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BGH - Entscheidung vom 27.03.2019

RiZ 2/16

Normen:
ZPO § 42 Abs. 2
DRiG § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. e)

Fundstellen:
NJW-RR 2019, 883

BGH, Beschluss vom 27.03.2019 - Aktenzeichen RiZ 2/16

DRsp Nr. 2019/6840

Ablehnung der Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit; Ausschluss eines Richters von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes durch Mitwirkung bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren

Tenor

Es wird festgestellt, dass bezüglich des Vorsitzenden Richters am Bundesfinanzhof Ja. und des Richters am Bundesfinanzhof G. ein Ausschließungsgrund besteht.

Die Ablehnungsgesuche der Antragstellerin gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof M. und die Richterin am Bundesgerichtshof Me. werden für unbegründet erklärt.

Normenkette:

ZPO § 42 Abs. 2 ; DRiG § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. e);

Gründe

I.

Die Antragstellerin, Richterin am Bundesfinanzhof, hat in einem bei dem Senat anhängigen Prüfungsverfahren die Vorsitzende Richterin und die Berichterstatterin mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2018 wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und dies mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2018 ergänzend begründet. Die beiden abgelehnten Richterinnen haben hierzu Stellung genommen. Die Antragstellerin hat sich mit Schriftsatz vom 21. Januar 2019 zu diesen Stellungnahmen geäußert. Auf die bezeichneten Schriftsätze wird in vollem Umfang Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Ablehnungsgesuche unter Beteiligung des dritten Vertreters der nichtständigen Beisitzerin, Richter am Bundesfinanzhof N. .

1. Zur Mitwirkung wäre nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2019, Abschnitt B, V. 2. c als nichtständige Beisitzerin die Vorsitzende Richterin am Bundesfinanzhof J. berufen, für die der Senat jedoch bereits mit Beschluss vom 17. Januar 2018 ( RiZ 2/16 - juris) die Besorgnis der Befangenheit für begründet erklärt hat.

Als ihr erster Vertreter ist durch den Geschäftsverteilungsplan Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof Ja. bestimmt, gegen den die Antragstellerin zuletzt mit Schriftsatz vom 21. Januar 2019 ein Ablehnungsgesuch angebracht hat. Einer Entscheidung über dieses Gesuch bedarf es nicht. Denn Vorsitzender Richter am Bundesfin anzhof Ja. ist nach § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG , § 54 Abs. 2 VwGO kraft Gesetzes von der Ausübung des Amtes ausgeschlossen. Diese Vorschriften ordnen über § 41 ZPO hinaus den Ausschluss für einen Richter an, der bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat. Der Ausschlussgrund erfasst das Verwaltungsverfahren, in dem die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Verwaltungsentscheidung ergangen ist. Ein Richter soll eine Sache nicht entscheiden, mit der er bereits im Verwaltungsverfahren vorbefasst war und in der er sich möglicherweise festgelegt hat. Wenn ein Vorgang als Maßnahme der Dienstaufsicht angegriffen wird, entspricht der Mitwirkun g an dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren nach § 54 Abs. 2 VwGO die Mitwirkung an dem mit dem Prüfungsantrag gemäß oder entsprechend §§ 62 Abs. 1 Nr. 4 lit. e, 26 Abs. 3 DRiG angegriffenen Vorgang (vgl. den Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - RiZ 4/12, juris Rn. 2, mit dem ein Ausschließungsgrund bejaht worden ist).

Die Antragstellerin hat ihre Prüfungsanträge inzwischen auf Maßnahmen des Präsidiums des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2018 erweitert, an denen Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof Ja. als Präsidiumsmitglied mitgewirkt hat. Daher ist er ebenso kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen wie der nach dem Geschäftsverteilungsplan als zweiter Vertreter berufene Richter am Bundesfinanzhof G. , der ebenfalls als Mitglied des Präsidiums des Bundesfinanzhofs im Jahr 2018 an von der Antragstellerin angegriffenen Maßnahmen mitgewirkt hat.

2. Zur Entscheidung über die Ablehnungsgesuche rückt daher der dritte Vertreter der nichtständigen Beisitzerin in den Senat ein. Dieser gehört gemäß § 61 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 DRiG in Verbindung mit dem Beschluss des Präsidiums des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2017 dem Senat gesetzmäßig an (vgl. den in diesem Verfahren ergangenen Senatsbeschluss vom 12. September 2018 - RiZ 2/16, NJW-RR 2019, 123 Rn. 2 ff.).

