revisions- und des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Normenkette:

BGB § 242 Cd;

Tatbestand

Der Kläger war mit einem Anteil von 98 % Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der beklagten GmbH, die 1995 gegründet und im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätig wurde. Unter dem 30. November 1999 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Pensionszusage, die später mehrmals angepasst wurde. Zur Deckung der Pensionszusage deponierte die Beklagte in der Folgezeit bei der BB-Bank erhebliche Vermögenswerte. Ab dem 1. Mai 2011 bezog der damals 62-jährige Kläger die vereinbarte Altersversorgung, blieb aber Geschäftsführer mit abgesenktem Gehalt.

Der Kläger beabsichtigte nach dem Erreichen des Rentenalters, einen bedeutenden Teil seiner Geschäftsanteile zu veräußern und zugleich seinen Söhnen S. und N. eine dauerhafte Anstellung als Geschäftsführer der Beklagten zu ermöglichen. Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 13. Juni 2013 veräußerte der Kläger 51 % der Geschäftsanteile an der Beklagten an die zur K. -Unternehmensgruppe gehörende E. GmbH (künftig: E. ), die damit Mehrheitsgesellschafterin wurde. Weitere Gesellschafter blieben der Kläger mit 47 % und Sch. mit 2 %. Der im notariellen Vertrag genannte Kaufpreis von 150.000 € sollte aus Ausschüttungen der Beklagten auf die Geschäftsanteile der E. gezahlt werden. Weitere 350.000 € sollten gemäß einer ebenfalls am 13. Juni 2013 privatschriftlich geschlossenen Grundlagenvereinbarung dem Kläger ab 2014 in Form von Tantiemen zufließen. Zu der Grundlagenvereinbarung gab die E. unter dem 18. Juni 2013 eine Zusatzerklärung ab, die unter anderem die Verpfändung der für Pensionsverpflichtungen zweckgebundenen Kapitalanlagen der Beklagten an die versorgungsberechtigten Personen vorsah.

Durch Auflösungsvereinbarung vom 30. Juli 2013 wurden die Grundlagenvereinbarung und die Zusatzerklärung aufgehoben. Am selben Tag schlossen die K. GmbH (künftig: K. ), die E. , die Beklagte und der Kläger zur Kompensation einen so bezeichneten Grundlagenvertrag. Dieser regelte unter anderem eine Überleitung der Geschäfte der Beklagten auf K. . Ab dem 19. August 2013 sollten alle Leistungen der Beklagten den Kunden durch K. in Rechnung gestellt werden; die Pensionsverpflichtungen sollten aber bei der Beklagten verbleiben. Eine Verpfändung der für Pensionsverpflichtungen zweckgebundenen Kapitalanlagen sah der Grundlagenvertrag nicht mehr vor. Vereinbart wurden ferner der Abschluss eines Beratervertrags zwischen K. und dem Kläger sowie eine liquiditätsabhängige Beteiligung des Klägers am Umsatz der K. mit Altmandanten.

Im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung wurden neben dem Kläger dessen Söhne S. und N. sowie der Geschäftsführer der E. , U. , zu weiteren Geschäftsführern der Beklagten bestellt.

Ab August 2013 kam es zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger und seinen Söhnen auf der einen sowie der E. , U. und der Mitgesellschafterin Sch. auf der anderen Seite, die in ein nachhaltiges Zerwürfnis insbesondere zwischen dem Kläger und U. mündeten.

Am 23. August 2013 verpfändete der Kläger namens der Beklagten zu seinen Gunsten Vermögenswerte (Geldbeträge und Wertpapiere) der Beklagten im Wert von ca. 710.000 € oder ca. 600.000 €, die zur Deckung der Pensionszusage bei der BB-Bank deponiert waren. Nachdem die Pensionszahlung für September 2013 bis dahin ausgeblieben war, teilte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 23. September 2013 mit, dass er von seinem - bestrittenen - Recht auf Kapitalabfindung Gebrauch mache und veranlasste den Transfer der zu seinen Gunsten verpfändeten Vermögenswerte auf ein für ihn und seine Ehefrau geführtes Konto. Die Beklagte nahm den Kläger in einem Parallelverfahren erfolgreich auf Rückerstattung in Anspruch.

