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BVerwG - Entscheidung vom 27.07.2018

10 B 21.17

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 108 Abs. 2
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3

BVerwG, Beschluss vom 27.07.2018 - Aktenzeichen 10 B 21.17

DRsp Nr. 2018/12016

Rückforderung von Fördermitteln wegen fehlender Verwirklichung des Zuwendungszwecks (hier: Hochwasserhilfsfonds zur Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit der durch das Hochwasser geschädigten Unternehmen)

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 750 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ; VwGO § 108 Abs. 2 ; VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 ;

Gründe

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf von Zuwendungsbescheiden und die Rückforderung von Fördermitteln, die ihre Rechtsvorgängerin im Rahmen der Hochwasserhilfe 2002 erhalten hat. Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben. Die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zuwendungsbescheide hätten widerrufen werden dürfen, weil der Zuwendungszweck nicht habe verwirklicht werden können. Darüber hinaus habe die Klägerin die Auflage, einen Verwendungsnachweis vorzulegen, nicht erfüllt. Die Erstattungsansprüche seien auch nicht verjährt.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die Beschwerde der Klägerin hiergegen bleibt ohne Erfolg. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Das angegriffene Urteil beruht auch nicht auf einem Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ).

1. Die Klägerin hat eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG , § 108 Abs. 2 VwGO ) nicht dargelegt. Art. 103 Abs. 1 GG schützt nicht davor, dass ein Gericht Vorbringen von Beteiligten nicht folgt oder ihm aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht nachgeht.

Weite Teile des Vorbringens der Klägerin erschöpfen sich in der Art einer Berufungsbegründung in einer Kritik an der materiellen Richtigkeit des angegriffenen Urteils, ohne einen Gehörsverstoß darzulegen. So geht die Klägerin im Gegensatz zum Berufungsgericht davon aus, dass der Zweck der Zuwendungen erreicht worden sei; das Berufungsgericht habe außerdem den Zuwendungszweck im Urteil falsch bezeichnet. Diese Rüge beschränkt sich auf eine von der Auffassung des Berufungsgerichts abweichende Würdigung des Sachverhalts, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist. Das angegriffene Urteil hat auf der Grundlage der in den Zuwendungsbescheiden in Bezug genommenen Förderrichtlinien angenommen, dass die Mittel aus dem Hochwasserhilfsfonds zur Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit der durch das Hochwasser geschädigten Unternehmen zur Verfügung gestellt worden seien. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht dieser Verwendungszweck nicht im Widerspruch zu der in den Bescheiden verwendeten Formulierung, die Zuwendung werde für die "Mitfinanzierung der Kosten für die Maßnahme: Beseitigung von im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe im August 2002 entstandenen Schäden zur Sicherung der weiteren Existenz" gewährt. Nach Angaben der Klägerin war der Fortbestand ihres Bäckereibetriebes seinerzeit bereits aus anderen Gründen als der Hochwasserkatastrophe gefährdet; das Hochwasser sei noch hinzugekommen. Dass das Berufungsgericht diese Umstände rechtlich anders bewertet hat als sie selbst, begründet keine Verletzung rechtlichen Gehörs.

Weiterhin macht die Klägerin erfolglos geltend, das Berufungsgericht habe unzutreffende Anforderungen an die von der Beklagten geforderten Verwendungsnachweise gestellt. Das Berufungsurteil geht davon aus, dass die Zuwendungen auch deshalb widerrufen werden durften, weil die Klägerin die nach den einschlägigen Förderrichtlinien erforderliche Bestätigung durch einen Steuerberater oder einen Wirtschaftsprüfer, dass die abgerechneten Kosten ausschließlich für den geförderten Zuwendungszweck eingesetzt worden seien, nicht vorgelegt hat. Die Klägerin hält dies dagegen nicht für erforderlich und vertritt zudem die Auffassung, die von ihr im Jahr 2003 eingereichten sonstigen Unterlagen seien geeignet gewesen, den geforderten Verwendungsnachweis zu ersetzen. Auch damit legt die Klägerin keinen Verfahrensmangel dar, sondern kritisiert lediglich die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die sie nicht teilt.

