Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerwG - Entscheidung vom 31.07.2018

4 BN 21.18

Normen:
BauGB § 3 Abs. 2 S. 1
GIRL Nr. 3.3

BVerwG, Beschluss vom 31.07.2018 - Aktenzeichen 4 BN 21.18

DRsp Nr. 2018/14560

Rechtsverletzung trotz Unterschreitens der zulässigen Geruchsstundenhäufigkeiten bei einem Grundstück außerhalb des Plangebiets

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Normenkette:

BauGB § 3 Abs. 2 S. 1; GIRL Nr. 3.3;

Gründe

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst.

a) Das Oberverwaltungsgericht hat die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags, namentlich die Antragsbefugnis des Antragstellers nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO , bejaht. Die Antragsgegnerin wirft hierzu die als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage auf,

ob die Lage eines Grundstücks außerhalb des Plangebiets, aber innerhalb des Beurteilungsgebiets nach Nr. 4.4.2 der Geruchsimmissions-Richtlinie ausreichend ist, um die Möglichkeit einer Rechtsverletzung geltend machen zu können, auch wenn die nach der Geruchsimmissions-Richtlinie an dem Grundstück zulässigen Geruchsstundenhäufigkeiten deutlich unterschritten werden.

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie sich so in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Das Oberverwaltungsgericht hat entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin (Beschwerdebegründung S. 16) seine Annahme, dass die vom Gebiet des Bebauungsplans "Biomethananlage Paulinenauer Straße" ausgehende Geruchsbeeinträchtigung für den Antragsteller eine mehr als geringfügige Beeinträchtigung darstelle, nicht ausschließlich mit der Lage des Grundstücks des Antragstellers in dem nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) maßgeblichen Beurteilungsgebiet begründet, sondern zusätzlich darauf abgestellt, dass die zu erwartende Geruchsbelastung auf dem Grundstück des Antragstellers nach dem im Bebauungsplanverfahren herangezogenen Geruchsgutachten den Schwellenwert nach Nr. 3.3 GIRL überschreite, bei dessen Einhaltung oder Unterschreitung die GIRL von einer irrelevanten Zusatzbelastung ausgehe (UA S. 8), und außerdem in Rechnung gestellt, dass der Antragsteller gegen die Richtigkeit der Geruchsgutachten eine Reihe substanziierter Einwendungen, sowohl in Bezug auf die ausreichende Berücksichtigung von Vorbelastungen als auch im Hinblick auf die vom Betrieb der Biogasanlage ausgehenden Geruchsbeeinträchtigungen, erhoben habe (UA S. 10). Daran geht die Beschwerde vorbei.

b) Das Oberverwaltungsgericht hat im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Normenkontrollantrags vier formelle und einen materiellen Fehler des Bebauungsplans markiert. Weil es jeden Fehler für beachtlich gehalten hat, ist sein dem Antrag stattgebendes Urteil mehrfach selbständig tragend begründet und kann die Beschwerde nur Erfolg haben, wenn hinsichtlich jeder Begründung ein Grund für die Zulassung der Revision aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.

Das Oberverwaltungsgericht hat in formeller Hinsicht beanstandet, dass - erstens - die Auslegungsbekanntmachung vom 12. September 2013 nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB entsprochen habe (UA S. 12), - zweitens - entgegen § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB im Rahmen der dritten und letzten Auslegung im Herbst 2013 der Bericht zur FFH-Verträglichkeitsprüfung vom August 2011 nicht ausgelegt worden sei (UA S. 16), - drittens - der Verzicht auf die Übernahme des wesentlichen Inhalts des Untersuchungsberichts zur FFH-Verträglichkeitsprüfung in den Umweltbericht dessen Unvollständigkeit zur Folge habe und damit die Planbegründung defizitär mache (UA S. 20) und - viertens - der Bebauungsplan an einem Verkündungsmangel leide (UA S. 21). Da die Antragsgegnerin gegen die dritte Begründung nicht mit einem Grund für die Zulassung der Revision vorgeht, muss ihre Beschwerde scheitern.

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Selbst wenn die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zu § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB von dem Urteil des Senats vom 18. Juli 2013 - 4 CN 3.12 - (BVerwGE 147, 206 ) abwiche, würde sie - wie unter 1. dargelegt - auf der Abweichung nicht beruhen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 , § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Berlin-Brandenburg, vom 23.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 A 17.15