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BVerwG - Entscheidung vom 11.07.2018

1 C 18.17

Normen:
AsylG § 11
AsylG § 24 Abs. 4
AsylG § 25 Abs. 3
AsylG § 25 Abs. 6
AsylG § 29
AsylG § 78
RL 2005/85/EG Art. 4 Abs. 3
RL 2005/85/EG Art. 12 Abs. 4
RL 2005/85/EG Art. 13 Abs. 3
RL 2005/85/EG Art. 17 Abs. 4
RL 2005/85/EG Art. 23 Abs. 2
RL 2005/85/EG Art. 39 Abs. 1
RL 2011/95/EU Art. 4 Abs. 5
RL 2013/32/EU Art. 4 Abs. 4
RL 2013/32/EU Art. 14 Abs. 3
RL 2013/32/EU Art. 15 Abs. 3
RL 2013/32/EU Art. 17 Abs. 3
RL 2013/32/EU Art. 31
RL 2013/32/EU Art. 46 Abs. 1
RL 2013/32/EU Art. 46 Abs. 3
RL 2013/32/EU Art. 51 Abs. 2
VwGO § 75
VwGO § 86 Abs. 1
VwGO § 113
AsylG § 11
AsylG § 24 Abs. 4
AsylG § 25 Abs. 3
AsylG § 25 Abs. 6
AsylG § 29
AsylG § 78
RL 2005/85/EG Art. 4 Abs. 3
RL 2005/85/EG Art. 12 Abs. 4
RL 2005/85/EG Art. 13 Abs. 3
RL 2005/85/EG Art. 17 Abs. 4
RL 2005/85/EG Art. 23 Abs. 2
RL 2005/85/EG Art. 39 Abs. 1
RL 2011/95/EU Art. 4 Abs. 5
RL 2013/32/EU Art. 4 Abs. 4
RL 2013/32/EU Art. 14 Abs. 3
RL 2013/32/EU Art. 15 Abs. 3
RL 2013/32/EU Art. 17 Abs. 3
RL 2013/32/EU Art. 31
RL 2013/32/EU Art. 46 Abs. 1
RL 2013/32/EU Art. 46 Abs. 3
RL 2013/32/EU Art. 51 Abs. 2
VwGO § 75
VwGO § 86 Abs. 1
VwGO § 113

BVerwG, Urteil vom 11.07.2018 - Aktenzeichen 1 C 18.17

DRsp Nr. 2018/12888

angemessene Entscheidungsfrist; Anhörung, persönliche; Asylantrag; Asylverfahren; Bescheidungsklage; besondere Sachkunde; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; Durchführung Asylverfahren; Kommunikation; Nichtentscheidung; Öffentlichkeitsgrundsatz; persönliche Anhörung; Rechtsschutzbedürfnis; Rechtsschutzinteresse; Sachurteilsvoraussetzung; Untätigkeitsbescheidungsklage; Untätigkeitsklage; Untätigkeitsvornahmeklage; Verpflichtungsklage; zureichender Grund

1. Ein Asylantragsteller, über dessen Asylantrag ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist entschieden worden ist, hat jedenfalls dann ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Untätigkeitsklage mit dem Ziel, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Bescheidung seines Antrages zu verpflichten, wenn noch keine Anhörung beim Bundesamt stattgefunden hat.2. Es bleibt offen, ob der Asylantragsteller auf die Möglichkeit der Bescheidungsklage beschränkt ist oder er die Untätigkeitsklage auch mit dem Ziel erheben kann, das Bundesamt zur Gewährung internationalen Schutzes zu verpflichten.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. März 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Normenkette:

AsylG § 11 ; AsylG § 24 Abs. 4 ; AsylG § 25 Abs. 3 ; AsylG § 25 Abs. 6 ; AsylG § 29 ; AsylG § 78 ; RL 2005/85/EG Art. 4 Abs. 3; RL 2005/85/EG Art. 12 Abs. 4; RL 2005/85/EG Art. 13 Abs. 3; RL 2005/85/EG Art. 17 Abs. 4; RL 2005/85/EG Art. 23 Abs. 2; RL 2005/85/EG Art. 39 Abs. 1; RL 2011/95/EU Art. 4 Abs. 5; RL 2013/32/EU Art. 4 Abs. 4; RL 2013/32/EU Art. 14 Abs. 3; RL 2013/32/EU Art. 15 Abs. 3; RL 2013/32/EU Art. 17 Abs. 3; RL 2013/32/EU Art. 31; RL 2013/32/EU Art. 46 Abs. 1; RL 2013/32/EU Art. 46 Abs. 3; RL 2013/32/EU Art. 51 Abs. 2; VwGO § 75 ; VwGO § 86 Abs. 1 ; VwGO § 113 ;

Gründe

I

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über ihren Asylantrag.

Die 1994 in Afghanistan geborene Klägerin reiste im Herbst 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie stellte am 22. Oktober 2014 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag; dabei wurde sie zur Bestimmung des für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaates angehört. Eine weitere Anhörung fand nicht statt. Über diesen Asylantrag entschied das Bundesamt bislang nicht.

Mit ihrer am 11. August 2016 erhobenen Untätigkeitsklage begehrte die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten, ihr Asylverfahren fortzuführen und über ihren Antrag zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht wies die Klage als unzulässig ab (Urteil vom 18. August 2016), weil in Asylrechtsstreitigkeiten das Verwaltungsgericht die Sache unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Gründe auch dann selbst zu klären und abschließend zu entscheiden habe, wenn die persönliche Anhörung des Asylbewerbers im Verwaltungsverfahren unterblieben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung der Klägerin der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage habe schon vor der Entscheidung über den Asylantrag erhoben werden können, weil das Bundesamt über den Asylantrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden habe. Die Klage sei nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Asylantrag erhoben worden. Es liege auch kein zureichender Grund dafür vor, dass über das Asylbegehren noch nicht entschieden worden sei, so dass das Verfahren auch nicht auszusetzen sei. Ob ein solcher Grund vorliege, bemesse sich nach objektiven Gesichtspunkten; dabei seien das Maß der für die Behörde erkennbaren Dringlichkeit für die Klägerin und die die Bearbeitungsdauer bedingenden Umstände zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Das Bundesamt sei zwar aufgrund der Flüchtlingsströme im Jahr 2015 einer hohen Geschäftsbelastung ausgesetzt gewesen. Die Klägerin habe ihren Asylantrag indes bereits im Oktober 2014 gestellt; eine erhöhte Arbeitsbelastung rechtfertige eine längere Zeitdauer zudem nur, wenn es sich um eine vorübergehende Erscheinung handele, auf die durch organisatorische Maßnahmen nicht ohne Weiteres habe reagiert werden können. Der Klägerin stehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre auf bloße Entscheidung über ihren Asylantrag gerichtete Klage zu, so dass das Gericht hier nicht gehalten sei, selbst inhaltlich über das Asylbegehren zu befinden. Bei der Entscheidung über einen Asylantrag handele es sich allerdings um eine rechtlich gebundene Entscheidung. Das zur Entscheidung berufene Bundesamt habe sich indes über die undatierte Feststellung hinaus, dass die internationale Zuständigkeit durch Fristablauf auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen sei, mit dem Asylbegehren in der Sache noch nicht befasst. Namentlich sei eine Anhörung noch nicht erfolgt. Eine Pflicht des Gerichts zum Durchentscheiden bei dieser Sachlage bewirke, dass entgegen dem Grundsatz der Gewaltenteilung anstelle des mit besonderer Sachkunde versehenen Bundesamtes das Gericht selbst über den Asylantrag entscheide, statt dessen Entscheidung zu kontrollieren. Hinzu komme, dass es sich nicht um einige Einzelfälle handele; in Anbetracht des Flüchtlingszustroms sei von einer großen Menge an unbearbeiteten Asylanträgen auszugehen.