Am 2. September 2013 verweigerten der Kläger und seine Söhne ihnen bekannten Mitarbeitern der E. den Zutritt zu den Geschäftsräumen der Beklagten ohne Vorlage einer entsprechenden Vollmacht. Am 20. September 2013 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten mehrheitlich, den Verwaltungssitz von B. nach K. zu verlegen. Der Kläger, der diesen Beschluss für unwirksam hielt, weigerte sich, seine Tätigkeit in K. aufzunehmen. Auch seine Söhne wurden nicht in K. tätig. Die gegen den Gesellschafterbeschluss gerichtete Anfechtungsklage des Klägers hatte im Ergebnis keinen Erfolg.

Mit einem Rundschreiben vom 1. Oktober 2013 wandte sich der Kläger an Kunden der Beklagten und teilte mit, er sei als Geschäftsführer der Beklagten bis auf weiteres nicht mehr unter der bekannten Festnetznummer, sondern nur noch unter seiner näher bezeichneten Mobilfunknummer erreichbar.

In einer Gesellschafterversammlung vom 9. Oktober 2013 wurden der Kläger als Geschäftsführer abberufen und der für die K. -Gruppe tätige T. N. zum weiteren Geschäftsführer bestellt. Weiter wurde beschlossen, die dem Kläger erteilte Pensionszusage zu widerrufen. Diesen Beschluss hat der Kläger in einem Parallelverfahren erfolgreich angefochten.

In der Gesellschafterversammlung vom 28. November 2013 wurden zu TOP 1 bis 3 mehrheitlich Beschlüsse gefasst, die die Abberufung der beiden Söhne des Klägers als Geschäftsführer aus wichtigem Grund sowie die Kündigung der Anstellungsverträge mit dem Kläger und seinen Söhnen betrafen. Zu TOP 4 wurde die Bestätigung des Gesellschafterbeschlusses vom 9. Oktober 2013 über den Widerruf der dem Kläger erteilten Pensionszusage beschlossen; weiter wurde beschlossen, den Widerruf vorsorglich erneut zu erklären.

Neben der Beklagten bestand die Dr. L. Gesellschaft mbH (künftig: Dr. L. ). Für diese Gesellschaft wurde der Kläger im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätig, wobei auch die Bezeichnung "Dr. L. GmbH" verwendet wurde. Demgegenüber hat die Beklagte ihre Geschäftstätigkeit mittlerweile eingestellt. Worauf dies zurückzuführen ist, ist im Einzelnen streitig. Die Beklagte erhebt den Vorwurf, dass der Kläger und seine Söhne die Bestandskunden der Beklagten bzw. die für die Kundenwerbung maßgebenden "Multiplikatoren" auf die Dr. L. übergeleitet hätten.

Mit seiner Anfechtungsklage wendet sich der Kläger gegen die am 28. November 2013 zu TOP 1 bis 4 gefassten Gesellschafterbeschlüsse. Das Landgericht hat lediglich den zu TOP 4 gefassten Beschluss für nichtig erklärt, soweit damit der - seinerseits in einem Vorprozess für nichtig erklärte - Beschluss vom 9. Oktober 2013 über den Widerruf der Pensionszusage bestätigt worden ist. Im Übrigen, auch hinsichtlich des erneuten Widerrufs der Pensionszusage, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Anfechtung des zu TOP 4 zum erneuten Widerruf der Pensionszusage gefassten Gesellschafterbeschlusses weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt hinsichtlich des zu TOP 4 gefassten Gesellschafterbeschlusses zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Widerruf der dem Kläger erteilten Pensionszusage sei wegen der Verfehlungen des Klägers und ihrer Auswirkungen auf die Beklagte gerechtfertigt. Der Kläger habe seine langjährige Tätigkeit für die Beklagte teilweise - nämlich hinsichtlich der Bindung der Kunden an die Beklagte und nicht den Kläger persönlich - schon dadurch entwertet, dass er zum einen an der vereinbarten Integration der Beklagten in die K. -Gruppe nicht mitgewirkt und sich der Umsetzung der jedenfalls vorläufig wirksam beschlossenen Verlegung des Verwaltungssitzes der Beklagten ohne weiteres verweigert habe, und dass er zum anderen mit seiner Rund-E-Mail an die Kunden der Beklagten dafür gesorgt habe, dass sein persönlicher Kontakt zu den Kunden aufrechterhalten geblieben sei, diese nicht ohne weiteres auf ein Unternehmen der K. - Gruppe hätten übergeleitet werden können und zudem Rückfragen der Kunden bei dem ihnen bekannten Kläger zum Hintergrund der Rund-E-Mail nahegelegen hätten.

