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BVerwG - Entscheidung vom 28.05.2018

1 B 28.18

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1

BVerwG, Beschluss vom 28.05.2018 - Aktenzeichen 1 B 28.18

DRsp Nr. 2018/8521

Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision; Rechtswidrige Erteilung einer Daueraufenthaltskarte wegen des Führens einer lediglichen Scheinehe

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Die Beschwerde, mit der eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) und ein Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) geltend gemacht werden, bleibt ohne Erfolg.

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO , wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mithilfe der Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 10. August 2016 - 1 B 82.16 - juris Rn. 3).

Nach diesen Grundsätzen führt die aufgeworfene Frage,

"ob auch ein nach einer Scheidung erteiltes Daueraufenthaltsrecht-EU nach § 4a FreizügG/EU noch von der Frage einer tatsächlich geführten Ehe abhängig gemacht werden kann und rückwirkend entzogen werden kann, wenn die Erteilung dieses Daueraufenth(a)ltsrechts selbst gerade hiervon unabhängig erteilt worden ist",

nicht zur Zulassung der Revision, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Die aufgeworfene Frage muss entscheidungserheblich sein, da ihr ansonsten die Klärungsfähigkeit fehlt. Entscheidungserheblichkeit liegt nicht vor, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht Teil der tragenden Begründung der angefochtenen Entscheidung ist (Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO , 4. Aufl. 2014, § 132 Rn. 65). Dies ist hier nicht der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr darauf abgestellt, dass nach seinen Feststellungen die Aufenthaltserlaubnis-EU, die Aufenthaltskarte und die Daueraufenthaltskarte rechtswidrig erteilt worden seien, weil der Kläger eine Scheinehe geführt habe, die ihm kein Freizügigkeitsrecht habe vermitteln können; auf den genauen Zeitpunkt, zu dem keine eheliche Gemeinschaft bestanden hat, kommt es bei Annahme eines durchgängigen Nichtbestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft und Täuschung der Behörden in dieser Frage gerade nicht an. Insoweit wirft der Kläger aber keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf.

2. Die Revision ist auch nicht wegen des geltend gemachten Verfahrensmangels der unzureichenden Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO ) zuzulassen. Die Beschwerde rügt insoweit, dass es das Berufungsgericht unterlassen habe, den Kläger und dessen Ex-Ehefrau zum Vorliegen einer Scheinehe zu befragen. Ein Gericht verletzt die Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (BVerwG, Beschlüsse vom 2. November 1978 - 3 B 6.78 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 116 und vom 26. Juni 2017 - 1 B 114.17 - juris Rn. 6). Aus welchen Gründen sich dem Berufungsgericht hier - trotz der von ihm angeführten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Scheinehe, insbesondere der detaillierten und im ausländerbehördlichen Verfahren auch trotz der nachträglichen Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht verwertbaren Aussagen der vormaligen Ehefrau des Klägers im Strafverfahren - eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, legt die Beschwerde nicht dar.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG .

Vorinstanz: VGH Hessen, vom 27.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 6 A 2148/16