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der im asylrechtlichen Verfahren ausnahmslos "durchzuentscheiden" sei, sei angesichts der europarechtlichen Entwicklungen im Asylrecht zwischenzeitlich überholt und werde auch vom Bundesverwaltungsgericht so nicht mehr vertreten. Die EU-Asylverfahrensrichtlinie (alter wie neuer Fassung) messe dem behördlichen Verfahren und insbesondere der persönlichen Anhörung durch besonders qualifizierte Mitarbeiter eine wesentlich größere Bedeutung zu, so dass eine differenzierte Betrachtung geboten sei. Eine Beachtung der Vorgaben für das behördliche Verfahren lasse sich im gerichtlichen Verfahren nicht sicherstellen. Auch wegen der verschiedenen Arten von Anträgen mit jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen, über die das Bundesamt zu entscheiden habe, müsse diesem auch vorrangig die Entscheidung überlassen bleiben. Einer (ausnahmslosen) Pflicht zum Durchentscheiden stehe auch die besondere - auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete - Ausgestaltung des Asylverfahrens entgegen. Bei einer erstmaligen Sachentscheidung durch das Gericht gehe dem Asylantragsteller eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet sei. Insoweit sei der Rechtsgedanke der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Rechtsschutz in Fällen zu beachten, in denen ein Asylantrag ohne behördliche Sachprüfung als unzulässig abgelehnt worden sei. Auch für Fälle, in denen zu Unrecht die Voraussetzungen für einen Folge- oder Zweitantrag abgelehnt worden seien, habe das Bundesverwaltungsgericht nicht an seiner früheren Rechtsprechung zur generellen Verpflichtung der Gerichte zum "Durchentscheiden" festgehalten. Die Beschleunigungsziele der jüngeren Asylgesetzgebung rechtfertigten keine abweichende Beurteilung.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte vor allem eine Verletzung der § 86 Abs. 1 , § 113 Abs. 5 VwGO und macht geltend, der Klägerin fehle für ihre Klage das erforderliche (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis. Denn ihre Untätigkeitsklage sei nicht auf eine bestimmte Sachentscheidung, sondern lediglich auf eine Bescheidung ihres Asylantrages und damit auf eine bereits kraft Gesetzes bestehende Verpflichtung der Beklagten gerichtet. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe nur für eine Klage, die auf einen gerichtlichen Ausspruch gerichtet sei, der über die bereits gesetzlich bestehende Verpflichtung hinausgehe; soweit die Gerichte die Sache nicht spruchreif zu machen hätten, komme insoweit namentlich eine zeitliche Vorgabe in Betracht. Aus § 86 i.V.m. § 113 Abs. 5 VwGO ergebe sich überdies, dass die Gerichte in Konstellationen der vorliegenden Art die Sache spruchreif zu machen hätten. Der Asylantrag sei auf eine gebundene Behördenentscheidung gerichtet, so dass sich die Untätigkeitsklage als Verpflichtungsklage auf den beantragten Verwaltungsakt selbst zu richten habe. Demgegenüber komme dem behördlichen Asylverfahren und insbesondere der Durchführung einer behördlichen Anhörung keine so hohe Bedeutung zu, dass das gerichtliche Verfahren nicht an die Stelle des behördlichen treten könne. Die EU-Asylverfahrensrichtlinie sehe vielmehr vor, dass eine Entscheidung über den Asylantrag in bestimmten Fällen auch dann möglich sei, wenn eine persönliche Anhörung nicht stattgefunden habe; die Durchführung einer persönlichen Anhörung sei mithin für die Entscheidung über den Asylantrag keine unverzichtbare Voraussetzung. Nach dem Sprachgebrauch des Unionsrechts seien zudem mit der Bezeichnung "Asylbehörde" auch die Gerichte umfasst. Dass es sich bei asylrechtlichen Entscheidungen um solche einer mit besonderen Spezialkenntnissen ausgestatteten Behörde handele, rechtfertige ebenfalls nicht den Verzicht auf die gerichtliche Verpflichtung, die Sache spruchreif zu machen. Dagegen spreche vielmehr der unionsrechtlich vorgegebene wirksame Rechtsbehelf vor einem Gericht. Gerade in den Fällen, in denen noch keine behördliche Entscheidung ergangen sei, komme den vom Gesetzgeber gewollten Bemühungen um Verfahrensbeschleunigung besondere Bedeutung zu, was ebenfalls für eine Pflicht zum Durchentscheiden spreche. Der Gewaltenteilungsgrundsatz stehe einer auf Verpflichtung gerichteten Untätigkeitsklage nicht entgegen.

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

II

Die zulässige Revision der Beklagten, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 101 Abs. 2 VwGO ), hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit revisiblem Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO ) entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über ihren Asylantrag hat.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein ein auf die Verpflichtung der Beklagten auf Bescheidung des Asylantrages beschränktes Klagebegehren, das die Klägerin in Gestalt der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO ) verfolgt. Nicht zu entscheiden ist daher über die Frage, ob ein Asylbewerber auf die Möglichkeit der reinen Bescheidungsklage beschränkt ist oder ob er Klage auch mit dem Ziel erheben kann, die Beklagte zur Gewährung internationalen Schutzes oder Feststellung von Abschiebungsverboten zu verpflichten.

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz, mithin das Asylgesetz ( AsylG ) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798 ), hier zuletzt geändert durch das am 10. November 2016 in Kraft getretene Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460 ), und die Verwaltungsgerichtsordnung ( VwGO ) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686 ), hier zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3106 ). Rechtsänderungen, die nach der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts eingetreten sind, sind zu berücksichtigen, wenn das Tatsachengericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwG 129, 251 Rn. 19); solche Rechtsänderungen sind an den hier entscheidungserheblichen Normen nicht erfolgt.