Im Übrigen habe der Kläger seine Tätigkeit für die Beklagte entwertet, indem er eigenmächtig auf die Vermögenswerte der Beklagten zugegriffen habe und schließlich für seine andere Gesellschaft im Geschäftsfeld der Beklagten tätig geworden sei. Denn danach sei der Beklagten jede auch nur teilweise und zeitweise Verwendung des Deckungsvermögens, die den Deckungszweck selbst nicht berühre, unmöglich gewesen.

Der Widerruf der Pensionszusage sei dem Kläger nicht nur vor dem Hintergrund seiner schwerwiegenden Pflichtverletzungen zumutbar, sondern auch deshalb, weil er an den zur Beklagten zurückgelangenden und nach dem Widerruf der Pensionszusage nicht mehr zweckgebundenen Vermögenswerten mittelbar als Gesellschafter und im Falle seines Ausscheidens über seinen Abfindungsanspruch beteiligt wäre.

Offenbleiben könne, in welchem Umfang die Dr. L. schon vor der Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und U. um die Beklagte am Markt tätig gewesen sei. Ebenso brauche nicht aufgeklärt zu werden, in welchem Umfang der Kläger für diese weitere Gesellschaft Geschäfte mit früheren Kunden der Beklagten tätige und wie es genau dazu gekommen sei. Schließlich brauche nicht festgestellt zu werden, inwieweit das Auftreten des Geschäftsführers N. gegenüber Multiplikatoren zum Zusammenbruch der Geschäfte der Beklagten beigetragen habe und inwiefern der Beklagten von Unternehmen der K. -Gruppe zu Unrecht Leistungen in Rechnung gestellt worden seien.

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der angegriffene Gesellschafterbeschluss zum "Widerruf" der Pensionszusage kann nur Bestand haben, wenn die Verpflichtungen der Beklagten aus der Pensionszusage nicht mehr bestehen oder die Beklagte eine Erfüllung dieser Verpflichtungen verweigern, insbesondere dem Kläger den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten kann. Die Voraussetzungen hierfür sind nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht erfüllt.

1. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats sind Versorgungszusagen nur dann dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt, wenn der Pensionsberechtigte seine Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1999 - II ZR 152/98, ZIP 2000, 380 , 381 f.; Urteil vom 3. Juli 2000 - II ZR 381/98, ZIP 2000, 1452 , 1454; Urteil vom 17. Dezember 2001 - II ZR 222/99, ZIP 2002, 364 , 365; Urteil vom 11. März 2002 - II ZR 5/00, NZG 2002, 635 , 636; Urteil vom 18. Juni 2007 - II ZR 89/06, WM 2007, 1662 Rn. 18). Diese - mit der Judikatur des Bundesarbeitsgerichts übereinstimmende - Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass das Versorgungsversprechen Teil des von dem Dienstberechtigten geschuldeten Entgelts ist. Ebenso, wie durch eine fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses die Vergütungspflicht des Dienstherrn nicht rückwirkend beseitigt werden kann, kann sich der die Versorgung Zusagende durch eine entsprechende Erklärung nicht von der Verpflichtung befreien, im Versorgungsfall diesen Teil der geschuldeten und versprochenen Vergütung zu leisten. Insofern bewendet es vielmehr dabei, dass das Dienstverhältnis fristlos beendet und gegebenenfalls Schadenersatz gefordert werden kann. Erst dann, wenn das pflichtwidrige Verhalten des Dienstverpflichteten sich als eine besonders grobe Verletzung der Treuepflicht des Leitungsorgans darstellt, kann die Gesellschaft den Rechtsmissbrauchseinwand erheben (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2001 - II ZR 222/99, ZIP 2002, 364 , 365; Urteil vom 11. März 2002 - II ZR 5/00, NZG 2002, 635 , 636).

