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BVerwG - Entscheidung vom 27.06.2018

2 B 64.17

Normen:
BVO NRW (2009) § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b)
LBG NRW (2009) § 77

BVerwG, Beschluss vom 27.06.2018 - Aktenzeichen 2 B 64.17

DRsp Nr. 2018/11883

Schadensersatzanspruch eines Ruhestandsbeamten für die Mehraufwendungen der Ehefrau in Höhe der Versicherungsbeiträge einer privaten Krankenvollversicherung i.R.d. Beihilfegewährung

1. Ist eine Berufungsentscheidung selbstständig tragend auf mehrere Gründe gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein durchgreifender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird.2. Nach § 108 Abs. 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn es nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen.3. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. September 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 26 100 € festgesetzt.

Normenkette:

BVO NRW (2009) § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b); LBG NRW (2009) § 77 ;

Gründe

1. Der Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Leitender Oberstaatsanwalt im Dienst des Beklagten. Er begehrt Schadensersatz für die Mehraufwendungen in Höhe der Versicherungsbeiträge einer privaten Krankenvollversicherung, die ihm für seine Ehefrau in der Zeit von Juli 2010 bis Ende April 2017 entstanden sind. Die Ehefrau des Klägers stand bis einschließlich September 2004 als angestellte Lehrerin im öffentlichen Dienst. Sie hatte sich von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien lassen und war unter Inanspruchnahme des Arbeitgeberzuschusses privat krankenversichert. Seit Oktober 2004 bezieht sie eine vorzeitige Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung sowie eine Betriebsrente.

Aufgrund einer Änderung der Beihilfevorschriften des Beklagten zum Jahr 2004 entstand zwischen den Beteiligten Streit über die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens der Ehefrau des Klägers. In dieser Sache stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 3. Juni 2009 - 2 C 27.08 - fest, dass das beklagte Land über Anträge des Klägers auf Beihilfe für krankheitsbedingte Aufwendungen seiner Ehefrau auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) BVO NRW in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung zu entscheiden habe. Die Änderung dieser Vorschrift zum 1. Januar 2004 sei nichtig.

Wie schon diese für nichtig erklärte Vorschrift sieht auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) Satz 3 Halbs. 1 BVO NRW 2009, welche auf der Grundlage des § 77 LBG NRW in der Fassung vom 21. April 2009 ergangen ist, vor, dass bei erstmaligem Rentenbezug ab 1. Januar 2004 dem Gesamtbetrag der Einkünfte die Differenz zwischen dem Besteuerungsanteil und dem Bruttorentenbetrag hinzuzurechnen ist.

Im Jahr 2009 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der wirtschaftlichen Nachteile geltend, die er durch den Abschluss einer nicht beihilfekonformen Krankheitskostenvollversicherung seiner Ehefrau erlitten habe. Nach erfolgloser Klage vor dem Verwaltungsgericht beantragte er im Berufungsverfahren, die Mehraufwendungen für die Monate Januar 2005 bis Juni 2010 auszugleichen, hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte ihm die ersparten Aufwendungen für die Krankheitskosten im Zeitraum Januar 2005 bis Juni 2009 erstatten müsse. Das Oberverwaltungsgericht stellte mit Urteil vom 9. Dezember 2015 - 6 A 1040/12 - fest, dass das beklagte Land verpflichtet sei, dem Kläger die ersparten Aufwendungen für die Krankheitskosten seiner Ehefrau im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2009 zu erstatten, soweit auf diese nach entsprechenden Beihilfeanträgen des Klägers eine Beihilfe zu gewähren gewesen wäre. Die weitergehende Berufung wurde zurückgewiesen. Nichtzulassungsbeschwerde und die im Anschluss erhobene Anhörungsrüge blieben ohne Erfolg (BVerwG, Beschlüsse vom 13. Oktober 2016 - 5 B 15.16 - und vom 2. Januar 2017 - 5 B 77.16).

Im Juni 2010 beantragte der Kläger die Gewährung einer Beihilfe zu Aufwendungen für seine Ehefrau aus den Jahren 2009 und 2010. Auf die Ablehnung dieses Antrags erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er auch die Erstattung der ihm monatlich entstehenden Mehraufwendungen für die private Krankheitskostenvollversicherung für seine Ehefrau geltend machte. Vor dem Verwaltungsgericht beantragte er neben der Gewährung der Beihilfe auch, ihm die monatlichen Mehraufwendungen für die private Vollversicherung zu erstatten. Der Verordnungsgeber habe mit der nach seiner Auffassung verfassungswidrigen Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) BVO NRW 2009 ihm gegenüber gegen die Fürsorgepflicht verstoßen. Nach der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen das Verfahren im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch abgetrennt und an den 6. Senat desselben Gerichts abgegeben. Im Hinblick auf den Beihilfeanspruch hat er die Berufung zugelassen und der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat er unter anderem darauf hingewiesen, dass die rechtskräftige Feststellung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juni 2009 nach wie vor Geltung beanspruche. Die Neufassung des § 2 BVO NRW 2009 bewirke keine Änderung der Rechtslage, weil diese Norm wie ihre Vorgängernorm nichtig sei.