Die Revision ist nicht begründet, weil das Berufungsgericht ohne Bundesrechtsverstoß dahin erkannt hat, dass die Beklagte ohne zureichenden Grund über den Asylantrag der Klägerin nicht entschieden hat, mithin die allgemeinen Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage gegeben waren (1.) und die Klägerin auch ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage hat (2.).

1. Nach § 75 Satz 1 VwGO ist die Klage ohne Durchführung des in den §§ 68 ff. VwGO vorgeschriebenen Vorverfahrens zulässig, wenn über einen Widerspruch oder - was im vorliegenden Rechtsstreit wegen des Ausschlusses des Vorverfahrens (§ 11 AsylG ) allein in Betracht zu ziehen ist - über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist (Untätigkeitsklage).

1.1 Das Berufungsgericht hat hiernach die Klage zutreffend als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO ) in der Gestalt der Untätigkeitsklage (§ 75 Satz 1 VwGO ) gewertet, die auch nach Ablauf der Frist des § 75 Satz 2 VwGO wirksam erhoben worden ist. Die Einhaltung der Frist des § 75 Satz 2 VwGO ist eine besondere Prozessvoraussetzung (BVerwG, Urteil vom 23. März 1973 - 4 C 2.71 - BVerwGE 42, 108 <109 f.>), nach deren Ablauf eine daraufhin erhobene Klage unabhängig davon zulässig ist, ob sich die Verzögerung der Verwaltungsentscheidung als unzureichend begründet erweist oder nicht (BVerwG, Urteil vom 23. März 1973 - 4 C 2.71 - BVerwGE 42, 108 <109>).

1.2 Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend auch dahin erkannt, dass das Verfahren nicht auszusetzen und der Beklagten keine Frist zur Sachentscheidung zu setzen war (§ 75 Satz 3 VwGO ). Denn allzumal im auch insoweit maßgeblichen (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1994 - 5 C 24.92 - juris Rn. 12) Zeitpunkt der Berufungsentscheidung hat ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung des Asylantrages der Klägerin nicht bestanden.

1.2.1 Ob ein "zureichender Grund" für die Verzögerung vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein "zureichender Grund" vorliegt, sind neben den vielfältigen Umständen, die eine verzögerte behördliche Entscheidung dem Grunde nach zu rechtfertigen geeignet sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO , 23. Aufl. 2017, § 75 Rn. 13; Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO , 4. Aufl. 2014, § 75 Rn. 47 ff.), auch eine etwaige besondere Dringlichkeit einer Angelegenheit für die Klägerin zu berücksichtigen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO , 23. Aufl. 2017, § 75 Rn. 14; a.A. Brenner, in: Sodan/ Ziekow, VwGO , 4. Aufl. 2014, § 75 Rn. 50). Zureichende Gründe sind dabei nur solche, die mit der Rechtsordnung in Einklang stehen (BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1991 - 3 C 56.90 - NVwZ 1991, 1180 <1181>). Als mögliche zureichende Gründe für eine Verzögerung sind u.a. anerkannt worden ein besonderer Umfang und besondere Schwierigkeiten der Sachaufklärung oder die außergewöhnliche Belastung einer Behörde, auf die durch organisatorische Maßnahmen nicht kurzfristig reagiert werden kann (Dolde/Porsch, in: Schoch/ Schneider/Bier, VwGO , Stand Juni 2017, § 75 Rn. 8).

1.2.2 Nach diesen Grundsätzen, die auch das Berufungsgericht herangezogen hat, ist dessen Bewertung im Ergebnis zutreffend, dass kein zureichender Grund dafür besteht, dass noch keine Entscheidung über das Asylbegehren ergangen ist, zumal im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung seit dem Asylantrag nicht nur 22 Monate - wie bei der Klageerhebung -, sondern bereits nahezu 28 Monate ohne Entscheidung des Bundesamtes vergangen waren. Hiergegen wendet sich die Revision auch nicht.

Das vorliegende Verfahren gibt dabei keinen Anlass zur umfassenden Erörterung möglicher Gründe für verzögerte Entscheidungen des Bundesamtes über Schutzanträge, die seit Mitte 2014 bei dem Bundesamt gestellt worden sind, der Dauer der von den Asylantragstellern wegen des Vorliegens zureichender Gründe jeweils hinzunehmenden Verzögerungen oder der Frage, welche Gründe mit welchem Gewicht bereits bei der Bestimmung der generell und ohne Vorliegen von Verzögerungsgründen als "angemessen" hinzunehmenden Frist oder erst beim Vorliegen "zureichender Gründe" zu berücksichtigen sind. Ohnehin fehlen hinreichende tatsächliche Feststellungen für eine angesichts der Entwicklung der letzten Jahre notwendig differenzierende Betrachtung des jeweiligen Gewichts berücksichtigungsfähiger Verzögerungsgründe, die auch nur in den groben Umrissen, aber nicht im notwendigen Detaillierungsgrad allgemeinkundig sind.

Für das Asylverfahren besteht ein Beschleunigungsgebot. Die Mitgliedstaaten haben gemäß Art. 23 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326 S. 13) bzw. Art. 31 Abs. 2 Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung) (ABl. L 180 S. 60) sicherzustellen, dass das Prüfverfahren unbeschadet einer angemessenen vollständigen Prüfung so rasch wie möglich zum Abschluss gebracht wird. Konkrete Mindest-, Regel- oder Höchstfristen lassen sich hieraus für die Anwendung des § 75 Satz 1 VwGO indes nicht herleiten. Die behördliche Pflicht, den Antragsteller über die Verzögerungsgründe zu informieren und auf dessen Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, zu unterrichten (Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2b RL 2005/85/EG; Art. 31 Abs. 6 RL 2013/32/EU; s.a. § 24 Abs. 4 AsylG ), weist allerdings darauf, dass der Normgeber eine Frist von sechs Monaten als (noch) im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO "angemessene" Dauer des behördlichen Verfahrens sieht. Dies bekräftigt für die Zukunft auch Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 1 RL 2013/32/EU, für den im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats indes die Umsetzungsfrist des Art. 51 Abs. 2 RL 2013/32/EU noch nicht abgelaufen war (zur Anwendung der Regelungen der RL 2013/32/EU auf vor ihrem Inkrafttreten bzw. vor dem Ablauf der Umsetzungsfristen gestellte Asylanträge s. BVerwG, Beschlüsse vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - BVerwGE 158, 271 Rn. 22 ff. und vom 1. Juni 2017 - 1 C 22.16 - juris Rn. 15 ff.).

