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BGH - Entscheidung vom 15.10.2019

3 StR 439/19

Normen:
StGB § 27

BGH, Beschluss vom 15.10.2019 - Aktenzeichen 3 StR 439/19

DRsp Nr. 2019/17223

Beurteilen der Beihilfehandlungen zu einer Haupttat rechtlich als nur eine Beihilfetat i.R.d. Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten C. wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 1. Februar 2019, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlichen Fällen sowie der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier tateinheitlichen Fällen schuldig ist.

2.

Die weitergehende Revision des Angeklagten C. und die Revision des Angeklagten S. werden verworfen.

3.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StGB § 27 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten C. unter Freisprechung im Übrigen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen und Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Den Angeklagten S. hat es wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 rechtlich zusammentreffenden Fällen und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt sowie ebenfalls die Einziehung des Wertes des Taterlangten angeordnet. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit den jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Revision des Angeklagten C. hat insofern Erfolg, als sie zur Abänderung des ihn betreffenden Schuldspruchs und zum Wegfall von drei Einzelstrafen führt. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Der den Angeklagten C. betreffende Schuldspruch wegen Beihilfe in vier tatmehrheitlichen Fällen hat keinen Bestand. Dazu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:

"Insoweit ist das Landgericht angesichts der jeweils auf einen bestimmten Betäubungsmittelumsatz gerichteten Handlungen des Angeklagten C. von tatmehrheitlicher Begehung der Taten II.2.a) bis II.2.d) der Urteilsgründe ausgegangen (UA S. 53-54). Es hat dabei ersichtlich nicht in den Blick genommen, dass die in diesen Fällen geförderten Haupttaten des Mitangeklagten R. auf Grund der Überschneidung der Ausführungshandlungen durch die Bezahlung von früheren Betäubungsmittellieferungen bei Abholung neuer Lieferungen sämtlich in Tateinheit stehen [...]. Dementsprechend hat das Landgericht den Mitangeklagten R. allein wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt (UA S. 54). Aufgrund der Akzessorietät der Teilnahme sind mehrere Beihilfehandlungen zu einer - gegebenenfalls auch nur auf Grund teilweiser Überschneidung in der Ausführungshandlung tateinheitlichen - Haupttat rechtlich als nur eine Beihilfetat zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 2017, 5 StR 395/17, Rn. 5, juris; BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014, 2 StR 381/14, Rn. 6, juris; BGH, NStZ 2014, 465 ).

Demnach wäre auch für den Angeklagten C. hinsichtlich der Beihilfehandlung von Tateinheit auszugehen gewesen.

Der Senat kann den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst ändern. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der geständige Angeklagte sich gegen diese Verurteilung nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

Diese Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen II.2.b) bis II.2.d), während die höchste Einzelstrafe in diesem Tatkomplex (ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe für die Tat II.2.a), UA S. 66) als Einzelstrafe für den Tatkomplex II.2.a) bis II.2.d) bestehen bleiben kann. Angesichts der Einsatzstrafe von zwei Jahren und neun Monaten für die Tat II.2.e) (UA S. 64) sowie des ohnehin straffen Zusammenzugs zu einer Gesamtstrafe von drei Jahren und drei Monaten (UA S. 67) wird der Senat ausschließen können, dass das Landgericht aus den beiden verbleibenden Einzelstrafen eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe gebildet hätte, zumal der Gesamtumfang der Beihilfehandlungen bei der Bewertung der Schuld des Angeklagten unabhängig von der konkurrenzrechtlichen Einordnung der Einzeltaten sein Gewicht behält [...]."

Dem schließt sich der Senat an, ändert den Schuldspruch entsprechend und setzt gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten fest.

2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtsfertigungen hat keinen sonstigen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO ). Soweit das Landgericht Anklage und Eröffnungsbeschluss in Bezug auf den Angeklagten S. mit Blick auf weitere ihm zur Last gelegte 23 Betäubungsmittelkäufe nicht erschöpft hat, sind diese Taten nicht Gegenstand des schriftlichen Urteils und deshalb beim Landgericht anhängig geblieben. Sie unterliegen mithin nicht der Prüfung des Senats, der in dieser Konstellation einen - vom Generalbundesanwalt beantragten - Teilfreispruch nicht nachholen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Juni 2017 - 3 StR 42/17, juris Rn. 6; vom 11. November 1993 - 4 StR 629/93, BGHR StPO § 352 Abs. 1 Prüfungsumfang 4).

3. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision des Angeklagten C. ist es nicht unbillig, diesen mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO ).

Vorinstanz: LG Stade, vom 01.02.2019