Soweit die Antragstellerin in anderem Zusammenhang geltend macht, die durch den genannten Präsidiumsbeschluss herbeigeführte Senatsbesetzung genüge wegen des Zustandekommens der Vorschlagsliste des Präsidiums des Bundesfinanzhofs (§ 61 Abs. 3 Satz 2 DRiG ) nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben, greift das nicht durch. Für die Erstellung dieser Vorschlagsliste ist kein bestimmtes Verfahren festgelegt. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 12. September 2018 ausgeführt hat, ging es nicht um die Festlegung nichtstä ndiger Beisitzer für ein einzelnes, bereits anhängiges - nämlich das vorliegende - Verfahren. Vielmehr wurde die Ergänzung der Vertreterkette abstrakt-generell für die verbleibende Amtszeit der nichtständigen Beisitzer des Bundesfinanzhofs vorgenommen. Inwieweit diese dann hier kraft Gesetzes oder wegen eines begründeten Befangenheitsgesuchs vom Richteramt ausgeschlossen sind, ist eine für das konkrete Verfahren zu beantwortende Einzelfallfrage.

III.

Die Ablehnungsgesuche gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof M. und die Richterin am Bundesgerichtshof Me. sind unbegründet. Die von der Antragstellerin angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen nicht nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 lit. e, § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG , § 54 VwGO , § 42 Abs. 2 ZPO die Besorgnis der Befangenheit. Diese besteht, wenn aus der Sicht eines Verfahrensbeteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (Senatsbeschluss vom 22. November 2017 - RiZ 2/16, NJW-RR 2019, 123 Rn. 4 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.

1. Die Besorgnis der Befangenheit ergibt sich nicht aus der Mitwirkung der beiden Richterinnen am Senatsbeschluss vom 12. September 2018, mit dem ein gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesfinanzhof Ja. gerichtetes Ablehnungsgesuch der Antragstellerin zurückgewiesen worden ist. Die hierzu erhobenen Rügen der Antragstellerin, mit denen sie geltend macht, in dem Beschluss sei ihr Vorbringen in verschiedenen Punkten nur unvollständig wiedergegeben und behandelt worden, sind - ohne dass es darauf ankäme, inwiefern solche Mängel die Besorgnis der Befangenheit der beiden Richterinnen begründen könnten - unberechtigt.

Der Senat hat sich im Beschluss vom 12. September 2018 ausführlich mit dem Einwand der Antragstellerin zur Verfassungsmäßigkeit der Senatsbesetzung auseinandergesetzt und dabei deutlich gemacht, dass es insoweit aus Rechtsgründen nicht auf die von der Antragstellerin benannten Umstände im Zusammenhang mit der Erstellung der Vorschlagsliste des Präsidiums des Bundesfinanzhofs ankam. Eines weiteren Eingehens hierauf bedurfte es mithin nicht.

Nichts anderes gilt für die von der Antragstellerin angeführten Befangenheitsgründe den damals abgelehnten Richter betreffend. Dass er sich nach Meinung der Antragstellerin nicht ausreichend von Rechtsauffassungen anderer Mitglieder des Präsidiums des Bundesfinanzhofs abgegrenzt hatte, war keine eigenständige Rüge, sondern ein Gesichtspunkt seiner Mitwirkung an Präsidiumsbeschlüssen. Darauf ist der Se nat aber ebenso ausführlich eingegangen wie auf den weiter von der Antragstellerin angesprochenen Punkt, dass in dem richterdienstgerichtlichen Verfahren Mitglieder des Senats des Bundesfinanzhofs mittelbar betroffen sind, dem der abgelehnte Richter vorsitzt.

Dass der Senat letztlich nicht zu dem von der Antragstellerin insoweit für richtig gehaltenen Ergebnis gelangt ist, begründet keinen Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte der Antragstellerin.

2. Ohne Erfolg stützt die Antragstellerin die Besorgnis der Befangenheit auf den von der abgelehnten Vorsitzenden Richterin erteilten Hinweis vom 12. Juli 2018, mit dem diese um umgehende Klarstellung bat, ob die Antragstellerin auch gegen Richter am Bundesfinanzhof G. die Besorgnis der Befangenheit hege.

Zwar kann ein unsachliches oder unangemessenes Verhalten des Richters einen Befangenheitsgrund im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO darstellen (vgl. etwa Zöller/Vollkommer, ZPO 32. Aufl. § 42 Rn. 22 m.w.N.). Ein solches liegt hier aber nicht vor. Die Bitte um Klarstellung diente offensichtlich der zeitnahen Klärung, ob der von der Antragstellerin gegen Vorsitzenden Richter am Bundesfinanzhof Ja. angeführte Befangenheitsgrund (Mitgliedschaft im Präsidium des Bundesfinanzhofs), der objektiv auch auf den nächsten Vertreter Richter am Bundesfinanzhof G. zutraf, aus Sicht der Antragstellerin auch für diesen die Besorgnis der Befangenheit begründete. Bei der gebotenen vernünftigen Würdigung war diese Frage auch für die Antragstellerin allein als der Verfahrensförderung dienendes Vorgehen zu verstehen, mit dem auf eine rechtzeitig vor dem bereits bestimmten Verhandlungstermin vom 11. Oktober 2017 erfolgende Bestimmung der Senatsbesetzung hingewirkt werden sollte.

