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BFH - Entscheidung vom 09.05.2019

VI R 28/17

Normen:
EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1 Satz 2, § 38 Abs. 3 Satz 1, § 39b, § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EStG § 38 Abs. 1 S. 2
EStG § 38 Abs. 3 S. 1
EStG § 39b
EStG § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
EStG § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 1-2

Fundstellen:
BB 2019, 2006
BFH/NV 2019, 1160
BFHE 264, 443
BStBl II 2019, 785
DStR 2019, 1742
DStRE 2019, 1162
DStZ 2019, 644
FR 2019, 922
NJW 2019, 2958
NZA 2019, 1194
NZA-RR 2019, 562

BFH, Urteil vom 09.05.2019 - Aktenzeichen VI R 28/17

DRsp Nr. 2019/12030

Ertragsteuerliche Behandlung der Steuerberatungskosten des Arbeitgebers für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmern Behandlung als Arbeitslohn

Übernimmt der Arbeitgeber, der mit dem Arbeitnehmer unter Abtretung der Steuererstattungsansprüche eine Nettolohnvereinbarung abgeschlossen hat, die Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen des Arbeitnehmers, wendet er damit keinen Arbeitslohn zu (Aufgabe des BFH-Urteils vom 21.01.2010 - VI R 2/08, BFHE 228, 80 , BStBl II 2010, 639 ).

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 21.12.2016 - 1 K 1605/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Normenkette:

EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 , § 38 Abs. 1 Satz 2, § 38 Abs. 3 Satz 1, § 39b , § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2;

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist in der A-Branche tätig. Sie ist ein Tochterunternehmen der X-Inc., eines weltweit tätigen Unternehmens der A-Industrie mit Hauptsitz in Y. Der X–Konzern beschäftigt in 60 Ländern ca. 26 000 Arbeitnehmer. Im Inland ist er durch die Klägerin vertreten, die an zwei Standorten ca. 1 900 Arbeitnehmer beschäftigt.

Der X–Konzern fördert den weltweiten Austausch von Mitarbeitern. Die Organisation und Abwicklung internationaler Arbeitnehmerentsendungen wird für den X–Konzern von der S mit Sitz in Z koordiniert. Die Einzelheiten sind konzernweit in „Assignment Policies“ (Entsenderichtlinien) geregelt. Hiernach unterstützt der X–Konzern seine Arbeitnehmer auch bei der Erledigung ihrer steuerlichen Pflichten sowohl im Herkunfts- als auch im Entsendeland. Den Arbeitnehmern wird im Vorfeld der Entsendung eine Steuerberatung durch einen Steuerberater in ihrem jeweiligen Herkunftsland angeboten (Pre–Assignment Tax Consultation). Außerdem trägt der X–Konzern für die Jahre des Wechsels zwischen Herkunfts– und Entsendeland die Aufwendungen für die Erstellung der Steuererklärungen in beiden Ländern. Für die Jahre, in denen die Mitarbeiter nur im Entsendeland tätig sind, übernimmt der X–Konzern auch die Kosten für die Erstellung der persönlichen Einkommensteuererklärungen der Mitarbeiter im Gastland.

Diese Unterstützung gewährt der X–Konzern nur, wenn die Arbeitnehmer die vom X–Konzern benannte Steuerberatungsgesellschaft in Anspruch nehmen. Sollten die Arbeitnehmer andere steuerliche Berater beauftragen, leistet der X–Konzern weder Unterstützung noch erstattet er entsprechende Beratungskosten. Soweit die entsendeten Arbeitnehmer neben den bei der Klägerin bzw. im X–Konzern erzielten Einkünften weitere Einkünfte beziehen, trägt die Klägerin die darauf entfallenden Deklarationskosten ebenfalls nicht.

Die Arbeitnehmer des X–Konzerns, die zur Klägerin entsendet und für diese tätig werden, schliessen mit der S Arbeitsverträge, die eine Nettolohnvereinbarung enthalten. In den Arbeitsverträgen ist die Geltung der jeweils einschlägigen Entsenderichtlinie vereinbart. Die Klägerin erstattet der S sämtliche Aufwendungen in Zusammenhang mit der Beschäftigung der zu ihr entsendeten Arbeitnehmer. Steuererstattungsansprüche treten die Arbeitnehmer an die Klägerin ab.