Für künftige Verfahren geben Art. 31 Abs. 3 bis 5 RL 2013/32/EU - auch ohne Umsetzung in das nationale Recht - jedenfalls im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine Orientierung, unter welchen Umständen eine Überschreitung der Sechsmonatsfrist auch für die Anwendung des § 75 Satz 1 VwGO als sachlich gerechtfertigt hinzunehmen ist; dies gilt auch für den Fristlauf und die in Art. 31 Abs. 5 RL 2013/32/EU genannte absolute Höchstfrist.

2. Die Klägerin hat auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine auf Bescheidung beschränkte Untätigkeitsklage.

Wird über einen Antrag auf Vornahme eines rechtlich gebundenen, begünstigenden Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund nicht innerhalb angemessener Frist entschieden, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis im Regelfall allerdings nur für die auf Vornahme gerichtete Untätigkeitsklage; für die Beschränkung auf eine Bescheidungsuntätigkeitsklage bedarf es eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses (2.1). Das Berufungsgericht hat dieses Rechtsschutzbedürfnis im Ergebnis ohne Verstoß gegen Bundesrecht bejaht (2.2).

2.1 Für die Verpflichtungsklage muss auch in der Gestalt der Untätigkeitsklage als allgemeine Sachurteilsvoraussetzung ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegen, zumal auch diese Klageart primär dem Schutz subjektiver Rechte dient.

2.1.1 Das Rechtsschutzbedürfnis tritt neben die - hier nicht im Streit stehende - Klagebefugnis und erfordert für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nach Art und Umfang ein berechtigtes Interesse, um die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes auf das zur Durchsetzung subjektiver Rechte erforderliche Maß zu beschränken und einem Missbrauch prozessualer Rechte vorzubeugen. Kein Rechtsschutzinteresse besteht, wenn das Rechtsschutzbegehren nutzlos ist oder auf einfacherem und schnellerem Wege ohne Inanspruchnahme der Gerichte realisiert werden kann (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1989 - 9 C 44.87 - BVerwGE 81, 164 <165 f.>).

2.1.2 Das Vorhandensein des für jedes Gesuch um gerichtlichen Rechtsschutz erforderlichen Interesses an der Erlangung dieses Rechtsschutzes folgt bei Leistungsklagen (einschließlich der verwaltungsgerichtlichen Verpflichtungsklage) in aller Regel bereits aus dem Umstand, dass ein Kläger einen auf Leistung an sich selbst gerichteten, bislang nicht erfüllten Anspruch geltend macht; bereits dadurch, dass sich ein Kläger wegen der ausstehenden Leistung - überhaupt - an das Gericht wendet, wird offenbar, dass er an der gerichtlichen Entscheidung "subjektiv" interessiert ist (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1989 - 9 C 44.87 - BVerwGE 81, 164 <166>). Die Klägerin hat indes bei dem Bundesamt nicht irgendeine Bescheidung beantragt. Ihr Asylantrag vom 22. Oktober 2014 war gerichtet auf die Zuerkennung internationalen Schutzes. Die von ihr erhobene Klage ist aber gerade nicht - als Untätigkeitsvornahmeklage - auf die gerichtliche Zuerkennung internationalen Schutzes und damit die "ausstehende Leistung" der Behörde gerichtet; sie beschränkt sich auf eine reine Bescheidung. Eine Bescheidung durch das Bundesamt ist zwar notwendige, nicht aber hinreichende Voraussetzung der (behördlichen) Zuerkennung internationalen Schutzes; in Bezug auf das durch den Antrag bei der Behörde definierte Rechtsschutzziel der Durchsetzung eines bestimmten materiellen Rechts hat die vom Entscheidungsinhalt losgelöste Bescheidung für die Klägerin keinen Nutzen.

Der (reine) Bescheidungsanspruch ist für die Anwendung des § 75 VwGO nicht bloß ein einfaches Minus zum Verpflichtungsanspruch. Bei materiellen Rechten, auf die - wie nach §§ 3 ff. AsylG bei dem internationalen Schutz - bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ein rechtlich gebundener Anspruch auf behördliche Zuerkennung besteht, ist die Untätigkeitsverpflichtungsklage grundsätzlich auf eine konkrete behördliche Sachentscheidung zu beziehen. Allein aus dem Umstand, dass ein Kläger nach der auch im Verwaltungsprozess geltenden Dispositionsmaxime (§ 88 VwGO ) das Klagebegehren prozessual auf eine reine Bescheidung beschränken kann, folgt noch kein Rechtsschutzbedürfnis für eine derart beschränkte Klage (s. nur Hödl-Adick, Die Bescheidungsklage als Erfordernis eines interessengerechten Rechtsschutzes, S. 234 f.).

2.1.3 Für die Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO ist eine generelle Beschränkung auf eine (reine) Bescheidungsklage auch mit Blick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung nicht anerkannt. Dies wird bei der Klage nach § 88 SGG anders gesehen (dazu BSG , Urteil vom 26. August 1994 - 13 RJ 17/94 - BSGE 75, 56 ; Beschluss vom 16. Oktober 2014 - B 13 R 282/14 - juris; s.a. Kammerbeschluss vom 3. März 2011 - 1 BvR 2852/10 - BVerfGK 18, 360 <362>) Die Voraussetzungen eines Vorlegungsverfahrens an den Gemeinsamen Senat der obersten Bundesgerichte nach §§ 11 ff. Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Gesetz vom 19. Juni 1968, BGBl. I S. 661 ) sind dabei nicht gegeben; § 75 VwGO und § 88 SGG stimmen in ihrem Regelungsgehalt nicht gänzlich überein und sind - vor allem - nicht nach denselben Prinzipien auszulegen (s. dazu GmS- OGB , Beschlüsse vom 6. Februar 1973 - GmS- OGB 1/72 - BVerwGE 41, 363 <365> und vom 12. März 1987 - GmS- OGB 6/86 - BVerwGE 77, 370 <373>).

2.1.4 § 113 Abs. 5 VwGO setzt ebenfalls voraus, dass im Regelfall die Untätigkeitsklage als Vornahmeklage und nicht als reine Bescheidungsklage zu erheben ist. Nach dieser Vorschrift hat das Verwaltungsgericht grundsätzlich auch bei Verpflichtungsklagen die Sache durch eigene Aufklärungsmaßnahmen spruchreif zu machen. Bei Beschränkung auf ein reines Bescheidungsbegehren greift diese Regelung zwar nicht; denn § 113 Abs. 5 VwGO fordert eine gerichtliche Sachaufklärung nur in dem durch das Klagebegehren bezeichneten Rahmen, über den das Gericht nicht hinausgehen darf (§ 88 VwGO ). § 113 Abs. 5 VwGO ist aber Ausdruck des prozessualen Rechtsgedankens, dass gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich auf die Sachentscheidung selbst gerichtet ist und das Gericht daher auch die für die Durchsetzung des materiellen Rechts erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat.