Gleiches gilt für ihre Rüge, die Verjährungsfrist für die Erstattungsansprüche habe bereits 2003 und nicht erst - wie vom Berufungsgericht angenommen - Ende 2005 begonnen. Das Berufungsgericht hat es für erwiesen gehalten, dass die Beklagte erst nach Eingang des Schreibens der Klägerin vom 6. Dezember 2005 Kenntnis von dem Verwendungsnachweis vom 7. Oktober 2003 erhalten habe. Es hat keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dieser Verwendungsnachweis bereits im Jahr 2003 bei der Beklagten eingegangen sei. Damit hat es den Sachverhalt rechtlich anders bewertet als die Klägerin, ohne deren rechtliches Gehör oder die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO ) zu verletzen.

Dass es in diesem Zusammenhang S. nicht als Zeugen vernommen hat, begründet ebenfalls keinen Verfahrensfehler. Ohne einen entsprechenden Beweisantrag musste sich dem Berufungsgericht eine Zeugenvernehmung nicht aufdrängen. Überdies wäre nach seiner Rechtsauffassung eine etwaige Aussage des Zeugen S. mit dem von der Klägerin angegebenen Inhalt nicht erheblich gewesen. Das ergibt sich schon daraus, dass die Vorinstanz den Nachweis vom Oktober 2003 mangels Bestätigung durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer für unzureichend hielt. Das Berufungsgericht ist außerdem davon ausgegangen, dass die Klägerin die Beweislast für den Eingang des Verwendungsnachweises bei der Beklagten im Jahr 2003 - und nicht nur für eine damalige Aufgabe zur Post - trägt. Der von der Klägerin angeführte Zeuge S. hätte nach den Ausführungen der Beschwerdebegründung aber nur den Einwurf des Verwendungsnachweises in den Briefkasten im Jahr 2003, nicht aber dessen Eingang bei der Beklagten bestätigen können.

Auch die weitere Rüge, die von der Klägerin als defizitär empfundene Aktenführung der Beklagten führe zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich des Eingangs des Verwendungsnachweises, betrifft nur die materiell-rechtliche Würdigung des Sachverhalts, ohne auf einen Verfahrensfehler zu führen.

Die Rüge der Klägerin, das Berufungsgericht habe sie getäuscht, weil es die Revision nicht zugelassen habe, obwohl die Vorsitzende Richterin und der Berichterstatter in der mündlichen Verhandlung angekündigt hätten, das Gericht werde im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2017 - 10 C 1.16 - die Revision zulassen, begründet keine Verletzung rechtlichen Gehörs. Auf dem gleichzeitig gerügten Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens kann das angefochtene Urteil, selbst wenn er vorläge, nicht beruhen. Die Entscheidung der Berufungsinstanz, ob das Rechtsmittel der Revision gegen sein Urteil eröffnet wird, orientiert sich allein an den gesetzlichen Zulassungsgründen des § 132 Abs. 2 VwGO . Sie ergeht unabhängig von der Sachentscheidung und hat deshalb auch keinen Einfluss auf das Ergebnis des Berufungsurteils.

2. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

Die Klägerin hält die Anforderungen an den Manipulationsschutz der Aktenführung durch Eingangsstempel und Paginierung für grundsätzlich klärungsbedürftig. Sie legt aber nicht dar, dass diese Frage für das angegriffene Urteil entscheidungserheblich gewesen wäre. Unabhängig davon wäre sie in ihrer Allgemeinheit in dem angestrebten Revisionsverfahren auch nicht klärungsfähig. Ebenso fehlt es an jeglicher Darlegung, inwiefern die von der Klägerin weiterhin angesprochene Zinsvereinbarung der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung verleihen könnte. Das Berufungsgericht hat sich im Übrigen mit dem Zinsanspruch der Beklagten in seinem Urteil - wenn auch mit knappen Ausführungen - (Rn. 46) befasst.

3. Schließlich fehlt es für die Annahme einer Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) an jeglicher Darlegung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Sachsen, vom 05.07.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 1 A 219/15