Im Streitzeitraum (Januar 2009 bis Dezember 2010) nahmen alle zur Klägerin entsandten Arbeitnehmer die vom X–Konzern gewährten Leistungen in Zusammenhang mit der Erstellung der Einkommensteuererklärungen in Anspruch. Diese als Paket angebotenen Leistungen beinhalteten die Erstellung der Steuererklärungen, die Prüfung der Steuerbescheide und die Einlegung von Standardeinsprüchen. Die Klägerin zahlte hierfür an die beauftragte Steuerberatungsgesellschaft pro Arbeitnehmer eine pauschale Vergütung. Lohnsteuer führte die Klägerin wegen der Zahlungen an die Steuerberatungsgesellschaft nicht ab.

Im Rahmen einer bei der Klägerin für den Streitzeitraum durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Übernahme der Steuerberatungskosten führe bei den Arbeitnehmern zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Die Klägerin beantragte daraufhin die Pauschalierung der Lohnsteuer gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 , Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) folgte der Auffassung des Prüfers und forderte entsprechend von der Klägerin Lohnsteuer nach. Mit der Einspruchsentscheidung setzte das FA die Lohnsteuer-Nachforderungsbeträge aus hier nicht im Streit stehenden Gründen herab.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1205 veröffentlichten Gründen statt. Die Übernahme der Steuerberatungskosten sei kein Arbeitslohn, da die Klägerin diese Kosten im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse getragen habe.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt,

das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision des FA ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Zahlung der Steuerberatungskosten durch die Klägerin nicht zu Arbeitslohn geführt hat.

1. Nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten, den Lohnsteuerabzug bei unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern durchzuführen (§ 39b EStG ), die Lohnsteuer anzumelden (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ) und an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ). Dies gilt auch —wie im Streitfall— bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung (Schmidt/Krüger, EStG , 38. Aufl., § 38 Rz 10).

Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ist inländischer Arbeitgeber in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt. Zwischen den Beteiligten steht nicht in Streit, dass die Klägerin nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG wirtschaftlicher Arbeitgeber der bei der S zivilrechtlich angestellten, in das Inland entsandten Arbeitnehmer war. Der Senat sieht daher insoweit von einer weiteren Begründung ab.

2. Hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht zutreffend angemeldet, kann das Betriebsstättenfinanzamt die Lohnsteuer ihm gegenüber durch Steuerbescheid festsetzen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung ). Ist Lohnsteuer in einer größeren Zahl von Fällen nachzuerheben, kann das Betriebsstättenfinanzamt —wie im Streitfall— auf Antrag des Arbeitgebers zulassen, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a EStG zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ).

Allerdings setzt auch die Entstehung der pauschalen Lohnsteuer, die der Arbeitgeber zu übernehmen hat (§ 40 Abs. 3 Satz 1 EStG ) voraus, dass dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zufließt (Senatsurteil vom 6. Mai 1994 - VI R 47/93, BFHE 174, 363 , BStBl II 1994, 715 , m.w.N.).

3. a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG —neben Gehältern und Löhnen— auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG ). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 7. Mai 2014 - VI R 73/12, BFHE 245, 230 , BStBl II 2014, 904 , Rz 15, und vom 19. November 2015 - VI R 74/14, BFHE 252, 129 , BStBl II 2016, 303 , Rz 10).

b) Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, sind dagegen nicht als Arbeitslohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 14. November 2013 - VI R 36/12, BFHE 243, 520 , BStBl II 2014, 278 , Rz 10, und vom 10. März 2016 - VI R 58/14, BFHE 253, 243 , BStBl II 2016, 621 , Rz 17).