Hierfür genügt es nicht, dass ein wichtiger Grund für die sofortige Beendigung des Anstellungsverhältnisses besteht oder dass das Leitungsorgan gegen strafrechtliche Vorschriften verstoßen hat. Vielmehr hat der Senat die entsprechende Voraussetzung bisher nur dann bejaht, wenn der Versorgungsberechtigte den Versprechenden in eine seine Existenz bedrohende Lage gebracht hat, weil jedenfalls dann die Grenze überschritten ist, bis zu der auch der pflichtwidrig Handelnde, ohne sich dem Einwand auszusetzen, rechtsmissbräuchlich zu handeln, das ihm gegebene Versprechen einfordern kann. Ob auch ohne eine solche Existenzgefährdung der versorgungspflichtigen Gesellschaft sich der Versorgungsberechtigte im Einzelfall wegen der besonderen Umstände seines Verhaltens und der extremen Höhe des von ihm angerichteten, wenngleich nicht zur Existenzgefährdung führenden Schadens ausnahmsweise den Rechtsmissbrauchseinwand entgegenhalten lassen muss, hat der Senat bislang offengelassen (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2001 - II ZR 222/99, ZIP 2002, 364 , 365; Urteil vom 11. März 2002 - II ZR 5/00, NZG 2002, 635 , 636; Urteil vom 18. Juni 2007 - II ZR 89/06, WM 2007, 1662 Rn. 18).

Danach setzt ein zum "Widerruf" der Pensionszusage berechtigender Rechtsmissbrauch jedenfalls voraus, dass die Gesellschaft durch das grobe Fehlverhalten des Begünstigten in eine ihre Existenz bedrohende Lage gebracht wurde, zumindest aber einen außerordentlich hohen Schaden erlitten hat. Ob es stets einer Existenzgefährdung bedarf, muss hier nicht entschieden werden. Erforderlich ist zumindest eine massive Schädigung der Gesellschaft durch das Fehlverhalten des Begünstigten.

2. Die Erfüllung dieser rechtlichen Voraussetzungen, von denen auch die Revisionserwiderung ausgeht, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Zwar mag eine existenzbedrohende Lage der Beklagten anzunehmen sein. Es fehlt aber an der Feststellung, dass die Existenzgefährdung maßgebend auf grobe Pflichtverletzungen des Klägers zurückzuführen ist.

a) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Einflussnahme auf das Kundenverhalten, namentlich im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers für die Dr. L. , genügen nicht, um eine existenzgefährdende Schädigung der Beklagten durch pflichtwidriges Verhalten des Klägers annehmen zu können. Die gegenteilige Auffassung der Revisionserwiderung, die sich vornehmlich auf Ausführungen des Berufungsgerichts in seinem Hinweisbeschluss stützt, geht fehl.

aa) Allerdings hatte das Landgericht, auf dessen Urteil das Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss Bezug genommen hat, noch festgestellt, dass der Kläger den Kundenstamm der Beklagten treuwidrig mithilfe falscher oder zumindest irreführender Informationen auf die Dr. L. übergeleitet und hierdurch seit Anfang Oktober 2013 den Geschäftsbetrieb der Beklagten vorsätzlich und nachhaltig zum Erliegen gebracht habe. Diese Einschätzung hat der Kläger mit seiner Berufung aber angegriffen. Das Berufungsgericht hat in seinem Hinweisbeschluss daraufhin offengelassen, ob der Kläger die früheren Kunden der Beklagten aktiv auf seine weitere Gesellschaft übergeleitet habe, und ausgeführt, hierauf komme es letztendlich nicht an und es sei auch nicht ausschlaggebend, dass für den Kläger kein vertragliches Wettbewerbsverbot vorgesehen gewesen sei. Gleichwohl hat das Berufungsgericht im Hinweisbeschluss ausgeführt, es sei insbesondere unter Berücksichtigung der E-Mail-Schreiben des Klägers von Anfang Oktober 2013 sowie des zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Geschäftseinbruch bei der Beklagten und des umfangreichen Geschäfts der Dr. L. mit früheren Kunden der Beklagten davon überzeugt (§ 286 Abs. 1 ZPO ), dass der Kläger die Beklagte sowohl mit dem zu seiner Abberufung und Kündigung als Geschäftsführer führenden Verhalten als auch mit seinem Verhalten kurz vor und nach seinem Ausscheiden so schwer geschädigt habe, dass sich seine langjährige Tätigkeit für die Beklagte vor diesem Hintergrund als erheblich entwertet herausstelle und er die Beklagte in eine existenzbedrohende Lage gebracht habe.

