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BFH - Entscheidung vom 03.07.2019

I E 1/19

Normen:
InvStG 2004 a.F. § 13 Abs. 4 Satz 1
GKG § 52 Abs. 1
InvStG 2004 a.F. § 13 Abs. 4 S. 1
GKG § 52 Abs. 1

Fundstellen:
BFH/NV 2019, 1355

BFH, Beschluss vom 03.07.2019 - Aktenzeichen I E 1/19

DRsp Nr. 2019/15529

Streitwert der Klage eines Investmentfonds gegen die gesonderte Feststellung von Unterschiedsbeträgen gemäß § 13 Abs. 4 S. 1 InvStG 2004 a.F.

NV: Der Streitwert einer Klage eines Investmentfonds gegen die gesonderte Feststellung von Unterschiedsbeträgen gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 InvStG 2004 a.F. ist mit 25 % des Gesamt-Unterschiedsbetrags zu bemessen, der sich aus der Multiplikation der streitigen Unterschiedsbeträge mit der Zahl der betroffenen Anleger ergibt.

Tenor

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs —Kostenstelle— vom 09.10.2018 - KostL 389/15 ( I R 55/15) wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Normenkette:

InvStG 2004 a.F. § 13 Abs. 4 Satz 1; GKG § 52 Abs. 1 ;

Gründe

I.

Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) ist ein inländisches Investmentvermögen (Publikumsfonds) i.S. des § 1 Abs. 1 , § 2 Abs. 1 des Investmentsteuergesetzes 2004 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150 , BStBl I 2008, 218 ) —InvStG 2004 a.F.—. Der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 15.11.2017 – I R 55/15 (BFHE 260, 289 , BStBl II 2018, 287 ) eine Revision des Kostenschuldners gegen ein finanzgerichtliches Urteil zurückgewiesen und dem Kostenschuldner die Kosten des Revisionsverfahrens auferlegt. Gegenstand des Rechtsstreits war ein vom beklagten Finanzamt (FA) erlassener Bescheid aus dem Jahr 2012 über die gesonderte Feststellung eines Unterschiedsbetrags nach § 13 Abs. 4 Satz 1 InvStG 2004 a.F. für das Investmentvermögen des Kostenschuldners zur gesonderten Feststellung vom 25.01.2008, in dem das FA die (das zum 30.09.2007 endende Geschäftsjahr des Kostenschuldners betreffenden) Einkünfte, die aufgrund von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, um den Unterschiedsbetrag von ... € pro Anteil vermindert hatte. Auf der Grundlage der zum 30.09.2007 umlaufenden Fondsanteile des Kostenschuldners ergäbe sich daraus ein Gesamtvolumen der vorgenommenen Korrektur in Höhe von ... €.

Die Kostenstelle des BFH hat mit Kostenrechnung vom 09.10.2018 – KostL 389/15 ( I R 55/15) die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens mit ...€ angesetzt. Sie ist dabei von einem Streitwert von ... € (25 % des Unterschiedsbetrags von ... €) ausgegangen.

Der Kostenschuldner beantragt mit seiner Erinnerung, die Kosten nach einem geringeren Streitwert (zunächst ... €, zuletzt 20 % des Unterschiedsbetrags) zu bemessen.

Die Vertreterin der Staatskasse (Erinnerungsgegnerin) beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.

II.

Die Erinnerung ist nicht begründet und daher zurückzuweisen.

1. Über die Erinnerung ist nach § 1 Abs. 5 , § 66 Abs. 6 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes ( GKG ) durch den Einzelrichter zu entscheiden.