Ob sich eine unentgeltlich oder verbilligt überlassene Sachzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Ergibt die Würdigung, dass sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung darstellt und daher im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt wird, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt auch, wenn die Zuwendung für den Arbeitnehmer mit angenehmen Begleitumständen verbunden ist (Senatsurteile vom 21. November 2018 - VI R 10/17, BFHE 263, 196 , Rz 14, und vom 11. März 2010 - VI R 7/08, BFHE 228, 505 , BStBl II 2010, 763 , Rz 14).

Liegt ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers nicht vor und ist die Zuwendung nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls durch das Dienstverhältnis und nicht durch ein Sonderrechtsverhältnis veranlasst, ist der geldwerte Vorteil hingegen regelmäßig in vollem Umfang Arbeitslohn (vgl. Senatsurteile vom 25. April 2018 - VI R 34/16, BFHE 261, 313 , BStBl II 2018, 600 , Rz 14, und vom 1. September 2016 - VI R 67/14, BFHE 255, 125 , BStBl II 2017, 69 , Rz 21, jeweils m.w.N.).

Etwas anderes gilt nur, wenn eine gemischt veranlasste Zuwendung vorliegt, die nach objektiven Kriterien aufteilbar ist, weil sie sowohl abgrenzbare Elemente beinhaltet, bei denen die betriebliche Zielsetzung des Arbeitgebers ganz im Vordergrund steht, als auch solche, die mangels überwiegend eigenbetrieblicher Interessen des Arbeitgebers Arbeitslohn darstellen. In diesem Fall ist der Vorteil entsprechend letzterer Zuordnung in Arbeitslohn und eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse aufzuteilen (grundlegend Senatsurteil vom 18. August 2005 - VI R 32/03, BFHE 210, 420 , BStBl II 2006, 30 , sowie Senatsurteil vom 30. April 2009 - VI R 55/07, BFHE 225, 58 , BStBl II 2009, 726 ).

4. Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des FG, die Übernahme der Steuerberatungskosten durch die Klägerin stelle keinen Arbeitslohn der entsandten Arbeitnehmer dar, nicht zu beanstanden. Denn diese Gesamtwürdigung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar (Senatsurteil vom 21. Januar 2010 - VI R 2/08, BFHE 228, 80 , BStBl II 2010, 639 , Rz 11, m.w.N.). Sie ist unter den im Streitfall vorliegenden Umständen nicht nur möglich, sondern naheliegend und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

a) Das FG hat alle für die Beurteilung maßgeblichen Umstände in seine Gesamtwürdigung einbezogen. Dies gilt —entgegen der Ansicht der Revision— insbesondere auch hinsichtlich der Nettolohnvereinbarung.

Die Vorinstanz hat der Frage, in wessen Interesse der Abschluss der Nettolohnvereinbarung lag, für die im Streitfall vorzunehmende Beurteilung der Übernahme der Steuerberatungskosten als Arbeitslohn bei seiner Gesamtwürdigung allerdings nicht die entscheidende Bedeutung beigemessen, wie es das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 5. Dezember 2007 - 7 K 1743/07 H(L) (EFG 2008, 545 ) getan hat. Zwar hat der Senat die Würdigung des FG Düsseldorf seinerzeit revisionsrechtlich nicht beanstandet (Senatsurteil in BFHE 228, 80 , BStBl II 2010, 639 ). Er hält an der in seinem Urteil in BFHE 228, 80 , BStBl II 2010, 639 vertretenen Auffassung aber nicht länger fest.

Die Vorinstanz hat zutreffend erkannt, dass der Abschluss der Nettolohnvereinbarungen mit den entsandten Arbeitnehmern als solche nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin lag. Diese Würdigung hält der Senat weiterhin für zutreffend. Er tritt aber ebenfalls der Ansicht der Vorinstanz bei, dass aus dem beiderseitigen Interesse am Abschluss der Nettolohnvereinbarungen (und am Entsendesystem insgesamt) noch nicht geschlossen werden kann, dass auch die Übernahme der Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen und die damit zusammenhängenden Folgeleistungen (Prüfung der Einkommensteuerbescheide und Einlegung von Standardeinsprüchen), um deren Beurteilung es im Streitfall geht, zu Arbeitslohn führte. Denn eine solche, die Nettolohnvereinbarung einseitig in den Vordergrund stellende Betrachtung würde nicht alle in die Gesamtwürdigung einzubeziehenden Gesichtspunkte entsprechend ihrer rechtlichen Bedeutung in den Blick nehmen, sondern die Bewertung im Wesentlichen auf einen Aspekt verengen.

b) Die Übernahme der Steuerberatungskosten durch die Klägerin lag insofern im Interesse der entsandten Arbeitnehmer, als sie nach dem EStG zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen im Inland und/oder in ihren jeweiligen Heimatländern nach dem dort geltenden Steuerrecht verpflichtet waren.

Übernimmt der Arbeitgeber die Aufwendungen für die Erfüllung einer öffentlich- oder privatrechtlichen Verpflichtung des Arbeitnehmers, liegt hierin ein Vorteil, dem Entlohnungscharakter zukommen kann. Nichts anderes gilt im Ergebnis in den Fällen der Antragsveranlagung, zumal die Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag und den dort vereinbarten Entsenderichtlinien des X-Konzerns in diesen Fällen ebenfalls Steuererklärungen abzugeben hatten. Zudem kann selbst in der Übernahme freiwilliger Aufwendungen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber die Zuwendung eines Vorteils liegen, der bei Veranlassung durch das Dienstverhältnis Arbeitslohn darstellt.

c) Das FG hat aber in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Klägerin den entsandten Arbeitnehmern diese Vorteile nicht als Entlohnung, sondern in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse zuwandte.

Die Vorinstanz hat diesbezüglich insbesondere darauf abgestellt, dass die Klägerin durch die Gestellung der Steuerberatung eine möglichst weitgehende Reduzierung ihrer Lohnkosten erzielen wollte, da allein ihr die sich durch die Veranlagungen der Arbeitnehmer ergebenden Steuererstattungen zustanden. Denn die entsandten Arbeitnehmer hatten ihre Steuererstattungsansprüche an die Klägerin abgetreten; sie konnten daher von dem wirtschaftlichen Ergebnis der Steuerberatung aufgrund der Nettolohnvereinbarungen und der Abtretung der Erstattungsansprüche nicht profitieren. Die wirtschaftlichen Vorteile aus der Erstellung der Einkommensteuererklärungen, der Prüfung der Steuerbescheide und der Einlegung etwaiger Standardeinsprüche waren für sie nicht privat verfügbar. Bei der Übernahme der Steuerberatungskosten handelte es sich letztlich um einen Reflex des von der Klägerin in erster Linie verfolgten Ziels, möglichst hohe Steuererstattungen —und damit wirtschaftliche Vorteile für sich— zu erlangen.

Die Arbeitnehmer waren in tatsächlicher Hinsicht auch —jedenfalls faktisch— gezwungen, die von der Klägerin beauftragte und auch bezahlte Steuerberatung für die Erstellung ihrer Steuererklärungen etc. in Anspruch zu nehmen. Denn nach den Entsenderichtlinien des X–Konzerns, die vertraglich zur Grundlage der Auslandsentsendungen gemacht wurden, wurde von den entsandten Arbeitnehmern erwartet, eng mit den arbeitgeberseits ausgewählten Steuerberatern zusammenzuarbeiten und diesen zeitgerecht alle Informationen und Unterlagen zur Bearbeitung der Steuererklärungen zur Verfügung zu stellen. Geschah dies nicht, machte sich der entsandte Arbeitnehmer nach den Entsenderichtlinien schadenersatzpflichtig. Diese sahen außerdem vor, dass die Zahlung von Beihilfen und Zulagen an die Arbeitnehmer, die in den Entsenderichtlinien vorgesehen waren, eingestellt werden konnte, falls sie notwendige Informationen zur Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen nicht an die Steuerberatung weitergaben. Die zivilrechtliche (Un–)Wirksamkeit der entsprechenden Regelungen in den Entsenderichtlinien (s. dazu Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23. August 2012 - 8 AZR 804/11, BAGE 143, 62 ) ist für die vorliegend vorzunehmende steuerrechtliche Beurteilung dabei ohne Bedeutung. Denn nach den Feststellungen des FG kamen die entsandten Arbeitnehmer den sich aus den Entsenderichtlinien des X–Konzerns ergebenden Verpflichtungen zur Inanspruchnahme der arbeitgeberseits ausgewählten Steuerberatung tatsächlich nach.