Anders als die Antragstellerin rügt, gibt auch der Wortlaut der Verfügung keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit der Vorsitzenden Richterin zu zweifeln. Weder ist sie - wie die Antragstellerin meint - in einem unsachgemäßen "Befehlston" verfasst noch ist zu beanstanden, dass in der an ihren Rechtsanwalt gerichteten Verfügung sie als Antragstellerin angesprochen ist. Im Rahmen des § 42 Abs. 2 ZPO kommt es auf die Sichtweise eines vernünftigen Verfahrensbeteiligten und nicht auf diejenige seines Verfahrensbevollmächtigten an (vgl. Zöller/Vollkommer , ZPO 32. Aufl. § 42 Rn. 9 m.w.N.).

3. Aus dem Senatsbeschluss vom 17. Januar 2018, mit dem die Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin am Bundesfinanzhof J. für begründet erklärt worden ist, folgt ebenfalls kein Grund, an der Unvoreingenommenheit der beiden Richterinnen zu zweifeln.

Die Antragstellerin konnte nicht davon ausgehen, dass in der Vorbereitung dieses Beschlusses eine - insbesondere in zeitlicher Hinsicht unsachgemäße Verfahrensleitung erfolgt wäre. Darüber hinaus macht sie ohne Erfolg geltend, der Beschluss selbst rücke sie in ein falsches persönliches Licht. Der Grund für die Bejahung der Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin am Bundesfinanzhof lag in der von dieser in ihrer dienstlichen Stellungnahme abgegebenen Schilderung von Jahrzehnte zurückliegenden Vorgängen aus gemeinsamen Studienzeiten. Ob diese Schilderung zutraf, war für die Senatsentscheidung ohne Belang. Daher bedurfte es in dem Beschluss keiner Erwähnung, dass die Antragstellerin auch die Richtigkeit der Darstellung ausführlich in Abrede genommen hatte. Dass ein Gericht sich in einer Entscheidung auf das Entscheidungserhebliche beschränkt, kann bei verständiger Würdigung aus Sicht eines Verfahrensbeteiligten kein Zweifel an der Unvoreingenommenheit eines (mit)entscheidenden Richters begründen.

4. Soweit die Antragstellerin ihre Besorgnis der Befangenh eit darauf stützt, dass im Rubrum des Senatsbeschlusses vom 22. November 2017 von der "Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht" die Rede ist, verfängt auch das nicht. Anders als sie meint, wird hierdurch nicht der unzutreffende Eindruck erweckt, dass es solche Maßnahmen gebe. Vielmehr bezieht sich diese Angabe ersichtlich auf den Wortlaut des § 62 Abs. 1 Nr. 4 lit. e DRiG , den auch die Antragstellerin als hier einschlägige Norm ansieht.

5. Die Ablehnungsgesuche sind auch unbegründet, soweit sich die Antragstellerin auf die Umstände der mit Verfügung vom 18. September 2018 gewährten Einsicht in die Senatsakten beruft, die mit der Bitte um Rückgabe bis zum 10. Oktober 2018 gewährt wurde.

a) Dass die Antragstellerin und ihr Verfahrensbevollmächtigter sich während eines Teils dieses Zeitraums im Ausland aufhielten, war den abgelehnten Richterinnen ausweislich ihrer dienstlichen Stellungnahmen nicht bekannt. Es musste ihnen auch nicht deshalb bekannt sein, weil jedenfalls hinsichtlich der Antragstellerin beim Bundesfinanzhof die entsprechende Kenntnis bestanden haben dürfte. Der in der Begründung der Ablehnungsgesuche vermissten vorherigen Abstimmung der Aktenübersendung mit dem Büro des Antragstellervertreters bedurfte es nicht. Im Übrigen wäre es der Antragstellerin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten unbenommen gewesen, um eine Verlängerung der Akteneinsichtsfrist aus den jetzt genannten Gründen nachzusuchen, zumal aus der Vorsitzendenverfügung vom 18. September 2018 erkennbar war, dass vor der Übersendung ein vollständiges Doppel der Senatsakten erstellt worden war. Bei vernünftiger Betrachtungsweise bieten diese Umstände ebenso wenig Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit der Richterinnen wie die von der Antragstellerin beantragte und bis lang nicht vorgenommene Beiziehung von Akten.

b) Nicht anders verhält es sich mit der Anlage AG 3 zum Schriftsatz der Antragsgegnervertreter vom 15. September 2017.