Ob diese teilweise wertende Einschätzung ausreichende tatsächliche Feststellungen für die Annahme einer Existenzgefährdung der Beklagten infolge groben Fehlverhaltens des Klägers beinhaltet, kann offenbleiben. Denn der abschließenden Entscheidung über die Berufung des Klägers, auf die die revisionsrechtliche Prüfung bezogen ist, liegen jedenfalls keine hinreichenden Feststellungen mehr zugrunde.

bb) Das Berufungsgericht hat, nachdem der Kläger zu dem Hinweisbeschluss nochmals umfassend Stellung genommen und eine ihm anzulastende schwerwiegende Schädigung der Beklagten im Einzelnen in Abrede gestellt hatte, im Zurückweisungsbeschluss zwar auf den Hinweisbeschluss Bezug genommen. Es hat aber auch erklärt, dass die Ausführungen des Klägers zum Hinweisbeschluss Anlass zu einigen Richtigstellungen und weiteren Ergänzungen gäben. Im Zurückweisungsbeschluss hat das Berufungsgericht sodann ausdrücklich offengelassen, in welchem Umfang die Dr. L. schon vor der Auseinandersetzung am Markt tätig war und in welchem Umfang der Kläger für diese Gesellschaft Geschäfte mit früheren Kunden der Beklagten getätigt hat. Die pflichtwidrige Überleitung eines erheblichen Teils der Kunden der Beklagten auf das vom Kläger geleitete Konkurrenzunternehmen kann auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden. Überdies hat das Berufungsgericht davon abgesehen, nähere Feststellungen zu anderweitigen, von dem Kläger nicht zu verantwortenden Umständen zu treffen, die nach dem Vorbringen des Klägers für den wirtschaftlichen Niedergang der Beklagten ausschlaggebend gewesen sein sollen. So hat das Berufungsgericht dahinstehen lassen, inwiefern das Auftreten des Geschäftsführers N. zum Zusammenbruch der Geschäfte der Beklagten beigetragen habe.

Das Berufungsgericht hat sich im Zurückweisungsbeschluss darauf beschränkt, einzelne, einer Existenzgefährdung der Beklagten vorgelagerte Umstände festzustellen, die dem Kläger vorzuwerfen seien und seine langjährige Tätigkeit für die Beklagte entwerteten. Die angesprochenen Verhaltensweisen des Klägers wie seine fehlende Mitwirkung an der Integration der Beklagten in die K. -Gruppe, die verweigerte Teilnahme an der Verlegung des so bezeichneten Verwaltungssitzes nach K. , das Aufrechterhalten eines persönlichen Kontaktes zu Kunden der Beklagten sowie die Tätigkeit des Klägers für die Dr. L. betreffen zwar Umstände, die zu einer wirtschaftlichen Schwächung der Beklagten beigetragen haben können. Ohne eine nähere Bewertung der jeweiligen Auswirkungen unter Berücksichtigung möglicher Alternativursachen rechtfertigen diese Umstände aber nicht die Schlussfolgerung, dass die existenzbedrohende Lage der Beklagten im Wesentlichen dem Kläger anzulasten sei.