Für ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin spricht auch die besondere Eignung der Übernahme der Steuerberatungskosten zur Erreichung der damit verfolgten wirtschaftlichen Zwecke. Die Klägerin hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, durch die Beauftragung der vom X-Konzern ausgewählten, international erfahrenen Steuerberatungsgesellschaft solle innerhalb des X-Konzerns sichergestellt werden, dass die steuerlichen Arbeitgeberpflichten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erfüllt würden. Insbesondere sollten die Arbeitslöhne im Rahmen der bei Auslandsentsendungen vertraglich vereinbarten Nettolohnabreden —auch bei der mitunter schwierigen Abgrenzung der Einkünfte zwischen Heimat- und Entsendestaat— zutreffend ermittelt werden, um größtmögliche finanzielle Vorteile durch Steuererstattungen zu erlangen.

Für die Arbeitnehmer ergab sich durch die Einschaltung der arbeitgeberseits ausgewählten und beauftragten Steuerberatungsgesellschaft demgegenüber der Nachteil, dass sie zu der Steuerberatung keine eigenen Vertragsbeziehungen unterhielten. Sie waren folglich den zwischen der Steuerberatung und dem X–Konzern ausgehandelten Vertragsbedingungen unterworfen, ohne darauf Einfluss nehmen zu können. Die Arbeitnehmer konnten der Steuerberatung dementsprechend auch keine Weisungen erteilen und hatten aus eigenem Recht keine Schadenersatzansprüche gegen die Steuerberatungsgesellschaft bei etwaigen Fehlleistungen.

Die Vorgehensweise innerhalb des X–Konzerns griff zudem in das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung ein. Denn die Arbeitnehmer mussten einer von ihnen nicht ausgesuchten und nicht beauftragten Steuerberatungsgesellschaft Steuerdaten, und damit Daten hochsensiblen Inhalts, mitteilen, die weitreichende Einblicke in ihre persönliche Lebensführung ermöglichten.

Aufwendungen für von den entsandten Arbeitnehmern selbst ausgewählte und beauftragte Steuerberater übernahm die Klägerin nicht. Gleiches galt nach den Feststellungen der Vorinstanz für die Kosten der arbeitgeberseits ausgewählten Steuerberatung, die sich auf andere als die bei der Klägerin bzw. im X-Konzern erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen.

Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin keine Auswahl unter den Arbeitnehmern traf, für die sie die Kosten zur Erstellung der Einkommensteuererklärungen übernahm. Nach den Feststellungen des FG waren vielmehr alle entsandten Arbeitnehmer berechtigt (und verpflichtet), die Leistungen der vom X–Konzern ausgewählten Steuerberatung in Anspruch zu nehmen.

d) Bei dieser Sachlage konnte das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangen, dass die Übernahme der Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen und die damit in Zusammenhang stehenden Folgeleistungen nicht zu Arbeitslohn führte. Die Klägerin entlohnte die zu ihr entsandten Arbeitnehmer mit der Übernahme der Steuerberatungskosten nicht. Sie wandte die Steuerberatungskosten vielmehr im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse auf, um die erheblichen, ihr allein zustehenden Steuererstattungen zu erlangen und ihren Verpflichtungen zur zutreffenden Berechnung der Arbeitslöhne im Rahmen der Nettolohnvereinbarungen nachzukommen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz, vom 21.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 1 K 1605/14
Fundstellen
BB 2019, 2006
BFH/NV 2019, 1160
BFHE 264, 443
BStBl II 2019, 785
DStR 2019, 1742
DStRE 2019, 1162
DStZ 2019, 644
FR 2019, 922
NJW 2019, 2958
NZA 2019, 1194
NZA-RR 2019, 562