Bei dieser handelte es sich entgegen den Angaben in jenem Schriftsatz nicht um die Kopie des Auszugs aus einem Sitzungsprotokoll des Präsidiums des Bundesfinanzhofs, sondern um die Kopie eines Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München, mit dem Ablehnungsgesuche der Antragstellerin gegen Richter im dortigen Verfahren zurückgewiesen worden waren. Die Antragstellerin macht geltend, sie habe erst durch die Akteneinsicht erfahren, welche Anlage dem Schriftsatz tatsächlich beigegeben worden sei, weil ihrem Verfahrensbevollmächtigten der Schriftsatz vom Gericht ohne Anlagen übers andt worden sei.

Der von ihr daraus mit umfangreichen Erwägungen gezogene Schluss, die Übersendung des Beschlusses aus dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren habe dem Zweck gedient, sie vor dem Senat in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen, und die beiden abgelehnten Richterinnen hätten diesen wahren Akteninhalt ihr gegenüber verschleiern wollen, ist nicht gerechtfertigt. Ausweislich der dienstlichen Stellungnahmen der beiden Richterinnen wurde die Übersendung des Schriftsatzes - wie beim Bundesgerichtshof üblich - selbständig durch die Senatsgeschäftsstelle ohne richterliche Beteiligung veranlasst und vorgenommen. Dass die betreffende Anlage dem an den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin übersandten Durchschlag des Schriftsatzes nicht beigegeben war, ist dem Abvermerk der Geschäftsstelle nicht zu entnehmen. Die aus den Eintragungen zum gerichtlichen Eingangsstempel von der Antragstellerin gezogenen Folgerungen sind unzutreffend. Insbesondere findet sich auch auf Eingangsstempeln zu Schriftsätzen des Antragstellervertreters bei der Bezeichnung der Anlagen immer wieder der Vermerk "div.", ohne dass dort im Schriftsatz nicht benannte Anlagen beigefügt gewesen wären.

Für die beiden Richterinnen war mithin nicht erkennbar, dass die Antragstellerin bis zur Akteneinsicht im Herbst 2018 gegebenenfalls keine Kenntnis vom tatsächlichen Inhalt der fraglichen Anlage hatte. Für die von der Antragstellerin nunmehr vermisste Rücksendung dieser Anlage durch den Senat "unter Protest" an den Antragsgegnervertreter bestand im Übrigen keine Veranlassung. Allenfalls wäre die "richtige" Anlage AG 3 nachzufordern gewesen (die im Übrigen inzwischen von der Antragsgegnerin vorgelegt worden ist), sofern es auf sie angekommen wäre. Im Übrigen ist der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist - Bestandteil einer Akte, deren Beiziehung die Antragstellerin selbst beantragt hat. Bei dieser Sachlage besteht bei vernünftiger Betrachtung auch aus Sicht der Antragstellerin kein Anlass, einen auf richterliche Anordnung zurückgehenden Informationsfluss "hinter ihrem Rücken" und damit eine Voreingenommenheit der beiden Richterinnen zu ihren Ungunsten anzunehmen.

c) Das stellt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Verfügung der Vorsitzenden Richterin vom 23. August 2017 anders dar. In dieser wies sie die abgelehnte Vorsitzende Richterin am Bundesfinanzhof J. darauf hin, dass dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin eine (erste) Akteneinsicht gewährt worden sei und die Senatsakten jetzt wieder vorlägen, und fragte nach, ob abzusehen sei, wann zum Ablehnungsgesuch dienstlich Stellung genommen werden könne. Der Hinweis auf die Rückkehr der Senatsakten diente - wie es die Vorsitzende Richterin in ihrer dienstlichen Stellungnahme auch ausgeführt hat - ersichtlich dazu, deutlich zu machen, dass der Sache Fortgang gegeben werden könne und dafür die dienstliche Stellungnahme erforderlich sei. Anhaltspunkte für eine Unparteilichkeit lassen sich daraus entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht entnehmen. Dass dies gewissermaßen ein versteckter Hinweis darauf gewesen sei, jetzt könnten falsche - aus Sicht der Antragstellerin inkriminierende - Anlagen vorgelegt werden, ist eine bloße, auch durch die ausführlichen Darlegungen der Antragstellerin nicht belegte Vermutung.

6. Schließlich ist selbst bei einer Gesamtwürdigung aller von der Antragstellerin zur Begründung ihrer Ablehnungsgesuche geltend gemachten Umstände auch von ihrem Standpunkt aus bei vernünftiger Betrachtung eine unsachliche innere Einstellung der beiden Richterinnen zu ihr oder zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht ersichtlich.

Fundstellen
NJW-RR 2019, 883