2.1.5 § 44a Satz 1 VwGO , nach denen Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, ist auf die vorliegende Verfahrenskonstellation allerdings nicht anwendbar. Die auf behördliche Erstentscheidung gerichtete Untätigkeitsklage wendet sich nicht gegen (einzelne) behördliche Verfahrenshandlungen und zielt auch nicht auf die isolierte Durchsetzung einzelner Verfahrensschritte (etwa die Anhörung). Ungeachtet dessen, dass bei der Untätigkeitsbescheidungsklage der Rechtsschutz gerade daran anknüpft, dass eine behördliche Erstentscheidung ohne zureichenden Grund nicht ergangen ist, besteht zwischen einer behördlichen Entscheidung, die unter Nichtbeachtung einzelner Verfahrensrechte ergangen ist, und der behördlichen Nichtentscheidung ein qualitativer Unterschied.

Diesen Unterschied anerkennt eine frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der der Bürger in Fällen, in denen er einen von der Rechtsordnung eingeräumten materiellrechtlichen Anspruch verfolgt, grundsätzlich einen davon unabhängigen, gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Bescheidung seines auf die Gewährung des von ihm beanspruchten Rechtes gerichteten Antrags hat (BVerwG, Urteil vom 28. März 1968 - 8 C 22.67 - BVerwGE 29, 239 <243 f.>).

2.1.6 Die hiernach erforderlichen Gründe für eine reine Bescheidungsklage müssen nach Art und Gewicht hinreichen, um ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschränkung annehmen zu können. Dies kann schon dann der Fall sein, wenn sie eine Bescheidungsklage rechtfertigen, und erfordern nicht notwendig, dass sie diese Beschränkung gebieten. Ob dies der Fall ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

2.2 Die Klägerin hat für ihre auf reine Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage ein Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation, die kennzeichnet, dass die Klägerin nach Stellung ihres Asylantrages nicht zu ihren Asylgründen angehört worden ist und das Bundesamt auch sonst keine aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen erkennbaren Schritte unternommen hat, um das Verfahren in irgendeiner Weise zu fördern. In einem solchen Fall rechtfertigt es die besondere Ausgestaltung des Asylverfahrens mit der hervorgehobenen Stellung des behördlichen Verfahrens und den daran anknüpfenden Verfahrensgarantien in einer Gesamtschau, ein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche (reine) Bescheidungsklage anzunehmen. Der Senat lässt offen, ob der Asylbewerber auf die Möglichkeit der Bescheidungsklage beschränkt ist.

2.2.1 Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich für die hier zu beurteilende Fallkonstellation allerdings nicht schon allein aus rechtsgebietsübergreifenden, allgemeinen prozessualen Erwägungen.

a) Die aus dem allgemeinen Gewaltenteilungsgrundsatz hergeleiteten Begrenzungen gerichtlicher Sachentscheidungsbefugnisse greifen bei einer gebundenen Entscheidung nicht durch. Wenn und soweit - ein entsprechendes Klagebegehren vorausgesetzt (§ 88 VwGO ) - die Verwirklichung des behaupteten materiellen Rechts durch eine entsprechende gerichtliche Verpflichtung nach dem geltenden Prozessrecht möglich ist, bedarf es für einen bloßen Bescheidungsantrag eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses. Dies gilt auch in einer Situation, in der wegen einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle die vom Berufungsgericht bezeichnete Gefahr einer Gewichtsverlagerung von der Exekutive auf die Judikative (s.a. Göbel-Zimmermann/Skrzypczak, ZAR 2016, 357 <364>) besteht. Auch ein wie auch immer geartetes zeitweiliges "systemisches Versagen" des Bundesamtsverfahrens rechtfertigte nicht den Verzicht auf die Anwendung geltenden Prozessrechts.

b) § 113 Abs. 3 VwGO , nach dem das Gericht in Fällen, in denen es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, unter bestimmten Voraussetzungen einen Verwaltungsakt aufheben kann, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, gilt unmittelbar nur für die Anfechtungsklage (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 - 9 C 45.97 - BVerwGE 107, 128 <129 f.>). Nach seiner systematischen Stellung ist er auch sonst nicht entsprechend auf Verpflichtungsbegehren anwendbar (s.a. Kopp/Schenke, VwGO , 23. Aufl. 2017, § 113 Rn. 166), für welche die Reichweite der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht in § 113 Abs. 5 VwGO geregelt ist. Als Begrenzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht in der Anfechtungskonstellation fördert eine nach § 113 Abs. 3 VwGO bewirkte Aufhebung auch das Rechtsschutzziel der Klägerin, während sie in der Verpflichtungssituation einem Kläger in Bezug auf die Verwirklichung seiner materiellen Rechte nicht weiterhilft.

c) Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine reine Bescheidungsuntätigkeitsklage kommt allerdings in solchen Fällen in Betracht, in denen nach § 113 Abs. 5 VwGO eine Beschränkung der gerichtlichen Pflicht anerkannt ist, die Sache spruchreif zu machen. Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben. Dem Bundesamt ist bei der Entscheidung über den Asylantrag kein Ermessen und auch kein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die besondere Sachkunde, über die das Bundesamt bei der Entscheidung über Asylanträge verfügen muss (Art. 4 Abs. 3 RL 2005/85/EG; Art. 4 Abs. 4 RL 2013/32/EU) und die dazu führt, dass vorrangig dieses zu entscheiden hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 - InfAuslR 1993, 229 <232>), begründet für sich allein ebenfalls keine Begrenzung der gerichtlichen Pflicht zur Spruchreifmachung. Das Bundesamt ist keine Behörde, der gegenüber den Gerichten eine strikte Entscheidungsprärogative zukommt (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 - 9 C 45.97 - BVerwGE 107, 128 <129 f.>). Bedeutung kann die besondere Sachkunde des Bundesamtes und dessen Erstentscheidungsaufgabe allerdings bei einer Gesamtschau gewinnen.