Das Berufungsgericht hat im Übrigen auch keine Feststellungen zu einer möglichen Verpflichtung des im Pensionsalter stehenden Klägers getroffen, der Beklagten längerfristig als Geschäftsführer, insbesondere für geschäftliche Außenkontakte, zur Verfügung zu stehen. Insofern kann die nach den Ausführungen des Berufungsgerichts durch eigenes Fehlverhalten des Klägers herbeigeführte Abberufung als Geschäftsführer nicht ohne weiteres als eine den Pensionsanspruch berührende wesentliche Pflichtverletzung gewertet werden, auch wenn bereits das Ausscheiden des Klägers dazu beigetragen haben sollte, dass so bezeichnete Multiplikatoren, denen für die Zuführung von Kunden besondere Bedeutung zukommt, davon Abstand nahmen, ihre langjährige, durch ein persönliches Vertrauensverhältnis mitgeprägte Zusammenarbeit mit der unter neuer Leitung stehenden Beklagten fortzusetzen.

b) Der dem Kläger außerdem vorgeworfene eigenmächtige Zugriff auf Vermögenswerte der Beklagten lässt keine Schädigung der Gesellschaft erkennen, auf die eine Verweigerung der Pensionszahlungen gestützt werden könnte.

Das Berufungsgericht geht selbst davon aus, dass die betroffenen Vermögenswerte der Deckung der dem Kläger sowie ferner der Mitgesellschafterin Sch. erteilten Pensionszusagen dienen sollen. Es verweist zwar darauf, dass der Beklagten durch den Zugriff des Klägers jede auch nur teilweise und zeitweise Verwendung des Deckungsvermögens, die den Deckungszweck selbst nicht berühre, unmöglich gewesen sei. Es ist indes, wie die Revision zu Recht einwendet, nicht ersichtlich, welche zeitweiligen Verwendungsmöglichkeiten, die den Deckungszweck unberührt lassen, ihn insbesondere auch nicht gefährden, tatsächlich bestanden haben und zur Abwendung des wirtschaftlichen Niedergangs geeignet gewesen sein könnten. Zudem ist der Beklagten auch deshalb im Ergebnis kein bleibender Schaden entstanden, weil ihr bereits vor Erlass der Berufungsentscheidung in einem Parallelverfahren ein Rückgewähranspruch zugesprochen worden und durch Sicherheitsleistung des Klägers gesichert war.

c) Der Hinweis des Berufungsgerichts, dass der Kläger bei einem Verlust seiner Pensionsansprüche immerhin aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter, auch im Falle seines Ausscheidens, von den dann nicht mehr zweckgebundenen Vermögenswerten anteilig profitieren könne, ändert nichts daran, dass die Voraussetzungen für einen durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand nach den bisherigen Feststellungen nicht vorliegen. Ferner würde der Umstand, dass sich ein etwaiger Abfindungsanspruch des Klägers durch einen Wegfall der Pensionsverpflichtungen anteilig erhöhen würde, in gleicher Weise das Interesse der Beklagten an einer Befreiung von den Pensionsverpflichtungen mindern.

III. Die Berufungsentscheidung ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Die Sache ist zur neuen Entscheidung zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO ).

Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen und bei einer erneuten Würdigung des Verhaltens des Klägers gegebenenfalls auch eine mögliche Abhängigkeit der für die Übertragung der Geschäftsanteile vereinbarten Gegenleistung vom wirtschaftlichen Wohlergehen der Beklagten zu berücksichtigen und sich mit der unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers zu befassen haben, U. habe vor dem Erwerb der Geschäftsanteile Dritten gegenüber erklärt, Darlehensverbindlichkeiten "aus dem Vermögen der Beklagten" zurückzahlen zu wollen.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 2. Juli 2019

Vorinstanz: LG Köln, vom 14.11.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 82 O 25/14
Vorinstanz: OLG Köln, vom 25.08.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 18 U 230/14
Fundstellen
BB 2019, 2002
DB 2019, 1954
DStR 2019, 1875
DZWIR 2020, 184
GmbHR 2019, 1055
MDR 2019, 1203
NZA-RR 2019, 491
NZG 2019, 1020
WM 2019, 1596
ZIP 2019, 1612