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BVerwG - Entscheidung vom 15.08.2018

4 BN 9.18

Normen:
GG Art. 14
BauGB § 1 Abs. 7

BVerwG, Beschluss vom 15.08.2018 - Aktenzeichen 4 BN 9.18

DRsp Nr. 2018/13905

Verfassungsmäßigkeit einer Beschränkung der baulichen Nutzbarkeit eines Grundstücks auf eine einzige Nutzungsart

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 14 ; BauGB § 1 Abs. 7 ;

Gründe

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat sein Normenkontrollurteil selbständig tragend mit einem Verstoß gegen § 1 Abs. 7 BauGB begründet. Insoweit zeigt die Beschwerde weder grundsätzlichen Klärungsbedarf noch eine Divergenz auf.

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO ) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).

Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob es - unabhängig vom Gewicht der mit einer Planung verfolgten Belange - regelhaft mit Art. 14 GG unvereinbar ist, die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks auf eine einzige Nutzungsart zu beschränken.

Dies führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Frage ist nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin einen Fehler im Abwägungsvorgang vorgeworfen, weil ihr Rat einen besonderen Aspekt der Planung und damit zugleich die Anforderungen verkannt habe, die an die Abwägung zu stellen sind, und diesen Fehler nach dem für Fehler im Abwägungsvorgang geltenden § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB für erheblich gehalten. Damit wirft die Entscheidung eine rechtsgrundsätzliche Frage zum Abwägungsergebnis, wie sie die Beschwerde formuliert, nicht auf.

2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

a) Eine Divergenz zum Senatsbeschluss vom 15. Mai 2013 - 4 BN 1.13 - (ZfBR 2013, 573 Rn. 17) legt die Beschwerde nicht dar. Sie entnimmt dem vorinstanzlichen Urteil den abstrakten Rechtssatz, eine Begrenzung der Eigentümerbefugnisse auf eine einzige Nutzungsart sei generell nicht hinnehmbar. Diesen das Abwägungsergebnis betreffenden Rechtssatz hat die Vorinstanz aber nicht aufgestellt. Es bleibt auch offen, welchem Rechtssatz aus dem Senatsbeschluss das Oberverwaltungsgericht rechtsgrundsätzlich widersprochen haben soll, obwohl es sich auf die Ausführungen des Senats gestützt hat.

b) Die Beschwerde entnimmt dem Senatsbeschluss vom 23. Juni 1992 - 4 B 55.92 - (NVwZ-RR 1993, 456 ) den Rechtssatz, dass allein die geringe Größe eines Plangebiets sich nicht als Indikator dafür werten lasse, dass das private Eigentum bei dem verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich mit dem Interesse der Allgemeinheit Vorrang genießt und sich gegenüber den mit der Planung verfolgten Zielen durchsetzt. Einen dem widersprechenden Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgestellt, namentlich hat es den Vorwurf eines Fehlers im Abwägungsvorgang weder vorrangig und erst recht nicht "allein" mit der Größe des Plangebiets begründet, sondern die Beschränkung der baulichen Nutzungsmöglichkeiten in den Blick genommen.

c) Die Beschwerde macht erfolglos eine Divergenz zu dem Senatsurteil vom 29. September 1978 - 4 C 30.76 - (BVerwGE 56, 283 <289 f.>) geltend. Sie entnimmt dieser Entscheidung, dass Zweifel an der Wirtschaftlichkeit einer festgesetzten Nutzung nur dann gegen das Inkrafttreten eines Planes durchschlagen, wenn (und soweit) nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann. Einen hiervon rechtsgrundsätzlich abweichenden Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgestellt. Denn es hat seine Entscheidung nicht auf mögliche Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der festgesetzten Nutzungen gestützt. Im Übrigen geht die Beschwerde daran vorbei, dass die Ausführungen des Senats (a.a.O. S. 289) das Abwägungsergebnis betreffen, das angegriffene Urteil der Antragsgegnerin aber einen Fehler im Abwägungsvorgang vorwirft.

3. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Beschwerde einen Revisionszulassungsgrund zu den Ausführungen der Vorinstanz zu § 1 Abs. 3 BauGB und § 11 BauNVO darlegt. Denn wenn ein Urteil auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt ist, so setzt die Zulassung der Revision voraus, dass in Bezug auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund erfolgreich geltend gemacht wird (stRspr; BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 B 38.16 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 3). Daran fehlt es, weil die Ausführungen der Vorinstanz zu § 1 Abs. 7 BauGB die Entscheidung selbständig tragen und insoweit kein Revisionszulassungsgrund dargelegt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 05.12.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 10 D 84/15