2.2.2 Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschränkung auf den reinen Bescheidungsantrag folgt für die hier zu beurteilende Fallkonstellation indes aus den Besonderheiten des behördlichen Asylverfahrens und seinen spezifischen Verfahrensgarantien.

a) Das Flüchtlingsrecht ist in besonderem Maß auf eine sorgsame verfahrensrechtliche Ausgestaltung angewiesen (BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1981 - 1 BvR 413/80 - BVerfGE 56, 216 <236>). Sie zielt nicht allein auf eine möglichst rasche Entscheidung über Asylanträge, die sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse der Asylbewerber liegt (Erwägungsgrund 11 RL 2005/85/EG; Erwägungsgrund 18 RL 2013/32/EU). Diese Verfahrensgarantien dienen zugleich der effektiven Durchsetzung des materiellen Rechts, indem sie jedem Antragsteller die Gelegenheit verschaffen, mit den zuständigen Behörden zu kooperieren und effektiv mit ihnen zu kommunizieren, um ihnen den ihn betreffenden Sachverhalt darlegen zu können (Erwägungsgrund 13 RL 2005/85/EG; Erwägungsgrund 25 RL 2013/32/EU). Wegen der sachtypischen Beweisnot, in der sich viele Asylbewerber wegen des Fehlens von Beweismitteln zum Beleg des geltend gemachten Verfolgungsschicksals befinden, ist dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden größere Bedeutung beizumessen als dies sonst in der Prozesspraxis bei Parteibekundungen der Fall ist (BVerwG, Urteil vom 16. April 1985 - 9 C 109.84 - BVerwGE 71, 180 <181 f.>; Beschluss vom 29. November 1996 - 9 B 293.96 - juris). Bei der Prüfung von Asylanträgen misst auch Art. 4 Abs. 5 RL 2011/95/EU den Angaben der Antragsteller ein besonderes Gewicht bei, wenn diese unter den dort bezeichneten Voraussetzungen es kompensieren können, dass Unterlagen oder sonstige Nachweise für die Aussagen fehlen. Dies setzt in besonderem Maße nicht nur die Möglichkeit einer auch mündlich möglichen Darlegung der Asylgründe voraus. Es fordert auch die Herstellung und Wahrung einer Kommunikationssituation, in der die besonderen Schwierigkeiten einer umfassenden Darlegung der Asylgründe überwunden werden können, und Möglichkeiten, in Fällen unzureichender Darlegung tatsächlich vorhandener Asylgründe das Vorbringen zu ergänzen und Missverständnisse auszuräumen.

b) Das Asylgesetz und das Unionsrecht (RL 2005/85/EG; RL 2013/32/EU) enthalten besondere Verfahrensgarantien und Vorkehrungen für das behördliche Asylverfahren, um eine gelingende Kommunikation zwischen Asylantragsteller und Behörde sicherzustellen.

aa) Nach Art. 13 Abs. 3 RL 2005/85/EG ergreifen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, damit die persönliche Anhörung unter Bedingungen durchgeführt wird, die dem Antragsteller eine zusammenhängende Darlegung der Gründe seines Asylantrags gestatten. Sie haben u.a. zu gewährleisten, dass die anhörende Person ausreichend befähigt ist, um die persönlichen oder allgemeinen Umstände des Antrags einschließlich der kulturellen Herkunft oder der Verletzlichkeit des Antragstellers zu berücksichtigen (Buchst. a). Die angemessenen Kenntnisse in Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten, deren entscheidende Bedeutung Erwägungsgrund 10 RL 2005/85/EG für die Bediensteten der erstinstanzlich entscheidenden Behörde betont, erstreckt sich nicht allein auf die Fachkenntnisse des materiellen Flüchtlingsrechts oder zu den tatsächlichen Verhältnissen des Herkunftsstaates; sie umfassen auch die Fähigkeiten, die erforderlich sind, um die komplexe Kommunikationssituation der Anhörung angemessen zu bewältigen. Soweit Art. 15 Abs. 3 Buchst. b RL 2013/32/EU künftig fordert, dass die Mitgliedstaaten, soweit möglich, vorsehen, dass die Anhörung des Asylantragstellers von einer Person gleichen Geschlechts durchgeführt wird, wenn der Antragsteller darum ersucht, soweit nicht die Asylbehörde Grund zu der Annahme hat, dass das Ersuchen auf Gründen beruht, die nicht mit den Schwierigkeiten des Antragstellers in Verbindung stehen, die Gründe für seinen Antrag umfassend darzulegen, trägt dies dem Gedanken Rechnung, dass nicht zuletzt aus kulturellen oder religiösen Gründen insbesondere Frauen erhebliche Schwierigkeiten haben können, sich männlichen Anhörpersonen gegenüber zu offenbaren. Entsprechendes gilt für das Uniformverbot für Anhörpersonen (Art. 15 Abs. 3 Buchst. d RL 2013/32/EU) und das Gebot kindgerechter Anhörung (Art. 15 Abs. 3 Buchst. e RL 2013/32/EU) (s.a. Art. 17 Abs. 4 Buchst. b RL 2005/85/EG).

bb) Nach § 25 Abs. 6 Satz 1 AsylG ist die Anhörung des Asylantragstellers nicht öffentlich (s.a. Art. 13 Abs. 2 RL 2005/85/EG: "Eine persönliche Anhörung erfolgt unter Bedingungen, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten."); an ihr können neben Vertretern des Bundes, eines Landes oder des UNHCR andere Personen nur nach Maßgabe einer besonderen Gestattungsentscheidung teilnehmen. Für den Regelfall schreibt Art. 13 Abs. 1 RL 2005/85/EG eine persönliche Anhörung ohne die Anwesenheit von Familienangehörigen vor, soweit nicht die Asylbehörde die Anwesenheit solcher Angehörigen zwecks einer angemessenen Prüfung für erforderlich hält.

cc) Nach Art. 14 Abs. 2 RL 2005/85/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass ein Antragsteller rechtzeitig Zugang zu dem Bericht über die persönliche Anhörung hat; in Fällen, in denen der Zugang erst nach der Entscheidung der Asylbehörde gewährt wird, haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass der Zugang so frühzeitig ermöglicht wird, dass fristgerecht ein Rechtsbehelf vorbereitet und eingelegt werden kann. Der Zugang zu diesem "Bericht über die persönliche Anhörung im Verfahren" hat erkennbar den nunmehr in Art. 17 Abs. 3 RL 2013/32/EU ausdrücklich geregelten Sinn, dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, sich mündlich und/oder schriftlich zu Übersetzungsfehlern oder missverständlichen Formulierungen in der Niederschrift zu äußern und/oder diese zu klären.

dd) § 25 Abs. 3 AsylG erlaubt zwar die Nichtberücksichtigung eines der Anhörung nachfolgenden, späteren Vorbringens des Ausländers, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Die Regelung schließt aber ergänzendes Vorbringen nicht strikt aus und lässt es somit zu, noch im Laufe des weiteren behördlichen Asylverfahrens das bisherige Vorbringen zu ergänzen, vermeintliche Widersprüche auszuräumen oder sonst Missverständnisse aufzuklären. Die Möglichkeit solcher Missverständnisse oder (vermeintlicher) Widersprüche im Rahmen der Anhörung unterscheidet das behördliche Asylverfahren typischerweise wesentlich von nahezu allen weiteren inländischen Verwaltungsverfahren, in denen für die Kommunikation zwischen Antragsteller und Behörden zwar in Einzelfällen, aber nicht im Regelfall ein Sprachmittler erforderlich ist.