In dem die Kosten der Krankenvollversicherung für seine Ehefrau betreffenden Berufungsverfahren, welches in das vorliegende Beschwerdeverfahren gemündet ist, hat der Kläger in der Hauptsache beantragt, ihm die Mehraufwendungen zu erstatten, die ihm dadurch entstanden sind und noch entstehen, dass er aufgrund der Nichtanerkennung der krankheitsbedingten Aufwendungen seiner Ehefrau als beihilfefähig gehalten war, zu deren Gunsten anstelle einer beihilfekonformen privaten Kranken- und Pflegeversicherung eine private Vollversicherung mit entsprechend erhöhten Beiträgen zu unterhalten, hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm die ersparten Aufwendungen für die Krankheitskosten seiner Ehefrau zu erstatten, soweit auf diese nach entsprechenden Beihilfeanträgen des Klägers eine Beihilfe zu gewähren gewesen wäre.

Das Berufungsgericht hat der Klage mit dem Hilfsantrag stattgegeben, die weitergehende Berufung jedoch zurückgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich weder aus einer Verletzung der Fürsorgepflicht noch aus anderen Rechtsgrundlagen. Auf der Normsetzungsebene liege schon keine Verletzung einer Pflicht aus dem Beamtenverhältnis vor; es fehle auch an einem Verschulden. Ein Schadensersatzanspruch scheitere bereits an dem erforderlichen konkreten Bezug der vermeintlich verletzten Pflicht zum Kläger. Bei der Rechtsetzung bestünden Pflichten in der Regel gegenüber der Allgemeinheit, nicht jedoch gegenüber bestimmten Einzelpersonen. Ein Schadensersatzanspruch bei normativem Unrecht scheide daher grundsätzlich aus. Im Hinblick auf das Verschulden komme es auf die für den Dienstherrn handelnden Beamten an. Insoweit fehlten belastbare Anhaltspunkte dafür, die handelnden Beamten, seien es auch qualifizierte und spezialisierte Beschäftigte des Ministeriums, hätten erkennen müssen, dass auch der neu gefasste § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) BVO NRW 2009 nicht von dem ebenfalls neu gefassten § 77 LBG NRW 2009 gedeckt war. Zudem bestehe eine Handlungspflicht des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers auch im Bereich der nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckten Beihilfevorschriften erst dann, wenn die Überprüfung der konkreten Vorschrift durch ein oberstes Bundesgericht die Feststellung einer mit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts unvereinbaren Rechtslage ergeben habe. Im Hinblick auf die geltend gemachte Pflichtverletzung durch die administrative Anwendung der genannten Vorschrift fehle es ebenfalls an einem Verschulden der für die Beihilfegewährung zuständigen Beamten. Die Anwendung bestehenden, Geltung beanspruchenden Rechts sei nicht als schuldhaftes Handeln vorwerfbar.

2. Die hiergegen gerichtete, auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

a) Die Beschwerde legt zunächst nicht mit Erfolg die grundsätzliche Bedeutung der Sache dar. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO , wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Entscheidungserheblich sind solche Rechtsfragen, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts tragend gewesen sind und die im Rahmen des Revisionsverfahrens vom Bundesverwaltungsgericht zu beantworten wären.

Ist eine Berufungsentscheidung selbstständig tragend auf mehrere Gründe gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein durchgreifender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 15. Juni 1990 - 1 B 92.90 - Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 20 S. 11 f. und vom 2. März 2016 - 2 B 66.15 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 62 Rn. 6).

