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BGH - Entscheidung vom 03.07.2019

2 StR 589/18

Normen:
StGB § 30a Abs. 2 Nr. 2

Fundstellen:
NStZ-RR 2020, 49
NStZ-RR 2021, 237

BGH, Urteil vom 03.07.2019 - Aktenzeichen 2 StR 589/18

DRsp Nr. 2019/11227

Bestimmen des mitgeführten Taschenmessers zum Verletzen von Personen hinsichtlich Verurteilung wegen des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

Tenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 25. Mai 2018 wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Normenkette:

StGB § 30a Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen richtet sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, die wirksam darauf beschränkt ist, dass das Landgericht den Angeklagten im Fall B.I.7. der Urteilsgründe nicht auch wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat und sich im Übrigen gegen den Strafausspruch richtet. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel ist unbegründet.

I.

Das Landgericht hat, soweit für die Verurteilung im Fall B.I.7. von Bedeutung, folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. Im Mai 2016 organisierte der Mitangeklagte Ke. in einer Hochhaussiedlung in K. einen schwunghaften Handel mit Marihuana, das in Mengen von jeweils mehreren Kilogramm von einem Lieferanten in den Niederlanden erworben und in Kleinmengen an Konsumenten verkauft wurde. Der Angeklagte A. D. , sowie die Mitangeklagten M. D. und G. hatten sich mit Ke. zur Begehung einer Vielzahl solcher Betäubungsmittelstraftaten zusammengeschlossen und waren in verschiedenen Funktionen daran beteiligt. A. D. war zuständig für die Annahme der Drogen vom Drogenkurier des Lieferanten und für die Bezahlung der Lieferungen.

In dieser Funktion kam es Mitte Januar 2017 zu der als Fall B.I.7. der Urteilsgründe abgeurteilten Tat. A. D. bestellte im Einvernehmen mit dem Angeklagten Ke. zuerst rund zehn Kilogramm Marihuana und später weitere fünf Kilogramm. Die erste Lieferung bezahlte er dem Lieferanten persönlich am 12. Januar 2017 im Voraus, der Kaufpreis für die zweite Lieferung über fünf Kilogramm Marihuana sollte bei der Übergabe der ersten Lieferung von zehn Kilogramm am 16. Januar 2017 dem Kurier des Lieferanten ausgehändigt werden. An diesem Tag traf sich der Angeklagte A. D. zum Austausch von Drogen und Geld auf dem Parkplatz eines Supermarkts mit dem anderweitig Verfolgten L. . Dabei führte A. D. in einer Außentasche seiner Jacke ein Klappmesser mit einer 7 cm langen Klinge mit. Er und der Kurier wurden von die Tat observierenden Polizeibeamten festgenommen, als sie zum Austausch von 9.250 g Marihuana mit einem THC-Gehalt von 1.650 g und 27.750 Euro als Kaufpreis für die zweite Lieferung über fünf Kilogramm im Fahrzeug des Kuriers saßen.

2. Das Landgericht hat sich „in Ermangelung weitergehender Hinweise“ daran gehindert gesehen festzustellen, dass der Angeklagte A. D. das mitgeführte Messer dazu bestimmt hatte, Menschen zu verletzen. „Allein der Umstand, dass sich das Messer in der Jackenaußentasche befand“, spreche nicht für eine solche Bestimmung; denn hierbei handele es sich“ um „einen typischen Aufbewahrungsort für ein als Gebrauchsgegenstand genutztes Taschenmesser“.

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.

1. Die Annahme des Landgerichts, im Fall B.I.7. der Urteilsgründe sei nicht sicher festzustellen, dass der Angeklagte A. D. das Taschenmesser zum Verletzen von Personen bestimmt habe, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 StGB wird unter anderem bestraft, wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt und dabei eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind. Die objektive Geeignetheit des Taschenmessers zur Verletzung von Menschen hat das Landgericht vorausgesetzt und ein Mitführen bejaht. Darüber hinaus erfordert der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG allerdings, wenn es sich bei dem mitgeführten Gegenstand nicht um eine Schusswaffe handelt, auch eine subjektive Zweckbestimmung zur Verletzung von Personen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. November 2012 – 2 StR 394/12, StV 2013, 704 ). Dazu muss der Tatrichter, wenn es sich nicht um eine gekorene Waffe handelt und die Zweckbestimmung zur Verletzung von Menschen deshalb auf der Hand liegt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16), unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erörtern, inwieweit ein mitgeführter Gegenstand aus Sicht des Täters als Angriffs- oder Abwehrmittel dienlich sein soll (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2018 – 3 StR 39/18).