ee) Der Sicherung einer angemessenen Verständigung zwischen dem Antragsteller und der anhörenden Person dient auch die Vorgabe, die Auswahl eines hierfür tauglichen Dolmetschers sicherzustellen (Art. 13 Abs. 3 Buchst. b RL 2005/85/EG; s.a. Art. 15 Abs. 3 Buchst. c RL 2013/32/EU). Dies entspricht der hervorgehobenen Bedeutung der Anhörung für ein rechtsstaatliches Asylverfahren, bei der nur bei gelingender sprachlicher Verständigung eine umfassende Verständigung möglich ist (s.a. Jaber, ZAR 2017, 318 ). Auch bei qualifizierten Dolmetschern besteht indes allein durch die Mediatisierung der Verständigung die Gefahr von Verständigungsmängeln; diese müssen durch einen wirksamen Rechtsbehelf beseitigt werden können.

ff) Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 39 Abs. 1 RL 2005/85/EG gewährleisten dem Asylbewerber das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf; Art. 46 Abs. 3 RL 2013/32/EU stellt klar, dass sich die Prüfung neben Rechtsfragen auch auf Tatsachen erstreckt. Unionsrecht wie nationales Recht gehen von zumindest einer Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung einer behördlichen Entscheidung über den Asylantrag aus, und treffen so Vorsorge für Fälle, in denen ungeachtet der Wahrung aller Verfahrensgarantien und -standards des Asylverfahrens behördliche Asylentscheidungen fehlerhaft sind. Diese im gewaltenteilenden Rechtsstaat generell vorzusehende gerichtliche Kontrolle hat wegen der spezifischen Fehlerquellen, die sich im behördlichen Asylverfahren ergeben können, eine besondere Bedeutung.

gg) Der besonderen Bedeutung der persönlichen Anhörung durch die Asylbehörde steht entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten hier auch nicht entgegen, dass nach Art. 12 Abs. 4 RL 2005/85/EG bzw. Art. 14 Abs. 3 RL 2013/32/EU die Tatsache, dass keine persönliche Anhörung stattfindet, die Asylbehörde nicht daran hindert, über den Asylantrag zu entscheiden. Diese Regelung ist bezogen auf jene Fälle, in denen nach Maßgabe des Art. 12 Abs. 2 RL 2005/85/EG bzw. Art. 14 Abs. 2 RL 2013/32/EU auf eine persönliche Anhörung verzichtet werden kann; sie stellt die Anhörung nicht insgesamt zur Disposition. Dass ein solcher Ausnahmefall hier vorgelegen haben könnte, ist tatrichterlich nicht festgestellt und wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

hh) Die Möglichkeit, dass ein Gericht im Rahmen der Überprüfung einer nach Anhörung des Schutzsuchenden ergangenen behördlichen Entscheidung nach Art. 47 GRC gehalten sein kann, einen Asylantragsteller zu einem Unzulässigkeitsgrund anzuhören, der von der Asylbehörde nicht geprüft worden ist (so das nach der Entscheidungsfindung ergangene Urteil des EuGH vom 25. Juli 2018 - C-585/16 [ECLI:EU:C:2018:584], Alheto - Rn. 125, 127, 130), lässt keine direkten Rückschlüsse auf die hier vorliegende Konstellation einer reinen Bescheidungsklage nach vollständigem Anhörungs- und Entscheidungsausfall durch das Bundesamt zu und nimmt auch sonst der Anhörung durch die Asylbehörde nicht ihr Gewicht, zumal der Gerichtshof an anderer Stelle des Urteils ausführt (Rn. 116), dass "die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz durch eine Verwaltungsstelle oder eine gerichtsähnliche Behörde, die mit besonderen Mitteln und Fachpersonal ausgestattet ist, eine wesentliche Phase der mit dieser Richtlinie eingeführten gemeinsamen Verfahren ist."

c) Diese besondere Ausgestaltung des behördlichen Asylverfahrens begründet in ihrer Gesamtschau ein berechtigtes Interesse eines Asylantragstellers an der Durchführung des behördlichen Verfahrens. Damit nicht verbunden ist die Bewertung, dass bereits einzelne Verfahrensrechte dieses Ergebnis begründen und selbständig durchsetzbar seien, oder dass damit ein weitergehendes Rechtsschutzbedürfnis für eine Untätigkeitsvornahmeklage ausgeschlossen wäre.

aa) Das gerichtliche Asylverfahren kann die Durchführung des behördlichen Asylverfahrens nicht insgesamt gleichwertig ersetzen.

Das gerichtliche Verfahrensrecht ist insgesamt auf Kontrolle einer behördlichen Entscheidung in einem transparenten, vom Grundsatz der Öffentlichkeit geprägten kontradiktorischen Verfahren durch den gesetzlichen Richter angelegt. Die Funktion des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit des behördlichen Verfahrens kann auch bei einer erweiternden Auslegung des § 171b GVG im gerichtlichen Verfahren, wie sie zum Schutz der Privatsphäre von Asylbewerbern angezeigt sein kann, die aber den Grundsatz der Öffentlichkeit nicht generell aufheben darf, im gerichtlichen Verfahren nicht verwirklicht werden; denn er zielt auf die Gestaltung einer offenen Kommunikationssituation insgesamt. Der Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 GG ) schließt es aus, im Rahmen der Bestimmung der Anhörperson gezielt Besonderheiten der kulturellen Herkunft oder der Verletzlichkeit des Antragstellers Rechnung zu tragen, und zwar ungeachtet dessen, dass Fähigkeit und Bereitschaft zur problemsensiblen, von interkultureller Kompetenz getragenen Durchführung einer mündlichen Verhandlung allen in Asylverfahren tätigen Verwaltungsrichterinnen und -richtern abverlangt sind. Mit Blick auf die Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO ) ist namentlich bei einer Untätigkeitsklage indes der ergänzenden Erwägung des Berufungsgerichts nicht beizutreten, dass eine den Anforderungen der Asylverfahrensrichtlinie genügende Anhörung mit Dolmetscher einen Zeitrahmen erfordere, der im gerichtlichen Verfahren nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehe. Die Pflicht zur hinreichenden Ausstattung der staatlichen Organe gilt auch für die Gerichte.

Der Konzentrationsgrundsatz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (§ 87 Abs. 1 VwGO ) und die eingeschränkte prozessuale Überprüfbarkeit gerichtlicher Entscheidungen stehen ebenfalls in einem unaufgelösten Spannungsverhältnis zur Pflicht, den "Bericht über die persönliche Anhörung im Verfahren" rechtzeitig oder doch so frühzeitig zu übermitteln, dass ein Rechtsbehelf vorbereitet und eingelegt werden kann (Art. 14 Abs. 2 RL 2005/85/EG). Entsprechendes gilt für die im gerichtlichen Verfahren strikteren Präklusionsvorschriften.