2. Die Höhe des Streitwerts ist gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmt sich der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens nach den Anträgen des Rechtsmittelführers.

a) Da der Kostenschuldner nach vormaliger Rechtslage gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 a.F. von der Körperschaft- und der Gewerbesteuer befreit gewesen ist, hat der festgestellte Unterschiedsbetrag für seinen eigenen Rechtskreis keine unmittelbaren Steuerfolgen. Die Bemessung des Streitwerts richtet sich vielmehr —ähnlich der Konstellation bei der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung ( AO )— nach der typisierten einkommensteuerlichen Bedeutung für die Anleger des Kostenschuldners.

b) Danach hat die angefochtene Kostenrechnung zu Recht den auf die Anlegerzahl zum 30.09.2007 bezogenen Gesamt-Unterschiedsbetrag von ... € als Ausgangsgröße für die Bemessung des Streitwerts des Revisionsverfahrens genommen. Denn nach dem im Streitfall einschlägigen § 13 Abs. 4b Satz 2 InvStG 2004 i.d.F. des Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz) vom 19.07.2016 (BGBl I 2016, 1730 , BStBl I 2016, 731 ) gilt der Unterschiedsbetrag gegenüber jenen Anlegern als zugeflossen, denen am letzten Tag des Geschäftsjahrs, in dem der materielle Fehler eingetreten ist, Anteile an dem Investmentfonds zuzurechnen sind (s. BFH-Urteil in BFHE 260, 289 , BStBl II 2018, 287 , Rz 42).

c) Der Ansatz von 25 % des Gesamt-Unterschiedsbetrags als Streitwert ist ermessensgerecht.

aa) Im Gewinnfeststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist die typisierte einkommensteuerliche Bedeutung nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich auf 25 % des streitigen Gewinns oder Verlustes zu bemessen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29.02.2012 – IV E 1/12, BFH/NV 2012, 1153 , und vom 10.10.2006 – VIII B 177/05, BFHE 214, 208 , BStBl II 2007, 54 ). Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Einkommensteuer werden nicht ermittelt. An der pauschalen Ermittlung des Streitwerts ist selbst dann festzuhalten, wenn im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung die tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den Feststellungsbeteiligten bekannt geworden sind; selbst wenn feststeht, dass bei einem Beteiligten der streitige Gewinn infolge ausgleichsfähiger Verluste keine Auswirkungen auf die Höhe der Einkommensteuer hat, ist der Streitwert nach dem Pauschalsatz von 25 % zu ermitteln (BFH-Beschlüsse vom 18.12.2000 – IV E 3/00, juris; vom 29.11.2012 – IV E 7/12, BFH/NV 2013, 403 ; vom 14.04.2016– IV E 1/16 , BFH/NV 2016, 1066 ).

bb) Es ist ermessensgerecht, die vorstehenden Maßgaben auf die Bestimmung des Streitwerts der Klage gegen die gesonderte Feststellung nach § 13 Abs. 4 Satz 1 InvStG 2004 a.F./n.F. zu übertragen und diesen Streitwert mit 25 % des streitigen Gesamt-Unterschiedsbetrags zu bemessen.

Der vom Kostenschuldner geltend gemachte Gesichtspunkt, dass es sich bei seinen Anlegern vorwiegend um "Kleinanleger" handele, die vielfach ihre persönlichen Sparer-Pauschbeträge nicht voll ausgeschöpft und folglich von der Feststellung des Unterschiedsbetrags keine steuerlichen Nachteile zu erwarten hätten, veranlasst keine Minderung des Pauschalsatzes. Es wäre mit dem Vereinfachungszweck der typisierenden und pauschalierenden Streitwertbemessung nicht zu vereinbaren, müsste zunächst die Anlegerstruktur des jeweiligen Fonds ermittelt werden, zumal selbst dem Publikums-Investmentfonds und dessen Kapitalverwaltungsgesellschaft die einzelnen Anleger und deren individuellen steuerlichen Verhältnisse nicht bekannt sind. Auch eine pauschalierende Berücksichtigung eines bestimmten Prozentsatzes an Anlegern, die ihre Sparer-Pauschbeträge nicht voll ausgeschöpft haben, ist nicht angebracht. Denn es wird bei dem pauschalen Ansatz von 25 % des Unterschiedsbetrags als Streitwert auf der anderen Seite auch nicht streitwerterhöhend berücksichtigt, dass Fondsanteile auch in Betriebsvermögen gehalten werden können und die Erträge dann ggf. einem höheren individuellen Steuersatz als 25 % unterliegen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG ).

Vorinstanz: Bundesfinanzhof München, vom 09.10.2018 - Vorinstanzaktenzeichen KostL 389/15
Fundstellen
BFH/NV 2019, 1355