b) Diese Prüfung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei vorgenommen. Die Urteilsgründe lassen nicht besorgen, dass es die konkreten Umstände der Tatausführung zu der Zeit, als der Angeklagte A. D. das Taschenmesser mitführte, aus dem Blick verloren hat. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer wegen Fehlens sonstiger Hinweise auf eine konkrete Verwendungsbestimmung durch den Angeklagten aufgrund der Beschaffenheit des Taschenmessers als Gebrauchsgegenstand und der Üblichkeit des Mitführens in einer Jackentasche ein bewaffnetes Handeltreiben gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht festzustellen vermochte.

2. Die Strafzumessung hält rechtlicher Überprüfung stand.

a) Zwar hat das Landgericht dem Angeklagten A. D. zugutegehalten, dass ihn die Einziehung des zur Kaufpreiszahlung mitgeführten Geldes belaste. Eine solche Berücksichtigung der Einziehung war aber nicht geboten, weil A. D. das Geld zuvor von dem Mitangeklagten Ke. zur Bezahlung der weiteren Drogenlieferung erhalten hatte und er selbst durch die Einziehung deshalb nicht belastet wird. Jedoch hat das Landgericht seine Strafzumessungsüberlegung mit dem Hinweis darauf relativiert, dass der Angeklagte „das Geld ausschließlich für den Ankauf der Betäubungsmittel erhalten hat“. Der Senat schließt danach aus, dass die Strafzumessung im Fall B.I.7. der Urteilsgründe zum Vorteil des Angeklagten auf der Berücksichtigung der Einziehung des Geldes beruht.

b) Im Übrigen liegt kein Rechtsfehler vor.

aa) Das Landgericht hat nicht übersehen, dass jeweils eine große Menge an Betäubungsmitteln Gegenstand der Taten war. Dies schließt die Bewertung als minder schwere Fälle des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 3 BtMG nicht aus. Die Gründe für die Annahme minder schwerer Fälle müssen in einem solchen Fall zwar gewichtig sein. Jedoch hat das Landgericht dafür neben dem Geständnis und dem Fehlen von Vorstrafen des Angeklagten auch die Eigenschaft der von ihm umgesetzten Betäubungsmittel als „weiche Drogen“, die polizeiliche Überwachung der Taten und die Sicherstellungen angeführt. Damit ist die Anwendung von § 30a Abs. 3 BtMG rechtsfehlerfrei erklärt.

bb) Das Landgericht hat dem Angeklagten A. D. unter anderem dessen „weitgehend geständige, frühzeitige und von Einsicht und Reue geprägte Einlassung“ zu Gute gehalten. Auch dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.

Das Geständnis ist ein bestimmender Strafzumessungsgrund im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 502/13, wistra 2014, 180 ). Maßgeblich für dessen Bedeutung im Einzelfall ist, inwieweit darin ein Bekenntnis des Angeklagten zu seiner Tat liegt, in ihm Schuldeinsicht und Reue zum Ausdruck kommen und durch seine Ablegung das Prozessziel der Erreichung von Rechtsfrieden gefördert wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105 , 106). Ein Geständnis ist nur dann nicht als strafmildernd zu berücksichtigen, wenn es ersichtlich nicht auf einem echten Reue- und Schuldgefühl beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 1998 – 4 StR 606/98, DAR 1999, 195 f.; MüKoStGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46 Rn. 255). Deshalb hindert auch die Tatsache, dass der Angeklagte A. D. keine Angaben zur Bandenabrede und zu den Tatbeiträgen der Mitangeklagten gemacht hat, entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht, dem Geständnis eine erheblich strafmildernde Bedeutung beizumessen.

Von Rechts wegen

Vorinstanz: LG Köln, vom 25.05.2018
Fundstellen
NStZ-RR 2020, 49
NStZ-RR 2021, 237