Die besonderen Fehlerquellen, die die Möglichkeit der Überprüfung einer getroffenen Entscheidung durch eine weitere (gerichtliche) Instanz erfordern, bestehen vor allem auch im gerichtlichen Asylverfahren. Art. 19 Abs. 4 GG oder Art. 39 Abs. 1 RL 2005/85/EG gebieten zwar kein Rechtsmittel gegen eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung in Asylverfahren, so dass der nationale Gesetzgeber auch die Rechtsmittelbeschränkungen in § 78 AsylG vornehmen durfte. Die spezifischen Kommunikationsprobleme im (behördlichen wie gerichtlichen) Asylverfahren vermitteln dann aber ein besonderes schutzwürdiges Interesse des Asylantragstellers an der Durchführung des behördlichen Erstverfahrens und der Möglichkeit einer daran erst anschließenden gerichtlichen Kontrolle.

bb) Der Beschleunigungsgrundsatz, der im behördlichen wie im gerichtlichen Asylverfahren gilt, steht einem Rechtsschutzinteresse für die reine Bescheidungsklage nicht entgegen. In der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings eine umfassende Pflicht des Gerichts zur Herstellung der Spruchreife auch aus dem Interesse des Einzelnen wie der Allgemeinheit an einer beschleunigten Durchführung des Asylverfahrens hergeleitet worden (BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1998 - 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171 <174>). Diese Rechtsprechung ist indes unter dem Eindruck der Entwicklung des Asylverfahrensrechts und der Möglichkeiten der Asylbehörden zur Verfahrensbeschleunigung u.a. für die Zulässigkeitsentscheidungen nach § 29 AsylG modifiziert worden (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 - BVerwGE 157, 18 Rn. 20). Ob die Klägerin mit einer gerichtlichen Untätigkeitsvornahmeklage tatsächlich schneller und einfacher zu dem von ihr angestrebten Ziel der Zuerkennung internationalen Schutzes gelangen kann, kann unter den obwaltenden Umständen einer hohen Belastung der Verwaltungsgerichte mit Asylverfahren nicht festgestellt werden.

cc) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten fordert Unionsrecht jedenfalls nicht, dass im gerichtlichen Verfahren auf Untätigkeitsklage hin "durchzuentscheiden" ist. Art. 39 RL 2005/85/EG bzw. Art. 46 RL 2013/32/EU setzen erkennbar voraus, dass eine behördliche Erstentscheidung ergangen ist, und verhalten sich nicht zum gerichtlichen Rechtsschutz in Fällen der Untätigkeit. Dessen Ausgestaltung ist Sache der nationalen Gesetzgeber. Dem unionsrechtlichen Gebot eines wirksamen Rechtsbehelfs mit einer umfassenden ExNunc-Prüfung, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt, kann daher in Fällen, in denen es - wie hier - an einer zu überprüfenden behördlichen Entscheidung bislang fehlt, keine unionsrechtliche Pflicht des Gerichts zum "Durchentscheiden" entnommen werden.

Die Gleichwertigkeit der Anhörung im gerichtlichen Verfahren ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht daraus, dass nach unionsrechtlichem Sprachgebrauch mit der Bezeichnung "Asylbehörde" auch die Gerichte erfasst seien. Dies ist bereits nach den Begriffsbestimmungen ausgeschlossen, die "Asylbehörde" definieren als "jede gerichtsähnliche Behörde bzw. jede Verwaltungsstelle eines Mitgliedstaats, die für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz (bzw. Asylanträgen) zuständig und befugt ist, erstinstanzliche Entscheidungen über diese Anträge zu erlassen" (Art. 2 Buchst. e RL 2005/85/EG bzw. Art. 2 Buchst. f RL 2013/32/EU). Dies umfasst gerade nicht die Gerichte, bei denen ein "wirksamer Rechtsbehelf" möglich sein muss (Art. 39 Abs. 1 RL 2005/85/EG bzw. Art. 46 Abs. 1 RL 2013/32/EU; so nunmehr auch das nach der Entscheidungsfindung ergangene Urteil des EuGH vom 25. Juli 2018 - C-585/16 - Rn. 103).

3. Das Berufungsurteil hat Bundesrecht auch nicht dadurch verletzt, dass es die Beklagte verpflichtet hat, über den Asylantrag der Klägerin zu entscheiden, ohne der Beklagten hierfür eine (neuerliche) Frist zu setzen.

§ 75 VwGO sieht eine Fristsetzung ausdrücklich nur in den Fällen vor, in denen ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung besteht. Besteht ein solcher Grund nicht, ist die Behörde nach Ablauf der angemessenen Entscheidungsfrist nach § 75 Satz 1 VwGO gehalten, unverzüglich zu entscheiden. Bereits während der Dauer des auf Verpflichtung zur Bescheidung gerichteten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wirkt die Pflicht zur behördlichen Entscheidung fort; die Rechtshängigkeit des Bescheidungsbegehrens sperrt nicht die gebotene Durchführung des der Entscheidung vorgelagerten behördlichen Verfahrens, insbesondere auch nicht eine erforderliche persönliche Anhörung des Asylantragstellers. Die gerichtliche Verpflichtung zur Entscheidung über den Antrag, die zudem eine beklagte Behörde nicht überraschend treffen und auf die sich diese vorbereiten kann, bekräftigt diese Rechtspflicht in allerdings verbindlicherer, weil grundsätzlich vollstreckbarer Weise. Soweit die Behörde für die Vorbereitung und Durchführung nicht schon den Zeitraum zwischen dem Ergehen der gerichtlichen Entscheidung und ihrer Rechtskraft nutzen kann, um der auf sie zukommenden Verpflichtung unverzüglich nachzukommen, ist im Vollstreckungsverfahren hinreichend Raum, objektiv unvermeidbare Verzögerungen der unverzüglich geschuldeten Entscheidung zu berücksichtigen. § 172 Satz 1 VwGO setzt für die Zwangsgeldfestsetzung voraus, dass es erst nach Ablauf einer vom Gericht festzusetzenden angemessenen Frist festgesetzt werden kann; diese Frist ist so zu bemessen, dass es der Behörde möglich ist, ihrer Verpflichtung nachzukommen (Kopp/Schenke, VwGO , 23. Aufl. 2017, § 172 Rn. 5).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO .

Vorinstanz: VG Augsburg, vom 18.08.2016 - Vorinstanzaktenzeichen Au 3 K 16.31394
Vorinstanz: VGH Bayern, vom 23.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 13a B 16.30951