aa) Die ersten drei von der Beschwerde für grundsätzlich gehaltenen Fragen,

"ob sich der Umfang der dem Dienstherrn aus einem konkreten Beamtenverhältnis obliegenden Fürsorgepflicht, deren Verletzung Grundlage des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs sein kann, auf seine Verwaltungstätigkeit im Rahmen des Gesetzes beschränkt, oder ob die Fürsorgepflicht auch bei dem Erlass von Beihilfevorschriften durch das beklagte Land als Dienstherrn Geltung beansprucht und zu beachten ist, mit der Folge dass auch der Erlass rechtswidriger Beihilfevorschriften nach dem Institut des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs Schadensersatzansprüche begründen kann,

ob Schadensersatzansprüche nach dem Institut des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs bei normativem Unrecht infolge des Erlasses rechtsunwirksamer Beihilfevorschriften nur dann in Betracht kommen, wenn es sich bei der rechtsunwirksamen Vorschrift um eine sog. Maßnahme- und Einzelfallvorschrift handelt, die auf die Regelungen eines einzelnen Sachverhalts gerichtet ist, also Einzelpersonen oder Gruppen individuell betrifft, und

ob - falls die vorgenannte Frage bejaht wird - § 2 Abs. 1 Nr. 1 b ) BVO NRW 2009 nicht eine solche Maßnahme- oder Einzelfallvorschrift darstellt",

können schon deswegen keine grundsätzliche Bedeutung der Sache begründen, weil das Berufungsgericht zugleich tragend darauf abgestellt hat, dass sowohl bezüglich der geltend gemachten normativen Pflichtverletzung als auch bezüglich einer geltend gemachten administrativen Pflichtverletzung jedenfalls kein Verschulden gegeben gewesen sei. Bezüglich der Voraussetzung des Verschuldens wird aber kein durchgreifender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht (s.u.).

bb) Mit der weiter für grundsätzlich erachteten Frage,

"ob eine Handlungspflicht des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers auch im Bereich der nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckten Beihilfevorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen erst dann besteht, wenn die Überprüfung der konkreten Vorschriften durch ein oberstes Bundesgericht die Feststellung einer mit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts unvereinbaren Rechtslage ergeben hat, oder ob es für die Begründung einer entsprechenden Handlungspflicht ausreicht, wenn sich die Unvereinbarkeit mit der Ermächtigungsgrundlage aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Übrigen ableiten lässt",

kann die Beschwerde ebenfalls nicht durchdringen. Im Hinblick auf das Verschulden greift sie nur einen von zwei selbstständig tragenden Begründungssträngen des Urteils des Berufungsgerichts an. Die Ausführungen zur Handlungspflicht des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers hat das Berufungsgericht als Teil der Ausführungen zum Verschulden (Gliederungspunkt bb. der Urteilsbegründung) selbstständig der vorher gegebenen Begründung angeschlossen, welche ebenfalls tragend ein Verschulden ausschließt. Dies folgt bereits aus der Verwendung des Wortes "zudem", mit dem diese Ausführungen der vorangegangenen Begründung zum Verschulden angeschlossen werden. Zuvor hatte das Berufungsgericht die Annahme eines Verschuldens bereits unter anderen Aspekten geprüft und abgelehnt. Mit den weiteren Ausführungen ("zudem") hat es lediglich die zuvor beschriebenen Voraussetzungen des Verschuldens um die Möglichkeit einer Handlungspflicht bei höchstrichterlicher Feststellung einer mit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts unvereinbaren Rechtslage ergänzt. Die von der Beschwerde in den Blick genommene weitere Möglichkeit, eine Handlungspflicht aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Übrigen abzuleiten, hat das Berufungsgericht - offenbar entgegen der Annahme der Beschwerde - nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Denn es hat ein Verschulden aufgrund eines offensichtlichen Verstoßes gegen höherrangiges Recht erwogen, jedoch verneint. Ein solcher offensichtlicher Verstoß kann aber je nach den Umständen des einzelnen Falls auch unter Heranziehung sonstiger höchstrichterlicher Rechtsprechung begründet werden.

cc) Die letzte von der Beschwerde für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage,

"ob von einem Verschulden des Verordnungsgebers bei Erlass von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckten Beihilfevorschriften erst ausgegangen werden kann, wenn ein oberstes Bundesgericht das Vorliegen einer mit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts unvereinbaren Rechtslage festgestellt hat",

genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO . Mit ihr wird keine konkrete Rechtsfrage beschrieben, sondern eine abstrakte Rechtsfrage aufgeworfen, die keinen hinreichenden Bezug zum konkreten Verfahren deutlich macht. Im Übrigen war diese Frage auch in ihrer Abstraktheit nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat vielmehr die Möglichkeit eines Verschuldens auch in sonstigen Fällen eines offensichtlichen Verstoßes gegen höherrangiges Recht angenommen (s.o., bb).

b) Die Beschwerde zeigt auch keine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 3 m.w.N.).

