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BFH - Entscheidung vom 09.10.2019

I R 67/17

Normen:
EStG § 48 Abs. 1 Satz 1, § 48a Abs. 1
AO § 128, § 168 Satz 1
EStG § 48 Abs. 1 S. 1
AO § 168 S. 1
EStG § 48a Abs. 1
AO § 128

Fundstellen:
BB 2020, 1173
BFH/NV 2020, 681

BFH, Urteil vom 09.10.2019 - Aktenzeichen I R 67/17

DRsp Nr. 2020/6574

Zulässigkeit der Umdeutung des Anmeldungszeitraums einer Anmeldung zur Bauabzugsteuer

NV: Der durch Auslegung ermittelte Anmeldungszeitraum einer Anmeldung zur Bauabzugsteuer kann nicht durch Umdeutung i.S. des § 128 AO geändert werden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 10.10.2017 – 10 K 1513/14 E sowie der Ablehnungsbescheid vom 31.03.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.04.2014 aufgehoben und der Bescheid über den Steuerabzug bei Bauleistungen vom 02.08.2013 dahin geändert, dass der Steuerabzug auf 0 € festgesetzt wird.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Normenkette:

EStG § 48 Abs. 1 Satz 1, § 48a Abs. 1 ; AO § 128 , § 168 Satz 1;

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist im Bereich der Energie- und Haustechnik tätig. Hierzu gehört die Lieferung und Montage von Photovoltaikanlagen in Form sog. Aufdach-Anlagen. Im Oktober und November 2011 beauftragte sie die A Ltd. zur Durchführung entsprechender Montagearbeiten.

Die Klägerin reichte am 02.08.2013 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) eine Anmeldung über den Steuerabzug bei Bauleistungen ein (§ 48a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung —EStG— i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG ) und führte insgesamt ... € Bauabzugsteuer an das FA ab.

Am 21.02.2014 teilte die Klägerin dem FA mit, mangels Bauleistung sei der Steuerabzug nicht gerechtfertigt. Das FA lehnte mit Bescheid vom 31.03.2014 eine Änderung der Anmeldung über den Steuerabzug bei Bauleistungen ab. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Die hiergegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf mit Urteil vom 10.10.2017 – 10 K 1513/14 E (Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 959 ) als unbegründet abgewiesen.

Die Klägerin macht mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den Ablehnungsbescheid vom 31.03.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.04.2014 aufzuheben und den Bescheid über den Steuerabzug bei Bauleistungen vom 02.08.2013 dahin zu ändern, dass der Steuerabzug auf 0 € festgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).

Das FG hat es zu Unrecht abgelehnt, den Bescheid vom 02.08.2013 über den Steuerabzug bei Bauleistungen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ( AO ) i.V.m. § 168 Satz 1 AO zu ändern und die Bauabzugsteuer auf 0 € festzusetzen. Ob die Montage einer sog. Aufdach-Photovoltaikanlage die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt, kann dahingestellt bleiben. Eine etwaige Bauabzugsteuer auf die Montageleistungen der A Ltd. ist jedenfalls nicht im streitigen Anmeldungszeitraum Dezember 2011 entstanden.

1. Die Anmeldung der Klägerin vom 02.08.2013 über den Steuerabzug bei Bauleistungen bezieht sich ausschließlich auf den Anmeldungszeitraum Dezember 2011.

In der Anmeldung, die gemäß § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, ist (nur) der Anmeldungszeitraum Dezember 2011 angekreuzt. Auch unter Berücksichtigung der im Anhang zur Anmeldung aufgeführten "Zahlungstage" kann dies nicht als Anmeldung für die Anmeldungszeiträume Oktober und November 2011 ausgelegt werden. Denn nach § 48a Abs. 1 EStG stellt jeder einzelne Monat einen gesonderten Anmeldungszeitraum dar. Dieser Anmeldungszeitraum wird nicht durch die Nennung bestimmter Zahlungstage, sondern durch ausdrückliche Auswahl des Anmeldungszeitraums zu Beginn des Formularbogens bestimmt.

Auch eine Umdeutung gemäß § 128 AO kommt nicht in Betracht. Diese Vorschrift bietet keine Grundlage, das Ergebnis der Auslegung der Steueranmeldung vom 02.08.2013 inhaltlich weiter anzupassen. Zum einen gilt § 128 AO nach seinem Wortlaut (nur) für fehlerhafte Verwaltungsakte, die durch die Finanzbehörden erlassen worden sind. Zum anderen wäre die Steueranmeldung nach einer Änderung des Anmeldungszeitraums nicht mehr auf das gleiche Ziel gerichtet, auch wenn es weiterhin um die Zahlungen an die A Ltd. im Oktober und November 2011 ginge. Vielmehr würde mit dem Änderungszeitraum auch der von der Anmeldung erfasste Lebenssachverhalt wechseln (vgl. hierzu auch Rozek in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 128 AO Rz 20; von Wedelstädt in Gosch, AO § 128 Rz 6; einschränkend wohl Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung , Finanzgerichtsordnung , § 128 AO Rz 4).

2. Im streitigen Anmeldungszeitraum Dezember 2011 ist keine Bauabzugsteuer angefallen. Eine etwaige Bauabzugsteuer entsteht mit dem Abfluss (§ 11 EStG ) der Gegenleistung (Gosch in Kirchhof, EStG , 18. Aufl., § 48 Rz 13; Fuhrmann in Korn, § 48 EStG Rz 36), d.h. nicht erst im Dezember, sondern bereits im Oktober und November 2011, dem Zeitpunkt der an die A Ltd. geleisteten Zahlungen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

Vorinstanz: FG Düsseldorf, vom 10.10.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 10 K 1513/14
Fundstellen
BB 2020, 1173
BFH/NV 2020, 681