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BFH - Entscheidung vom 05.09.2019

V R 12/17

Normen:
FGO § 126 Abs. 3
UStDV § 31 Abs. 5
FGO § 126 Abs. 3
UStDV § 31 Abs. 5

Fundstellen:
DStZ 2020, 144

BFH, Urteil vom 05.09.2019 - Aktenzeichen V R 12/17

DRsp Nr. 2020/1738

Umsatzsteuerliche Folgen der Berichtigung einer Rechnung gemäß § 31 Abs. 5 UStDV

Eine nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigte Rechnung wirkt auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde (Anschluss an BFH-Urteil vom 20.10.2016 - V R 26/15, BFHE 255, 348 , und EuGH-Urteil Senatex vom 15.09.2016 C–518/14, EU:C:2016:691).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 26.05.2016 - 11 K 10147/15 aufgehoben.

Die Sache wird an das Niedersächsische Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Normenkette:

FGO § 126 Abs. 3 ; UStDV § 31 Abs. 5 ;

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG die Vermietung von Grundstücken und beweglichem Anlagevermögen. Am 07.04.2009 stellte die GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dieses wurde am 29.06.2009 eröffnet.

Mit ihrer Umsatzsteuererklärung 2010 (Streitjahr) machte die Klägerin u.a. Vorsteuern aus Rechnungen der Sozietät Y (Y) geltend.

Ausgangspunkt der geschäftlichen Beziehung war ein Schreiben der Sozietät vom 16.06.2009. Darin bestätigte Y ihre Bereitschaft, die Gesellschafter der Klägerin im Hinblick auf die Insolvenz der GmbH zu beraten und zu vertreten. Das Schreiben war an alle Kommanditisten gerichtet und betraf"... die Beratung und Vertretung der Gesellschafter der X GmbH & Co. KG". Es regelt die Tätigkeiten und die Vergütung der Y.

Im Einzelnen sollte die Tätigkeit der Y folgende Themen umfassen:

- steuerliche Beratung, insbesondere hinsichtlich der seitens der Finanzbehörde angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft sowie der möglichen Aberkennung des Vorsteuerabzugs,

- Beratung und Vertretung der Gesellschafter der X GmbH & Co. KG in den Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter der X GmbH und anderer insolventer Gesellschaften der X–Gruppe, insbesondere im Hinblick auf das in der X GmbH & Co. KG gebündelte Betriebsvermögen,

- Vertretung der Gesellschafter der X GmbH & Co. KG bei Verhandlungen mit möglichen Investoren".

Das Schreiben wurde am 16.06.2009 von allen Kommanditisten der Klägerin unterschrieben.

Die Honorarrechnungen ergingen jeweils "… für die rechtliche Beratung der Gesellschafter der Klägerin i.S. Insolvenz der X GmbH und weiterer Gesellschaften der X–Gruppe". Als Anlage zu den Rechnungen war jeweils eine Leistungsübersicht beigefügt, aus der sich Datum, Sachbearbeiter, Beschreibung der Leistung und die Stückzahl ergaben.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erkannte nach einer Außenprüfung den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Y nicht an.

Die Klägerin hat im finanzgerichtlichen Verfahren berichtigte Rechnungen vom 02.05.2016 vorgelegt, in denen als Leistungsgegenstand die Beratung der Klägerin genannt wird.

Die Klage zum Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1133 veröffentlichten Urteil könne offen bleiben, ob die Klägerin Leistungsempfängerin der von Y erbrachten Beratungsleistungen gewesen sei oder ob dies die Gesellschafter der Klägerin gewesen seien. Den Beweisanträgen zu diesem Beweisthema sei nicht nachzugehen gewesen, denn die Klägerin werde in diesen Rechnungen nicht eindeutig als Leistungsempfängerin bezeichnet.

Aus den im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten berichtigten Rechnungen vom 02.05.2016 (Bl. 171 ff. der FG-Akte) könne die Klägerin keinen Vorsteuerabzug im Streitjahr geltend machen, weil diese dem FA bis zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung noch nicht vorgelegen hätten.

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit der Revision.

Die Klägerin beantragt,

das FG-Urteil aufzuheben und weitere Vorsteuern in Höhe von ... € zum Abzug zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und mangels Spruchreife zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).

1. Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass eine berichtigte Rechnung nur dann Berücksichtigung finden könne, wenn sie dem FA bis zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung vorliege. Das steht im Widerspruch zur geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Senatex vom 15.09.2016 – C–518/14 (EU:C:2016:691) entschieden hat, dass eine Rechnung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung berichtigt werden kann (BFH-Urteil vom 20.10.2016 – V R 26/15, BFHE 255, 348 ). Die im Klageverfahren vorgelegte berichtigte Rechnung kann deshalb im Streitjahr zum Vorsteuerabzug berechtigen, sofern die übrigen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt sind.

2. Ob das der Fall ist, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht entscheiden. Denn das FG hat offengelassen, ob die Klägerin Empfängerin der von Y ausgeführten Leistungen gewesen ist und hat eine hierzu beantragte Beweiserhebung abgelehnt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: FG Niedersachsen, vom 26.05.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 11 K 10147/15
Fundstellen
DStZ 2020, 144