Die Beschwerde sieht eine Divergenz zu dem in dem Urteil des Senats gleichen Rubrums vom 3. Juni 2009 - 2 C 27.08 - (Buchholz 237.7 § 88 NWLBG Nr. 6 Rn. 9 ff.) enthaltenen Rechtssatz, dass der Gesetzgeber bei der näheren Ausgestaltung der Fürsorge im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit des Beamten und seiner Angehörigen zumindest die tragenden Strukturprinzipien selbst regeln muss. Auch von dem gesetzlichen Begriff der wirtschaftlichen Selbstständigkeit des Ehegatten, welcher durch Rückgriff auf § 2 Abs. 3 EStG in der im Jahr 1977 geltenden Fassung konkretisiert werde, könne der Gesetzgeber nur abrücken, indem er § 88 Satz 2 LBG NRW, die seinerzeitige Beihilferegelung im Landesbeamtengesetz , ändere.

Eine Divergenz der Entscheidung des Berufungsgerichts zu diesem Rechtssatz wird nicht hinreichend im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt. Die Beschwerde geht offenbar davon aus, dass das Bundesverwaltungsgericht mit der zitierten Passage eine Abweichung vom Begriff der wirtschaftlichen Selbstständigkeit allein durch Gesetz erlaube, während das Berufungsgericht auch die Möglichkeit sehe, dass dies durch Verordnung geschehe. Einen konkreten Rechtssatz des Berufungsgerichts, der eine solche Aussage enthält, benennt die Beschwerde jedoch nicht. Sie räumt vielmehr ein, dass das Berufungsgericht solches nicht ausdrücklich angenommen hat. Die Beschwerde räumt des Weiteren ein, dass auch das Berufungsgericht von der Nichtigkeit des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) BVO NRW 2009 ausgeht. Diese Nichtigkeit beruht auch nach Auffassung des Berufungsgerichts darauf, dass keine hinreichende Verordnungsermächtigung für diese Regelung vorhanden war. Damit bestätigt das Berufungsgericht aber diejenige Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, von der es nach Ansicht der Beschwerde abweicht.

Die Beschwerde nimmt eine Divergenz in diesem Zusammenhang offenbar deswegen an, weil das Berufungsgericht trotz der angenommenen Nichtigkeit der genannten Norm nicht automatisch ein Verschulden bejaht, sondern dessen Voraussetzungen im Einzelfall geprüft hat. Darin liegt keine Divergenz zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Der in Bezug genommene Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts trifft eine Aussage allein zur Regelungsbefugnis des Verordnungsgebers. Das Berufungsgericht hat in der von der Beschwerde offenbar für maßgeblich gehaltenen Passage hingegen eine Aussage zum Verschulden der handelnden Beamten getroffen. Die Nichtigkeit der Norm aufgrund unzureichender Verordnungsermächtigung schließt es aber nicht zwingend aus, dass eine solche - nichtige - Norm erlassen wird, ohne dass den daran beteiligten Personen ein Verschulden im Hinblick auf den Verstoß vorzuwerfen ist.

3. Auch der geltend gemachte Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht gegeben. Die Beschwerde sieht einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO , weil das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht vollständig berücksichtigt habe und deswegen im Hinblick auf das Verschulden zu nicht vertretbaren Bewertungen gelangt sei.

Nach § 108 Abs. 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist deshalb nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn es nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen (BVerwG, Beschlüsse vom 26. November 2013 - 8 B 20.13 - ZOV 2014, 48 Rn. 14 und vom 9. Juni 2015 - 6 B 59.14 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 11 Rn. 53).

Die Beschwerde beschränkt sich im Wesentlichen darauf, der Bewertung des Berufungsgerichts zur Frage des Verschuldens ihre eigene im Stile eines bereits zugelassenen Rechtsmittels entgegenzusetzen. Konkrete Umstände, die das Berufungsgericht vollständig übersehen - und nicht nur anders gewürdigt - hat, benennt sie nicht hinreichend. Soweit die Beschwerde auf parlamentarische Vorgänge hinweist, aus denen sich zwingend ein Verschulden der handelnden Beamten ergeben soll, fehlt es an einer hinreichenden Darlegung der relevanten Umstände. Die Beschwerde bezieht sich insoweit insbesondere auf den Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 22. August 2017, der seinerseits im Wesentlichen aus zusammenfassenden Bezugnahmen besteht. Es ist nicht Aufgabe des Senats, sich etwaig vom Berufungsgericht nicht hinreichend gewürdigte Tatsachen im Beschwerdeverfahren aus Dokumenten selbst zusammenzusuchen, auf die die Beschwerde durch Kettenverweisungen Bezug nimmt. Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensfehlers bedingt vielmehr die konkrete Benennung der vermeintlich übergangenen Tatsachen. Hieran mangelt es der Beschwerde.

Aufgrund dieser Erwägungen ist auch der geltend gemachte Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG ) nicht hinreichend dargelegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes folgt aus § 42 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 21.09.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 6 A 1826/14