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BVerwG - Entscheidung vom 12.04.2018

2 WNB 1.18

Normen:
SG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
WBO § 22b Abs. 2 S. 2

BVerwG, Beschluss vom 12.04.2018 - Aktenzeichen 2 WNB 1.18

DRsp Nr. 2018/14354

Verhängung einer Disziplinarbuße wegen einer subjektiv vorsätzlichen Befehlsverweigerung

Tenor

Die Beschwerde des Soldaten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 22. November 2017 wird verworfen..

Der Soldat trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens..

Normenkette:

SG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ; WBO § 22b Abs. 2 S. 2;

Gründe

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde betrifft eine Disziplinarbuße. Der beschuldigte Soldat wirkte als Feldjäger bei einer Kraftfahrzeugkontrolle auf einem Standortübungsplatz mit. Dabei folgte ein Unteroffizier dem Befehl seines Oberfeldwebels objektiv nicht. Der beschuldigte Soldat ging davon aus, dass der Unteroffizier auch subjektiv vorsätzlich den Befehl verweigerte. Er teilte dies seinem früheren Ausbilder, einem ebenfalls zum Feldjägerregiment gehörenden Hauptfeldwebel, per Handy mit. Dies führte zu Rückfragen bei den vor Ort verantwortlichen Soldaten. Der Kompaniechef verhängte unter anderem wegen dieses Vorfalls gegen ihn eine Disziplinarbuße von 1 000 €. Das Truppendienstgericht hob im Verfahren der weiteren Beschwerde die Feststellungen zu einem weiteren Tatvorwurf auf und wertete die Mitteilung des Vorgangs gegenüber dem außenstehenden Hauptfeldwebel als eine Verletzung der Pflichten zur Verschwiegenheit, zur Kameradschaft, zur Disziplinwahrung und zum dienstlichen Wohlverhalten. Dafür hielt es eine Disziplinarbuße von 600 € für angemessen. Das Truppendienstgericht ließ die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung nicht zu.

2. Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Nach der Rechtsprechung der Wehrdienstsenate des Bundesverwaltungsgerichts sind an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 22b Abs. 2 Satz 2 WBO dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie von den Revisionssenaten des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entwickelt worden sind (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 2016 - 2 WNB 1.15 - Rn. 2 m.w.N.). Diesen Darlegungsanforderungen genügt die Beschwerde weder hinsichtlich des behaupteten Verfahrensfehlers (a) noch hinsichtlich der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung (b).

a) Die ordnungsgemäße Darlegung einer Aufklärungsrüge setzt die Angabe voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Truppendienstgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären und inwiefern die angegriffene Entscheidung auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann. Weiter muss dargelegt werden, welche konkreten Beweismittel zur Klärung der für entscheidungserheblich gehaltenen Behauptungen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und dass entsprechende Beweisanträge im gerichtlichen Verfahren gestellt wurden oder warum sich dem Gericht die weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Beschlüsse vom 27. Juli 2011 - 2 WNB 3.11 - Rn. 5 und vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f. m.w.N.).

Daran fehlt es. Die Nichtzulassungsbeschwerde führt schon nicht hinreichend aus, aus welchen Gründen es nach der Rechtsauffassung des Truppendienstgerichts darauf ankommen kann, ob der vom Soldaten benachrichtigte Hauptfeldwebel zur Einsatzleitung gehört hat. Vor allem legt sie nicht dar, dass der Beschwerdeführer diese Tatsachenbehauptung bereits im truppendienstgerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, dass er zum Beweis dafür die Beiziehung des "Befehls zur Durchführung des Feldjägerdienstes ..." beantragt hat oder aus welchen Gründen sich die Beiziehung dieses Befehls dem Gericht ohne entsprechendes Vorbringen der Verteidigung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen. Die gerichtliche Aufklärungspflicht findet jedoch dort ihre Grenze, wo das Vorbringen der Beteiligten keinen tatsächlichen Anlass zur weiteren Aufklärung bietet (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1999 - 9 C 36.98 - BVerwGE 109, 174 <177 f.> und Beschluss vom 2. Februar 2018 - 1 WNB 6.17 - Rn. 3). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2017 - 4 BN 16.17 - juris Rn. 7).

b) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerde entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - Buchholz 310 § 132 Nr. 18 S. 21 f.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob ein Befehl zur Durchführung des Feldjägerdienstes bindende Wirkung hat oder nicht. Damit wird schon nicht dargelegt, in Bezug auf welche Norm des revisiblen Rechts ein Klärungsbedarf bestehen könnte. Ebenso wenig wird dargelegt, aus welchen Rechtsgründen hinsichtlich der Verbindlichkeit von Befehlen im Feldjägerdienst ein allgemeiner, über den Einzelfall hinausgehender Klärungsbedarf gegeben sein könnte. Auch zur Entscheidungserheblichkeit der Frage fehlt es an den erforderlichen Darlegungen. Da das Truppendienstgericht den von der Beschwerdeschrift angeführten Befehl vom 18. März 2016 nicht erwähnt hat, ist nicht ersichtlich, dass dessen Verbindlichkeit in Abrede gestellt worden wäre und dass demzufolge in einem Rechtsbeschwerdeverfahren überhaupt die Klärung der Verbindlichkeit eines Befehls erforderlich werden würde. Soweit die Beschwerde unter Berufung auf den angeführten Befehl darlegen will, dass der vom Soldaten informierte Hauptfeldwebel Teil der Einsatzleitung und damit entgegen der Rechtsauffassung des Truppendienstgerichts kein außenstehender Dritter gewesen sei, rügt sie der Sache nach nur eine fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts im Einzelfall. Dies kann aber die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 22b Abs. 2 WBO nicht rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Oktober 2009 - 2 WNB 4.09 - Rn. 5 und vom 17. Juni 2010 - 2 WNB 7.10 - DokBer 2010, 295 Rn. 11).

Schließlich ist die Rechtsbeschwerde auch nicht zur grundsätzlichen Klärung der Frage zuzulassen, welche Reichweite die Verschwiegenheitspflicht des Soldaten nach § 14 Abs. 1 SG hat, wenn er nach seiner Wahrnehmung Zeuge eines Dienstvergehens geworden ist. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde befasst sich nicht mit der Frage, ob hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht der Ausnahmetatbestand des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SG eingreift und ob Tatsachen - die auf ein Dienstvergehen hindeuten - ihrer Bedeutung nach grundsätzlich geheimhaltungsbedürftig sind (zweifelnd OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 5 LA 357/11 -, NVwZ-RR 2013, 475 <476> und Eichen in Walz/Eichen/Sohm, SG , 3. Aufl. 2016 § 14 Rn. 17). Ebenso wenig hat die Beschwerdeschrift die Frage angesprochen, ob es einem Soldaten in dieser Situation unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB analog) grundsätzlich unabhängig von seinem Dienstgrad und Dienstalter zugestanden werden muss, vor einer Meldung den Ratschlag eines ebenfalls der Geheimhaltungspflicht unterliegenden Kameraden seines Vertrauens einzuholen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 42 Satz 1 WDO i.V.m. § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO .